Dienstag, 29. September 2015
Eine Ankunft wird erwartet. Bei der JSA, der Justice Society of America, freut sich jeder auf seine Weise. Neben der allgemeinen Freude gesellt sich auch Sorge hinzu. Jay Garrick, ein weiterer Flash, der seine Fähigkeiten äußerst pragmatisch sieht, weniger wissenschaftlich, erinnert sich an jene Zeiten, als die Zeit Kapriolen schlug und Vergangenheit und Gegenwart einander in die Quere kamen. Bei einem Mann wie Barry Allen, der geradewegs gegen die Zeit, in der Zeit, scheinbar vor ihr davonrennen kann, müssen in Sachen Geschwindigkeit vollkommen eigene Maßstäbe angelegt werden. Ja, Barry Allen ist wieder da. Froh und voller Selbstzweifel.
Rennen können sie alle! Doch es gibt nur einen Barry Allen. Manche Helden kommen in mehreren Inkarnationen zu unterschiedlichen Epochen daher. Sie werden von unterschiedlichen Menschen (im Normalfall) ausgef?llt. Oder sie haben Vorgänger und Nachfolger mit abgewandelten Namen oder Kostümen. Im schlimmsten Fall haben sie einen Erzfeind, der auf das Negativste kopiert, wie in diesem Fall, den Reverse-Flash. Autor Geoff Johns, ein Kenner der Materie und nicht umsonst an der Pilotfolge der aktuellen Serie des roten Blitzes beteiligt gewesen, nimmt den Leser in dieser Wiedergeburt mit auf einen irren Speedforce-Trip, in dem von Flashes nur so wimmelt.
Denn die Reise an der Seite des zurückgekehrten Barry Allen, des durchaus besten Flashs, bietet gleichzeitig eine Schau auf all jene Charaktere, die sich dank der Rennkraft weitaus schneller als der Normalbürger über die Erde bewegen können. Und mehr. Weil der Flash dank seiner Superkraft noch mehr kann, als nur ziemlich flott zu laufen. Zum Beispiel wiedergeboren zu werden. Und damit fangen die Probleme an. Barry Allen ist nicht der erste Rückkehrer. Einige Helden verstarben, waren verschollen und kehrten zurück. Doch beim Flash hat sich eine Nebenwirkung eingeschlichen, die anderen Nutzern der Speedforce höchst gefährlich werden kann.
Eines der ersten Opfer dieses negativen Effekts ist Savitar, eher eine Randfigur, aber eindeutig ein Bösewicht, der einiges Schlimmes angerichtet hat, um überhaupt in den Genuss der Speedforce zu gelangen. Barry Allen will den Ganoven einfangen. In Blitzgeschwindigkeit ist von dem Halunken nur noch ein Häufchen Asche und Knochen übrig. Geoff Johns passt sich mit derlei Schockeffekten der vergangenen Entwicklung, auch bei DC, an. Ereignisse wie Blackest Night sind ein deutliches Beispiel für eine Gangart, die auch bei Flash keine Gefangenen macht.
REBIRTH? Nur von Barry Allen? Natürlich nicht. Es hätte klar sein müssen und sollte auch Fans des roten Blitzes klar sein, ohne hier spoilern zu müssen. Die Bilder sind ein Spektakel, sobald der Flash auftritt. Einen Eindruck vermittelt des aufgeladene Blitzgewitter auf dem Titelbild. REBIRTH bedeutet aber auch das Wiedersehen mit zahlreichen Weggefährten, auch legendären Begebenheiten wie einem Wettrennen zwischen Superman und dem Flash. Andere Charaktere, allen voran selbstverständlich die Green Lantern, Gäste der JLA und JSA runden diese Sonderausgabe ab und geben so einen Eindruck, auf kommende Serienereignisse auf allen möglichen Monitoren, wenn der Flash dort an der Seite weiterer Helden (und Schurken) in Legends Of Tomorrow agieren darf. Geoff Johns wusste wahrscheinlich schon früh über dergleichen Pläne Bescheid.
