Samstag, 17. November 2018
Die Indianer haben einen Arm umzingelt. Die gigantische Nachbildung einer menschlichen Extremität nebst Hand, in der eine ebenso realistisch nachgebildete Fackel in die Höhe ragt, wird von den einheimischen Kriegern für einen sehr großen Totempfahl gehalten und ist somit für sie als Beleidigung zu verstehen. Selbstverständlich muss das mit dem Verlust des Skalps dessen geahndet werden, der dieses Ungetüm ins Land gebracht hat: AUGUSTE BARTHOLDI wartet, gefesselt an die metallene Konstruktion, darauf, seine Haarpracht zu verlieren, als ein Cowboy namens LUCKY LUKE zufällig mit vier Halunken, den DALTONS, des Weges kommt und den enthusiastischen Franzosen rettet.
So wie es einst GENE KELLY in EIN AMERIKANER IN PARIS ins traute Frankreich verschlug, gelangt nun der einsamste Cowboy der Welt, LUCKY LUKE, auf gefährlicher Mission in die Stadt der Liebe, um einer sehr speziellen Dame, der Freiheit höchstpersönlich, zu ihrem Platz in der Geschichte und vor den Toren der Vereinigten Staaten von Amerika zu verhelfen. Die FREIHEIT hat es nicht leicht gehabt. Es waren mehr als nur Geld und gute Worte nötig, bis LADY LIBERTY endlich ihren Platz vor NEW YORK einnehmen konnte. Einen Teil der wahren Geschichte hat sich Autor JUL zum Vorbild genommen und den einsamsten Cowboy der Welt in die Historie verwoben, als eine Art BODYGUARD, der ähnlich wie einst KEVIN COSTNER kaum ermessen kann, wen Besonderes er da eigentlich beschützt.
Sicherlich hat Amerika einen reichhaltigen Fundus an historischen Figuren aus dem Wilden Westen, aus der Politik, dem allgemeinen Kuriositätenkabinett und vielem mehr, da ist es dennoch erstaunlich, dass das Thema Freiheitsstatue erst im Band 97 der LUCKY-LUKE-Reihe, geraume Zeit nach dem Tod von MORRIS entdeckt wurde. Schließlich kam LUCKY LUKE häufiger schon als Retter in der Not, wenn eine holde Maid in Bedrängnis geraten war (wie ganz klassisch in LUCKY LUKE UND DER WEISSE REITER). Bevor jedoch in Band 97 EIN COWBOY IN PARIS (neu bei Egmont Ehapa) zum Kuriosum wird, begegnet der Cowboy im späteren Land der unbegrenzten Möglichkeiten selber einer Kuriosität.
AUGUSTE BARTHOLDI befindet sich zusammen mit der Hand und der Fackel der späteren Statue auf einer Werbetournee durch das Land, damit die Amerikaner das Projekt, eine Veranschaulichung eines der höchsten Güter, die ein Land seinem Volk geben kann, lieben und verstehen lernen. Ausgeführt werden soll der ganze Bau auf einer Insel vor Manhattan (heute als LIBERTY ISLAND bekannt). Allerdings verfolgt, dem Projekt gänzlich entgegengesetzt, ein Gefängnisdirektor namens ABRAHAM LOCKER ein eigenes Bauvorhaben, nämlich die Entstehung eines der sichersten Gefängnisse der Welt und dazu hat er sich ausgerechnet besagte Insel als Standort ausgewählt. Kurz und gut: Das riecht nach Ärger!
JUL, Autor der neuen Episode, arbeitet ganz im Geiste der Reihe. Mit AUGUSTE BARTHOLDI findet sich ein zu beschützender Charakter in der Geschichte, ganz wie es SARAH BERNHARDT, WALDO BADMINGTON oder ERASMUS MULLIGAN (WESTERN CIRCUS) waren. Dem gegenüber stellt JUL einen windigen Burschen, der unbedingt seine Karriere mit allen Mitteln vorantreiben möchte. So fällt der Gefängnisdirektor in Band 97 in die KATEGORIE eines CORDUROY ZILCH, sozusagen der dunklen Seite des amerikanischen Traums. Kurzum, JUL hat die klassischen Elemente, die schon unter MORRIS und RENÉ GOSCINNY praktiziert wurden, wunderbar neu belebt und mit einem Handlungsort wie PARIS ein frisches Umfeld für den einsamen Cowboy beigefügt.
Bevor es allerdings in jene für Europäer recht bekannten Gefilde geht, steht dem noch das junge Amerika gegenüber. Außerdem will ein Ozean überquert werden. Für LUCKY LUKE, dem das Geschaukel auf dem Rücken von JOLLY JUMPER nie zuviel wird, ist der ständige Wellengang ein Graus und Pein gleichermaßen. Wer hätte das gedacht? Comic-Illustrator ACHDÉ steuert zum LUCKY-LUKE-Universum Szenen bei, die jetzt schon kultig sind. Und natürlich drehen sie sich alle samt und sonders rund um eine der berühmtesten Frauenfiguren der Welt, LADY LIBERTY. Oder auch nur um Teile davon. Anspielungen werden gezeichnet (ein Amerikaner landet in der Normandie) und Gastauftritte gehören auch zum Repertoire (etwas knurrig, brummelig gibt sich eine französische Literaturlegende die Ehre).
