Freitag, 16. Februar 2024
Das Drama hat in MYJOY seinen Lauf genommen. Obwohl es gerade dort kein Drama geben sollte. Denn MYJOY ist der größte Ferienpark aller Zeiten, wo jeder Mensch, der es sich leisten kann, sich zwei Wochen lang seinen Vergnügungen hingeben kann. Aber hinter den Kulissen von MYJOY gärt es. Schon seit längerem entgleisen die Strukturen, gibt es immer mehr Menschen, die über die Stränge geschlagen haben, sich überschuldeten und nun auf den Straßen von MYJOY leben. Jeden Tag sind solche Leute auf der Flucht, weil das computerisierte System es jedem Individuum nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt gestattet, seine Schlafstätte zu nutzen. Wer danach noch vor Ort ist, verliert sein Leben. Darüber hinaus, für alle sichtbar, hat der Kopf von MYJOY, sein Erfinder SPRINGY FOOL, nicht nur die Kontrolle über sich selbst, sondern auch über den Park verloren. Eine unaufhaltbare Abwärtsspirale setzt ein …
LUC BRUNSCHWIG, Autor, und ROBERTO RICCI, (Zeichnungen und Farben) setzen SPRINGY FOOL, der im Gewand des HASEN aus ALICE IM WUNDERLAND auftritt und völlig verantwortungslos ist, einen jungen enthusiastischen Mann, BUZZ, gegenüber, der in MYJOY als Sicherheitsbeamter (oder vielleicht besser als Parkpolizist) arbeitet. Inspiriert von einer alten Zeichentrickserie, in der ein Indianer namens LAUGHING RACOON durch die Zeit reist und unbestrafte Verbrecher richtet, hat sich BUZZ von seinem elterlichen Bauernhof verabschiedet und will ein gänzlich anderes Leben führen. Diese völlig gegensätzlichen Charaktere prallen in URBAN aufeinander. Es entspinnt sich ein, über die gesamte Länge andauerndes, SCIENCE FICTION DRAMA der besten Art.
Im vorliegenden 5. BAND, mit dem Untertitel SCHIZO ROBOT, werden viele über die Reihe URBAN hinweg ausgeworfene Fäden zusammengeführt. Glücklich werden hierbei die wenigsten Charaktere. Tote, Verletzte, seelisch gebrochene Gestalten bleiben in den Fährten von BUZZ und SPRINGY FOOL zurück. Das ist von LUC BRUNSCHWIG meisterhaft geschrieben und mit großer Weitsicht über einen sehr gestreckten Handlungsbogen. So manches klärt sich erst zum Schluss. Den einen oder anderen AHA-Moment gibt es ebenfalls, wenn sich die letzten Knoten entwirren. Bezeichnend ist eine tolle Charaktertiefe, selbst bei solchen, die realtiv kurz eingeführt werden. Bedeutet im Klartext: Selbst wenn der Leser glaubt, eine Figur könnte wichtigere Bedeutung in der Handlung erlangen, kann er ziemlich falsch liegen. Hier kann jeder Charakter über die Klinge springen.
ROBERTO RICCI arbeitet mit einem starken Mix aus organischen Zeichnungen und Computerkolorierung. Neben der bereits bekannten Zeichentechnik darf sich der Leser aber auch noch auf eine Abwandlung freuen. Die von BUZZ so geliebte Zeichentrickserie seiner Kindheit wird in einem Rückblick vorgestellt. Genauer gesagt wird sie gepitcht. Das Serienkonzept, der Handlungsablauf, die Hauptfigur LAUGHING RACOON. Die gezeigten Ereignisse sind anfangs nah an der amerikanischen Historie, bevor die Geschichte in Richtung SCIENCE FICTION schwenkt. Der Zeichenstil ist von ROBERTO RICCI so gewählt, dass er durchaus in einer modernen Zeichentrickserie Verwendung finden könnte (das sieht richtig gut aus!). Es wäre schön, wenn ROBERTO RICCI diesen Stil irgendwann einmal wieder aufgreifen würde (vielleicht für ein SPIN-OFF mit LAUGHING RACOON).
Das ist ein SCIENCE FICTION DRAMA. Natürlich gibt es Übertreibungen, aber nicht hin zur Komik. LUC BRUNSCHWIG und ROBERTO RICCI nehmen die Geschichte und ihre Charaktere sehr ernst. Neben Spannung, Tiefe gibt es auch Platz für Mitleid. Und das nicht zu knapp. Eine toll erdachte Dystopie, stark und durchdacht erzählt, bestens illustriert. Für SCIFI-FANS absolut empfehlenswert! 🙂
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Sonntag, 10. September 2023
Man stelle sich vor: Da gibt es eine Maschinerie, die darüber entscheidet, ob ein Buch bestehen bleibt. Oder ob es in der Versenkung verschwindet. Auf Nimmerwiedersehen. Selbst sogenannte gute Bücher. Inhaltlich wichtige Bücher. Sobald die Leserzahlen in den Keller rauschen, ist es futsch. Nicht bloß bei Romanen. Auch bei Sachbüchern. Sogar bei Comics. Dann stelle man sich vor: Es existiert eine Gruppe ungewöhnlicher Individuen, die es sich auf die Fahne geschrieben haben, solche Bücher zu retten. Eine Gruppe, die sich selbst PLOT HOLES nennt. Eine Gruppe, die aus eigener Erfahrung weiß, was es heißt, Bestandteil eines solchens Buches zu sein. Oder eines Comics. Weil sie aus solchen Büchern gerettet wurden. Oder aus Comics.
So wie CLIFF WIESELWITZ, der seinen Nachnamen in INKSLAYER geändert hat. CLIFF ist Comiczeichner, leider kein sehr erfolgreicher. Erst vor kurzem ist seine Frau gestorben. Seelisch ist CLIFF am Boden. Beruflich ist da nichts, um von dem Verlust wenigstens abzulenken. Da steht eines Tages eine ältere, höchst agile Dame namens ED vor seiner Wohnungstür. ED prophezeit ihm das Ende SEINER Serie und offenbart ihm so, dass er nichts weiter als eine erfundene Figur ist. Klar, die Welt von CLIFF, dem selbst ernannten INKSLAYER, bricht vollends zusammen.
