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Comic Blog


Sonntag, 27. Oktober 2013

Bruce J. Hawker Gesamtausgabe 1

Filed under: Abenteuer — Michael um 9:58

Bruce J. Hawker Gesamtausgabe 1Wenn auf einem Schiff nicht genügend Personal zur Verfügung steht, wird auch gerne der Weg des Entführens potentieller Mannschaftskameraden gewählt. Die Press Gang schnappt sie solche, die gesund genug sind, um die die Fahrt zu überstehen, und volltrunken genug, um sich nicht allzu sehr gegen das unfreiwillige Anheuern zur Wehr setzen zu können. Zwar könnten sich Männer mit Freistellungsbescheiden vor dem Dienst an Bord Ihrer Majestät Schiffe drücken, aber nur die wenigsten besitzen ein solches Papier.

Eine Seefahrt ist nicht immer lustig. Ein die See befahrendes Volk, wie jene stürmischen Gesellen der englischen Insel, haben die Meere mit Abenteurern, Piraten und Soldaten überzogen. Einer dieser Soldaten ist Bruce J. Hawker. Der Leser begegnet dem jungen Mann an einem düsteren und verregneten Tag im Jahre 1800, als dieser sich gerade von seiner Liebsten verabschiedet, bereit, um in Kurs auf Gibraltar sein neues Kommando anzutreten. Auf der Fregatte Lark begegnet er gleich ersten Schwierigkeiten. Die Bewaffnung ist unzureichend, denn offenbar ist man an höherer Stelle davon überzeugt, bei dieser Mission handele es sich nur um eine minderen Ranges, die kaum in gefährliche Situationen münden könne. Hawker, hinter dessen Rücken angesichts seiner Jugendlichkeit auch getuschelt wird, sieht sich bald darin bestätigt, dass es besser gewesen wäre, mit ausreichender Bewaffnung aufzubrechen, denn das Unterfangen steht kurz darauf auf des Messers Schneide.

William Vance gilt als einer der Großen im Comic-Genre diesseits des Atlantiks. Er hat sich mit Serien Bruce J. Hawker, Bruno Brazil, Bob Morane und nicht zuletzt mit XIII einen Namen gemacht. Western-Freunde werden auch seinen Ausflug in die Marshal Blueberry Abenteuer kennen. Das Besondere ist neben dem historischen Szenario die akribische Schilderung des seemännischen Lebens, der Segelmanöver und gleichzeitig des soldatischen Daseins in der Flotte Seiner Majestät.

Präzision und Akribie sind auch die wichtigen Merkmal dieses Serienauftakts der Gesamtausgabe der Reihe, die hier nicht nur drei Alben in einem Band vereint, sondern auch eine Art Ausreißer, In den Tiefen der HMS Thunder, der die dramatische und lebensgefährliche Situation für die Kanoniere während eines Feuergefechtes zwischen Segelschiffen beschreibt. Hier ist auch ein wenig Poesie zu finden über jene Matrosen, die im Dienste ihres Landes, nicht immer freiwillig (wie an einer späteren Geschichte noch deutlich werden wird), ihre Leben aufs Spiel setzten und mit ihren technischen Möglichkeiten, Tod und Verderben über den Feind brachten, auch hier mit einer Präzision, die den groben Kanonen kaum zuzutrauen gewesen wäre.

Aber es ist auch eine Geschichte, die sich mehr mit dem Vorgang beschäftigt und einzelne Charaktere kaum nach vorne kommen lässt. In dem eigentlichen Serienauftakt Kurs auf Gibraltar und den Folgeabenteuern Die Orgie der Verdammten, Press Gang wird erfolgt eine sehr ausgefeilte Darstellung des jungen Helden, der erst als Hoffnung präsentiert wird, jemand, der sogar dem berühmten Admiral Nelson aufgefallen ist, und schließlich fallen wird, muss, denn das Versagen war durch äußere Umstände vorprogrammiert. William Vance begeht nicht den Fehler und lässt seinen Helden Bruce J. Hawker noch aus der Bredouille entkommen. Dazu werden das 2. und 3. Abenteuer benötigt.

Die düsteren Seiten, die wirklich düsteren, jenseits des normalen Dienstes an Bord eines Schiffes, zeichnet William Vance mit seinem gewohnt kantigen Stil (ein wenig an Philippe Francq erinnernd), wenn er sich mit den Zuständen von englischen Seeleuten in spanischer Gefangenschaft befasst. Die Hölle auf Erden gipfelt in einem furchtbaren Drama, die dem Helden aber auch eine neue Freundschaft signalisiert. Doch vorerst geht es noch weiter bergab. Am Ende des vorliegenden Sammelbandes schließt der Kreis wieder im Abenteuer Press Gang, denn hier wird Bezug auf den erwähnten Ausreißer genommen. Die Arbeit der Kanoniere rückt in den Vordergrund. Allerdings findet sich noch etwas anderes.

Sind die Bilder in den ersten drei abgebildeten Episoden, den Ausreißer inklusive, noch sehr grob getuscht, viel künstlerischer und flotter, wird der zur Verfügung stehende Platz im abschließenden Abenteuer Press Gang nicht nur deutlich besser genutzt, die Tuschearbeit ist auch viel exakter, feiner ausgeführt, so dass die Bilder von Vance viel besser zur Geltung kommen.

In Zeiten, in denen historische Themen im Roman blühen, dürfen die Comic-Klassiker auf diesem Gebiet gerne zurück kommen. Auch zeigt sich, wie sehr die Technik, auch ein sehr guter redaktioneller Teil diese Arbeit von William Vance regelrecht feiern kann. Ein toller Künstler, ein sehr reicher Comic in Wort und Bild. 🙂

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Samstag, 26. Oktober 2013

Woman On The River

Filed under: Biographie — Michael um 9:26

Woman On The RiverEin paar Bilder an der Wand. Nackte Frauen, ein Haus, ein Baum, ein Jagdflugzeug. Ein Stuhl ist zum Tisch umfunktioniert. Eine Tasse Kaffee wird in dieser Umgebung zum Höhepunkt des Tages. Ein Stück Zucker versüßt die Bitterkeit. 35 Jahre lang hat Dennis in diesem Loch für zwei Personen verbracht. Während sein Zellengenosse seinen Verstand längst auf eine weite Reise ohne Wiederkehr geschickt hat, denkt Dennis immer noch darüber nach, wie er im Gefängnis gelandet ist. Nun kommt er frei. Nach so vielen Jahren sieht es zuerst so aus, als könnten die verbliebenen Tage noch ein Stück Menschsein und Menschlichkeit bringen. Etwas wie Frieden. Vielleicht auch innere Vergebung.