Ein einwandfreier LUCKY LUKE von Anfang bis Ende. So hätte er auch von GOSCINNY geschrieben und von MORRIS gezeichnet werden können. Ein größeres Kompliment kann man den Erben dieser Comic-Macher, ACHDÉ und JUL, kaum machen. Erste Klasse! 🙂
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Samstag, 17. März 2018
LUCKY LUKE war ein Waisenkind. Wie so oft in solchen Fällen wäre es schön gewesen, wenn LUCKY KID, wie sie ihn damals riefen, mehr über seine Herkunft gewusst hätte. In MA‘ LUKE darf er sich noch einmal an jene Zeit erinnern, als er im Kreis von Tante Martha, Onkel Elias und Sam aufwuchs. Wie glücklich er mit diesen Menschen an seiner Seite war, hat er bereits als kleiner junge erkannt. Seine Freunde aus dieser Zeit dürfen nicht vergessen werden. Denn was er mit KLEINER KAKTUS, HURRICANE LISETTE, BILLY BAD, PAQUITO und den anderen nicht alles für einen Blödsinn angestellt …
Da ist LUCKY KID also wieder und trifft MITTEN INS SCHWARZE. ACHDÉ schickt einmal mehr die Jugendversion des späteren Cowboys, der schneller als sein Schatten schießt, ins Rennen. Eine komödiantische Kindheit im WILDEN WESTEN wird mit seitenweisen Miniabenteuern ausgeleuchtet. Am unteren Rand der Seite gibt es stets ein paar Zusatzinformationen für die KIDS. Wie war es damals tatsächlich? Was gab es damals schon? Woher hat ACHDÉ seine Inspiration für seine Gags genommen?
LUCKY KIDS Leben spielt sich vornehmlich draußen ab, wie es sich für ein Kind jener Tage und in dieser Umgebung gehört. Wo noch keinerlei Freizeitangebote lockten, waren die Kinder in der Ideenfindung zu ihren Beschäftigungen ganz auf sich gestellt. Sieht man einmal von der Schule und den Bestrebungen, sie früh an das Arbeitsleben heranzuführen, ab. Es wird geangelt, ins Cowboyleben geschnuppert (inklusive Mini-Rodeo im Saloon), geschwommen, Pirat gespielt. Auf Weihnachten und die damit einhergehenden Geschenke hat sich LUCKY KID auch schon gefreut. Und ganz zum Schluss macht er – na, was ein Lucky Luke eben am Ende einer Geschichte so macht. Früh übt es sich halt.
Zumeist hat ACHDÉ vier Zeilen zur Verfügung. Dann muss der Witz zünden. Hier besitzt der Autor und Comiczeichner bereits einige LUCKY-LUKE-Übung. Zeichnerisch betreute er Abenteuer wie MEINE ONKEL, DIE DALTONS oder in jüngerer Vergangenheit DAS GELOBTE LAND. Mit LUCKY KID erlebten die Leser hierzulande in Band 94 mit MARTA PFAHL viele Eindrücke aus der Kindheit des Lonesome Cowboy.
Vier Zeilen also: Ein schönes Beispiel ist die Erklärung von KLEINER KAKTUS darüber, wo Frauen ihre Kinder zur Welt bringen, nämlich dort, wo sie am glücklichsten sind. LUCKY KID kann daraus nur den Schluss ziehen, dass er, wenn er seine TANTE MARTHA so betrachtet, hinter einem Tresen geboren worden sein muss. LUCKY KID ist ein neugieriger kleiner Junge, aber er ist kein Schlingel, der andere piesackt. Wenn mal etwas passiert, dann ist es typische Unachtsamkeit oder Unerfahrenheit und teilweise wird er selbst zum Opfer jener Umstände.
Ein albenlanges Abenteuer mit LUCKY KID wäre einmal schön. Es gibt genügend Figuren drumherum. ACHDÉ erzählt und zeichnet darüber hinaus toll im Stile von MORRIS, so dass dem nichts im Wege stünde. Spaß machen die kurzen Kindheitserinnerungen von LUCKY KID allemal. Empfehlenswert für Neueinsteiger als Schnuppterrunde und für Fans des einsamen Cowboys. 🙂
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Coverabbildung: © Lucky Comics
Samstag, 02. Dezember 2017
Probleme gibt es im Rheingau reichlich. Dazugehört natürlich alles, was der Lese schadet. Stare sind ein Gräuel, sie müssen aufwändig vertrieben werden, mit Krach, Gerassel, oder mit Böllern, wenngleich die Umsetzung durch OSKAR auch ihre Folgen hat. Animositäten sorgen für reichlich Ärger, ungewöhnliche Abenteuer am Rande, wie ein FERDINAND erfährt, der, als Gespenst mit Bettlaken verkleidet, plötzlich einem echten Geist in jenen vergangenen Tagen gegenüber steht. Aber KARL gibt bei all den Schwierigkeiten nicht auf, meistert die Sabotage eines FERDINAND, die Nachlässigkeiten eines OSKAR, unterstützt durch die Zuneigung seiner MARIA und erfindet ganz nebenbei neue alkoholische Produkte.
KARL, DER SPÄTLESEREITER. Von der Idee im Jahre 1987 bis zum ersten Album 1988 im eigenen Verlag war es für den KARL, eine deutsche Comic-Figur (!), kein einfacher Weg. Nachdem bestehende Verlage den beiden Comic-Machern PATRICK KUNKEL und MICHAEL APITZ mit ihrem Projekt nur ablehnend gegenüber standen, beschlossen sie, KARL in eigener Hand selbst umzusetzen. Und wie es manchmal so ist, wurden sie dafür mit Erfolg belohnt und KARL fand seiner Leserschaft.
Nach eigener Aussage wollte MICHAEL APITZ gerne etwas im Stile von ASTERIX machen, vielleicht mit ein wenig LUCKY LUKE oder TIM UND STRUPPI. Wie gut dieser Ansatz in einem Szenario, angesiedelt in deutschen Landen im Spätsommer des Jahres 1775 funktioniert, zeigt sich am ersten Band der Reihe, von dem sich in mehreren Auflagen mehr als 150.000 Stück verkauften. 30.000 gingen sogar englischsprachig über die Theke. Das sind selbst (oder besonders) nach so langer Zeit im Comic-Bereich traumhafte Verkaufszahlen. Und gleichzeitig damals eine gute Grundlage, um mit KARL weiterzumachen. Dabei war mit dem ersten Comic auch viel LEARNING BY DOING.