Dabei ist er nicht der einzige erfundene Charakter, der fortan ein eigenes Leben ohne Fremdbestimmung führen darf. Die PLOT HOLES stammen aus den unterschiedlichsten Geschichten und verschiedensten Genres. Teilweise, wie der kleine KEVIN, sind sie uralt. Oder nicht einmal menschlich. Was auf den überwiegenden Rest der Truppe zutrifft. Ja, SEAN MURPHY hat erneut seine Fantasie laufen lassen und eine GRAPHIC NOVEL erschaffen, Als Autor und Zeichner gleichermaßen entführt (das Wort passte selten besser als hier) er den Leser in eine Welt zwischen den Welten. Das ist letztlich größer als PHANTÁSIEN oder irgendwelche Comic-Universen, denn hier ist nicht einmal der Himmel das Limit.
Die Grundidee klingt zuerst seltsam, aber Dank vieler kleiner Hommagen, Figuren, die einem bekannt erscheinen, ohne es tatsächlich zu sein, darf man sich sogleich wie angekommen fühlen. Sei es FANTASY oder MANGA, HORROR oder SCIENCE FICTION, ernstes SACHBUCH über historische Ereignisse oder Architektur, thematisch finden sich irre viele Fingerzeige, die nicht nur Verbeugung vor der menschlichen Kreativität als solcher sind, sondern auch zeigt, wie weit die Lust am Fabulieren zurückreicht und wie sehr die Menschen ihre ABENTEUER und ihre HELDEN lieben.
Deshalb dürfen sich die Leser auch auf Auftritte von ROBIN HOOD, riesengroße MECHS oder MOBY DICK freuen. Und man muss nicht einmal suchen, um ein rotes Lichtschwert zu entdecken. Da wird seitens SEAN MURPHY von alt bis brandneu nichts ausgelassen. Gleichzeitig wird deutlich, wie ähnlich sich die Grundkonzepte sind und wie verzweigt eine Geschichte dennoch ausufern kann und mit den Epochen wächst.
SEAN MURPHY, der hierzulande mit seinen Veröffentlichungen von TOKYO GHOST und BATMAN: DER WEISSE RITTER auf sich aufmerksam machen konnte, zeichnet den vorliegenden Sammelband von A-Z. Grafisch ist das (wie er es bisher auch handhabte) sehr zart, auf magisch anziehende Weise zerbrechlich. Dünnste Outlines bilden fein ausgearbeitete Charaktere ab. Und damit erschöpft es sich nicht. SEAN MURPHY gibt einem Charakter die Fähigkeit zur Gestaltwandlung. Dank der Koloristen DAVE STEWART und MATT HOLLINGSWORTH ballern die Bilder richtig ins Auge, leichter Zeichentrickeffekt inklusive.
Daneben ist die Erzählung modern, trotz diverser nostalgischer, manchmal sentimentaler Anflüge. Krankheit, Liebe, sexuelle Ausrichtung, Menschen im Krieg, Zeiten im Wandel, allesamt große Themen, mal eben so mitgenommen. Ganz schnell ist der Leser an der Seite der Figuren, die ihr Innerstes im Laufe der Geschichte nach außen kehren. Selbst (ehemalige) Schurken geben sich so der Angreifbarkeit preis.
Mehr von SEAN MURPHY. Das ist ein echter Stern am Comic-Himmel. Hier lässt ein Künstler die Zügel locker, ohne zu entgleisen und zu abgedreht zu werden. Nachvollziehbare Verrücktheiten, grafisch erstklassig umgesetzt, spannend, gefühlvoll erzählt. Das darf Comic, das soll Comic, hier kann Comic, was andere Medien nicht schaffen! Toll! 🙂
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Mittwoch, 05. Juli 2023
Es ist geschehen. Das Wasser ist gestiegen. Und die Menschen entwickeln einen neuen Lebensstil. HANS VOGEL ist einer von ihnen. Manche Menschen leben in den verbliebenen Städten. Manche auf kleinen Inseln inmitten des Wassers. Andere, so wie HANS VOGEL, kreuzen auf den Wasser, immer auf der Suche nach Nahrung und Gelegenheiten. Sein Bruder GORZA begleitet ihn manchmal, meistens jedoch lebt er bei seiner Mutter JEANNE. GORZA spricht nicht, seine Denkfähigkeit ist beeinträchtigt, darüber hinaus ist das Herz am rechten Fleck. Und dann ist da noch der blaue HUND, der ein paar recht seltsame Fähigkeiten hat.
Eines Tages kehrt HANS nach Hause zurück, bringt Vorräte auf die kleine Insel und hat einen Plan für die nächste Tour im Gepäck. GORZA soll ihn begleiten. HUND auch. Doch ungefährlich wird es möglicherweise nicht. Draußen sind noch andere mit ähnlichen Zielen unterwegs. Außerdem gibt es eine Obrigkeit, die glaubt, es wäre besser, alle Menschen vom Wasser weg in die Städte zu evakuieren. Aber die meisten lieben ihre Freiheit und irgendwelche neuen Vorschriften scheren sie nicht. Es ist nur eine Frage der zeit, bis es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung kommt …
BENJAMIN FLAO kehrt mit einer neuen Graphic Novel zurück. Nach KILILANA SONG, einer zweiteiligen Geschichte, deren Handlungsmittelpunkt in KENIA lag, wirft BENJAMIN FLAO als Autor und Zeichner nun einen Blick in eine (denkbare) nahe Zukunft. Auf der einen Seite zeigt er jene Menschen, die sich mit den neuen Gegebenheiten abfinden und sich in ihnen zurechtfinden. Die andere Seite, eine Art Kehrseite, zeigt jene Gruppe, die am Althergebrachten festhalten will, in den Städten lebt, während um sie herum das Wasser steigt und auf ehemaligen Parkplätzen die Autodächer aus der Wasseroberfläche ragen.
HANS, GORZA und JEANNE versprühen eine gewisse Zufriedenheit. BENJAMIN FLAO verschafft ihnen und der Szenerie um sie herum eine positive Ausstrahlung. So schlecht, wie es für den Leser von außen scheint, scheint es nicht zu sein. Jedenfalls für jene, die noch die Segnungen der Zivilisation genießen, wie es HANS‘ TOCHTER VINEA macht. Obwohl sie ihrem Vater draußen, außerhalb der Stadtgrenzen, ähnlicher ist, als sie wahrscheinlich glaubt. 18 Jahre alt und Jura-Studentin, so hat sie den PUNK für sich entdeckt und lebt diesen gewissermaßen rebellisch aus. Sie rebelliert gegen das Establishment (auf ihre Art), und wer ihr blöd kommt, fängt sich eine. Da ist HANS ruhiger, ausgeglichener und mit etwas mehr Über- sowie Weitblick versorgt.
