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Comic Blog


Dienstag, 03. November 2015

ISNOGUD 1 – PRÄSIDENT ISNOGUD

Filed under: Cartoon — Michael um 20:32

ISNOGUD 1 - PRÄSIDENT ISNOGUD60 Piaster für eine Sitzung bei Freut? Das ist zu viel. ISNOGUD will lieber mit 60 Peitschenhieben bezahlen und macht einen der schlimmsten Fehler seines Lebens. Aus der Folter wird eine befohlene Enthauptung, doch auf dem Richtblock kann Freut noch mit dem Henker, Dikhör mit Namen, ein Wörtchen reden. So gelingt es ihm, Dikhör davon zu überzeugen, sein Leben, sein ganzes Dasein einmal zu überdenken und eine neue friedvollere Richtung einzuschlagen. Die Hinrichtung ist vorerst abgesagt. Eigentlich alle Hinrichtungen, denn ein Ersatzhenker ist nicht leicht zu finden.

PRÄSIDENT ISNOGUD feuert eine satirische Breitseite auf ein modernes Gesellschaftsbild. Politik, Wahlen, Selbstfindung, Verweigerung um der Verweigerung willen, Revolution, Querelen im Nahen Osten, Manipulation der Massen und Propaganda … Nicolas Canteloup und Laurent Vassilian schießen mit so geballter Kraft gegen die kleinen und großen Katastrophen gesellschaftlichen Wahnsinns, dass man kaum weiß, wo einem hinterher der Kopf steht. Es beginnt im Kleinen. ISNOGUD, der seine Macht darauf begründet, jeden, der ihm nicht gehorchen will (oder dessen Nasenspitze ihm nicht passt), einen Kopf kürzer machen zu lassen, verliert völlig unerwartet, seinen Mann fürs Grobe, den Henker. Dank eines gewissen Freut hat der Henker plötzlich keine Lust mehr auf seinen Job.

Tohuwabohu und ein Feuerwerk an Gags. Der Kalif will sich wählen lassen. Warum auch nicht. Er ist der einzige Kandidat. Umfragen fallen stets zu seinen Gunsten aus. Plötzlich wollen die Leute aber Auswahl. Da muss Isnogud ran. Den will bestimmt keiner wählen, gilt er doch als verschlagen und gemein. Aber ein Großwesir kann auch anders. Und es wird den Leuten nach dem Mund geredet, alles gefällt. Als wäre das nicht genug, ist da noch die Sache mit dem Fes-Bock.

Fes-Böcke wollen sich miteinander anfreunden und Schweine kwiekern munter vor sich hin. Ganz Bagdad ist im Wandel begriffen. Nicolas Tabary hat alle Hände voll zu tun, den cholerischen ISNOGUD in Szene zu setzen. Nicolas Canteloup und Laurent Vassilian lassen mit ihrer textlichen Vorlage aber auch keine Pause. Längen gibt es nicht, Ruhephasen ebenso wenig. Die Witze kommen zeilenweise. Ist der eine vorüber und hat gezündet, start die Einleitung zum nächsten oder ein Running Gag nimmt erneuten Anlauf.

Zwei Sympathiefiguren und Gastauftritte. Hatte Prince (wenn er gerade mal wieder so heißt) jemals einen Auftritt in Comics (bei den Simpsons vielleicht), aber in einem europäischen Comic dürfte das kaum der Fall gewesen sein. Jedenfalls klären Canteloup, Vassilian und Tabary die Abwesenheit des kleinen Sangesmannes auf ihre ganz eigene Weise. Nebenbei erhält ein Klassiker der Comic-Kunst seine persönliche Seelenberatung. Nicht zu vergessen: Freut. Die Psychoanalyse, sollte sie wie hier, Kriege verhindern helfen, müsste größere Beachtung verdienen. So aber ist sie für eine Menge Kalauer gut, denen selbst ein Sensenmann sich nicht entziehen kann.

Das Titelbild verrät den Zeichenstil perfekt. Wer die alte Serie bisher verfolgt hat, wird keine Überraschungen erleben. Nicolas Tabary ist der Linie treu geblieben, die sein Vater Jean Tabary, der ISNOGUD-Veteran, vorgegeben hat. Seit dem 28. Abenteuer ist der Junior dabei. An ISNOGUD wurde nichts mehr verändert. Der Strich ist knackig, fett. Viele Figuren sind zum Knuddeln, besonders die Tiere. Mancher Figur leuchtet ein kleiner, harmloser Irrsinn aus den Augen. ISNOGUD, zeitweilig ohne Turban unterwegs, verliert äußerlich einen Teil seiner Autorität, nur mit kurzen Haaren, da mag das Mundwerk noch so groß sein. Interessant ist die Verkündung des Wahlergebnisses zum relativen Schluss, denn Hochrechnungen werden nicht auf eine Tafel geworfen, vielmehr fällt die Präsentation des Ergebnisses viel anschaulicher aus. Damit wäre man wieder beim Thema Autoritätsausstrahlung.

Eine Gag-Parade im Sauseschritt. Würde ISNOGUD es auf den Punkt bringen, hieße es: Lach oder stirb (durch den Henker). Keine Zeit zum Luftholen. Das ist tolle französische Komödie in der Tradition von Louis de Funes oder Pierre Richard. Klasse. 🙂

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Sonntag, 13. September 2015

KRÄN 7 – DÄMONEN & DÖDEL – QUEST ONE

Filed under: Cartoon — Michael um 15:45

KRÄN 7 - DÄMONEN & DÖDEL - QUEST ONENadaland ist keine Gegend, in der es sich gut wandern lässt. Zu verrückt verhält sich die Landschaft. Der Boden bricht auf, Teile der Umgegend verschieben sich und plötzlich, keine hätte es jemals für möglich gehalten, steht man vor Badgag, der Hauptstadt von Nadaland. Als sei sie einfach aus dem Boden gewachsen. Na, letztlich ist sie genau das. Krän ist nicht beunruhigt, allenfalls findet er das Leveldesign ähnlich beschränkt wie bei Pac-Man. Aber was hilft es? Hier wird bestimmt ein Zauberer zu finden sein. Und natürlich gibt es einen. Und natürlich einen, der nichts anderes im Sinn hat, als die Touristen übers Ohr zu hauen.