Im Ergebnis aber gehen die Bilder von MICHAEL APITZ mit ihren Vorzeichnungen, der Tuscheumsetzung, der späteren Kolorierung mittel Aquarelltechnik und Plakafarben in die grafische Richtung der Vorbilder aus der frankophonen Nachbarschaft. Die Zeichnungen besitzen nicht ganz so intuitiven Charakter wie die Bilder eines MORRIS. Sie sind eher optisch einem ALBERT UDERZO während seiner UMPAH-PAH-Phase nahe. Von MICHAEL APITZ erhält jede Figur ihr ganz persönliches Gesicht, Haltung, Gestalt. In dieser sich dem Leser bietenden Vielfalt dürfte auch ein Erfolgsrezept der Reihe zu finden sein, zumal mit den Auftritten karikierter Prominenz ein weiteres Rezept der Kollegen UDERZO und MORRIS hinzugefügt wurde.
So tauchen nicht nur JOHN WAYNE, SYLVESTER STALLONE oder DAVID NIVEN im RHEINGAU auf. Es hagelt außerdem viele Anspielungen, das Lokalkolorit spielt eine immense Rolle und natürlich beginnt alles mit der zufälligen Erfindung der SPÄTLESE. Ausgehend von einer wahren Legende, des Traubenkuriers, entstand DER SPÄTLESEREITER, dem die beiden Bände DAS FASS DER ZISTERZIENSER und DIE REVOLUTION folgten.
Ein schönes Stammpersonal in KARL bildet wie im Vorbild von RENE GOSCINNY ein Team zum Mitfiebern und Lachen. MARIA, OSKAR, der frankophile Rüde GRANDPATTE, der Lump FERDINAND oder PATER ANSELM (alle auf dem Titelbild der Gesamtausgabe vertreten) bieten eine gelungene Palette von jeweils fein ausgedachten Charakteren. Aber die mehr oder minder heimliche Hauptattraktion ist natürlich der Wein. Darf man der SPÄTLESE im ersten Abenteuer beiwohnen, ist es in Band 3 die Entstehung des SCHAUMWEINS, dessen Geheimnis hier gelüftet wird.
Ja, es ging doch, muss man aus heutiger Sicht sagen, denn nach KARL hat sich kaum mehr ein Comic aus Deutschland so schön herausgemacht. Ein Grund mehr diesen jungen Klassiker zu Recht mit einer Gesamtausgabe zu würdigen. Cartoon-Abenteuer aus deutschen Ländern, sehr europäisch verortet, gekonnt illustriert und mit ordentlich viel Humor erzählt. Schön, schön, schön, empfehlenswert! 🙂
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Montag, 07. August 2017
Wenn der Kalif dem Wahnsinn verfällt, das Reich ohne Herrscher antriebslos darniederliegt, muss ein Ersatz her. Vorzugsweise sollte dieser Ersatz aus der Familie des Kalifen stammen. Nur leider, leider hat HARUN AL-PUSSAH keinen Sohn und auch sonstige Verwandte sind in seinem Stammbaum schwer auszumachen. Großwesir ISNOGUD wähnt sich schon an seinem Lebensziel angekommen, nämlich Kalif zu werden anstelle des Kalifs, als ihm das Schicksal ein völlig unerwarteten Knüppel zwischen die Beine wirft …
Zurück in Bagdad der Prächtigen. Die Hochpolitik ist in die Welt von ISNOGUD eingezogen. Die Reichen und Mächtigen treffen sich auf einem G20, amüsieren sich prächtig, aber insgeheim läuft etwas gewaltig schief, sehr zum Nachteil von HARUN AL-PUSSAH. LAURENT VASSILIAN hat sich im zweiten neuen Abenteuer um den Großwesir, der so gerne Kalif anstelle des Kalifen werden möchte, einiges einfallen lassen. Und das ist weit untertrieben. Wenigstens zeilenweise, wenn nicht sogar bildweise geht es hier Schlag auf Schlag, Gag für Gag voran. Wäre die Episode, WIE DER VATER, SO DER SOHN!, eine Filmkomödie, bliebe zwischen den einzelnen Lachern, mal laut, mal leiser, kaum Zeit zum Luftholen.
Hier trifft Comic auf seit Jahren immer wiederkehrenden Zeitgeist, Popkultur, den politischen Krawall, die Irrungen und Wirrungen von Kunst und Familie. LAURENT VASSILIAN führt die Geschichte(n) um ISNOGUD mit all jenem notwendigen Wahnsinn weiter, dessen Grundstein von RENÉ GOSCINNY und JEAN TABARY gelegt wurde. Und was das für ein Wahnsinn ist! Nicht nur der Fund eines sehr außergewöhnlichen Thronanwärters erregt Aufsehen (KING RALPH lässt grüßen), sondern auch ISNOGUDS ungewöhnlicher Versuch, den neuen Machtsinhaber zu verhindern.
WIE DER VATER, SO DER SOHN! Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, so heißt es. Wie mag dann erst der Vater von ISNOGUD gewesen sein? Einen kleinen Vorgeschmack gibt das Titelbild. NICOLAS TABARY, der Sohn von JEAN TABARY, hat die Stilistik seines Vaters perfekt aufgegriffen und geht sogar so weit, in dieser Geschichte weit zu den Wurzeln von ISNOGUD zurückzugehen und einen Großwesir zu zeichnen, als dieser noch nicht so ausdrucksstark gewesen ist. ISNOGUD lebt vom Chaos. LAURENT VASSILIAN schafft durch seine Handlung eine tolle Grundlage für einen grandiosen Zickzackkurs, in dem ISNOGUD nicht nur seinem Vater, sondern auch sich selbst begegnet.
Der schmissige Cartoonstil von ISNOGUD ist eines der Erfolgsgeheimnisse der langlebigen Serie, die 1968 debütierte. Da darf sich der Leser nicht nur über den kleinen gestalterischen Rückblick ISNOGUDS freuen, auch DER KLEINE NICK wird angespielt, in Verbeugung vor dessen Erfinder RENÉ GOSCINNY. Wenn Elefanten fallen, erinnert dies an fliegende Hinkelsteine und ihre Folgen. Knackig fette Striche zaubern einen LAGERFELD als Modeberater des Kalifen aufs Papier. NICOLAS TABARY baut geschickt Werbung für weitere Veröffentlichungen ISNOGUDS in die Geschichte ein. Und in all dem Tohuwabohu gibt es unzählige Gesichter ISNOGUDS, allesamt Ausdrücke seiner Achterbahnfahrt der Emotionen, denn er wird von LAURENT VASSILIAN kurz vor dem Erfolg auf Null zurückgeworfen.