Die Charaktere sind gegeneinander ausgewogen, in sich stimmig, interessant, VINEA sogar ein wenig unbequem. Stellvertretend für den Leser darf eine Kommilitonin ihre Erkenntnisse mitteilen, nicht unbedingt wörtlich, aber ihr Verhalten ist aussagekräftig genug. Interessant ist, wie BENJAMIN FLAO Menschen beschreibt, die einerseits klammern, andererseits loslassen und sich auf etwas Neues einlassen. Noch interessanter hierbei ist, wie ausgerechnet ein junger Mensch an althergebrachtem Rebellentum festhält, das sich durch die äußeren Gegebenheiten eigentlich längst überlebt hat. Was vordergründig einfach und leicht erzählt scheint, ist hintergründig vielschichtig und sehr gut beobachtet.
Die Geschichte wirkt, gerade vor dem Hintergrund der letzten Anmerkung und den Bemerkungen aus dem OFF (vom blauen HUND), wie von einem illustrierenden Reisebiographen verfasst. BENJAMIN FLAO fängt Momente ein, Landstriche, Bilder und das ist mehr als nur die Herstellung von Atmosphäre. Ganz besonders, der blaue HUND seine Weisheiten und Gedanken einstreut. Er liest nicht nur in der Zeit und macht deutlich, dass diese neue Welt nur ein Stadium ist, kein Stillstand. Er liest zudem in den Herzen der Menschen (was HANS VOGEL erkennt und er vertraut entsprechend darauf, denn es hilft, Situationen nicht nur zu entschärfen, es hilft auch, den Ball gleich von Beginn an flachzuhalten und Missverständnisse zu vermeiden). HUND ist die Prise MYSTERY in AUF DEM WASSER. Aber es fügt sich gut ein. Wenn die bekannte Welt zugrunde geht, mag eine Spur mysteriöser Interpretation zum Verständnis der neuen Umstände helfen.
Stichwort Reisebiograph. Dieser muss nicht nur gut beobachten können, er muss auch schnell sein. BENJAMIN FLAO sammelt Eindrücke, entsprechend skizzenhaft sind seine Bilder. Etwas roh, grob, aber deutlich, eindringlich, unmissverständlich. Selbst eine Figur wie GORZA, dem kein vernünftiges Wort über die Lippen kommt, wird hier trotz allem zum verstehbaren und sympathischen Charakter. Die Farbpalette knallt nicht, sie hat ihre leuchtenden Momente, aber es ist eher so, als käme es immer wieder zu Bewölkungen und dunstigen Tagen (eben weil viel Feuchtigkeit in der Luft hängt). Ob beabsichtigt oder instinktiv, es passt von A bis Z.
Stimmungsvoll, dicht, stark beobachtet, fein erzählt, mit nachvollziehbaren Charakteren in einer sich drastisch verändernden Welt (die unserer in nicht allzu ferner Zukunft folgen könnte). Genug bleibt erhalten, um den Leser bei der Hand zu nehmen, reichlich verändert sich, was es zu entdecken gilt. In einer skizzierten Umgebung, die neben dem Bekannten ihre Andersartigkeit gerne zelebriert. Ein ruhiges Science-Fiction-Szenario, dem viel Inhalt innewohnt. Packend. 🙂
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Dienstag, 04. Juli 2023
Neues Team. Neues Glück? DOKTOR APHRA, die Archäologin und Schatzjägerin, hat neue Leute um sich geschart. Nachdem sie den Schwierigkeiten mit dem Imperium entkommen konnte, verläuft die Arbeit etwas entspannter – ohne imperiale Häscher im Nacken. Aber ohne Konflikte geht es dennoch nicht. TUBLEEK, einer aus ihrer Bande, will ihr in den Rücken fallen. Und das ausgerechnet auf dem Eisplaneten HOTH, wo APHRA und der WOOKIE BLACK KRRSANTAN soeben eine imperiale Einheit aufgemischt haben. LUCKY, der Scharfschütze aus ihrer Gruppe, löst das Problem. Endgültig.
Freiberufler suchen stets nach neuen Chancen und so ist es nach einem Job auch stets vor einem Job. Die nächste Chance naht mit der Studentin DETTA YAO. DETTA verfolgt die alte Legende zweier Ringe, die Unsterblichkeit und ewigen Reichtum verheißen. APHRA ist skeptisch, was derart sagenhafte Artefakte anbelangt. Allerdings, so DETTA, ist noch jemand von dem wahren Kern dieser Legende überzeugt: PROFESSORIN EUSTACIA OKKA. Leider ist diese eine ehemalige Flamme von DOKTOR APHRA. Animositäten und Schwierigkeiten sind so einmal mehr vorprogrammiert …
Eine Serie geschafft und jetzt der Neustart – zumindest Stand 2021, denn diese Serie liefert in diesem Monat den bereits vierten Band ab. DOKTOR APHRA ist eigentlich ein Kandidat für eine Streamingserie, zumal ein bekanntes Gesicht aus dieser Serie (sogar hier auf dem Cover) es in THE MANDALORIAN geschafft hat: BLACK KRRSANTAN. Wie will man DOKTOR APHRA beschreiben? Ein weiblicher INDIANA JONES im STAR-WARS-KOSMOS, allerdings jugendlich frech, sehr ego-fixiert, nicht unbedingt und schon lange nicht immer vertrauenswürdig. Die Liste ihrer Feinde ist wahrscheinlich nicht eben kurz und sie selbst macht sich nichts daraus, wenn eine Position mehr in dieser Sammlung auftaucht.
Der erste Band mit dem Untertitel GLÜCK UND SCHICKSAL handelt letztlich davon, wie DOKTOR APHRA eine neue Kerbe in diese Liste schnitzt. RONEN TAGGE, schwerreich, hat einen Spleen. Er hat Spaß daran, seltene Gegenstände zu erwerben (am besten einzigartige), diese zu berühren und anschließend zu zerstören. Sein Kick besteht darin, das letzte Lebewesen gewesen zu, das diese Artefakte besessen und berührt hat. Ja, da blinkt ein wenig der Wahnsinn durch (oder ein sehr hohes Maß an Exentrizität).