Verrückt. Verrückter. KRÄN. Sein Erfinder, Autor und Zeichner, Eric Herenguel, nimmt in dieser Parodie auf Fantasy-Abenteuer so ziemlich alles und jedes aufs Korn. Wer hier nichts wiederentdeckt, ist selbst schuld und hat wahrscheinlich noch kein Buch des Genres gelesen, noch kein Rollenspiel gespielt und noch nicht einmal die Verfilmung von Herr der Ringe gesehen. Eric Herenguel kann nicht nur total verrückt, er kann auch nur verrückt, wie er mit seinem Ausflug nach TROY im Zweiteiler Die Geister von Troy beweisen konnte. Er kann allerdings ebenso gut ins ernste und gruselige Fach wechseln, wie der fantastische Western namens Silbermond über Providence bewies.

Nun also KRÄN. Jeder Barbar darf sich in der Nachfolge eines Conan (von Robert E. Howard) sehen, der durch die Leinwandverkörperung von Arnold Schwarzenegger in der Popkultur zementiert wurde. KRÄN schwingt die Axt nicht nur auf sehr brachiale Weise, in seinem Umfeld treiben sich die merkwürdigsten Figuren herum. Ein Werwolf, so groß wie ein Fußball, ein ebenso rundes Fellknäuel. Ein Zwerg, halbnackt, ein wüster Tattergreis, mit riesigem Appetit und einer großen Klappe. Der Elf Megodas und der kleine Schotte Minibar (weil er so viel trinkt) stoßen nach kurzer Zeit dazu. Außerdem bevölkern in Nebenhandlungen weitere Gestalten die Geschichte, die schließlich in den Kampf mit dem gigantischen Endgegner mündet … Ja, Eric Herenguel kennt sich aus.

KRÄNS Spezialität ist gnadenloses Draufhauen und dunkelster Humor, gerne auch unter der Gürtellinie. Man muss ihm aber zugute halten, dass seine Gegner, sofern sie sich halbwegs vernünftig artikulieren können, sich ?hnlichen Späßen verschrieben haben und KRÄN im Fall der Fälle gerne zuvor gekommen wären. Hätte der Barbar nicht längst in weiser Voraussicht zugelangt. Schaut er gerade nicht grimmig, dann schaut er verwundert. Zumeist schaut sein Umfeld kaum anders. Eric Herenguel liebt den dummen Gesichtsausdruck seiner verschiedenen Helden und führt ihn mehrfach vor.

Mit zartem Strich gezogen werden Muckies und Kinne, Grinsegebisse und Proportionen überzeichnet. Monster sind gigantisch, eigentlich unbesiegbar und trotzdem kommt KRÄN ihnen davon (siehe Titelbild). Neben der Verunstaltung von Charakteren aus HDR, zum Beispiel in Form eines schottischen Zwergs, der mit Kilt, Dudelsack und Riesenholzhammer in die Quest zieht, liebt Herenguel das Spiel mit den Ohren seiner Figuren. Zipfelig müssen sie sein, wie ein flattriges Beiwerk, eine vulkanische Verbeugung. Eine Art Anti-Xena läuft knapp bekleidet mit einem furchtbaren Pony herum und überhaupt sind Frisuren und Haartrachten ein weiterer figürlicher Bestandteil, der gerne zur Verschönerung herhalten darf. Insbesondere die grobschlächtigen Charaktere, die Haudraufs dekorieren sich im Pseudoeingeborenenlook.

Parodie und Spaß ohne Kompromisse. KRÄN ist nicht gesellschaftsfähig, ein echter Barbar eben, aber einer, der noch ein paar Grenzen mehr überschreitet als andere Barbaren vor ihm. So wie ein Barbar also wirklich sein sollte. Ein Haudrauf mit schmierigem Charakter, voller Biss gezeichnet und erzählt von Eric Herenguel, der hier bereits die siebte Folge erzählt. Die Gags zünden ohne Vorkenntnisse der Reihe. Hintergrundinformationen im Anhang runden die Knallerfolge ab, die übrigens mit QUEST TWO fortgesetzt wird. Doch auch das gehört zur Fantasy dazu. 🙂

KRÄN 7, DÄMONEN & DÖDEL, QUEST ONE: Bei Amazon bestellen
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Donnerstag, 11. Juni 2015

LUC JUNIOR Gesamtausgabe

Filed under: Cartoon — Michael um 17:56

LUC JUNIOR GesamtausgabeManchmal wächst zusammen, was zusammen gehört, obwohl die Beteiligten sich dessen gar nicht bewusst sind. Herr Grimmig, seines Zeichens Pressefotograf, ist zu lange im Geschäft, um sich von einem Grünschnabel etwas vormachen zu lassen. Und schon gar nicht will er mit einem zusammenarbeiten. Zu seinem Unglück hat nicht er, sondern sein Chef, Herr Vorschnell, das letzte Wort in dieser Angelegenheit. LUC JUNIOR hat nämlich eine hervorragende Idee, damit die kleine Tageszeitung DER SCHREI mehr Leser gewinnt. Dafür braucht es nur eine ungewöhnliche Reportage. Warum also nicht den Lesern einmal erzählen, wie das Leben eines Pressefotografen aussieht? Herr Grimmig ist nicht nur nicht von dieser Idee angetan, er versucht auch Luc möglichst schnell loszuwerden, indem er mit einem sehr langweiligen Hobby prahlt. Da macht Luc eine spannende Entdeckung.

Das Fenster zum Hof gibt des Ausschlag. Der Versuch von Herrn Grimmig den Jungen Luc loszuwerden, gipfelt in einem Kriminalfall der lustigen Sorte. Das Comic-Dream-Team Albert Uderzo und Rene Goscinny hatten vor ihrem riesigen Erfolg mit ASTERIX noch weitere Figuren erfunden und ebenso liebevoll beschrieben und bebildert (so z.B. Pitt Pistol und den wunderbaren Umpah-Pah). Hier bringen sie ein ausgewogenes Trio aus dem Jungen Luc, dem Pressefotografen Herrn Grimmig und Lucs Hund Alfons an den Start. Eine Redaktion zum Thema zu machen und Reporter für Geschichten zu verwenden, ist nicht nur ein bekannter Ansatz aus der großen comicalen Zeit der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts, er liefert auch die besten Ausgangspunkte für ständig neue Abenteuer, denn für einen Reporter, so die grundsätzliche Aussage jener Tage, ist alles möglich.