Ein Comic wie ein Song von Johnny Cash. Es ließe sich auch behaupten, dass dieser Comic den Blues atmet. Ein Mann hat eine schreckliche Tat begangen und kommt nach Jahren aus dem Gefängnis. Vor dem Gesetz und der Gesellschaft hat er gebüßt, doch innerlich ist er noch nicht mit sich im Reinen. Matthias Schultheiss zeigt einen gebrochenen Mann, der sich 35 Jahre lang im Gefängnis an seine Tat erinnert hat. Als er endlich das Gefängnis verlässt, ist diese Welt wie ein Traum. Nur langsam gewöhnt er sich an dieses neue Leben, in dem es sogar Freunde gibt. Aber, ein Aber das nicht fehlen darf im Blues oder in einem Johnny-Cash-Song, holt ihn die Vergangenheit wieder. Das gute Leben war nur vorübergehend, er hatte es nicht wirklich verdient, trotz Buße.

Woman On The River. Auch der Titel des vorliegenden Albums von Matthias Schultheiss klingt nach einem Song. Der Plot wird all jenen, die etwas interessiert sind an Thriller, Krimis, Knastfilmen vielleicht nicht allzu fremd vorkommen, aber es ist auch keine Geschichte, die allzu viele Variationen bietet. Auf den Plot kommt es, so merkwürdig das klingen mag, auch nicht in Gänze an. Matthias Schultheiss ist ein Comic-Zeichner, so bieten die Bilder die zweite Erzählebene und diese bringt viel mehr für den Leser mit.

Der Held der Geschichte erlebt nämlich etwas, das auch schon in Handlungen beschworen, aber noch nie so gezeigt wurde. Mehr soll dazu nicht gesagt werden, sicher jedoch setzt gerade dieser Start des Comics die Geschichte gleich in ein ganz anderes Licht. Und hier ist auch das Stichwort für die Überleitung: Licht. Die Welt von Dennis, dem ehemaligen Auftragskiller erstrahlt in meistens einem grüngelben, südlichen Licht, dort, wo der Sommer brennt, in einer Gegend, die an die Bayous erinnert, wo die Uhren anders ticken und manchmal sogar stehenzubleiben scheinen. In dieses Licht hinein schickt Matthias Schultheiss einen Geist.

Dennis, der ehemalige Auftragskiller, der sowieso von seinen Erinnerungen wie von bösen Geistern gequält wird, reagiert auf diesen Geist allerdings wie auf einen Engel. Matthias Schultheiss pflegt in dieser Geschichte das Spiel mit den Bildern, diesen kleinen Gleichnissen und Miniepisoden am Rande, die es zu entdecken gilt, und die dem Betrachter noch mehr von der Hauptfigur enthüllen. Kolorierung und Strichführung hierzu sind vergleichsweise grob, schaut man auf Werke von ihm wie zum Beispiel Reise mit Bill. Aber auch diese Grobheit, nennen wir sie Momentaufnahme, ist mit der Geschichte begründbar.

Es entspinnt sich eine kurze Liebe, vielleicht auch ein besonders sinnliches Begehren. Zwei Verlorene treffen aufeinander, ebenfalls ein beliebtes Thema in der amerikanischen Literatur oder der Literatur überhaupt. Das Schicksal hat ihre Lebensfäden miteinander versponnen, ohne dass die beiden zunächst davon wissen. Hier lässt sich die literarische Konstruktion sogar bis weit zu den alten Griechen zurückverfolgen. Und dennoch funktioniert diese Konstruktion bis weit in ein Postkriminellendrama hinein immer noch. Fast scheint es, als habe Schultheiss für seine Geschichte, die These aufgegriffen, dass gute Menschen manchmal auch böse Dinge tun. Zum eigenen Beweis reagieren Die neuen Nachbarn von Dennis überaus nett auf den früheren Häftling und dieser ist nur allzu gern bereit, die Sympathie zu erwidern.

Unter dem Strich eine traurige wie auch literarische Geschichte, mit der sich Matthias Schultheiss bei seinen Fans bestimmt wieder bestätigt. Sie mag nicht so bissig sein wie frühere Einfälle, dafür ist sie ruhiger und vielleicht an manchen Stellen auch versöhnlicher. 🙂

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Donnerstag, 24. Oktober 2013

FRATERNITY 2

Filed under: Mystery — Michael um 17:39

FRATERNITY 2Nun was ist es, das dort wie gekreuzigt zwischen den Holzbalken hängt? Ist es wirklich eine dämonische Kreatur, wie die Dorfbewohner glauben? Oder ist es nur ein Tier, ein unbekanntes, das in den Wäldern haust und nur zufällig den Weg der Menschen streifte? Wie es dort hängt, wird es von allen Seiten bestaunt, scheint es in seiner Bewusstlosigkeit doch harmlos zu sein. Was soll man mit ihm machen? Die Männer des Dorfes, die Oberen sind nicht einer Meinung, wie mit diesem Wesen verfahren werden soll? Töten? Einen Pfarrer holen? Als gäbe es im Dorf nicht schon genug Probleme weltlicher Natur, die einer Lösung bedürfen.

Wenn der Hunger quält, geht die Zivilisation endgültig zum Teufel und alle Versprechungen spielen keine Rolle mehr. In der kleinen Gemeinde werden die Rationen knapp. Der Bürgerkrieg, auch zur Abschaffung der Sklaverei geführt, weckt auch im Norden wieder den genauen Blick auf die Hautfarben. Das Monster, gefangen genommen und gut verwahrt, ruft alten Aberglauben hervor, schürt die Ängste, weil es vor Augen führt, dass es noch mehr gibt, jenseits dessen, was die Menschen zu wissen glauben. Juan Diaz Canales lässt seine Charaktere einen Traum versuchen zu leben und lässt sie kläglich scheitern, aus mehr als nur einem Grund. Hierarchien, Schuldzuweisungen, Wertigkeiten, Versagen, Wut, Eifersucht, Neid und der schlichte Grund, nicht sterben zu wollen und dafür notfalls über die Leichen anderer zu gehen, kochen als Zutaten auf diesem Herd der brodelnden Gefühle hoch und reißen schließlich alles in den Abgrund, der doch so mühevoll vermieden werden sollte.