DOKTOR APHRA ist charakterlich so angelegt, dass sie gar nicht anders kann, als sich mit diesem Mann anzulegen (he, DARTH VADER stand auf ihrer Liste, da verwundert das hier nicht). Aus der Suche nach zwei seltenen Gegenständen (deren Existenz nicht bewiesen ist) wird eine Jagd und ein Kampf auf Leben und Tod. ALYSSA WONG lässt die Geschichte Haken schlagen, wartet mit Intrigen auf, satter Action und natürlich eine forschen DOKTOR APHRA, die immer ein As in der Hinterhand hat.
Grafisch ist MARIKA CRESTA in diesem Band für DOKTOR APHRA zuständig. Wie nicht wenige junge Comic-KünstlerInnen arbeitet sie mit einer sehr klaren realistischen Linie. Damit ist sie zum Beispiel in der Gesellschaft von PIA GUERRA (Y – THE LAST MAN) oder FIONA STAPLES (SAGA) oder TERRY MOORE (RACHEL RISING, STRANGERS IN PARADISE). Der Blick wird so auf jedes einzelne Bild konzentriert. Platzverschwendung, irgendwelche Kaschierungen gibt es hier stilistisch nicht – zwangsläufig. Das lässt den Leser selbst in den actionreichsten Momenten alles haargenau betrachten. Für das sehr atmosphärische Licht und das Farbenspiel sorgt RACHELLE ROSENBERG, die über diese Arbeit hier hinaus eine vielbeschäftigte Koloristin für MARVEL-Abenteuer ist.
Weiterhin ein starker Hauptcharakter im STAR-WARS-UNIVERSUM. Futuristisch wie immer, diesmal aber auch ein bisschen spooky. Die perfekte Serienfigur, die immer eine neue Facette offenbart. Toll gezeichnet und koloriert. So macht STAR WARS Spaß! 🙂
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Samstag, 18. März 2023
Mutter werden ist nicht so schwer, Mutter sein dagegen schon schwieriger. Besonders schwer sogar, wenn die Elternteile aus gegensätzlichen kriegerischen Lagern stammen und der gemeinsame Sproß Hoffnung verheißt. Hoffnung, die offiziell nicht existieren darf und beiderseitig zum Abschuss freigegeben ist. Wer dauernd damit rechnen muss, gejagt und getötet zu werden, kann das übliche, eher ruhige, Familienleben nicht aufbauen. Und so ist die kleine Familie, die auf ungewöhnliche Weise sogar gewachsen ist, ständig auf der Flucht und auf der Hut …
Zurück in der SAGA. Drei Jahre hat es gedauert, bis nun endlich die Fortsetzung der Reihe vorliegt, nachdem der Leser mit einem äußerst traurigen Cliffhanger zurückgelassen wurde.
Wie die einführenden Worte schon andeuten: SAGA ist eine Familiegeschichte im SPACE-OPERA-Gewand. Und dank ihrer ungewöhnlichen Figuren ragt SAGA weit über das gewohnte Maß solcher Geschichten hinaus (was den langanhaltenden Erfolg der Reihe unter anderem begründen dürfte). Wer sich heute für Weltraumabenteuer interessiert und medial unterwegs ist, kennt reichlich außergewöhnliche Kreaturen aus Comic, Roman und natürlich Film. SAGA kann (und macht es) geht noch viele Schritte weiter. Weder den Ideen von Autor BRIAN K. VAUGHAN oder der Künstlerin FIONA STAPLES scheinen hier Grenzen gesetzt.
Wer die Bilder betrachtet (bereits das Titelbild), wird für den Begriff PATCHWORK-FAMILY eine völlig neue Definition finden müssen. BRIAN K. VAUGHAN und FIONA STAPLES lieben es für die gesamte Länge der Reihe, alles Erdenkbare auf die Spitze zu treiben. Äußerlichkeiten sind ein Mittel dafür. (Beispiel Titelbild: Eine humanoide Figur mit der Nase eines Koalas und ebenso entlehnten Puschelohren. Gleichzeitig kriegsversehrt und mit eine Prothese versehen, die so gar nicht zum restlichen muskulösen Äußeren des Charakters BOMBAZINE passt.) Aber sie verfahren gleichfalls mit gesellschaftlichen Umständen ziemlich anarchisch und krempeln Bedeutungen um (Stichwort: Kopfgeldjäger) oder präsentieren Beziehungen, die selbst langjährigen Comic-Fans neue Bilder vor Augen führen (die es so noch nicht zu sehen gab). All das lässt sich mit einem Wort übertiteln: Überraschungen.
Jemand, der keine Anstellung finden kann, der gesucht wird, nicht sesshaft ist, dem bleiben nicht viele Optionen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. ALANA, Mutter von HAZEL (einer sehr besonderen Tochter) und dem kleinen BROBOT (einem ebenso besonderen Waisenkind), verdingt sich als Schmugglerin. Offiziell. Inoffiziell ist ihre Tätigkeit noch eine kleine Spur gefährlicher. Die junge Frau ist tough, erfinderisch, risikobereit. Alles Eigenschaften, die bis zum Äußersten in der Geschichte gefordert werden. BRIAN K. VAUGHAN lässt sich einiges einfallen.
Aber das ist es nicht allein. Wie das Titelbild verrät (allen Sci-Fi-Fans, die bisher noch nicht mit SAGA in Berührung gekommen sind), gibt FIONA STAPLES ihren Figuren einen realistischen Look. Und obwohl sie sich an wirklich kuriose Gestalten heranwagt, funktioniert das Aussehen (meistens). Ein Highlight der vorliegenden 10. Folge von SAGA ist eine BAND mit dem Namen SHOWING BUNT (ein vorübergehend ausgewählter Name). Deren Mitglieder bestehen unter anderem aus einem Angehörigen des ROBOT-Volkes, einem menschgroßen FROSCH und einer Kreatur, die eine jugendlichere Verwandte von NOSFERATU sein könnte. Alle rufen sich jeweils nur mit den Bezeichnungen ihrer jeweilig gespielten Instrumente wie Schlagzeug, Gitarre oder Trommel.
Auf diese Art hält die Musik in SAGA Einzug. Die Band ist (bei allen Querelen) sympathisch, durchgeknallt (aber sympathisch) und insgesamt als Idee innovativ. Wenn sich jemals eine Truppe für ein Spin-Off qualifiziert hat, dann diese Band!