So liest sich die Liste der Abenteuer aus heutiger Sicht fast schon wieder modern. Amerika war damals ein beliebtes Reiseziel für Neugierige, aber Luc, Grimmig und Alfons verschlägt es zudem in gefährliche Situationen mit Knackis, südamerikanischen Ureinwohnern, den Marsmenschen und schiffbrüchig auf hohe See. Letztere Geschichten müssen ohne Hund Alfons auskommen. Festgestellt sei jedoch, dass die beiden Comic-Macher bereits zu jener Zeit eine Vorliebe für schwarzweiße Hunde hatten, wenngleich Alfons mehr in die Kategorie Deutsche Dogge fällt, während Idefix, der ständige Begleiter von Obelix mehr den zwergwüchsigen Hunden zuzuordnen ist.

Offensichtlich ist die Tatsache, dass Goscinny und Uderzo die Geheimzutaten für eine feine, abwechslungsreiche und humorvolle Geschichte sehr früh beherrschten. Ein geordnetes Unterfangen schlägt schnell in Chaos um. Zwei bis drei Individuen stellen sich der Gefahr. Alfons fallen hier und dort entsprechend wichtige Aufgaben zu, manchmal darf er sich auch damit begnügen, mit einer Zwingernachbarin zu flirten. Da tuckern die beiden mit stürmischen 35 km/h quer durch die Vereinigten Staaten oder kehren mit einer fliegenden Untertasse zur Erde zurück. Als Cineast fühlt man sich an Komödien und Szenarien erinnert, die erst in den 70er und 80er Jahren die französischen Leinwände eroberten. Als spezielle Zutat, die in ASTERIX zu einem Markenzeichen wurde, ist der Einsatz karikierter echter Menschen, hier in Form von Morris und Goscinny höchstselbst.

Albert Uderzo, ein großes Zeichentalent, darf hier weitere Auszüge aus seinem Schaffen präsentieren. Koloriert sind seine Seitenbildern schön anzuschauen, doch die rein getuschten Arbeiten, die hier bestaunt werden dürfen, hinterlassen noch mehr Eindruck und vermitteln noch stärker das Können, mit dem Uderzo damals zu Werke ging. Neben den Beschreibungen eines lange zurückliegenden Künstlerlebens, Musterarbeiten gibt es einen Ausflug von Uderzo in ein realistisch ausschauendes Comic-Abenteuer zu begutachten. Großwildjäger Bill Blanchart wandelt auf den Thrillerspuren von Serien wie Bruno Brazil, die auch diese Richtung einschlugen. Hier versuchten Goscinny und Uderzo das Zusammenspiel auf diesem Terrain. Für Uderzo war es auch eine Art Probelauf, so empfahl er sich für Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure, die er wenige Jahre später an der Seite von Jean-Michel Charlier zeichnete.

Ohne Tretboot in Seenot. Rene Goscinny hat sich mit seinen Ideen beinahe als Visionär erwiesen. Die spätere reale Abenteuerlust der Entdeckungsreisen und die Erprobung menschlicher Leistungsfähigkeit wird hier schön mit Freiwillig schiffbrüchig vorgeführt. Gleichzeitig veralbert hier besonders (auf ganzer Länge sowieso) den Sensationsjournalismus, der keine Mittel und Wege scheut, um eine Story abzuliefern, die dazu dient, die Auflage zu steigern.

Zwei Riesentalente dürfen hier von neuen und alten Lesern wieder entdeckt werden. Der Humor ist auch noch Jahrzehnten jung, die technische Kulisse weckt nostalgische Gefühle, die Zeichnungen selbst, die Erzählungen sind jung geblieben, sind perfekt. An den Mustern zu ihrer Entwicklung ist eine Arbeitsweise erkennbar, die heute noch aktuell ist. 🙂

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Sonntag, 16. November 2014

STILLE NACHT

Filed under: Cartoon — Michael um 18:01

STILLE NACHT - Die Weihnachtsgeschichte ohne WorteMaria und Joseph führen ein bescheidenes Leben. Sie ergänzen sich perfekt. Er arbeitet in der Schreinerei, sie führt die Bücher. Bis eines Tages ein Engel erscheint und die frohe Botschaft verkündet. Maria ist schwanger, aber Joseph ist nicht der Vater. Das kommt selbst für den guten Mann überraschend, der sich schlussendlich belehren lassen muss, dass Gottes Sohn in Maria heranwächst und Joseph seine Maria ganz schnell heiraten soll. Gesagt getan. Und wieder scheint alles perfekt zu sein. Wäre da nicht diese Volkszählung, für die sich die beiden auf den Weg machen müssen, obwohl Maria inzwischen hochschwanger ist.

Die Schafshirten befinden sich gerade in einer kleinen Auseinandersetzung, wer denn auf die Schafe aufpassen soll, als sich der Engel, der Gesandte Gottes meldet und auf seine unnachahmlich Weise Gehör verschafft. Zuvor hatte er derart schon Maria die frohe Botschaft überbracht. So recht verstanden haben es die Hirten nicht, machen sich jedoch auf den Weg, um das Baby mit dem Heiligenschein zu finden. Soll eben der Hund solange auf die Schafe aufpassen.

Die Weihnachtsgeschichte ohne Worte. Aber mit einer gehörigen Portion Humor erzählt. Frank Flöthmann, der mit dieser Erzählweise seinen ganz eigenen Stil gefunden hat, bringt durch diese Interpretation der Erzählung über das Elternpaar des Christkindes eine Version, die vielleicht auch jenen einprägsam ist, die in Zeiten von Smileys und Hashtags mal eben auf die Schnelle wissen wollen, was an Weihnachten so Sache ist. Was zuallererst auffällt: Wortlosigkeit braucht Platz. Zwei Bilder, ein Bild auf einer Seite oder sogar ein Bild auf einer Doppelseite. Die Figuren treten als Icon-Männchen auf, sehr reduziert also. Ihre Zeichensprache, wortlos, bildhaft und verständlich, benötigt Raum, denn gerieten sie zu klein, ginge vielleicht die Schnelligkeit der Botschaftserfassung verloren. Und es ist erstaunlich, wie gut diese gelingt.

