Wie wird ein Priester ein Priester? Janry (Geschribbel, so steht es vorne im Album) und Tome (Gekritzel, so steht es …) haben mit dieser Reihe um den kleinen Spirou noch nie den Versuch unternommen, auch nur annähernd politisch korrekt zu sein. Pfarrer Steiner, der den Kindern heutzutage das Leben so schwer macht, hatte, wie kann es anders sein, eine schwierige Kindheit. Der gottesfürchtige Mann wollte einmal ein Mann des Gesetzes, Sheriff werden. Doch die holde Weiblichkeit durchkreuzte diese Straße und führte ihn auf den Pfad der Tugend.
Der kleine Spirou erzählt seinem Freund die Geschichte vom ausgesetzten kleinen Jungen, der in einem Weidenkorb den Bach hinuntertrieb und von zwei Freundinnen gefunden wurde. Janry liegt mit seiner Theorie, die er daraus folgert vielleicht nicht so falsch. Denn erlässt Spirou fragen, woran diese Anekdote aus Pfarrer Steiners Leben erinnere. Die Antwort: an Superman, der sei allerdings in einer Kapsel von Krypton gekommen. Aber, das ist die versöhnliche Seite der gesamten Geschichte, Spirou teilt nicht nur aus, er muss auch gehörig einstecken.
Nicht nur seine Freunde, Rangen wie er, sondern auch seine Familie, wissen ganz genau, wie sie mit dem kleinen Spirou umzugehen haben. Allen voran marschieren Oma und Opa, um keine Antwort verlegen. Da wird schon mal das Alter vorgeschützt, um dem Kleinen eine Lektion zu erteilen. Turnlehrer Jahn ist jedoch, bei aller Vielfalt der Charaktere, die Zielscheibe des Spottes, des Humors. Der Mann, ein aus den Fugen geratener Sportlehrer, dem Alkohol sehr zugeneigt, eigentlich auch ein Sofasurfer, der nur glaubt, sportlich zu sein, wenn man es nur will, sorgt mit abstrusen Szenen für schadenfrohes Gelächter.
Dank der von Tome mit fetten Strichen gezeichneten Slapstick springen die Zeichnungen geradewegs ins Auge. Die Bilder sorgen neben dem Text für die zweite oder sogar dritte Pointe des Sketches. Manchmal endet es auch beinahe wortlos. Und manchmal glänzen Tome und Janry mit Einfällen, die schlicht wirken und kurz sprachlos machen. Hierzu sei das Stichwort Brille genannt. Mehr soll nicht verraten werden.
Tome und Janry schicken den kleinen Spirou durch die lustigen Begebenheiten einer erwachenden Liebe, deren Bekundungen auf einer Kirmes nicht immer zur rechten Zeit erfolgen. Viele Schwierigkeiten entstehen durch ihre Protagonisten selbst. Einige wiederkehrende Handlungsorte wie die Kirmes, zu denen sich noch der Strand, das traute Heim und die Schule gesellen werden noch ergänzt um einige Stätten, die manchesmal einen ausgefallen Ort für einen Sketch darstellen. Wenn Turnlehrer Jahn auf hoher See entfleucht, war das keinesfalls vorherzusehen.
Die Selbsterklärung der einzelnen Figuren innerhalb kürzester Zeit ist eine der ganz großen Stärken der Comic-Macher, von denen auch der Kolorist Stephane de Becker (Gekleckse) nicht ausgenommen werden soll. Will man die Sympathien der Comic-Macher für ihre entworfenen Charaktere in eine Rangfolge bringen, so dürfte, neben Spirou selbst versteht sich, Turnlehrer Jahn sehr weit oben stehen, gefolgt von Opa, Oma und Mama. Aber Jahn bleibt der Brüller, eine Witzfigur in sich, eine Art überdrehter Alfred Tetzlaff in Trainingsanzug. Jahn könnte auch ohne Spirou funktionieren. Tome und Janry testen dies weidlich aus, indem sie Spirou auch aus dem Off seine Bemerkungen beitragen lassen.
Auch in der 16. Folge immer noch witzig von Anfang bis Ende. Ideen, Humor und Ausdruck von Tome und Janry sind unerschöpflich. Eigentlich wäre es an der Zeit, dass die versammelten Figuren einmal eine albenlange Komödie erleben. 🙂
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