Einfach stark. Wer die Serie mag, dürfte hier in Band 10 sozusagen nach Hause kommen. Es ist spannend, aber auch dramatisch, weil einem die Charaktere, selbst die Neuen, schnell ans Herz wachsen. Das ist der Erzählung von BRIAN K. VAUGHAN geschuldet und den originellen und tollen Zeichnungen von FIONA STAPLES. Eine vorbildliche SPACE OPERA und grandiose Familiengeschichte. 🙂
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Dienstag, 11. Oktober 2022
Die Welt ist am Boden. Die Menschen haben nicht mehr genug Nahrung. Die Erde gibt ihnen nicht mehr das, was sie zum Leben brauchen. DIOSYNTA, ein multinationaler Konzern, hat die Kontrolle übernommen. Mittels einer Söldnergruppe werden Menschen zur Feldarbeit zwangsverpflichtet. Unter militärischem Schutz werden Äcker bewirtschaftet. Eine Terrorgruppe, die sich selber DIE SÖHNE GAIAS nennt, bekämpft DIOSYNTA, aber es ist eine Guerilla-Nadelstichtaktik und nicht wirklich wirksam. Daneben gibt es die RESILIENZ, ein Netzwerk von Menschen, die sich aus den Städten und vergifteten Gebieten dahin zurückgezogen haben, wo es zu unwirtlich für den Ackerbau ist. Die RESILIENZ hegt und pflegt Gemüsesorten, sammelt und verteilt Samen, in der Hoffnung, die übrigen Menschen aus ihrer Lethargie zu holen und das natürliche Erbe des Planeten Erde zu bewahren …
AUGUSTIN LEBON packt hier einen sehr düsteren dystopischen Stoff an. Er hat RESILIENZ geschrieben und gezeichnet. (Die Kolorierung übernimmt HUGO POUPELIN.) Es ist eine Welt im Dreck, in der sich die Menschen grundsätzlich vorsehen müssen. Pestizide bringen einen ruckzuck um, wie die Hauptfigur, ADAM, gleich zu Beginn feststellen muss. Eine Tragödie zwingt ihn und seine Freundin AGNES, das Zuhause zu verlassen. In der Welt abseits der Strukturen von DIOSYNTA gehen sich die Menschen gegenseitig schnell an die Kehle. Und doch will man gerade von hier einen Neuanfang organisieren.
DYSTOPIEN üben fortwährenden Druck auf ihre Akteure aus. Hier ist es nicht anders. Eine Ruhepause ist sehr, sehr selten. Überleben steht ganz oben auf der Liste. Nachdem ADAM, wie es scheint, ein vergleichsweise behütetes und versorgtes Leben geführt hat (dank der RESILIENZ) wird er mit Anlauf ins Chaos geworfen. AUGUSTIN LEBON erspart seiner Hauptfigur nichts. An seiner Seite erlebt der Leser den Wahnsinn dieser lebensfeindlichen Erde, in der diejenigen, die ein geregeltes Leben führen, letztlich doch nicht anderes als Sklaven sind. Denn Flucht wird bestraft.
Das erste Drittel ist eine Art kleines Roadmovie in dieser furchtbaren Welt, im Anschluss versucht ADAM nur noch aus dem Wahnsinn zu entkommen, der ihm da als lebenswert präsentiert wird. AUGUSTIN LEBON erzählt den ersten Teil noch relativ gemächlich, aber eindringlich. Danach nimmt die Handlung deutlich mehr Fahrt auf. ADAM will nur noch fliehen. Als ihm endlich eine Erfolg versprechende Gelegenheit dazu begegnet, beginnt der Schlussprint (ein vorläufiger, denn DIE TOTEN ERDEN ist der erste von vier Teilen).
Grafisch arbeitet AUGUSTIN LEBON mit einfachen Outlines. Großflächige Schatten werden nur sehr selten eingesetzt. Striche werden da eingesetzt, wo sie sein sollen. Nichts ist überflüssig. Aber alles, was notwendig ist, wird erfasst. Die verwahrlosten Städte, ausgedörrte Landschaften, verzweifelte Menschen. Aus einer landwirtschaftlichen Szenerie entsteht plötzlich eine Action, die auch in MAD MAX oder ähnlichen apokalyptischen Handlungen Platz finden könnte. Es gibt Gewalt in den Bildern (das bleibt thematisch kaum aus). AUGUSTIN LEBON fügt diese niemals zum Selbstzweck oder im Übermaß ein. Filmisch gesprochen, schwenkt die Kamera mehr darüber hinweg und hält nicht extra drauf.
Insgesamt arbeitet AUGUSTIN LEBON mit einem sehr gefälligen Zeichenstil und einer lockeren Seitenaufteilung. Er hat einen guten Mittelweg zwischen optischer und textlicher Erzählung gefunden.
Eine bodenständige Science Fiction Geschichte der düsteren Art. Die Menschheit befindet sich mit einem Fuß über dem Abgrund. Hoffnung ist (fast) keine in Sicht. AUGUSTIN LEBON konzentriert sich auf drei Figuren (eine mit Unterbrechungen) mit ADAM als Bindeglied des Ganzen. Ein gelungener Einstieg in die Handlung, ein sympathischer Hauptcharakter, der den Leser stark und emotional mitnimmt. Dunkle, starke SciFi! 🙂
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Mittwoch, 21. September 2022
GOLDEN CITY glaubte, in Sicherheit zu sein. Nachdem die Stadt der Reichen lange Zeit auf den Weltmeeren unterwegs war und dort von Terroristen gekapert wurde, schließlich sogar sank, dachten die Verantwortlichen mit einer Stadt im Weltraum die ultimative Lösung gefunden haben. Weit gefehlt! GOLDEN CITY ist angreifbar. Ohne Technik und Vernetzung läuft in GOLDEN CITY nichts. Logisch, letztlich ist sie nichts anderes als ein riesiges Raumschiff. Sie ist kein Selbstversorger. Ständig gibt es Flugverkehr zwischen Erde und Stadt. Und so gelingt am Ende die Sabotage aus dem DARK WEB heraus…
Das 14. Abenteuer um GOLDEN CITY spielt mit Ideen, wie sie in unserer heutigen Zeit fast schon an der Tagesordnung sind. Firmen, Institutionen, Verwaltungen und vieles mehr wird über das Internet angegriffen, Daten gekapert, geklaut oder, wenn man es nennen will, gekidnappt (verschlüsselt) und erst gegen ein Lösegeld wieder seinen Besitzern zur Verfügung gestellt. Hier ist gleich an eine ganze Stadt das Ziel von Hackern!