Zwar kann ein wenig Grundkenntnis über die STILLE NACHT nicht schaden, wenn allerdings Joseph Maria prallen Bauch befühlt und (in Symbolsprache) von einem Boxer spricht, ist wie an jeder anderen Stelle der Erzählung unzweifelhaft, was gemeint ist. Nur allzu wenige Variationen und Grundformen sind notwendig, damit nicht nur Figuren entstehen, sondern auch noch durch den Blick auf das Geschehen komplettiert werden. Da findet sich natürlich der Smiley grundsätzlich überall. Da wird mit den Mitteln des Piktogramms gearbeitet, wie es dem modernen Menschen überall heutzutage begegnen kann. Da findet sich aber auch eine gewisse Anarchie und Verniedlichung, wie sie der Leser vielleicht aus Kultserien wie South Park her kennt. Frank Flöthmanns Reduzierung ist freilich noch viel radikaler.

STILLE NACHT ist nicht Flöthmanns erstes Werk. Der comic-begeisterte Grafiker erzählt auf seine Art bereits Grimms Märchen ohne Worte. In Männer ohne Worte nimmt er das ohnehin wortkargere Geschlecht und seine Schwächen auf die Schippe. Da Maria in der stillen Nacht die einzige Frau ist (sieht man von einer hilfsbereiten Herbergsmutter ab), dürfen sich auch hier die Männer insgesamt warm anziehen. Die Krone der Schöpfung, symbolisiert durch Joseph, die Hirten und die heiligen drei Könige, sind etwas tollpatschig, verspielt, allerdings sehr gut durch himmlische Mächte zu inspirieren. Die drei Hirten erinnern in ihrem Auftreten ein wenig an die drei Stooges, lösen ihre Querelen aber gewaltfrei. Und modern wie die heiligen drei Könige sind, holen sie ihre Geschenke für ein Kind natürlich im Spielzeugladen. Das Schmunzeln wächst beim Betrachten der Bilder von Seite zu Seite. Mit dem Aha-Effekt (ich hab’s ohne Worte verstanden!) kommt das Lachen.

Joseph wird ungewollt Vater und sucht den Notausgang. Ein Engel hält ihn auf. Zur rechten Zeit, denn ansonsten wäre die Geschichte allzu früh vorbei und der Spaß zu kurz. Frank Flöthmann hat einen schönen Weg gefunden, die Geschichte zur STILLEN NACHT neu zu erzählen. Zeitlos lustig mit zeitloser Botschaft! 🙂

STILLE NACHT, Die Weihnachtsgeschichte ohne Worte: Bei Amazon bestellen

Links: 2-f.de (Homepage des Comic-Künstlers)

Sonntag, 05. Januar 2014

PLANTS VS. ZOMBIES

Filed under: Cartoon — Michael um 17:02

PLANTS VS. ZOMBIESWenn die Zombie-Apokalypse droht und all die halb verfaulten Wiedergänger unser aller Gehirn wollen, ist es besser, ein paar Pflanzen, ganz besondere Pflanzen zum Freund zu haben. Vom Spiel zum Comic schafft es auch dieses Computerabenteuer der anderen Art. Viele sind schon gegen die Zombies angetreten, vieles wurde benutzt, um ihnen den Garaus zu machen. Pflanzen hörten bislang eher weniger dazu. Der gemeine Zombie ist, daran kann bei diesem Band, PLANTS VS. ZOMBIES, keinerlei Zweifel mehr bestehen, ist im Kinderzimmer angekommen. Als George A. Romero seine Nacht der lebenden Toten auf den Kinozuschauer hetzte, hätte er sich diese Entwicklung wohl niemals vorzustellen gewagt.

Die wollen mehr als nur spielen, denn sie wollen dein Gehirn. In lustigem Knuffellook, in I-Gitt-Grün, haarlos und mit Glubschaugen angetan, wie nahe Verwandte der von Eric Powell kreierten Untoten, hat sich ein Zombie mit Gehirn, der Zomboss, aufgemacht, die Stadt, in der die beiden Kids Patrice und Nate leben, anzugreifen. Das ist natürlich nur ganz handzahm gruselig, wenn die Zombies in ihren lustigen Verkleidungen (mit Eimer auf dem Kopf) und an Luftballons hängend angreifen.

Die erste überraschende Welle wird noch (nicht weniger überraschend) mit Rasenmähern zurückgeschlagen (als habe Autor Paul Tobin vor der Horrorkomödie Braindead von Erfolgsregisseur Peter Jackson eine Verbeugung einbauen wollen). Doch dann erschöpfen sich zunächst die Verteidigungsmöglichkeiten, gäbe es nicht einen versponnenen Erfinder, den Onkel von Patrice, der sich mit der Zucht von sehr besonderen Pflanzen abgibt. Fleischfressende Pflanzen treten neben Sonnenblumen, Kürbissen, Melonen, Walnüssen, sogar Wasserpflanzen in den Kampf ein. Das soll nur Spaß machen (tut es) und ist auf jeder Seite turbulent.

Ron Chan darf als Zeichner ein kunterbuntes Fußvolk zu Papier bringen. Bei den normalen Zombies bestechen nicht nur jene, die an Luftballons hängen. Gerade jene, die selbst im Tod nicht vom Handy lassen können und versuchen Gehirn beim Pizzalieferanten zu bestellen, sind ziemlich auffallend. Mit fettem Außenstrich, genau gesetzten Innenstrichen (wenige) zeichnet Ron Chan die Figuren, die sowohl gut auf den Papierseiten aussehen, als auch bildschirmtauglich sind. Das besitzt, auch gemäß der leichten Farbgebung mit wenigen Verläufen und allemal eine Schattierungsstufe, bewegen sich die Bilder auch nahe am Graffiti-Look.

Yetizombie und Riesenzombies greifen in diesen Kampf ein, der von einem Zomboss mit überdimensionalen Gehirn geleitet wird (und so aussieht, als handele es sich um einen wiedergängerischen Marsianer aus einem Film von Tim Burton). Es wird im Verlauf der Handlung immer größer, voller, Endgegner eingeschlossen, wie es sich für ein Computerspiel gehört, dessen Atmosphäre hier gut getroffen ist (und das auch ohne Computerspielvorlage gut funktionieren würde).