Der Eindruck eines Theaterstücks in Comic-Form verdichtet sich in der zweiten und abschließenden Episode von FRATERNITY. Allein die Beziehungen der Menschen untereinander, eine sehr stark dialoglastig ausgeführte Handlung, immer auf den Punkt gebracht, treiben nicht nur die Geschichte voran, sie zeichnen auch ein sehr dunkles Bild des menschlichen Geistes, des Gemüts und der Seele. So endet FRATERNITY zwangsläufig auch in einer kleinen Hommage, in einem Feuer, wenn auch nicht mehr verraten werden soll. Das Monster hingegen, wortlos, nur durch Taten und Augenblicke kommunizierend, ist der Beschützer, auf den am Ende Verlass ist, während der kleine Junge Emilio, ebenfalls wortlos die ganze Zeit über, nur bei ihm wahre Geborgenheit findet.

Juan Diaz Canales schreibt die Bilder, die Jose Luis Munuera in seiner leicht disneyesken und auch märchenhaften Art sehr treffend umsetzt. Der amerikanische Bürgerkrieg, so scheint es, ist hier nur vorgeschoben, die Epoche ist zu diesem Zeitpunkt austauschbar, zu fernab hat sich diese Siedlung entwickelt, zu sehr hat sie sich von allem (auch bewusst) abgeschottet. Dem Ort, so (alp)traumhaft er wirkt, schließt sich ein Labyrinth an, eher an griechische Sagen erinnernd, den Munuera als kalten, kargen Ort gestaltet, mit meterhohen steinernen Wänden und in ihm, wie auf einem Altar aufgebahrt, sind die Waffen der Siedlung versteckt, weil sie dort keinen Schaden anrichten können. Es sei denn, jemand holt sie heraus und findet den Weg.

Jose Luis Munuera trifft die düster gespenstische Atmosphäre mit einem leichten Strich, karikierend und weit in den Raum greifend. Seine Figuren sind grazil, auch puppenhaft zuweilen. Das Monster ist eine sehr ungewöhnliche Kreation, indianisch zu nennen und sehr eigen. Durch Sedyas erhalten die Bilder nicht nur dämmriges, nächtliches Ambiente, auch Tagszenen sind in die Farben alter Fotografien, bräunlich, getaucht und suggerieren die lang vergangene Zeit noch deutlicher als es die Zeichnungen selbst vermögen.

Action, wenig zwar, die in Form von Kämpfen auftaucht, beschönigt nichts. Wer hier stirbt, stirbt nicht leicht, allenfalls schnell. Das Monster beweist es, aber auch die Männer des Ortes treten gegeneinander an. Die Frauen, bis auf eine, nämlich jene, die sich um den kleinen Emilio sorgt, bleiben in der zweiten Reihe und so gut wie unsichtbar. Chaos bestimmt das Drama von Seite zu Seite mehr. Aus der allgemeinen Tragödie des Ortes wird schließlich ein sehr spezieller Untergang. Hier könnte Inspiration in Geschichten wie Das Dorf gefunden worden sein.

Im Halbdunkel erfüllt sich das Schicksal von Fraternity. Ein düsteres Märchen, vielleicht auch ein Gleichnis, unabhängig von der Zeit, in der es handelt, suchen die Menschen ihr Heil in einer Enklave und scheitern kläglich. Juan Diaz Canales beantwortet nicht das Warum, das schafft der Leser sehr gut allein, er beschreibt nur das Wie und dies mit Bravour. 🙂

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Die Maxiausgabe der Minimenschen 15

Filed under: Cartoon — Michael um 11:14

Die Maxiausgabe der Minimenschen 15Der Mensch ist nicht mehr gut genug für diesen Planeten. Aus diesem Grund hat sich ein wahnsinniges Genie dazu entschlossen, eine neue, dem Planeten würdigere Art zu schaffen. Dazu geht dieses Genie, wie all jene, die dem Wahnsinn anheim gefallen sind, über Leichen. Pech für ihn, dass dadurch auch die Minimenschen in die Geschehnisse einbezogen werden. Deren Mann für alle Fälle, Renaud, steht bald den neuen Kreaturen, schwanzbewehrt und mit langen Nasen ausgestattet, gegenüber und gerät so in eines der Abenteuer seines Lebens. Selbst für einen Mann, der bereits so viel erlebt hat, ist diese Aufgabe nicht einfach zu lösen und wirklich steht es geraume Zeit Spitz auf Kopf.

Es ist bei weitem nicht das einzige Mal, dass Renaud gehörig herausgefordert wird. Nach Operation IQ wird ihm in Im Namen des Bruders ein Rätsel präsentiert, in dem nicht nur die Suche nach der Lösung knifflig ist, Renaud erhält einen Feind von seinem Schöpfer Pierre Seron aufs Auge gedrückt, der es in höchstem Maße persönlich meint und den bisherigen Sicherheitsbeauftragten von Eslapion in Rente schicken möchte. Mit diesem Stichwort kündigte sich bereits etwas an, das sich zwei Bände weiter erfüllen sollte.

Zuvor jedoch tat Autor und Zeichner Pierre Seron noch einen Schritt in die Vergangenheit und rief mit Castel Montrigu eine weitere Mini-Siedlung auf den Plan. Der Ausflug in andere Welten, mit Minimenschen, die fern der komfortablen Technik von Eslapion, dem Utopia der Minis, ihr Dasein fristen, hat mehrmals für große Abwechslung innerhalb der Reihe gesorgt. Auch hat Seron diese Seitensprünge stets gerne und sehr gut genutzt, um seine geradezu explodierende Fantasie zu Papier zu bringen. So gelingt ihm auch hier wieder eine regelrechte Komödie, wenn Ritter auf moderne Technik treffen und ein mittelalterlicher Mini-Fiesling in einem Hotel sein geisterhaftes Unwesen treibt.