Interessant ist, wie die Technik in GOLDEN CITY auseinanderdriftet. Hightech gibt es vermehrt dort, wo es bezahlbar ist, wo die beste Technik ausprobiert werden kann. Kommunikation über holografische Projektion findet in GOLDEN CITY Verwendung. Andernorts gibt es die technischen Möglichkeiten gar nicht. In diesem breit angelegten Szenario gibt es reichlich Diskrepanzen zu entdecken.
DANIEL PECQUEUR (Autor) und NICOLAS MALFIN (Zeichner) haben die Welt von GOLDEN CITY in den letzten Jahren sehr schön ausgearbeitet. Deshalb hat das Szenario eine tolle Tiefe entwickelt. Die Reichen haben sich in den Weltraum zurückgezogen, während die ärmeren Bevölkerungsschichten sich auf den verbliebenen Landmassen zurechtfinden müssen. Das Meer ist zu einem Lebensraum geworden. An den Küsten haben die Menschen sich neue Bereiche erschlossen. Manche, wie einige wichtige Charaktere dieser Geschichte, leben wild, ohne Genehmigung in eigens errichteten Behausungen. Es wird zusammengetragen, was passt und einigermaßen gemütlich hergerichtet.
Aber das ist nicht alles. Unterstützt werden die Optiken von der Improvisation zusammenbrechender Zivilisationen. Es gibt Ansichten, die erinnern an das scheinbar ungeordnete Miteinander in Kanalvierteln in Macau, dann wieder könnte die nächste Ecke, technisierter, einem Szenario wie BLADE RUNNER entsprungen sein. Oder aber Ansichten eines höchst modernen Asiens mit klaren glatten Formen. Und immer wird diese Welt, dank der Kolorierung von PIERRE SCHELLE, von einer ungeheuren Strahlkraft beherrscht. Das lässt vieles freundlicher erscheinen, als es eigentlich ist.
Darüber hinaus, bei aller fein angelegter Science Fiction, ist GOLDEN CITY 14, DARK WEB, auch ein Thriller. HARRISON BANKS, der BÜRGERMEISTER von GOLDEN CITY, war bislang die zentrale Figur der Handlung. Hier ist zwar bei weitem nicht unwichtig, doch DANIEL PECQUEUR verschiebt den Blickwinkel zu den bisherigen Nebenfiguren, MIFA, APPLE, SOLO und KUMIKO. Besonders MIFA, eine junge Frau, und KUMIKO, die ihren Freund APPLE suchen, tragen die Geschichte voran. Auch das Drama wird mehr um diese Charaktere drapiert als um HARRISON BANKS. Letzterer ist mehr ein Verwalter der Unglücksfälle, die sich immer mehr um GOLDEN CITY herumspinnen und das leichte Leben in der Stadt erschüttern.
Eine Geschichte, die von DANIEL PECQUEUR stimmig in den Handlungsstrang von GOLDEN CITY eingefügt wird, durchaus für sich steht, aber auch einen Übergang für (wahrscheinlich) noch gewichtigere Ereignisse darstellt. Die Welt gerät in eine Schieflage und Schuld daran ist eine kleine Gruppe junger Leute mit höchst radikalen Ansichten und hervorragenden Fähigkeiten. (Das ist beinahe keine Science Fiction mehr.) Die Spannung passt von Anfang bis Ende, die grafische Umsetzung ist auf gleichbleibend tollem Niveau (von NICOLAS MALFIN und PIERRE SCHELLE). So müssen SciFi-Serien sein! 🙂
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Samstag, 18. Juni 2022
Welt kaputt. Alles verloren. Allein als Mensch im All. Das kann einen schon zum Saufen bringen. Aber der Lebensunterhalt will auch verdient werden. Und das Raumschiff will fliegen. Wie gut, wenn man gut im Töten, Ballern, Kopfgeldjagen und Söldnertum ist. Irgendwie alles zusammen. Wie gut, dass man dann HEATH HUSTON heißt, weil man sowieso in jeden Fettnapf tritt, den das Universum zu bieten hat!
RICK REMENDER erzählte in den ersten drei Bänden von FEAR AGENT, die Geschichte eines Mannes, der alles verloren hat und dem das Universum wirklich übel mitgespielt hat. Gleichzeitig kreierte RICK REMENDER einen Charakter, der bereit war, es dem Universum mit gleicher Münze heimzuzahlen. In mehreren Kurzgeschichten kehrt diese Tough-Guy-Ikone des Science-Fiction-Comics noch einmal zurück. RICK REMENDER gibt die Erzählungen weitgehend an andere Autoren ab. Auf die bisher bekannten Zeichner der Reihe muss der HEATH-HUSTON-Fan verzichten, dafür sind nun 18 neue Künstler an der Reihe.
FEAR AGENT bedeutet ein Stück weit Chaos. Käme er aus dem Genre WESTERN (es gibt hier wieder einmal entsprechende Anleihen), wäre HEATH HUSTON ein großer ITALO-WESTERN-Held. Hier muss alles ein wenig drüber sein, etwas mehr, etwas größer, derber, brutaler, häßlicher, kauziger. Beispiele hierzu gibt es reichlich. Es gibt Verbeugungen vor dem Genre selbst und auf der anderen Seite, wird sich nicht gescheut, das in die Geschichten zu integrieren, was man gerade aus anderen Genres brauchen könnte.
Als Hommage zu verstehen, sind Stories wie IM AUGE DES CHAOS (ein wenig MANN IM MOND, ein wenig CTHULHU im Weltraum) oder MENSCH ZUM DINNER (was sich ein ROALD DAHL ausgedacht haben könnte) oder UND DANN KAM EINE SPINNE (in der WESTERN mit ALIENS), während DIE PRINZESSIN VON RONGAR ein Ausflug ins HIGH-FANTASY-Genre ist.
Bei 18 verschiedenen Zeichner hat der 4. Band von FEAR AGENT natürlich einiges zu bieten. Manches verströmt Heavy-Metal-Feeling. Zeichner MARK TORRES erinnert stilistisch an einen MIKE MIGNOLA (der hier leider nicht dabei ist). Zeichner JAMES CALLAHAN ist ein grafischer Verwandter eines EDUARDO RISSO (der ist leider auch nicht dabei, obwohl das hier durchaus sein Thema wäre). In NICHTS ZU BEFÜRCHTEN bietet KIERON DWYER (geschrieben von RICK REMENDER selbst) eine feine Trickfilm-Atmosphäre auf. Teilweise waren Stilistiken eines BERNIE WRIGHTSON zu entdecken (was nicht zuletzt an der Zombie-Version von HEATH HUSTONS Frau liegt).