Ein Stehaufmännchen, aber ein böses. Kein Mitleid mit ISNOGUD. Der kleine Großwesir mit dem irren Blick ist eine Art früher Vorläufer von Frank Underwood, nur mit mäßigem Erfolg. Zum Glück für den Leser, denn mit erreichtem Ziel wäre die Serie zu Ende. Aber solange ISNOGUD nicht Kalif wird, so lange können NICOLAS TABARY und LAURENT VASSILIAN die tolle Komödie fortführen, gefüttert mit Sticheleien über tatsächliche Ereignisse und Gags am laufenden Band. Knallend prall illustriert von NICOLAS TABARY, ist Band 2 der neuen Abenteuer perfekt in die Tradition der Reihe eingegliedert. Fans dürfen sich freuen. 🙂
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Mittwoch, 31. Mai 2017
Mit DIE TRABANTENSTADT und ASTERIX UND KLEOPATRA finden sich in dieser Ausgabe gleich zwei klassische Abenteuer, die noch aus den Federn von RENÉ GOSCINNY und ALBERT UDERZO entschlüpften, in diesem Sammelband auf BERLINERISCH übersetzt. Allen voran hat sich DIETER HALLERVORDEN der Übersetzung gewidmet, gefolgt von KALLE SCHERFLING, SILKE LOCKE und SVEN KUGLER. Hintergründig geht es in beiden Geschichten um Bauszenarien. Ein Schelm, wer angesichts der Komödie um den Bau des Berliner Flughafens Böses dabei denkt.
Im damals 17. Band der hierzulande erschienen ASTERIX-Reihe, DIE TRABANTENSTADT, versuchte CÄSAR dem Dorf der UNBEUGSAMEN GALLIER einmal nicht kriegerisch beizukommen, sondern wählte das Mittel der römischen Zivilisation zur Ausrottung gallischer Lebensart. Der ASTERIX-Fan weiß, dass ein früher Versuch in KAMPF DER HÄUPTLINGE scheiterte. Nachdem es ein römisch gesinnter Häuptling nicht geschafft hat, soll es eine Wohnsiedlung, neudeutsch eine TRABANTENSTADT, richten. Plötzlich überfluten römische Mieter das Dorf. Widerstand wird zur Folklore, die von oben herab mit einem Augenzwinkern bedacht wird.
Vor diesem Hintergrund passt hier die berühmte BERLINER SCHNAUZE wie die ebenso berühmte Faust aufs Auge. Die TRABANTENSTADT wird zur BLADDE und schnell wird klar, dass es nicht nur um Dialekt, sondern insgesamt um eine etwas andere Sprachkultur geht, die außerdem ihre ganz eigenen Sprüche klopft. Da wird der Dorfplatz zur FUSSJÄNGAZONE, Sklaven werden kurzerhand zu HIWIS. Und natürlich singt TROUBADIX von Kreuzberger Nächten. Ein Glossar zu beiden Geschichten klärt den Leser über die wichtigen, benutzten Berliner Slangausdrücke auf, so dass am Ende keine Fragen offen bleiben.
Nun wirkt das römische Mietshaus in DIE TRABANTENSTADT tatsächlich ein wenig wie ein Plattenbau. Ob ein ägyptischer Palast wie in ASTERIX UND KLEOPATRA diesem Vergleich standhält? Eher nicht, obwohl NUMEROBIS, der ägyptische Baumeister keine architektonischen Meisterleistungen zu vollbringen imstande ist. Das beweist besonders eine kleine Szene, in der Idefix eine Villa einfach auf berlinerisch umschifft. Natürlich bleiben die Witze um das Nieseneeschen Kleopatras erhalten. Wenn die drei Helden auf Ägyptenausflug, ASTERIX, OBELIX und MIRACULIX (na, und IDEFIX), balinern zünden manche Witze anders, einige sogar besser.
An ICKE kommt man auf Berlinerisch nicht vorbei. Der DUDEN musste das in diesem Jahr ebenfalls einsehen und hat die Aufnahme in das deutsche Wörterbuch schlechthin geschafft. ICK, WA, WIA, das ist kein Refrain, vielmehr Personalpronomen, die das I-Tüpfelchen einer sehr direkten Sprache sind. TUT SE DEN KROKODILEN IN FRESSNAPF! Wenn Kleopatra so manchen Befehl ausspricht, fällt die Aussage noch deutlich bildhafter aus als im Original, eine weitere Eigenart dieser SYNCHRONISATION (ein Thema auch hier, da ebenso wie im Original der ägyptische Text aus Hieroglyphen ins Berlinerische übersetzt wird).
DENN HOLN WA DE KICKA UND DU BIST DER BALL! Beim Teutates, sogar Drohungen sind hart am echten Leben. Wer die Berliner Schnauze mag, eine richtige Haudruffsprache, der ist bei diesem Sammelband goldrichtig. Natürlich spricht man die Texte automatisch mit, so dass die Geschichten lebendiger als sonst werden. Macht im Original Spaß, macht hier noch ein bisschen mehr Spaß. 🙂
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Mittwoch, 10. Mai 2017
Untote sind für KRÄN nur Witzfiguren. Mit seiner Axt räumt er unter ihnen auf. Klar, es bleiben noch genug übrig und eigentlich nimmt ihre Anzahl kein echtes Ende, aber immer noch bleibt Angst außen vor, denn KRÄN ist ein Barbar und die haben bekanntlich vor nichts Angst. Was soll ihm denn auch passieren? MINIBAR kämpft an seiner Seite … nein, der ergreift dann doch lieber die Flucht. Genauso wie der Werwolf und MEGODAS, der Elf … na, eigentlich sind mal wieder alle anderen abgehauen. Typisch!