Nun denn, das Ende ist gekommen. Mit Eslapion 3 erfüllen sich die Minimenschen nicht nur einen lang gehegten Wunsch nach absoluter Sicherheit für ihre Siedlung, Pierre Seron führt auch ein Comic-Werk zu Ende, das mit 44 Alben über 43 Jahre getragen wurde und in dieser Art seinesgleichen im Medium Comic suchen muss. Nicht nur das Gesamtergebnis ist bemerkenswert, auch die immer neuen Einfälle, ein stetiger Fluss an Humor, der die Reihe und seine Charaktere vorangetragen hat und auch den Erfolg rechtfertigen. Ausgerechnet mit einem Mann, der sich erheblich zu fürchten scheint, nimmt das letzte Abenteuer seinen Anfang.

Renaud versucht zunächst ein, genauer gesagt, das Geheimnis zu bewahren, doch gelingen wird es ihm, schon im Sinne des Lesers, nicht. Die Arbeit an Eslapion 3, der neuen Heimstatt der Minis, läuft bereits sehr lange im Hintergrund, das ist angesichts der technischen Errungenschaften, die hier gezeigt werden, gar keine Frage. Wie lange Pierre Seron an diesem Finale getüftelt hat, lüftet leider auch der redaktionelle Teil nicht. Auf jeden Fall wirft Seron einmal mehr seinen Erfindungsreichtum in die Waagschale. Wäre er nicht Zeichner geworden, so wirkt es über die gesamte Dauer der Reihe hinweg, so hätte er mit all den Ideen auch Architekt oder Erfinder werden können.

Ein Alptraum, der für Comic-Leser keiner ist. Renaud erwacht nach tiefem Schlaf und für ihn furchtbaren Bildern. Eslapion ist zu einem Vergnügungspark geworden. Große Besucher werfen den Minis Leckerbissen in Form von Erdnüssen in die Vorgärten … Im Comic ein schlechter Traum, in der Realität nicht einmal von der Hand zu weisen. Was Asterix geschafft hat …

Vorbei, eine weitere Serie ist in einer Gesamtausgabe vollendet. Nur selten wurde eine Reihe derart lange und ausgiebig von nur einem Zeichner betreut, so bestechend humorvoll geschrieben und nur selten wurde mit den Charakteren einer Comic-Serie auch so liebevoll umgegangen. Von Folge zu Folge merkte man als Leser, wie sehr Pierre Seron seine Helden ins Herz geschlossen hatte, was er ihnen abverlangen konnte und was nicht. Zum guten Schluss gönnt er ihnen ein verdientes Ende – auch in der Realität – und der Leser kann sich mit einem lachenden und weinenden Auge verabschieden. 🙂

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Dienstag, 22. Oktober 2013

Valerian & Veronique Gesamtausgabe – Band 6

Filed under: SciFi — Michael um 17:14

Valerian & Veronique Gesamtausgabe - Band 6Showbusiness! Es geht nicht ohne. Und selbst in den Weiten des Weltalls, inmitten von zig Lebensformen und intelligenten Zivilisationen lebt ein Unterhaltungsmedium wie das Filmherzschmerzmelodram immer noch. Veronique erregt das Interesse des Filmproduzenten, obwohl (und nicht gerade weil) sie nur zwei Brüste hat. So ist der Blick der Konkurrentinnen neidvoll, gerade weil sie über die korrekte Anzahl von drei Brüsten verfügen. Nun, andere Ecken des Weltalls, andere Sitten. Aber Pizza gibt es hier natürlich auch noch. Obwohl … die hier nicht mehr Pizza heißt, sondern Puzzuf. Dabei suchten Valerian und Veronique nur nach einem neuen Fortbewegungsmittel.

Kinder! Kinder! Längst haben sich Valerian und Veronique in dem ihnen bekannten Universum nicht nur Feinde gemacht. Sie haben auch Freunde, nicht immer gewollt. Und neuerdings haben sie auch eine Art Ziehkind, auch nicht gewollt, doch so richtig los werden sie es auch nicht. Pierre Christin thematisiert eine intergalaktische Entführung mit gekonnten Finessen einer ausgefeilten Komödie, mit irren Wendungen jagt Christin die beiden Abenteurer durch die Geschichten Im Bann von Ultralum und Die Sternenwaise, bevor es wieder irdischer wird und sich die Götter einmischen. Aber auch die dunkle Seite des Universums zeigt ihr Gesicht in Form von Herrn Sat, der zeitweise stirbt und ruckzuck neu auf den Beinen ist, ehe die Beobachter des unspektakulären Spektakels bis drei gezählt haben.

In unsicheren Zeiten, so der Titel der dritten Gesichte der vorliegenden sechsten Gesamtausgabe, ist der Band, in dem die beiden Comic-Macher Pierre Christin (Text) und Jean-Claude Mezieres (Zeichnungen) ihren satirischen Blick auf das menschliche Miteinander noch einmal forcieren und sich bekannte religiöse Figuren und neue Charaktere ein Stelldichein geben, um der Menschheit ein paar weitere Schwierigkeiten zu bereiten. Dabei, Christin und Mezieres machen es deutlich, will auch der Teufel bloß eine Sekretärin und Aktienoptionen. Das Spiel mit den Idolen verschiedener Weltanschauungen, auch einem verweichlichten Jesus, dem es nicht gelingt, aus dem Schatten seines Vaters zu treten, bereitet den beiden Comic-Machern sichtlichen Spaß.

Vor dem Weltuntergang allerdings sind die Ziele von Christin und Mezieres wesentlich irdischer, obwohl es vor der Kulisse des Galaxis zunächst nicht den Anschein hat. Ein kleiner Rückblick führt Liebende zueinander. Von dem einen Partner konnte der Stammleser bisher geglaubt haben, der andere Partner habe einen kaltblütigen Mord begangen. Doch das hier ist ein Comic-Universum, hier ist alles möglich und ein Mord wiegt in Comic-Augen schwerer als die Vernichtung einer Welt zum Beispiel, weshalb sich Christin und Mezieres wohl entschlossen, diesen kleinen Fauxpas rückgängig zu machen.