Kindgerechtes, wenn auch nicht für die ganz kleinen, meist quietschvergnügtes und klickibuntes Zombieabwehrabenteuer. 🙂

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Montag, 23. Dezember 2013

RUBINE 13 – Der fragile Erbe

Filed under: Cartoon — Michael um 9:21

RUBINE 13 - Der fragile ErbeDas ist wirklich nicht Billys Tag. Erst führt ihn die Kellnerin im Diner gnadenlos vor, entschuldigt sich zwar, trotzdem kommt die Botschaft an. Billy wird alt, die männliche Anziehungskraft auf das weibliche Geschlecht schwindet mit den Jahren. In seinem Truck lässt ihn auch das Radio im Stich. Nun verspricht die folgende Fahrt auch noch langweilig zu werden. Die Anhalterin, mit perfekten körperlichen Proportionen, am Straßenrand verspricht eine willkommene Abwechslung und vielleicht sogar etwas mehr. Als sie nach wenigen Metern Fahrt eine Pistole auf Billy richtet, weiß er, dass sein Tag wirklich reichlich bescheiden verläuft.

Rubine hat sich während ihrer Karriere als Polizisten neben Feinden (die meist im Gefängnis landeten oder verstarben) auch viele Freunde gemacht. Einer dieser Freunde, genauer gesagt Freundinnen, meldet sich bei ihr und hat eine große Bitte. Rubine ist ganz Ohr und überlegt sich einen ungewöhnlichen, sehr ungewöhnlichen Plan, wie dieser Freundin und ihrem Mann helfen kann. Doch ungewöhnlich heißt nicht ungefährlich. Gleich von Beginn an sind ihr verschiedene äußerst dubiose Gestalten auf der Spur. Wie gut, dass Rubine eine Frau ist, die mit ihrer Magnum umzugehen versteht.

Mythic lässt seine Leser zunächst etwas zappeln. Rubine hat einen Plan. Wie dieser Plan jedoch aussieht, behält sie anfangs für sich. Aber es ist fast auch gleichgültig wie Rubines Plan aussieht, denn die Verfolger scheren sich ebenfalls nicht darum und setzen alles daran, ihr Ziel zu erreichen, den fragilen Erben in ihre Gewalt zu bringen. Was es damit auf sich hat, soll hier nicht verraten werden, es sei allerdings gesagt, dass der Auftrag wie auch die Auflösung außergewöhnlich ist und mehr als nur mit dem etwas zögerlich durchsichtigen Anfang versöhnt.

Francois Walthery und Bruno Di Sano gehen keine Experimente im 13. Band der Reihe Rubine ein. Der Stil ist sehr gut definiert in diesem Stadium, die Künstler sind ein eingespieltes Team. Die Stilistik ist leicht, nahe am Cartoon, flott, aber sicher getuscht. Es tauchen nicht nur die bekannten Figuren auf, sondern einmal mehr kleine Anleihen wie eine Figur, die einem Fantasio nicht unähnlich ist. Dieser wird optisch und in der charakterlichen Anlage ziemlich veräppelt. Eine Natascha findet sich auch (halb), das ist kein Wunder, sind doch beide Zeichner auch mit der Serie um die blonde Stewardess beschäftigt.

Ausflüge in die weitere Vergangenheit von Rubine finden sich nicht oft, ist Mythic doch bemüht, die Figuren stets möglichst dicht anzulegen und Rubine gerät dabei manchmal etwas ins Hintertreffen. Zwei Frauen bilden die Grundlage dieser Geschichte: Rubine und ihre Freundin Brooke. Ein kurzer Rückblick zeigt die beiden in einem streng geheimen Einsatz im Dschungel und offenbart so ein wenig die Herkunft der Durchsetzungsfreude, die Rubine auch in ihren Polizeialltag einzubringen versteht. Vielleicht, die spannende Szenerie des Ganzen macht neugierig, erzählt das künstlerische Team einmal mehr aus dieser Zeitspanne.

Eine sehr kurzweilige Episode, auf den Spuren amerikanischer Thriller wandelnd, die sich selbst auf engerem Raum bewegen (siehe: 12 Stunden Angst). Die Handlung ist gegen den Strich erzählt, später erst offenbaren sich die Hintergründe. Und weil es so ganz anders ist als üblich, hebt sich Der fragile Erbe sehr schön aus der gesamten Reihe hervor. 🙂

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Donnerstag, 24. Oktober 2013

Die Maxiausgabe der Minimenschen 15

Filed under: Cartoon — Michael um 11:14

Die Maxiausgabe der Minimenschen 15Der Mensch ist nicht mehr gut genug für diesen Planeten. Aus diesem Grund hat sich ein wahnsinniges Genie dazu entschlossen, eine neue, dem Planeten würdigere Art zu schaffen. Dazu geht dieses Genie, wie all jene, die dem Wahnsinn anheim gefallen sind, über Leichen. Pech für ihn, dass dadurch auch die Minimenschen in die Geschehnisse einbezogen werden. Deren Mann für alle Fälle, Renaud, steht bald den neuen Kreaturen, schwanzbewehrt und mit langen Nasen ausgestattet, gegenüber und gerät so in eines der Abenteuer seines Lebens. Selbst für einen Mann, der bereits so viel erlebt hat, ist diese Aufgabe nicht einfach zu lösen und wirklich steht es geraume Zeit Spitz auf Kopf.

Es ist bei weitem nicht das einzige Mal, dass Renaud gehörig herausgefordert wird. Nach Operation IQ wird ihm in Im Namen des Bruders ein Rätsel präsentiert, in dem nicht nur die Suche nach der Lösung knifflig ist, Renaud erhält einen Feind von seinem Schöpfer Pierre Seron aufs Auge gedrückt, der es in höchstem Maße persönlich meint und den bisherigen Sicherheitsbeauftragten von Eslapion in Rente schicken möchte. Mit diesem Stichwort kündigte sich bereits etwas an, das sich zwei Bände weiter erfüllen sollte.