ERIC HERENGUEL hat mit seiner Saga um KRÄN eine Geschichte geschrieben und gezeichnet, die wirklich alles und jedes, jeden auch, durch den Kakao zieht, der die das einmal im Bereich Fantasy eine Rolle gespielt hat. Möchte man annehmen. Ganz gleich ob Film, Buch, HDR oder CONAN (ganz klare Steilvorlage für ERIC HERENGUEL), Rollenspiel oder auch Comic, hier ist nichts sicher vor diesem spitzzüngigen Erzähler. HARZAKÄS zum Beispiel sieht aus wie eine modrige Vorfahrenversion von PAPA SCHLUMPF. Und dann ist da noch eine Menge faul im NADALAND.
Ob GROSSE ALTE, HAIE, die offensichtlich im Sand zu Hause sind und dort ihre Opfer suchen oder schwebende Inseln, ERIC HERENGUEL rast, jagt, hetzt durch das Szenario, immer auf der Suche nach dem nächsten Witz, dem nächsten Fiasko, einer obskuren Gefahr, einer wahnwitzigen Kreatur. Zwischendurch, genauer im dritten Teil einer Enzyklopädie zum KRÄN-Universum, darf sich der Leser mit WERWOLF-Phänomenen oder auch der berüchtigten Stadt RABAUKISTAN vertraut machen. Wer sich auch nur halbwegs mit dem Genre FANTASY vertraut wähnt, wird sich als Comic-Leser hier ähnlich daheim fühlen, wie es Roman-Leser in der ähnlich klamaukigen SCHEIBENWELT-REIHE sind.
ERIC HERENGUEL hat bereits als alleiniger Autor und Zeichner gearbeitet (SILBERMOND ÜBER PROVIDENCE) oder hat für andere bekannte Comic-Autoren gezeichnet (z. B. CHRISTOPHE ARLESTON). Auffällig ist stets seine Anpassungsfähigkeit. Zwar übertreibt er mal gerne, auch in seinen realistischeren Szenarien. Aber verlässt diese grafischen Stile, wenn es der Sache dient. So besteht zwischen einer leichten Fantasy-Komödie wie DIE GEISTER VON TROY und seiner eigenen Kreation KRÄN noch ein ziemlicher Unterschied im Gesamteindruck. Denn ERIC HERENGUEL kann Abgedreht und Durchgeknallt. Letzteres trifft auf KRÄN zu.
Stilistisch bietet ERIC HERENGUEL dem Leser hier ein Witzbilderambiente an. Und durchaus könnten auf diese Art auch Einzeiler mit drei oder maximal fünf Bildern entstehen. Für eine Parodie ist diese Technik passend, für eine Fantasy-Comedy wie hier ist das sogar bombastisch gut. In der angehängten mehrseitigen Enzyklopädie, sicherlich auch eine Art Richtschnur für HERENGUEL selbst durch sein eigenes KRÄN-Universum, verändert sich die Stilistik etwas. Sie wird ausgefeilter, weniger karikierend, aber immer noch reichlich blödelnd.
KRÄN ist Fantasy-Anarchie, wahrscheinlich noch mehr als die Scheibenwelt, etwa in der Art vom Herrn der Augenringe (hat es gegeben) oder Pythons auf Speed. Hier soll gelacht werden und wer nur schmunzelt, wird sich irgendwann wundern, denn er muss vor diesem Aufgebot an Kalauern kapitulieren. ERIC HERENGUEL lässt es mitleidlos krachen, auch seinen Figuren gegenüber. Wer sein Lieblingsgenre einmal gänzlich veralbert lesen möchte, kann hier bedenkenlos zugreifen. 🙂
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Montag, 13. Februar 2017
Tiere machen hin und wieder schon mal Blödsinn. Aber Affen, die sich wie Singvögel gebärden? Zebras, die den Spieß umdrehen und Löwen jagen? Da ist was im Busch im Busch, Verzeihung, im Dschungel. Kurz zuvor haben KING UND KONG noch das Leben aus erhöhter Position beobachtet. Es war gefährlich, es war der Lauf der Natur, aber eben ganz natürlich. Wenig später treffen der Junge und sein Freund, der Gorilla, nicht nur auf alte Bekannte, sondern sie machen auch eine Entdeckung, die das Leben im Urwald völlig auf den Kopf stellen könnte.
KING UND KONG sind zurück. In der 2. Gesamtausgabe sind zum guten Schluss fünf Alben versammelt. Erschienen zwischen den Jahren 1982 und 2008, liegen nun alle Geschichten der beiden Helden in einer sehr stark redaktionell betreuten Ausgabe vor. Auch der zweite Prachtband der Gesamtausgabe ist mit 360 Seiten ein Schwergewicht. KING UND KONG sind erwachsen geworden. Die Geschichten weisen mehr Personal auf, die Konstellationen ähneln sich grundsätzlich, aber thematisch wird es zunehmend fantastischer. Dabei beginnt es sehr bodenständig. Man könnte sagen, KING wird gezwungenermaßen zu einer Art Nanny.
ENTFÜHRT! lautet der Titel des ersten hier abgedruckten Albums. Das beschauliche Leben wird nicht mehr nur von den beiden Halunken Harry und Joe durcheinandergewirbelt. Pin-Up ist ein kleines schwarzhaariges Mädchen, das sich bisher erfolgreich allen Versuchen widersetzt hat, sich in eine Zivilisation abseits des Dschungels zu integrieren. Da muss KING ran. Er kennt sich mit dem Leben im Dschungel aus und besitzt das nötige Sozialverhalten, um als Lehrer fungieren zu können. Ein Mädchen im Dschungel? Das riecht nach Ärger. Und der ist tatsächlich vorprogrammiert.
Selbstverständlich raufen sich die Kinder über kurz oder lang zusammen. Denn es warten ABENTEUER IN DER URZEIT. Hier werden Bezüge zum Klassiker von Arthur Conan Doyle deutlich. DIE VERGESSENE WELT des britischen Autoren ist ein ähnlich abgeschiedenes Areal, wie das hier von CAUVIN und MAZEL erdachte. Und die Welt, in die es KING UND KONG verschlägt könnte kaum ungefährlicher sein. Zusätzlich zu den Sauriern und Mammuts haben sich auch seltsame Eingeborene eine Nische in diesem fremden Dschungel erobert.