Die Serie ist zu diesem Zeitpunkt der drei hier versammelten Alben längst eingespielt. Sie kann sich selbst zitieren, sogar selbst veralbern, wenn sie will und die wirkliche Welt (also unsere) dafür nicht mehr ausreicht. Gleichzeitig entwickeln Christin und Mezieres ihre verschiedenen, vielfältig erfundenen Charaktere weiter, geben ihnen mehr Spielraum. Es ist schwer zu sagen, welche abenteuerliche Sparte besser gefällt, jene, die fortschreitet und die Elemente der Space Opera durcheinander wirbelt, wie in den ersten beiden hier abgedruckten Bänden geschehen. Oder jene, die viele Elemente der eigenen Serienvergangenheit aufgreift und einen sehr spöttischen Blick auf die Realität wirft. Letzteres ist für Quereinsteiger der Serie auf jeden Fall der schwierigere Ansatz.

Alles in allem eine konsequente Fortführung der Abenteuer von Valerian und Veronique, die inzwischen einiges Vorwissen an nicht wenigen Stellen voraussetzt, aber ständige Neuerungen beifügt, aus denen andere Autoren schon reichlich Material für eine Geschichte ziehen würden. Groß, giftig, bissig, über alle Maßen fantasievoll und schön illustriert, das sind diese Abenteuer und weiterhin in dieser Form unerreicht. 🙂

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AQUABLUE NEW ERA 2 – Siebengestirn

Filed under: SciFi — Michael um 9:40

AQUABLUE NEW ERA 2 - SiebengestirnEinige Menschen glauben die Wiege ihrer Spezies gefunden zu haben. Aquablue, als Geburtsstätte der Menschheit auserkoren, wird als Auswanderungsstätte auserkoren. Die Siedler kommen, hin zu den seltenen Inseln des Wasserplaneten. Gleichzeitig stecken industrielle Firmen ihre Claims ab, indem sie die Lücken in den Gesetzen zur Besiedlung Aquablues nutzen. Und das ist erst der Anfang für großen Ärger. Und Rätsel. Denn die Beweggründe der einzelnen Gruppen sind nicht auf den ersten Blick einsichtig. Leider sind sie es auch nicht auf den zweiten Blick, denn die Rätseljagd erfolgt nicht nur rund um den Globus, sie will auch noch im Orbit begangen werden. Und je weiter sich Nao und seine Freunde mit den Geheimnissen um die Zuwanderung der Menschen befassen, umso gefährlicher werden ihre Nachforschungen.

Kaum sind die Menschen auf Aquablue angekommen, werden Pläne geschmiedet, um das Paradies, aus dem sie sich in der Vergangenheit vertrieben wähnten, zurückzuerobern. Umgang mit den Eingeborenen ist besonders den Kindern untersagt, die ohne Vorbehalte auf die Einheimischen zugehen könnten. Abgrenzung ist oberstes Gebot. Aber derlei Ränkeschmiede allein genügt nicht. Auch die Vergangenheit meldet sich zurück. Relikte aus dem letzten Krieg bereiten Schwierigkeiten oder werden zum umkämpften Objekt.

Regis Hautiere und Reno, für die Zeichnungen und die Kolorierung verantwortlich, entführen den Leser erneut nach Aquablue. Die vorläufige Eingewöhnung in das Szenario ist bestanden. Nun sehen sich die Helden einer Reihe von Aufgaben gegenüber und alle münden in einer Frage: Wer wird in der Zukunft die Oberhand über den Wasserplaneten behalten? Jene, die seit jeher hier leben, oder die Menschen, die zuerst nur wenige Einwanderer sind, aber schnell die Hände nach weiteren Siedlungsflächen ausstrecken? Alleine mit letzterem Szenario hat Regis Hautiere ein gehöriges Konfliktpotential geschaffen, aber er belässt es nicht dabei. Ein Ausflug ins ewige Eis von Aquablue sowie in den Weltraum offenbaren die Schwachstellen der Ureinwohner, die sich scheinbar auf lange Sicht nicht gegen eine derart aggressiv und findig eindringende Spezies wie den Menschen wehren können.

Natürlich werden Vergleiche zu Avatar geweckt, allerdings geht es hier weitaus weniger militärisch zu und von einer Übermacht der Menschen kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesprochen werden. Denn diese wäre zu auffällig und würde auch die auf der Erde Verbliebenen, die sich an die bestehenden Gesetze halten wollen, zum Eingreifen zwingen. Die grafische Umsetzung, wirklich filmisch, fast schon überragend in ihrer Qualität, zeigt eine Science-Fiction-Geschichte, die für den Fan solcher Szenarios geradezu zum Reinsetzen und Wohlfühlen ist.

So ist es auch kein Wunder, dass ein wenig Hommage nicht fehlen darf. Obwohl eine Verfolgungsjagd durch eine vergleichsweise sehr enge Bahn, meist felsig oder auch inmitten eines technischen Konstrukts, mittlerweile zu einer Art Standard von Science-Fiction-Abenteuern geworden ist. Da nehmen sich die großen Space Operas wie Star Wars und Star Trek nicht aus. Bezeichnend ist jedoch, dass dieses Rennen hier im zweiten Band von Aquablue New Era mit dem Untertitel Siebengestirn auf Papier mit ähnlich spannendem Effekt funktioniert. Das mag auch an den sehr fantasievoll gestalteten Verfolgerschiffen liegen, die mit einem außergewöhnlichen Design aufwarten können.

Ein solides Science-Fiction-Abenteuer, schnörkellos weiterhin, deutlich rätselhafter als der erste Teil und weiteren markanten Schauplätzen. Gerade letztere sind entscheidend für den Fortgang der Handlung und sorgen für sehr viel spannende Abwechslung. 🙂

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Freitag, 18. Oktober 2013

Dr. Grordbort’s Glorreicher Wegweiser zum Triumph

Filed under: SciFi — Michael um 11:07

Dr. Grordborts Glorreicher Wegweiser zum TriumphDie Venus, unendliche Weiten voller Lebewesen. Und alle darf man abschießen. Na, vielleicht darf man nicht, aber das kümmert einen Lord Cockswain, einen selbsternannten Entdecker und Abenteurer, wenig. Ob sie nun Pflanzenfresser oder Raubtiere sind, groß oder klein, es gibt keinen Kopf, der nicht an die Wand des Jagdzimmers in Lord Cockswains Zuhause passt. Und geht ihm doch mal ein Tierchen durch die Lappen, kann er sich am Ende noch auf seinen Eingeborenen verlassen, der ihm als Führer durch die fremden Dschungel dient und dessen Verstand zwar klein ist, dessen Gewissen hingegen bald schon durch die riesige Belastung zu platzen droht.