Zuvor jedoch tat Autor und Zeichner Pierre Seron noch einen Schritt in die Vergangenheit und rief mit Castel Montrigu eine weitere Mini-Siedlung auf den Plan. Der Ausflug in andere Welten, mit Minimenschen, die fern der komfortablen Technik von Eslapion, dem Utopia der Minis, ihr Dasein fristen, hat mehrmals für große Abwechslung innerhalb der Reihe gesorgt. Auch hat Seron diese Seitensprünge stets gerne und sehr gut genutzt, um seine geradezu explodierende Fantasie zu Papier zu bringen. So gelingt ihm auch hier wieder eine regelrechte Komödie, wenn Ritter auf moderne Technik treffen und ein mittelalterlicher Mini-Fiesling in einem Hotel sein geisterhaftes Unwesen treibt.

Nun denn, das Ende ist gekommen. Mit Eslapion 3 erfüllen sich die Minimenschen nicht nur einen lang gehegten Wunsch nach absoluter Sicherheit für ihre Siedlung, Pierre Seron führt auch ein Comic-Werk zu Ende, das mit 44 Alben über 43 Jahre getragen wurde und in dieser Art seinesgleichen im Medium Comic suchen muss. Nicht nur das Gesamtergebnis ist bemerkenswert, auch die immer neuen Einfälle, ein stetiger Fluss an Humor, der die Reihe und seine Charaktere vorangetragen hat und auch den Erfolg rechtfertigen. Ausgerechnet mit einem Mann, der sich erheblich zu fürchten scheint, nimmt das letzte Abenteuer seinen Anfang.

Renaud versucht zunächst ein, genauer gesagt, das Geheimnis zu bewahren, doch gelingen wird es ihm, schon im Sinne des Lesers, nicht. Die Arbeit an Eslapion 3, der neuen Heimstatt der Minis, läuft bereits sehr lange im Hintergrund, das ist angesichts der technischen Errungenschaften, die hier gezeigt werden, gar keine Frage. Wie lange Pierre Seron an diesem Finale getüftelt hat, lüftet leider auch der redaktionelle Teil nicht. Auf jeden Fall wirft Seron einmal mehr seinen Erfindungsreichtum in die Waagschale. Wäre er nicht Zeichner geworden, so wirkt es über die gesamte Dauer der Reihe hinweg, so hätte er mit all den Ideen auch Architekt oder Erfinder werden können.

Ein Alptraum, der für Comic-Leser keiner ist. Renaud erwacht nach tiefem Schlaf und für ihn furchtbaren Bildern. Eslapion ist zu einem Vergnügungspark geworden. Große Besucher werfen den Minis Leckerbissen in Form von Erdnüssen in die Vorgärten … Im Comic ein schlechter Traum, in der Realität nicht einmal von der Hand zu weisen. Was Asterix geschafft hat …

Vorbei, eine weitere Serie ist in einer Gesamtausgabe vollendet. Nur selten wurde eine Reihe derart lange und ausgiebig von nur einem Zeichner betreut, so bestechend humorvoll geschrieben und nur selten wurde mit den Charakteren einer Comic-Serie auch so liebevoll umgegangen. Von Folge zu Folge merkte man als Leser, wie sehr Pierre Seron seine Helden ins Herz geschlossen hatte, was er ihnen abverlangen konnte und was nicht. Zum guten Schluss gönnt er ihnen ein verdientes Ende – auch in der Realität – und der Leser kann sich mit einem lachenden und weinenden Auge verabschieden. 🙂

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Dienstag, 17. September 2013

Marsch der Krabben 2

Filed under: Cartoon — Michael um 19:37

Marsch der Krabben 2 - Das KrabbenimperiumDie Quadratkrabbe ist dem untergehenden Schiff entkommen. Sie hat einen Bogen geschlagen, den sie nicht hätte schlagen dürfen, da Quadratkrabben keine Bogen schlagen. Sie gehen geradeaus. Sonst nichts. Und für die meisten Quadratkrabben ist das gut so. Ein kleiner Ausrutscher birgt das Potential der Revolution in sich. Für die kleine Krabbe, der dieser Ausrutscher gelang, ist diese Möglichkeit zunächst völlig unglaubhaft. So wie sie erst einmal kaum glauben kann, was sie da gerade getan hat. Der Auflauf um sie herum ist groß, denn eigentlich will auch sonst niemand seinen Augen trauen. Doch die Beweise sind unleugbar. Ein Anfang vom Ende? Oder nur eine Episode, an die sich am nächsten Tag niemand mehr erinnert?

Taschenkrebse spielen nicht mit Quadratkrabben. Das muss unterbunden werden, so lange sie noch klein sind. In der zweiten Runde von Marsch der Krabben wird es noch dramatischer. Nachdem die Quadratkrabben festgestellt haben, dass sie von der geraden Linie, den beiden unterschiedlichen Richtungen, in die sie immer gelaufen sind, abweichen können, haben sich unterschiedliche Fraktionen gebildet. Im Verbund der Quadratkrabben selbst gibt es jene, die nur zu gerne in jede beliebige Richtung laufen möchten. Aber nicht wenige Quadratkrabben sind nicht bereit, die alte Tradition aufzugeben. Unterstützung erfahren sie hierbei von den Taschenkrebsen, denn die Angst vor Veränderungen innerhalb der natürlichen Hierarchien ist groß.

Arthur De Pins ist mit dieser Geschichte, einem völlig neuen Thema ein moderner Klassiker gelungen, der gerade mit der zweiten Folge einmal mehr seine Qualität beweist. Taschenkrebse spielen nicht mit Quadratkrabben. Es ist eine Kindheitserinnerung der Quadratkrabbe Mond, die mehr oder weniger ergeben auf ihr Schicksal, den Kochtopf wartet. An ihrer Seite befindet sich ein Taschenkrebs, dem die Prozedur in der Küche vom Hörensagen bekannt ist und den Vorgang so hinnimmt, wie er eben kommt. Endgültig nämlich. Arthur De Pins spielt mit den Schicksalen seiner Figuren, liebevoll, mit der Zuneigung eines Autoren, der ein Kinderbuch schreibt und sich doch in Wahrheit in der Fabel mit ausgezeichnetem Erzählgeschick bewegt.