Seltsam, merkwürdig, mysteriös, unheimlich, zauberhaft, märchenhaft. So lauten Stichwörter für die nächsten Geschichten aus dem Leben von KING UND KONG. in Die Ritter der Unterwelt, Fauler Zauber, Roter Nebel, Gestrandete Seelen und Stein-Reich finden sich viele fantastische Elemente wieder. Teils ergehen sich die beiden Comic-Macher in irren Albernheiten. Und dem Motto Geht nicht, gibt es nicht, fliegt KONG sogar mit einem Hexenbesen und beide Helden wagen einen Spaziergang auf dem Grund des Ozeans. Der Leser kann sich unbesehen ausmalen, welche Möglichkeiten sich für die Abenteuer von KING UND KONG ergeben, wenn dem Erleben gar keine Grenzen mehr gesetzt sind. Einzig der Ausgangspunkt, der gute alte Urwald, bleibt immer als Start erhalten.
KING ist älter geworden. Er ist nicht mehr der ganz kleine Junge und noch weniger benötigt er den ständigen Schutz des Gorillas KONG. Außerdem erscheint er durch die ungewöhnlichen Geschichten eine Mischung aus Korak, Tarzans Sohn und Johann und Pfiffikus geworden zu sein. Gerade in den Abenteuern Ritter der Unterwelt sowie Gestrandete Seelen, in denen Schwertkämpfer und Untote auftauchen, lassen sich Parallelen ziehen. Der Strich von Mazel ist mitunter sehr zart und entfaltet all seine Wirkung, wenn er so richtig chaotisch, anarchisch Szenen zu Papier bringen kann. In vier Fünfteln des vorliegenden Sammelbandes darf sich der Leser also auf ein mächtiges Comic-Feuerwerk freuen.
Ein Knaller! Pralle, ungehemmte Komikklopper reihen sich aneinander, fein illustriert von einem Mazel, der sich stilistisch in der Nähe eines Morris befindet. Wer den Humor eines Goscinny oder eines Peyo mag, kann bei KING UND KONG bedenkenlos zugreifen. Sehr schön! 🙂
KING UND KONG, Gesamtausgabe 2, 1982-2008: Bei Amazon bestellen
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Mittwoch, 10. August 2016
Würstchen könnte vor Eifersucht platzen! Da gelingt es doch tatsächlich dieser kleinen Katze, die sozusagen aus dem Nichts aufgetaucht ist und von Marina aus dem Urlaub mit zurückgebracht wurde, die Herzen der Menschen in der Familie im Sturm zu erobern. Und er, der Bassett, der sich nichts sehnlicher wünscht, als endlich Zugang zum Kühlschrank zu bekommen, muss vor kleineren Hunden aus der Nachbarschaft den Tyrannen geben, damit sein Magen ausreichend gefüllt wird. Es kommt sogar noch dicker (ein gutes Wortspiel, da Würstchen mit seiner Fülle die Waage derart in Beschlag nimmt, so dass die Gewichtsanzeige gar nicht mehr zu sehen ist). Würstchen erkennt in BILLY den kleinen Jungen wieder, der ihn einst piesackte und dem er diesen grauenhaften Hundenamen zu verdanken hat …
Es war einmal ein böser Junge, der starb und nicht in den Himmel kam. Er wurde auf die Erde in Gestalt einer kleinen Katze zurückgeschickt und erlebte dort eine für ihn merkwürdig veränderte Welt. Plötzlich verstand er die Sprache der Tiere und war gezwungen, nett zu anderen Lebewesen zu sein, wollte er in dieser neuen Gestalt überleben. Zu seinem wichtigsten Freund wurde ein weißer Kater, den der kleine BILLY Onkel Hubert nannte. Dieser Kater wurde zu einem Wegweiser in dieser Katzenexistenz, bevor es BILLY gelang zumindest als kleine gelbschwarz getigerte Katze zu seiner Familie zurückzukehren.
War die erste Hälfte der Erzählungen kindgerecht, aber auch mit einem ernsten Unterton behaftet, verschiebt sich die zweite Hälfte mit den abschließenden drei Alben der zweiten Gesamtausgabe deutlich mehr zur Unterhaltung hin, obwohl es auch kritische Anmerkungen gibt, die von einer Figur wie Sanktifer ausgestoßen werden. Die Geschichten Ein Hund namens Würstchen, Onkel Hubert in Gefahr und Billys Wahl sind aber in erster Linie Abenteuer. Einzig zum guten Schluss wird es noch einmal wirklich mysteriös.
Stephen Desberg behandelt in EIN HUND NAMENS WÜRSTCHEN eher weltliche Themen. Ein Hund tyrannisiert kleinere Tiere, damit sie ihm Futter bringen. Dieses Würstchen ist ein Bassett mit Beinen so kurz, dass der Bauch fast auf dem Boden schleift, und Ohren so lang, dass Würstchen häufig auf sie tritt. Ihm steht ein Spatz als Sprachrohr und Gehilfe zur Seite. Nachdem sich Desberg und Zeichner Stephan Colman entschlossen hatten, mehr auf den tierischen Pfaden disneyscher Handlungen zu wandeln, wirkt dieses Bösewicht-Duo wie eine Persiflage auf solche amerikanischen Konstrukte.
Nichtsdestotrotz ist es ein komisches Duo, welches, insbesondere als es den beiden Kumpanen gelingt, in das Haus aufgenommen zu werden und dort zu bleiben, zur Hochform aufläuft und man sich ein wenig an Sylvester und Tweety erinnert fühlt. Zu BILLY, der auch im Trickfilm angekommen ist, schließt sich mit diesem Vergleich der Kreis. Im ausführlichen 50seitigen redaktionellen Teil in der zweiten Gesamtausgabe wird dieser neue Wirkungskreis von BILLY beschrieben, auch wie es mit ihm zeitweilig im Comic weiterging, aber schließlich ohne Desberg und Colman.