Ethan Van Sciver ist ein perfekter Techniker und rangiert auf derselben Stufe realistischer Zeichner wie Jim Lee oder Dan Jurgens, um nur zwei weitere DC-Veteranen dieses Formats zu nennen. Die körperliche Darstellung ist natürlich wie immer übertrieben und wird wahrscheinlich auch so erwartet. Während besagte TV-Events in dieser Hinsicht zurückrudern, hält Van Sciver an den klassischen Vorgaben fest, die nur von ganz wenigen Grafikern durchbrochen werden. Eine Natürlichkeit in einer weitaus weniger muskulären Erscheinung wird nur dem Otto Normalbürger und älteren Herrschaften zugestanden. Dazu gehört seltsamerweise auch der Flash der JSA, Jay Garrick.
Ein grafischer Hammer und eine würdige Rückkehr, allerdings dürften sich besonders eingefleischte Flash-Fans über dieses Event freuen, da doch sehr viel aus der Vergangenheit (aller) Flashs hier zum Tragen kommt. Wer die vielen Details nicht scheut, wird mit dieser rasenden Jagd auf einen ultimativen Schurken bestens bedient. 🙂
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Montag, 21. September 2015
Götter vergeben selten Aufträge. Als gewöhnlicher Sterblicher sollte man sehr misstrauisch in derlei Angelegenheiten sein, denn bestimmt hat die Sache einen Haken. Bei Tolriq, dem Abenteurer, ist der Ansporn ziemlich einfacher Natur: Er hat kaum eine andere Wahl. Eine bunt gemischte Gruppe macht die Erfüllung der Aufgabe nicht leichter. Die Tatsache, gleichzeitig in Konkurrenz zu einer gegnerischen Partei, einem anderen Gott, zu stehen, erschwert den Wettlauf mit der Zeit zusehends. Eine Prinzessin, die sich zu fein für die Gruppe ist. Ein Dämon, der sich stets im falschen Moment zu erkennen gibt …
Nein, Tolriq hat es wirklich nicht einfach. Da trifft es sich doch, als die Prinzessin Murmillia das ihr verhasste Bündnis aufgibt und die erstbeste Gelegenheit nutzt, um ihr in altes Leben zurückzukehren. Aber für die Bediensteten ist Prinzessin Murmillias Heimkehr eher eine Heimsuchung … Zurück bei ELIXIER. Christophe Arleston (Autor) und Alberto Varanda (Zeichner) haben sich ein paar Jahre, und nicht nur die üblichen ein bis zwei, Zeit gelassen, bevor die ersten beiden Folgen eine Fortsetzung erfuhren. Aufgrund ihrer Talente sind beide gefragte Künstler. Arleston ist stark bei seinen Comic-Kreationen TROY und YTHAG eingebunden. Varanda hat neben seinen eigenen Projekten (BENJAMIN) viel für die Autorenideen anderer Comic-Künstler zu tun. Dies ist nicht die einzige Zusammenarbeit mit Arleston (siehe TROY). Für das Autorenduo ANGE gestaltete er Das verlorene Paradies und blieb damit dem Fantasy-Genre treu.
Alberto Varanda zeichnet sich durch ungeheure Genauigkeit aus, die fast schon, wäre es aus Lesersicht nicht so toll anzuschauen, an eine professionelle Pedanterie grenzt. Wo andere Zeichner Mauern andeuten, Fugen anskizzieren oder Palisadenwände, Holzdächer skribbeln, zeichnet Alberto Varanda Stein für Stein, Brett für Brett, Maserung für Maserung, Dachschindel für Dachschindel. Wenn das Künstlerteam Arleston, Varanda nebst den beiden Koloristen den Leser mit in die Stadt Lorunde nehmen, hat man das Gefühl, die Bilder seien von Straßenkarten und in Natura existierenden architektonischen Vorbildern entnommen worden. Neben dieser prächtigen Umgebung nehmen sich echte Architekturereignisse wie Florenz oder Rom wie Dörfer aus.
Dank der erwähnten Pedanterie, die sich in den modischen Erscheinungen, individuellen Figuren fortsetzen, sich nicht einmal an den Marktständen mit ihren zahllosen Gemüseangeboten erschöpfen, atmet das Ambiente dieser Fantasy-Reihe regelrecht. Was das Charakterdesign anbelangt, rückt Alberto Varanda sich mit seinen optischen Vorlieben, den großen Augen, den Rundungen seiner Figuren in die Nähe von Disney-Standards, aber ebenso auch von Kollegen wie Crisse (Atalante) und zu früh verstorbenen Carlos Meglia (Canari).