Der Autor, der hier gleichzeitig als Illustrator tätig ist (wie auch in seinen Werken Lieblingssünden und Zombillenium), verwendet einen grafisch einfachen wie auch eindrucksvollen Stil. Flächige Farbträge, feine Strukturen, zerbrechlich wirkende Figuren, generelle Farbspiele und Linien und Begrenzungen, die sich durch ihre Farbgebung stets einfügen und nicht einfach schwarz und somit sperrig sind. Da lächeln einem als Leser ein wenig ausgefallenere Zeichentrickgrafiken entgegen. Man könnte es auch Experimente nennen, die sich nur wenige trauen, da sie die bekannten optischen Comic-Pfade verlassen, sprichwörtlich gegen den Strom schwimmen. Aus jeder Seite oder sogar Doppelseite entwirft Arthur De Pins eine Komposition aus Form und Farbe. Und ganz nebenbei ist das Zusammenspiel von Text und Bild ein humoriger Hochgenuss.

Die Abenteuer der kleinen Krabben werden umfangreicher, die Schauplätze unterschiedlicher. Menschen mischen sich vermehrt (eher ungewollt) ein. Die Hauptattraktionen, die Quadratkrabben, erklären sich in vielen kleinen Episoden. Es ist herrlich anzusehen, wenn die neue Beweglichkeit auch neue Möglichkeiten bietet. Wenn die Bereitschaft zur ungehemmten Nahrungsaufnahme nur durch den Drang nach ungehemmter Paarungsbereitschaft übertroffen wird und die kleinen Krabben sich dabei, mangels Übung, sehr ungeschickt anstellen. Den Gipfel des Kabinettstückchens stellt dann der Kommentar zweier beobachtender Möwen dar.

Die Haupthandlung, der rote Faden, mündet in die große Katastrophe, die so nicht vorhersehbar war und in der hier geschilderten Monumentalität ein ziemliches Feuerwerk abbrennt. Und es ist auch dieses Überraschungselement, das die Geschichte von Arthur De Pins zu einer ebensolchen Überraschung im Medium Comic werden lässt.

Selten hat ein Comic wie hier so viele neue Maßstäbe gesetzt und so viele vorbildhafte Vorlagen geschaffen. Die Krabben sind jetzt schon Kult. Wer nach dieser Lektüre bei seinem nächsten Aufenthalt am Strand nicht sämtliche Meerestiere mit anderen Augen sieht, dem ist nicht mehr zu helfen. 🙂

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Sonntag, 05. Mai 2013

Der kleine Spirou 16

Filed under: Cartoon — Michael um 9:07

Der kleine Spirou 16 - Ganz schön aufgeblasen!Wie wird ein Priester ein Priester? Janry (Geschribbel, so steht es vorne im Album) und Tome (Gekritzel, so steht es …) haben mit dieser Reihe um den kleinen Spirou noch nie den Versuch unternommen, auch nur annähernd politisch korrekt zu sein. Pfarrer Steiner, der den Kindern heutzutage das Leben so schwer macht, hatte, wie kann es anders sein, eine schwierige Kindheit. Der gottesfürchtige Mann wollte einmal ein Mann des Gesetzes, Sheriff werden. Doch die holde Weiblichkeit durchkreuzte diese Straße und führte ihn auf den Pfad der Tugend.

Der kleine Spirou erzählt seinem Freund die Geschichte vom ausgesetzten kleinen Jungen, der in einem Weidenkorb den Bach hinuntertrieb und von zwei Freundinnen gefunden wurde. Janry liegt mit seiner Theorie, die er daraus folgert vielleicht nicht so falsch. Denn erlässt Spirou fragen, woran diese Anekdote aus Pfarrer Steiners Leben erinnere. Die Antwort: an Superman, der sei allerdings in einer Kapsel von Krypton gekommen. Aber, das ist die versöhnliche Seite der gesamten Geschichte, Spirou teilt nicht nur aus, er muss auch gehörig einstecken.

Nicht nur seine Freunde, Rangen wie er, sondern auch seine Familie, wissen ganz genau, wie sie mit dem kleinen Spirou umzugehen haben. Allen voran marschieren Oma und Opa, um keine Antwort verlegen. Da wird schon mal das Alter vorgeschützt, um dem Kleinen eine Lektion zu erteilen. Turnlehrer Jahn ist jedoch, bei aller Vielfalt der Charaktere, die Zielscheibe des Spottes, des Humors. Der Mann, ein aus den Fugen geratener Sportlehrer, dem Alkohol sehr zugeneigt, eigentlich auch ein Sofasurfer, der nur glaubt, sportlich zu sein, wenn man es nur will, sorgt mit abstrusen Szenen für schadenfrohes Gelächter.

Dank der von Tome mit fetten Strichen gezeichneten Slapstick springen die Zeichnungen geradewegs ins Auge. Die Bilder sorgen neben dem Text für die zweite oder sogar dritte Pointe des Sketches. Manchmal endet es auch beinahe wortlos. Und manchmal glänzen Tome und Janry mit Einfällen, die schlicht wirken und kurz sprachlos machen. Hierzu sei das Stichwort Brille genannt. Mehr soll nicht verraten werden.

Tome und Janry schicken den kleinen Spirou durch die lustigen Begebenheiten einer erwachenden Liebe, deren Bekundungen auf einer Kirmes nicht immer zur rechten Zeit erfolgen. Viele Schwierigkeiten entstehen durch ihre Protagonisten selbst. Einige wiederkehrende Handlungsorte wie die Kirmes, zu denen sich noch der Strand, das traute Heim und die Schule gesellen werden noch ergänzt um einige Stätten, die manchesmal einen ausgefallen Ort für einen Sketch darstellen. Wenn Turnlehrer Jahn auf hoher See entfleucht, war das keinesfalls vorherzusehen.

Die Selbsterklärung der einzelnen Figuren innerhalb kürzester Zeit ist eine der ganz großen Stärken der Comic-Macher, von denen auch der Kolorist Stephane de Becker (Gekleckse) nicht ausgenommen werden soll. Will man die Sympathien der Comic-Macher für ihre entworfenen Charaktere in eine Rangfolge bringen, so dürfte, neben Spirou selbst versteht sich, Turnlehrer Jahn sehr weit oben stehen, gefolgt von Opa, Oma und Mama. Aber Jahn bleibt der Brüller, eine Witzfigur in sich, eine Art überdrehter Alfred Tetzlaff in Trainingsanzug. Jahn könnte auch ohne Spirou funktionieren. Tome und Janry testen dies weidlich aus, indem sie Spirou auch aus dem Off seine Bemerkungen beitragen lassen.