Eine Hauptfigur ist immer nur so gut, wie die Nebenfiguren es ihr erlauben. BILLY, eine putzige, vorwitzige Katze, die ihr Leben lieben lernt, hat mit WÜRSTCHEN, SANKTIFER und ONKEL HUBERT, um nur eine Auswahl zu nennen, sehr ausgewogene Nebencharaktere, denen es zeitweilig sogar gelingt, ihm die Show zu stehlen. Ein jeder vermag sogar, oder Schurke oder guter Kumpel, Sympathie zu wecken. Einzig die Ratten verweigern sich einem positiv emotionalen Zugang (siehe auch Titelbild), allenfalls mag man Mitleid mit ihnen haben. Beim Design ist Colman deutlich gruseliger in der Präsentation der üblen Gesellen, als es zum Beispiel es die Disney-Produktion in Basil der große Mäusedetektiv betrieben hat.
Gelungenes entgegengesetztes Flair: Das Heim, in dem BILLY aufwuchs, ist sehr heimelig, die Stadt, in die es ihn immer wieder verschlägt, ist oft abweisend, überfrachtet mit Verkehr und Reklame und Colman gelingt es sogar, sie laut aussehen zu lassen. Woran liegt es, dass die Stadt plötzlich diesen Eindruck macht? Nun, ONKEL HUBERT IST IN GEFAHR. Die positive Weltsicht des weißen Katers, der die Frauen liebt und einen schrottreifen Cadillac sein Zuhause nennt, ein wichtiger Faktor der ersten Geschichten, geht hier ein Stück weit verloren.
Die Geschichten um BILLY THE CAT von Stephen Desberg und Stephan Colman sind Abenteuer eines in einer Katze wiedergeborenen kleinen Jungen, die mehr Tiefe besitzen als die üblichen cartoony gezeichneten Handlungen. Liebenswert, tragisch und komisch, spannend, mit tollen Kulissen angereichert, sind sie tolle Unterhaltung für alle Freunde des Genres. 🙂
BILLY THE CAT, Gesamtausgabe 2: Bei Amazon bestellen
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Montag, 01. August 2016
Da sind sie wieder! Der kleine Junge KING und sein Gorillafreund KONG hatten unmissverständlich klar gemacht, dass sie keine fiesen Wilderer im Urwald wollen. Da genügt es nicht, die Gewehre zu zerbrechen. Harry und Joe, die beiden Gauner, wollen einfach nicht aufgeben und finden immer einen neuen Weg, um zurückzukommen. Zu KING und KONGS großem Glück wissen sich die Tiere im Urwald auch selbst zu helfen. Doch sollte das wirklich der Grund sein, weshalb die beiden Wilderer auch vorgeben, neuerdings mit Fotosafaris ihr Geld verdienen zu wollen? KING UND KONG haben allen Grund skeptisch zu sein!
Satte fünf Alben sind in dieser ersten Gesamtausgabe versammelt. Die Abenteuer von KING UND KONG, einem Gorilla und seinem Schützling. Gemeinsam leben sie im Dschungel, im beständigen Clinch mit zwei Halunken, die immer zur Bereicherung in die Wildnis einbrechen, meist durch das Mittel der Wilderei. Flusspferde, Elefanten, Nashörner, Krokodile, kaum eine Kreatur ist vor den beiden Ganoven Harry und Joe sicher. Manchmal locken auch andere Reichtümer, wie zum Beispiel Diamanten, so dass sich sogar noch weitere dunkle Gestalten beteiligen und Eingeborene zu Mitwissern, Helfern, im besten Fall zu Führern durch den Busch werden. Nebenfiguren wie der deutsche Kurt, ein Flussschiffer, komplettieren das Arsenal der Charaktere.
KING, der kleine Junge, ist natürlich eine Verbeugung vor dem großen Affenmenschen Tarzan, aber ebenso vor Korak, Tarzans Sohn, ebenfalls einer Comicfigur, die vor Jahrzehnten der Dschungel durchstreifte. Und KONG? Gar keine Frage eigentlich, wer hier das Vorbild war. Aber eigentlich gehen die Anklänge noch weiter. Panik um King Kong darf hier ebenso als Grundidee dieser Figur herangezogen werden, später treffender unter dem Titel Mein großer Freund Joe neu verfilmt, in dem ein riesiger Gorilla zum Freund einer jungen Frau wird, die ihn von Kindesbeinen an kennt. Auch KONG ist hier ein sprachloser Beschützer, sehr mutig, seinem Freund KING treu ergeben. Eine Treue, die auf Gegenseitigkeit beruht, denn KING setzt ebenfalls seinem Freund zu helfen. Was ihm an Kraft fehlt, macht er durch Finesse wett.
Harry und Joe sind ein klassisches Klamaukduo. Harry ist von kleinem Wuchs, gierig, findig zwar, aber auch jähzornig von der Sorte, die gerne regelrecht in die Luft geht. Joe ist groß, leicht übergewichtig, nicht so dumm, wie Harry gerne hätte, umsichtiger sogar, was angesichts der stets wiederkehrenden Gefahren kein Wunder ist, denn Harry ist zudem noch lernfähig. Die beiden sind in ihrer Konstellation, auch wegen ihres Runnig-Gag-Verhaltens, eine Art fieses Gegenstück zum Inspektor und Sergeant Dudu (bei uns innerhalb der Rosaroten-Panther-Reihe ausgestrahlt. Wer es bekannter mag, darf Dick und Doof zum Vergleich heranziehen. Auch hier gibt es den eher schlaueren, mehr von sich eingenommenen Part und den etwas weniger klugen, etwas nachlässigeren Teil eines Duos, die sich ebenfalls gerne selbst in die Quere kommen.
Die beiden Comic-Macher Cauvin (Szenario) und Mazel (Zeichner), bei uns in den 1970ern durch Kaline und Kalebasse bereits bekannt geworden, schrieben und zeichneten die hier versammelten Abenteuer zwischen 1975 und 1981. Sehr gut zusammengetragenes Sekundärmaterial, eine grafische Einleitung, acht Kurzgeschichten werden dem Leser vorweg geboten, bevor es mit den fünf ersten Alben (die hier so noch nie erschienen sind) losgeht. Grafisch darf sich der Leser auf einer Stilistik aus der goldenen Zeit der Comics hierzulande freuen, als frankobelgische Figuren hier Erfolge feierten. So arbeitet Mazel optisch wie ein künstlerischer Bruder von Morris und Franquin.