Persönliche Zeichner-Favoriten: PAUL RENAUD (DIE PRINZESSIN VON RONGAR), weil es ein feiner realistischer Stil ist, mehr davon! Außerdem: KIERON DWYER (NICHTS ZU BEFÜRCHTEN), hat den stilistischen Realismus eines BERNIE WRIGHTSON, auch starken Schwung, etwas anarchischen Touch.
FEAR AGENT liegt im 4. Band natürlich immer nur häppchenweise vor. Die Geschichten sind kurz und meist so erzählt, als habe es zuvor schon einen längeren Anlauf gegeben. Man könnte auch sagen: Jede Story ist ein Finale! Ruhephasen (kleine Pausen für HEATH HUSTON, bevor es wieder zur Sache geht) sind äußerst kurz, dafür ist die Geschwindigkeit der Erzählung meistens hoch. Exemplarisch hierfür sind die Geschichten DIE GEDÄRME DES ALLS (ist so abgefahren wie es klingt) oder VON HIER ZUM URANUS oder EIN SCHMUTZIGER AUFTRAG. In die Story reinspringen und durchziehen.
Das kann natürlich bei weitem nicht so in die Tiefe der Figuren gehen, wie es die Vorgängerbände geschafft haben. Die Geschichten sollen einem flott um die Ohren fliegen (tun sie!) und Space-Opera-Feeling vermitteln (tun sie; hat ein wenig von früheren Space Operas, die so manchem SciFi-Fan als Vorlage dienten wie FLASH GORDON) und haben einige starke Prisen Gruselhorror zu bieten (Creepshow lässt grüßen).
Das ist Space-SciFi-Fun! Gut für zwischendurch, fein portioniert. HEATH HUSTON, der FEAR AGENT, ist ein BRUCE WILLIS auf Comic-Seiten, im Weltraum. Er ist nicht nett, er lässt es krachen. Man möchte ihn bloß an seiner Seite haben, wenn einen ein fieses Weltraummonster fressen will und man jemanden braucht, der dem Vieh in den A**** tritt! So wie nicht selten in diesem Band. 18 Zeichner und 12 Autoren sorgen für viel Abwechslung, Spannung und Spaß in durchweg gelungener Optik! 🙂
FEARE AGENT 4: Bei Amazon bestellen.
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Dienstag, 07. September 2021
Gerade haben sich HEATH HUSTON und sein russischer Kumpel noch mit außerirdischen Kreaturen herumgeschlagen. Der Kampf gegen diese wie riesige Insekten aussehenden Monstren endete mit einem gewaltigen BLACKOUT. Das Erwachen war kein böses, eher ein seltsames. Plötzlich war da DER WILDE WESTEN. Menschen halfen ihm. Ein junge Frau päppelt ihn auf, verarztet ihn. Badet ihn. Und versucht ihn dann zu ersäufen …
Helden ist der Undank ein Lohn. Davon wusste schon TOWN MARSHAL WILL KANE (GARY GOOPER in 12 UHR MITTAGS) ein Lied zu singen. Und HEATH HUSTON, der FEAR AGENT, weiß es ebenfalls. Doch manchmal entscheidet sich das Schicksal anders und reagiert freundlicher als angenommen oder befürchtet. HEATH HUSTON landet im WILDEN WESTEN. Nicht ganz der WILDE WESTEN, der ihm von der ERDE her bekannt ist. Außerirdische COWBOYS gab es dort weniger (oder gar nicht). Aber HEATH HUSTON ist bereit, über dieses Detail hinweg zu sehen. Alles dort fühlt sich nach einer zweiten Chance an. Einer Chance an der Seite seiner geliebten Frau.
Blick zurück nach vorn. Wer ist HEATH HUSTON? Wann? Und wie viele? Es ist faszinierend, wie RICK REMENDER, Autor und mitunter auch Layouter von FEAR AGENT, mit den Gefühlen und Wünschen seiner Hauptfigur spielt, welche Realitäten und Zeitebenen er ihr zur Verfügung stellt, um sich fein und immer wieder ungewöhnlich zu entfalten. RICK REMENDER zeigt dem Leser hier, wie ein HEATH HUSTON sein könnte, wenn das Schicksal ihm eine neue Chance gibt. Und er zeigt, was ein HEATH HUSTON anstellt, der sich einen Deut um eine zweite Chance schert. Das wäre schon Stoff genug für ein Abenteuer. Was aber geschieht, zwei solche HEATH HUSTONS aufeinandertreffen?
Wie in den vorangegangenen Bänden besteht auch der dritte aus zwei Storylines, nämlich ICH GEGEN MICH und AUS DEM SCHRITT. Diese SPACE PULP SOAP ist deswegen so bemerkenswert, weil sie von Anfang an nicht auf ein Setting gesetzt hat, sondern direkt klar machte, dass in FEAR AGENT eine Geschichte nicht den üblichen Regeln folgt, sondern diese beugt und bricht, wo und wie es spannungs- und überraschungsfördernd ist. RICK REMENDER kann inzwischen auf ein reichhaltiges Comic-Portfolio zurückschauen. Vieles von ihm erschien bei MARVEL, IMAGE COMICS und DARK HORSE, aber auch anderweitig können Action-Fans auf ihn gestoßen sein, so zum Beispiel mit der Comic-Serie (und inzwischen auch Fernsehserie) DEADLY CLASS.
HEATH HUSTON ist einer dieser Charaktere, die irgendwann Amok laufen. Könnte man meinen. Die Voraussetzungen sind (reichlich) vorhanden. Die eigene Welt verloren. Ein komplettes anderes Volk ausgelöscht und das nicht richtig verarbeitet. Den Rest des Universums gegen sich. Die eigene Frau auch. Die Tochter ebenso. Und irgendwie trachtet ihm gefühlt sowieso jeder nach dem Leben. Warum also nicht den anderen zuvorkommen? Aber vorher noch zur Flasche greifen, ein wenig Selbstmitleid einstreuen und der eigenen Verzweiflung nachhängen. RICK REMENDER hat, objektiv betrachtet, vor dem Hintergrund des dritten Bandes, nicht gerade eine Sympathiefigur geschaffen. Trotzdem bleibt man als Leser bei HEATH HUSTON, denn der FEAR AGENT ist vor allem eines nicht. Er ist KEIN AUFGEBER.