Hätten sich die Truppe Monty Python und jemand wie Robert A. Heinlein einmal getroffen und eine gemeinsame Begeisterung für Steampunk entwickelt, hätte so etwas dabei entstehen können, wie es Greg Boradmore eindrucksvoll präsentiert. Ein Blick auf eine Welt, in der Strahlenwaffen noch Strahlenwaffen sind, in der in bester julevernescher Manier zu den Planeten des Sonnensystems geflogen wird und selbst mit Atemglocke auf dem Kopf noch ein Pfeifchen geschmaucht werden kann. Wer ist denn nun dieser Dr. Grordbort, werden sich einige fragen. Nun, der gute Doktor selbst bleibt ziemlich im Hintergrund, seine technischen Errungenschaften hingegen sind eine wahre Fundgrube für alle, die gegen Feinde von der Venus oder dem Mond ins Feld ziehen möchten.

Krieg und Jagd sind des Mannes wahre Beschäftigung. Glaubt man den Abenteuern von Lord Cockswain, trifft genau das zu. Dieser Mann britischen Adels, eine Mischung aus Albert Schweitzer und Ernest Hemingway, empfindet einen Ausflug ins All als Sonntagnachmittagvergnügen, eine kleine Jagd mit gesammelten Trophäen und einigen hin gemetzelten Einheimischen inbegriffen. Greg Broadmore kreiert neben diesen sehr satirischen wie auch sarkastischen eine komplette Welt mit einer Waffenpalette für alle Lebenslagen, Hintergrundinformationen und Charakteren, die, wären sie nicht in dieser Steampunk-Geschichte, ins Irrenhaus eines wahnwitzigen Mörderfilms gehörten.

Greg Broadmore schreibt dieses Buch nicht nur mit einer humorvollen, teils auch brachialen Eleganz, die an Größen wie Terry Pratchett erinnert, er bringt auch exzellente Illustrationen zu Papier, die in verschiedene Kategorien einzuordnen sind. Neben den Portraits bestechen selbstverständlich die technischen Illustrationen, die auch in jedem Begleitband zu einem Rollenspiel perfekt wären. Die Strahlenkanonen liegen hier wie griffbereit gestaltet. Die Möglichkeiten computergestützter Illustration wurden hier voll ausgeschöpft. Hier findet sich Liebe zum Detail und die Unterhaltung in den begleitenden Texten, werbend angelegt. Einseitig oder auch doppelseitig angelegte Grafiken bewerben außerdem die großen, teils sehr großen Waffen. Gemeint sind Panzer, fahrende Festungen, Geher, wie sie ein Sternenkrieg noch nie gesehen hat (allenfalls ein Sky Captain).

Eindrucksvoller noch sind die Werbeanzeigen, die den Leser in Filme wie 20,000 Screams Under The Sea oder Devil Beasts From Venus locken wollen. Manchmal finden sich auch Werbungen, die sogar nach einer längeren Umsetzung schreien. So wäre eine Geschichte um das Autorennen, das Lord Cockswain in Fast Track To Phobos absolvieren muss, bestimmt sehr sehenswert. In einer grafischen Ausführung, die handwerklich mit kaum weniger (eher mehr) Arbeit entstanden ist als es das Titelbild bereits zeigt, werden für den Steampunk-Fan hier Träume war. Und dies betrifft ganz besonders die Abenteuer von Lord Cockswain, der alles andere als zimperlich in fremde Welten einbricht und lakonisch von seinen Abenteuern in Wort und Bild berichtet.

Diese Abenteuer sind so verdammt böse. Nicht allein die Jagden und kriegerischen Fehden machen hier Spaß (jawohl!). Wenn Lord Cockswain sich als Befreier von Kinderarbeitern präsentiert, die Fabrik, die er besichtigt, auch von den Erbauern von Castle Grayskull hätte entworfen werden können (vorausgesetzt, sie hätten zuvor etwas zu viel Kuiper Kola getrunken), dann bleibt kein Auge trocken. Ob es nun das Außendesign ist, der gute Lord selbst, dem das Pfeifchen niemals flöten geht oder die sehr, sehr gelungenen außerirdischen Spezies, auf jeder Seite eigentlich dürften selbst dem verwöhnten Comic-Fan die Augen übergehen.

Ein grafischer Knaller, mit Humor in Wort und Bild, schwarz und schwärzer, vielleicht nicht für jedermann, doch wer englischen Humor mag, der wird hier fündig. Steampunk-Freunde werden sich hier wiederfinden und wer mit dem Genre bislang nichts anfangen konnte, sollte einen sehr, sehr langen Blick riskieren. Denn vielleicht wird er sich von der detailverliebten Arbeit eines Greg Broadmore einfangen lassen. Zu wünschen wäre es. 🙂

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Mittwoch, 16. Oktober 2013

Roland Ritter Ungestüm 8

Filed under: Abenteuer — Michael um 17:27

Roland Ritter Ungestüm 8 - Kurzgeschichten Zweiter TeilDie Welt der Turniere ist eine ganz eigene. Sie ist voller Gefahren, doch zählen Mut, Entschlossenheit und natürlich kämpferisches Geschick zu den Voraussetzungen, um in ihr zu bestehen. Roland hat selbst genügend Kämpfe bestritten, auch ungewöhnlicher Art. Aber diese Waffengänge, über die ihm sein Vater eines Tages berichtet, sind fast abenteuerlicher, als es die eigenen Erinnerungen an vergangene Ereignisse sind. Und davon gibt es wahrlich genug. Ob Roland nun gleich zweimal zum Ritter geschlagen wurde oder ob er einem riesigen und ungemein treuen Hund begegnete oder sich mit Geistern, Spukgestalten und Bestien abgab, es mangelt nicht an Erfahrungen, die dieser vergleichsweise noch junge Mann gemacht hat.