Die ersten veröffentlichten Zeichnungen zeigen wieder einmal sehr schön, wie Figuren langsam aus den Kinderschuhen entschlüpfen, Mazel sich ganz offensichtlich enger herangetastet hat und die Figuren runder, griffiger wurden und die einzelnen Perspektiven immer besser saßen. Der Knuddelfaktor wurde erhöht. Das ist besonders deutlich bei Joe, der zu Beginn viel mehr von einem Gauner hatte, schlanker war und, auch Szenarist Cauvin fand erst ach ein paar Schritten den richtigen Dreh, sich stärker gegen Harry auflehnte.
Wenn die Liebe Einzug hält … Die Freundschaften unter den Menschen, na, ja, auch Menschenaffen halten sich hier schön die Waage, als Cauvin und Mazel beschließen, hier ein bisschen zu spielen. Harry findet wahre Tierliebe und KONG findet jemanden zum Anhimmeln, aber noch interessanter und spaßiger ist das Aufeinandertreffen zweier im Dschungel aufgewachsener Kinder. Cauvin und Mazel brechen hier einerseits aus den gewohnten Strukturen aus, indem sie mit ihren Figuren wunderbar spielen, andererseits schaffen sie neue Running-Gags und treiben diese perfekt auf die Spitze.
Erste Klasse in Sachen Humor, Inszenierung und Spaß. KING UND KONG sind einfach Gute-Laune-Geschichten mit kleinen, mal größeren Anspielungen, immer straff erzählt, mit schönen Einfällen gespickt. Für Fans von Funnies unbedingt empfehlenswert. Darüber hinaus: Tolle Aufmachung und liebevoll produzierte Ausgabe. 🙂
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Mittwoch, 23. März 2016
Die Daltons sind weder ein Ausbund an Gesetzestreue, noch verstehen sie es, sich ausreichend in der Gesellschaft zu benehmen. Da ist es verwunderlich, dass ausgerechnet diese vier Ganoven dazu auserkoren wurden, als Vormunde für einen kleinen Jungen zu dienen. Tatsächlich aber sind sie die Onkel des Kleinen, denn es gab einmal vier Daltons, die noch viel gefährlicher als die vier Dauerausbrecher waren. Und einer dieser vier komplett missratenen Daltons schaffte es, einen Sohn zu zeugen. Zu dumm allerdings, dass die vier ungefährlicheren Daltons gerade mal wieder im Gefängnis sitzen. Das macht die Erziehung von Nachwuchs nicht leichter …
Im Abenteuer Meine Onkel, die Daltons nimmt das Chaos seinen Lauf. Zeichner Achde übernahm den Zeichenstift für Lucky Luke nach dem Tode von Morris. Ganz in der späteren Tradition des belgischen Ausnahmekünstlers arbeitet der Franzose Achde mit verschiedenen Autoren in der Reihe Lucky Luke zusammen. So entstehen wie hier, in einer der letzten Veröffentlichungen, frische, neue Ideen, die trotzdem den Geist des Originalduos aus Rene Goscinny (Szenarist) und Morris treffen.
Meine Onkel, die Daltons, das dritte albenlange Abenteuer in der vorliegenden Gesamtausgabe 2013-2015 geht Hand in Hand mit der ersten Geschichte, Auf eigene Faust, in der die Daltons auf augenzwinkernde Weise im Mittelpunkt stehen. Dabei drängt sich als Sympathiefigur ganz besonders einer hervor: Averell. Ausgerechnet seine, im wahrsten Sinne des Wortes, Verfressenheit stellt sich als Schlüssel zum Erfolg im Wettstreit der Brüder heraus. Wer soll die Bande anführen? Doch am besten derjenige, der in dem, was er macht, auch bitte schön erfolgreich ist. Denn Joe Dalton, der kleinste im Bunde und ewige Verlierer, ist das ganz gewiss nicht.
Daniel Pennac und Tonino Benacquista zeigen ein famoses Kabinettstückchen. Einzeln sind die Gauner plötzlich erfolgreich. Im Wettstreit holt jeder das Beste für sich heraus. Sogar Joe Dalton kann Überfälle begehen, ohne gleich gefasst zu werden. Herausgekommen ist unter dem Strich eine Western-Komödie, in der man Lucky Luke kaum vermisst, obwohl es natürlich wieder einmal an ihm ist, die Halunken zur Strecke zu bringen.
Deutlich mehr im Mittelpunkt der Handlung steht Lucky Luke zwangsläufig in der Jugendepisode Ein starker Wurf, die textlich und grafisch von ihm gestaltet wurde. Gemäß des jugendlichen Alters von Lucky Luke, der hier noch die Schulbank drückt, ist auch die Zielgruppe des in seitenweisen Abschnitten erzählten Albums ein viel jüngeres. Jede Seite endet mit einer Pointe und einem kleinen Hinweis auf tatsächliche Begebenheiten und Ereignisse des Wilden Westens.
Machine Gun Kid, eine Kurzgeschichte von Achde, ist die Einleitung eines redaktionellen Teils, der auf die langjährige Erfolgsgeschichte der Comic-Reihe eingeht. Das Kurzabenteuer selbst, entstanden für eine künstlerische Verbeugung vor Morris, erlebt einen Lucky Luke, der seit langem mal wieder mit einem Glimmstengel auftritt. Gleichzeitig darf der Leser den Schöpfer Morris selbst bei seiner frühen Arbeit sehen und so erfahren, wie Lucky Luke, eine Serie über den Wilden Westen eigentlich entstanden ist.
Mit Lucky Luke kann man als Comic-Fan einfach nichts falsch machen. Gerade in diesem Band finden sich zwei Höhepunkte mit den Daltons aus der jüngeren Vergangenheit, die absolut empfehlenswert sind und toll mit den Klassikern harmonieren, vor allem wegen der Auftritte einiger bekannter Gesichter wie Rantanplan. Zahlreiche Anspielungen im letzten Abenteuer sind fantastisch. Auch für Neueinsteiger. 🙂
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