RICK REMENDER ist ein Erzähler mit Blick für viele, viele Einzelheiten. Verweise in die Vergangenheit werden verarbeitet. Wechsel von Zeitebenen und Orten sind bei ihm Programm. Seine Serien sind nichts für Späteinsteiger. Man muss als Leser von Anfang an dabei sein. Die Rahmenhandlung im zweiten Teil des Bandes, AUS DEM SCHRITT, unterstreicht diese These. HEATH HUSTON ist alt geworden. Zeitreisen können einen menschlichen Körper über Gebühr beanspruchen (siehe auch Titelbild). Und sich dem Suff zu ergeben, macht es nicht besser. Aber als Leser leidet man mit HEATH HUSTON, einem Mann, der buchstäblich alles verloren hat. RICK REMENDER zeigt noch mehr. Denn der Glaube an einen solchen Zustand kann trügerisch sein. Tatsächlich kann man(n) noch mehr verlieren.
Ein Großteil der Zeichnungen entfällt auf TONY MOORE, sein Kollege MIKE HAWTHORNE übernimmt den Rest und gleichzeitig den leicht derben, anarchischen Zeichenstil, der gleichzeitig den Realismus mitnimmt und andererseits sich keine Grenzen auferlegen will. So ergeben sich organische, pulsierende Seiten, immer neu strukturiert. Als Leser gewinnt man den Eindruck, als nutze TONY MOORE (und MIKE HAWTHORNE) jedes dramatischen Thema, um eine neue Note in den Bildern anzuschlagen, FEAR AGENT optisch neu zu erfinden.
Starke SPACE OPERA mit vielen düsteren Untertönen, wie ein Tarantino mit Brecht gewürzt und einer Spur Wayne, einer Prise Pilcher (für die Liebe und die Familienszenen). Ein Page-Turner zweifellos allein schon wegen seiner packenden Geschichte. Optisch eine tolle Arbeit, weil es Spaß macht zu sehen, wie TONY MOORE eine Comicfigur prägt (und auch genüßlich durch die Mangel dreht). Würde mich nicht wundern, wenn eine Verfilmung von FEAR AGENT eines Tages bei einem Streamingdienst auftaucht. 🙂
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Sonntag, 25. Juli 2021
LIEUTENANT COMMANDER ELLIAN ZAHRA wurde einst von GROSSMOFF TARKIN höchstpersönlich rekrutiert. Später in Misskredit gefallen und vom GROSSMOFF TARKIN zurückgewiesen, konnte sich ELLIAN ZAHRA niemals das Vertrauen ihres Mentors erneut verdienen. Der Todestern explodierte und GROSSMOFF TARKIN gleich mit ihm. Aber ELLIAN ZAHRA erhält eine neue Chance von niemand geringerem als DARTH VADER persönlich. Die Rebellion zu vernichten, ihr Niederlagen beizubringen, ist nahezu denkungsgleich mit ihren Rachegelüsten. Und eine Person will sie ganz besonders treffen: PRINZESSIN LEIA ORGANA.
Angesiedelt zeitlich nach DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK präsentiert der 133. SONDERBAND aus der STAR-WARS-Reihe die OPERATION STARLIGHT. Die Sicherheitscodes der REBELLION können von den imperialen Streikräften geknackt werden. Fortan steht jede Operation auf der Kippe. Doch C-3PO hat eine Idee. Allerdings, wie kann es anders sein, eine, die nicht ungefährlich ist. Die Geschichte fügt sich nahtlos zwischen die Kinoabenteuer ein. Als Gaststars lassen sich nicht nur LEIA und LUKE SKYWALKER finden, sondern auch LANDO CALRISSIAN und der weitaus weniger bekannte LOBOT geben sich die Ehre. Gerade letzterer hat einen bedeutsamen Auftritt. Von diesem hängt der Erfolg des Unternehmens ab.
LOBOTS Fähigkeiten wurden in DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK gerade einmal angerissen. Hier wird näher darauf eingegangen, ebenso wie auf den Hintergrund der Figur, die sehr wortlos agiert. So auch hier. LOBOT muss nichts sagen. Seine Fähigkeiten werden für einen Trick benötigt. CHARLES SOULE gestattet sich noch einen weiteren Trick (erzählerischer Natur). Der AUTOR schlägt eine Brücke zu DAS ERWACHEN DER MACHT, indem die Familie einer der späteren Hauptfiguren genauer beleuchtet wird. Das fügt sich ein in ein Szenario, das Erinnerungen an eine sehr gelungene Roman-Reihe aus dem STAR-WARS-UNIVERSUM weckt, nämlich jene der X-WING-SONDERSTAFFEL unter dem Kommando von WEDGE ANTILLES. Dieser Kampfpilot, eine überlebende Figur von EPISODE IV-VI, ist gleichfalls hier mit von der Partie.
Das bedeutet, CHARLES SOULE nimmt Fans der ursprünglichen Filme mit und lässt die Youngsters der neuesten Trilogie ebenfalls etwas entdecken. Da gibt es eine Menge Action, vor allem im Weltraum, aber eben auch Herz und Drama, nicht nur familiär, sondern genauso in einer echten Männerfreundschaft.
Gleich zwei Zeichner machen OPERATION STARLIGHT zu einem Highlight unter den besten STAR-WARS-Comics. JESUS SAIZ und JAN BAZALDUA sind sich stilistisch sehr ähnlich und höchst nah am Realismus. Die einheitliche Kolorierung von RACHELLE ROSENBERG zaubert eine runde Sache aus den Vorarbeiten der beiden Zeichner, so dass die Unterschiedlichkeit im Strich erst auf den zweiten Blick auffällt.
Die Stilistik setzt auf einen sehr präzisen Strich und kaschiert nichts mit besonders schwarzen Schattierungen. Das wirkt teils etwas zerbrechlich sowie sehr filmisch. Perspektiven und Optik ist hinsichtlich gezeigter Action an die Kinovorlagen angelehnt und kann sich gerade in Sachen Inszenierung erst recht mit neueren Abenteuern wie THE MANDALORIAN messen. Szenen eines imperialen Enterkommandos und eines Übergriffs auf ein imperiales Museum vermitteln das handgemachte Gefühl, mit dem ebenfalls die zwei Staffeln über den behelmten Kopfgeldjäger die Fans begeistern konnte.
Ja, das fügt sich doch hervorragend in den Kanon ein! Ein recht gruseliger Roboter (gruseliger als ein 4-LOM) macht den Rebellen das Leben schwer. Die Optik ist toll! Autor CHARLES SOULE kennt sich aus. Für alte und neue Fans! Sehr schön! 🙂
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