Der 8. und zugleich letzte Band der Reihe um die gesammelten Abenteuer der ungestümen Ritter Roland beschließt die Erzählungen mit Kurzgeschichten, gewohnt spannend, aber auch mit Humor und einem Gespür für Traurigkeit erzählt. Für den Leser mag es selbst traurig sein, dass diese vorzügliche Zusammenstellung des Gesamtwerks um Roland aus der Feder von Francois Craenhals nun am Ende angelangt ist. Wunderbar ließ sich über die Dauer eine Entwicklung in der Arbeit ersehen, auch ein Heranwachsen der Figur des Ritters selbst, der aus dem schlichten Dasein des Knappen hinaus in die zuweilen sehr weit entfernte Welt aufbrach und mit viel Geschick sein Schicksal meisterte.

Sicherlich ist es schön, den Abenteuern des jungen Ritters zu folgen, aber besonders schön in diesem Band ist der Umstand, wie das Augenmerk auf die kleinen Leute des Mittelalters gerichtet wird. Die Dörfler, Bauern, die Kinder, eben jene, die ansonsten eher begleitend neben den großen Helden einher laufen und meist nur Statisten sind. Ein Riesenhund wartet nicht nur mit einem Rätsel auf, er entpuppt sich auch als besonders hartnäckig in seiner Treue. Eine Hungersnot peinigt das Volk und ein Grenzzaun sorgt für Streitigkeiten unter Familien. Hass und Angst führen zur fälschlichen Verfolgung einer Hexe. Daneben darf Roland nicht nur einmal seinen Mut beweisen, der in diesem Band sehr auf die Probe gestellt wird. Ein Spukhaus bringt ihn an den Rand des Wahnsinns.

Die Erzählweise ist natürlich kürzer als bei den albenlangen Geschichten, die Schwerpunkte sind anders gesetzt und gleichzeitig gelingt Francois Craenhals das Kunststück binnen kurzem den Leser einzufangen und an die Geschichte zu binden. Es sind auch Geschichten, in denen Roland erwachsener und reifer wirkt als der Rest seines Umfeldes, sieht man von der Eingangsgeschichte Wie Roland von Wallburg zweimal zum Ritter geschlagen wurde ab. Die Narretei, die Rolands Vater in der abschließenden Geschichte, Galagrenant der Gewaltige, zum Besten gibt, beschließt auch den Kreis, wenn deutlich wird, woher Roland eigentlich sein Ungestüm hat und auch zeigt, was einst aus dem jungen Roland werden mag.

Grafisch ging Francois Craenhals keine Experimente ein. Ein klarer Stil richtet das Bild auf den Betrachter aus, häufig sehr nah am Geschehen, mit satten Tuschestrichen und leuchtenden Farben. Manche Figuren agieren wie Schauspieler, Gesichter sprechen ebenfalls Bände, ganz gleich wie der Text ausfallen mag. Es ist klassisch ritterliche Unterhaltung, in der auch optisch neuere Strömungen vergeblich gesucht werden. Sie kann aus diesem Grunde nicht gleich kindgerecht genannt werden, sondern eher als Sagenerzählung wirken, oder, wie es heute so gern genannt wird, als all-ager. Hier ist für jede Altersgruppe etwas dabei.

Vorbei: Sehr schade, die Reihe ist nun an ihrem Ende angelangt, aber was für ein Gesamtwerk ist daraus geworden! Francois Craenhals hat ein sehr schönes und zeitloses Werk hinterlassen, eine der liebevollsten Arbeiten im Comic-Bereich und auch in ihrer Gesamtheit eine der prachtvollsten. 🙂

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Montag, 14. Oktober 2013

BATWING 1 – Gebrochene Helden

Filed under: Superhelden — Michael um 18:18

BATWING 1 - Gebrochene HeldenIn Afrika machen Fledermäuse niemandem Angst. Es sei denn, sie geben sich etwas mehr Mühe. David Zavimbe hat verschiedene Seiten des Gesetzes kennen gelernt. Er war Kindersoldat und Polizist. Nun ist er auch noch in den Kreis der Mitternachtsdetektive eingetreten. Mit gehöriger Hilfe aus Gotham hat Zavimbe eine fledermausähnliche Rüstung anlegen können, die tatsächlich einen gewissen Eindruck bei seinen Gegnern hinterlässt. Und bei jenen, bei denen das nicht der Fall ist, muss er sich etwas mehr anstrengen. Batman hat seinen neuesten Schützling aber mit einigen technischen Spielereien ausgestattet, die es Zavimbe immerhin ermöglichen auf Augenhöhe gegen Verbrecher anzutreten.

Ein neuer Sheriff ist in der Stadt. So könnte man sagen. Die Batman-Familie hat sich vergrößert. Der dunkle Ritter geht neue Wege und rekrutiert Gleichgesinnte und das gleich rund um den Globus. Unterstützt von der alten Garde, Helden wie Batman höchstpersönlich, Nightwing und anderen, kann der Comic-Fan hier gleich einen ganzen Jahrgang der neuen Fledermaus entdecken, die dank ihrer Herkunft auch einen ganzen Kontinent für das Comic-Universum von DC erschließt.

Ein Held braucht seinen ultimativen Feind. So wie Batman und der Joker zusammengehören, so findet auch Batwing gleich zu Beginn mit Massacre seinen Gegner, der ihm (fast) alles abverlangt. Passenderweise trägt er eine Halbmaske, die obere Hälfte des Gesichts in Form eines Totenschädels bedeckend, und verwendet Macheten für seine brutalen Angriffe. Ben Olivier, der den Auftakt der Serie als Zeichner begleitet, schafft zusammen mit Kolorist Brian Reber ein wirklich filmisch aussehendes Comic-Action-Vergnügen, das es in dieser Form auch in ein Story-Board für einen Kino-Blockbuster schaffen würde. Oder in ein Comic-Album europäischer Art.