Auch in der 16. Folge immer noch witzig von Anfang bis Ende. Ideen, Humor und Ausdruck von Tome und Janry sind unerschöpflich. Eigentlich wäre es an der Zeit, dass die versammelten Figuren einmal eine albenlange Komödie erleben. 🙂

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Donnerstag, 18. April 2013

Die Maxiausgabe der Minimenschen 14

Filed under: Cartoon — Michael um 10:42

Die Maxiausgabe der Minimenschen 14Es schläft! Nun, wie lebendig es ist, wussten die Bewohner über die kleine Aurore schon. Wie sie die Kleine beruhigen konnten, war ihnen bisher entgangen. Doch die tolle Atmosphäre, all die neuen Eindrücke in der urzeitlichen Welt, über die jene Börks wachen, haben das Mädchen schließlich doch müde werden lassen. Gut behütet und bewacht, schläft es einen glücklichen Schlaf. Aber sie kann nicht bei den Börks bleiben. Denn Aurore hat eine Familie, die sie liebt. Der gute Doktor Hundsecker ist mit dem Schicksal der kleinen Aurore vertraut, die völlig unverschuldet ihrer eigenen Entwicklung hinterherhinkt. Als er dann eine Idee hat, wie sich das Problem mit ihrer Spätentwicklung lösen lassen könnte, wird daraus der Anstoß für viele unwillkommene Verwicklungen.

Sind sie klein, mach sie noch kleiner. Oder mach die Kleinen ganz groß. Pierre Seron liebt das Spiel mit der Größe. Er schickte riesige Insekten in die Welt der Großen und nun wird der allseits beliebte Renaud einmal ganz klein. Ohne Hut. Dabei beginnt es eigentlich harmlos. Aurore ist ein aufgewecktes wie auch häufig über das Ziel hinausschießende Mädchen. Sie gehorcht nicht recht und weiß nicht, wann es zu viel Gewalt ist, mit der sie sich in Cowboy-und-Indianer-Spiele einmischt. Aber sie erkennt auch die Gefahren nicht, die einem kleinen Mädchen drohen können (eigentlich jedem Menschen), das sich inmitten einer Dinosaurierherde begibt, wenn auch freundlich lächelnd, da sie die grünen Schuppenriesen für Kühe hält. Miss Petersilie, wie die Kleine später wegen ihres grasgrünen Haarschopfes genannt wird, entwickelt sich zu einem kleinen Problem, das noch mehr kleine Probleme nach sich zieht.

Hier hat Pierre Seron wieder einen humoristischen Nerv getroffen. Er schafft eine Ausgangssituation, die nur Slapstick nach sich ziehen kann. Ein kleiner Kniff und schon gibt er sich selbst zahllose Ideen an die Hand, wie die Geschichte von Sketch zu Sketch, von Problemlösungsversuch zu Problemlösungsversuch springt, bis ein neuerliches Problem die Lachmuskeln des Lesers reizt. Aus Renaud wird ein Baby, ein Erwachsener im Körper eines Säuglings, wie es das Titelbild bereits verrät. Am Ende heißt es: zurück zur Natur. Versöhnlich, menschlich, aber nicht in letzter Konsequenz aufgelöst.

Pierre Seron will nämlich noch weiter seinen Spaß mit dem kleinen Renaud haben. Es würde nicht so gut funktionieren, wenn es nicht an dem wäre. Seron erzählt mit Spaß, damit der Leser Spaß hat. Hier mag gleichzeitig ein Erfolgsgeheimnis dieser langlebigen Reihe begründet sein. Ameisenkrabben ist nicht nur ein ungewöhnlicher Titel des zweiten Abenteuers in dieser vorliegenden 14. Maxiausgabe der Minimenschen. Der kleine Renaud erlebt die Abenteuer etwas kindlicher, da ist es nicht weiter verwunderlich, wenn sich Seron auch an die großen Kinderabenteuer wie Flipper erinnert, wenn aber auch gleichzeitig Inspirationen von Abyss einfließen und Seron sich seine eigenen SciFi-Ideen vergegenwärtigt.

Sobald das geschieht, wird es weit weniger ökologisch, als es zunächst den Anschein hat. Es wird französisch komisch, könnte man sagen. Man stelle sich vor, James Cameron hätte Pierre Richard in die Tiefsee geschickt. Vielleicht wäre daraus etwas ganz ähnliches entstanden. Vorausgesetzt japanische Monsterfilmer hätten noch ein Wörtchen mitzusprechen gehabt. Pierre Seron serviert ein ordentliche Gagfeuerwerk, in dem Renaud versucht, am Ball zu bleiben. Dank seiner Größe, der eine Lausbubs, schwierig, aber machbar. Wetten, dass …! verfolgt im dritten Abenteuer des Bandes einen ganz anderen, weitaus ernsteren Ansatz.

Plötzlich ist ein Kind in Gefahr, ernster Gefahr, realistischer Gefahr, mit richtigem Mörder, richtigen Waffen. Doch Renaud ist wieder groß, allerdings lässt ihn Seron nicht ohne Handicap antreten. Für den Leser ist die neue Tarneigenschaft des langjährigen Helden natürlich wieder Anlass zur Heiterkeit, für Renaud selbst ist sie erst einmal ein Problem, vielleicht sogar ein noch größeres als zuvor die Kindliche Statur. Aus dem Problem mit einem Mörder wird zusätzlich ein noch gefährlicheres, umfassender, als gedacht. Plötzlich geht um die Leben eines gesamten Ortes. Die Mixtur aus Komödie und Krimi passt und lässt die Geschichte mittendrin plötzlich aufs Neue durchstarten. Seron erweist sich einmal mehr als Meister des Unerwarteten.

Neue Ideen in der 14. und vorletzten Maxiausgabe der Minimenschen. Pierre Seron beweist die Unerschöpflichkeit seines Einfallreichtums, auch den Mut, Wege zu beschreiten, die andere vielleicht abgetan hätten. Bei ihm funktioniert es! 🙂

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