Ein großer Verdienst des tollen Gesamteindrucks von Elixier 3 ist bei den beiden Koloristen Nolwenn Lebreton und Jerome Maffre zu finden. Sie wenden eine Farbpalette an, wie sie auch in der Hochzeit der klassischen Malerei zu finden ist, von einigen Auswüchsen ins Himmelblaue und Türkise hinein einmal abgesehen. Das goldbronze leuchtende Titelbild gibt einen sehr guten Eindruck von dem farblichen roten Faden, der sich durch das gesamte Album zieht. Oft darf dieses Licht, das den Farben zugrunde liegt, auch am Himmel, in Sonnenuntergängen, durch Strahlen in Innenhöfe hinein (Stichwort: Hof der Wunder) bestaunt werden. Es beginnt mit diesem Licht und endet damit. Zwischendurch gibt es einige wenige Veränderungen, die stets auf eine Sequenzwandel hindeuten, manchmal heiter, sonst eher geheimnisvoll (Stichwort: Ritt auf dem Tausendfüssler).
Das Warten hat sich gelohnt. Das Erscheinen des dritten Teils der Reihe ließ fraglos auf sich warten, aber die Erzählung ist gelungen, die Optik überragend dank eines Ausnahmecomickünstlers wie Alberto Varanda. Wunderschön anzuschauendes Fantasy-Spektakel. 🙂
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Donnerstag, 17. September 2015
Man stelle sich vor: Da ist das Haus gerade fertig gebaut. Man hat sein Bestes gegeben, denn die Angebetete soll schließlich und vor allem beeindruckt werden. Bei der folgenden Feier ist die gesamte Verwandtschaft anwesend und diese feiert … wie Trolle eben feiern. Und am Ende ist von dem neuen Haus nur noch Kleinholz übrig. Kein Wunder, dass Pröfy daraufhin den Blues bekommt. Seine Freundin Waha, vom Verhalten her eine echte Trollin, von der Abstammung her jedoch menschlich, versucht ihn aufmuntern. Gelingen will ihr das nicht. Und dem Dorfzauberer auch nicht. Und dann ist Pröfy ja nur ein Halbtroll. Sein Vater war ein Mensch. Vielleicht kann seine menschliche Seite behandelt werden? Vielleicht liegt da der Fehler, der Blues begraben?
Wo der Trollzauberer versagt, muss ein Menschendoktor her. Sigismond Leid befragt seine Patienten gerne auf einer Couch liegend. Also, die Patienten liegen und er sitzt gleich daneben in einem Sessel und macht sich Notizen. Da werden Fragen nach der Kindheit und dem Verhältnis zu Exkrementen aufgeworfen, allesamt wichtig für das geistige Wohl. Natürlich sind da noch die Eltern, als letzte Lösung. Was aus Mama wurde, ist bekannt. Aber Papa? Wo ist der abgeblieben? Aus der Praxis des Therapeuten geht es geradewegs auf eine lange, abenteuerliche Suche, wie sie sich ein Christophe Arleston so gerne ausdenkt.
Aber es ist noch mehr als das. In gewisser Weise wandelt Christophe Arleston einige Schritte in den Spuren eines Rene Goscinny, der bereits in Kampf der Häuptlinge das Wunder der Psychtherapie thematisierte und einen Freudschen Klon auf Asterix und Obelix losließ. Arleston geht natürlich noch eine Spur weiter. Seine Anleihen bei dem weltbekannten Psychoanalytiker aus Wien sind weitaus größer, nicht zuletzt durch die bissige grafische Umsetzung durch Jean-Louis Mourier, der dem Arzt ganz besonders, wenn es um Kacka geht, eine übertrieben ehrgeizige Mimik verleiht.
Herzerfrischendes Miteinander. Trolle sind bekanntlich für einander da. Gehen sie auch sonst mit allem anderen Getier, den Menschen sowieso, recht unschön um, haben sie einen durchweg großen Gemeinschaftssinn. Allein diese Eigenschaft reichte schon als Grundlage für eine Komödie. Christophe Arleston mischt noch den Liebesfaktor mit hinein und eine ordentliche Portion verkopfter Heilslehre. Trolle sind zum Knuddeln (das zeigt auch das diesmal das besonders geniale Titelbild von Jean-Louis Mourier) und der Beweis wird gleichfalls angetreten. Mehr wird hier nicht verraten, nur, dass es für einen Menschen ab einer bestimmten Intensität zu sehr verstörenden Momenten führen kann.