In dieser recht erdgebundenen Anfangsgeschichte, in der ein Schurke Jagd auf ehemalige Superhelden macht, ist das Szenario eher an die düsteren Kinofilme eines Batman angelehnt, während erst im späteren Verlauf ein Schurken-Team Batwing das Leben schwer macht und hier die gewohnte Atmosphäre eines Heldenszenarios durchscheint. Mit Marcus To kommt ein Veteran des Universums von Fathom zum Zuge. Er arbeitet deutlich comic-hafter, wirkt auch pin-up-erprobter und erhält die Gelegenheit mehr als nur eine Prise Fantasy zum neuen Helden beizusteuern. Hier seien besonders Long, ein Drache, und Lord Battle erwähnt. Letzterer trägt seine Funktion schon im Namen, ein Haudrauf, der für Batwing zu einer harten Nuss wird, würden nicht am Ende Gehirnwindungen über Muskeln gewinnen.

Doch der Auftakt für Marcus To ist für den Leser auch ein Wiedersehen mit dem Rat der Eulen und einer ganzen Gruppe von Talons. Und, das mag nun kein Geheimnis mehr sein, Batwing verschlägt es folgerichtig nach Gotham. In der Großstadt, aber nicht weniger ein Dschungel, kann Batwing in Sachen Action ein paar weitere Seiten zeigen, nur leider zu kurz, denn dieser neue DC-Charakter hat durchaus das Potential in den Straßenschluchten zu bestehen. Doch sein Aufgabengebiet ist deutlich anders und Afrika und seine Probleme, so auch Warlords und Piraten, bleiben der Schwerpunkt der Abenteuer.

Ein krachender Beginn und für den Helden keine schmerzlose Geburt. Für Batwing, den neuen Zögling in der Fledermausfamilie, startet es grafisch berauschend, besonders dank Ben Olivier und Marcus To, geschichtlich flott dank eines versiert erzählenden Judd Winick. Sicherlich einer der besten Superheldenstarts der letzten Jahre. 🙂

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Links:
marcusto.tumblr.com (Blog von Marcus To)
www.marcusto.com (Homepage von Marcus To)

Donnerstag, 10. Oktober 2013

FANTASTIC FOUR 1 – Reisende

Filed under: Superhelden — Michael um 20:27

FANTASTIC FOUR 1 - ReisendeEine kleine Begegnung mit Dinosauriern hinterlässt eine große Wirkung bei Reed Richards alias Mr. Fantastic, dem Kopf der Fantastischen Vier. Seine Fähigkeit sich zu dehnen, wird nicht nur beeinträchtigt, sein linker Arm trägt auch einen seltsamen und beunruhigenden Schaden davon. Spätere Untersuchungen im Labor bestätigen Reeds Befürchtungen. Die Schlussfolgerungen seines Laborroboters ist zunächst auch nicht dazu angetan Mut zu machen. Andererseits birgt sie eine Idee. Und sehr bald schon geht die Familie samt Schule auf die Reise und hinterlässt auf der Erde nur eine Ersatzmannschaft. Aber nicht für lange: Nur ungefähr vier Minuten.

Da sind sie wieder! Sie dürften sowieso nie verschwinden, denn obwohl andere Superhelden die Leinwände beherrschen, sind die Fantastic Four (oder auch die Fantastischen Vier, wer es altmodischer mag) zusammen mit Spider-Man die gefühlt ursprünglichsten Superhelden aus dem Marvel-Universum. Es hat sich ein wenig verändert. Die Future Foundation liegt hinter den Fantastic Four, eine große Kinderschar hat das Heim der vier ungewöhnlichen Helden eingenommen, die eigenen Kinder eingeschlossen. Ach, und da ist noch Dragon Man, der dem Ding und She-Hulk, die hier einen Gastauftritt hat, schon Ärger bereitete und nun friedlich lesend eine Ecke in diesem Zuhause für sich erobert hat.

Matt Fraction hat sich an den Neustart der Fantastic Four gemacht und sie hinaus in die Weiten von Zeit und Raum geführt, dorthin, wo die Fantastischen Vier eigentlich zuhause sind. Nicht wenige Superhelden erleben Abenteuer im Weltraum, doch Marvels First Family gehört mit ihrem Forscherdrang auch tatsächlich in diese Umgebung. Und was hat sich Matt Fraction nicht alles einfallen. Ganz nebenbei schreibt er Geschichte im Weltall und einen Abschnitt irdischer Historie (fast) neu. Haben die Fantastic Four in zahlreichen Crossovers die merkwürdigsten Begegnungen gehabt (sogar mit Sindbad), treffen sie nun sogar auf Caesar.

Zeichner Mark Bagley, der sich mit dem Ultimativen Spider-Man sein eigenes kleines Comic-Denkmal geschaffen hat, indem er dem ultimativen Universum ordentliche Geburtshilfe gab, zeichnet nun den Neustart der Fantastic Four mit der gleichen, nennen wir es, Hingabe, wie es auch ein John Buscema oder ein Alan Davis zuwege brachten und bringen. Trotz neuer Uniformen haftet den F4 auch stets etwas Nostalgisches, nichts Altmodisches, an. Der realistische Look mit dem comicalen Akzent, den Mark Bagley pflegt, steht den Fantastic Four ausgesprochen gut.

Neben klassischen Motiven wie kleinen Streitigkeiten in der Yancy Street findet sich ein Weltraumabenteuer wie auch ein Zeitreiseabenteuer, beide gleichermaßen grafisch reizvoll. Durch ihr Rätsel mag die Weltraumepisode vielleicht noch etwas mehr zu begeistern, besonders, wenn sich Anflüge der Stilistik eines Bernie Wrightson einschleichen. Mit diesem dritten Vergleich reiht sich Mark Bagley wirklich in die Reihe der Comic-Veteranen und Meisterzeichner.

Ein toller Neubeginn. Bei allen Neustarts darf Marvels First Family nicht vergessen werden. Sie ist neu, aber so neu auch wieder nicht, denn sie war bereits vom ersten Tag an richtig gut und richtig gut durchdacht. Schön zu sehen, dass mit Matt Fraction und Mark Bagley zwei federführende Künstler dabei sind, die die richtige Mischung aus Innovation und Nostalgie gefunden haben. 🙂

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