Der traurige Pröfy: Wenn jemals die Traurigkeit ein Gesicht hatte, dann wohl jenes von Pröfy, dem Halbtroll. Oft haben Arleston und Mourier (und natürlich der Top-Kolorist Claude Guth) den Leser in Städte und irrsinnige Ländereien entführt. Hier bleiben sie eher im kleinen Kreis. Dafür werden die Charaktere, die Eigenarten der Trolle mehr in den Mittelpunkt gestellt und mit Pröfy im Zentrum herrlich herausgearbeitet. Selbst Wasser kann diesen in Lethargie versunkenen Troll nicht mehr schrecken. Und das will etwas heißen. Liegt Pröfy erst einmal auf der Therapiecouch, legt Mourier mit feinen Mimiken des Erkrankten los und so bleibt für den Leser kein Auge trocken (bei Pröfy ebenfalls nicht).
Es menschelt bei den Trollen. Pröfys menschliche Seite bedarf einer Behandlung, die Psychotherapie greift ein und zeigt, was sie kann. Und da es eine Komödie ist, zeigt sie noch viel mehr von dem, was sie nicht kann. Lacher garantiert. Sehr schön! 🙂
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Sonntag, 13. September 2015
Nadaland ist keine Gegend, in der es sich gut wandern lässt. Zu verrückt verhält sich die Landschaft. Der Boden bricht auf, Teile der Umgegend verschieben sich und plötzlich, keine hätte es jemals für möglich gehalten, steht man vor Badgag, der Hauptstadt von Nadaland. Als sei sie einfach aus dem Boden gewachsen. Na, letztlich ist sie genau das. Krän ist nicht beunruhigt, allenfalls findet er das Leveldesign ähnlich beschränkt wie bei Pac-Man. Aber was hilft es? Hier wird bestimmt ein Zauberer zu finden sein. Und natürlich gibt es einen. Und natürlich einen, der nichts anderes im Sinn hat, als die Touristen übers Ohr zu hauen.
Verrückt. Verrückter. KRÄN. Sein Erfinder, Autor und Zeichner, Eric Herenguel, nimmt in dieser Parodie auf Fantasy-Abenteuer so ziemlich alles und jedes aufs Korn. Wer hier nichts wiederentdeckt, ist selbst schuld und hat wahrscheinlich noch kein Buch des Genres gelesen, noch kein Rollenspiel gespielt und noch nicht einmal die Verfilmung von Herr der Ringe gesehen. Eric Herenguel kann nicht nur total verrückt, er kann auch nur verrückt, wie er mit seinem Ausflug nach TROY im Zweiteiler Die Geister von Troy beweisen konnte. Er kann allerdings ebenso gut ins ernste und gruselige Fach wechseln, wie der fantastische Western namens Silbermond über Providence bewies.
Nun also KRÄN. Jeder Barbar darf sich in der Nachfolge eines Conan (von Robert E. Howard) sehen, der durch die Leinwandverkörperung von Arnold Schwarzenegger in der Popkultur zementiert wurde. KRÄN schwingt die Axt nicht nur auf sehr brachiale Weise, in seinem Umfeld treiben sich die merkwürdigsten Figuren herum. Ein Werwolf, so groß wie ein Fußball, ein ebenso rundes Fellknäuel. Ein Zwerg, halbnackt, ein wüster Tattergreis, mit riesigem Appetit und einer großen Klappe. Der Elf Megodas und der kleine Schotte Minibar (weil er so viel trinkt) stoßen nach kurzer Zeit dazu. Außerdem bevölkern in Nebenhandlungen weitere Gestalten die Geschichte, die schließlich in den Kampf mit dem gigantischen Endgegner mündet … Ja, Eric Herenguel kennt sich aus.
KRÄNS Spezialität ist gnadenloses Draufhauen und dunkelster Humor, gerne auch unter der Gürtellinie. Man muss ihm aber zugute halten, dass seine Gegner, sofern sie sich halbwegs vernünftig artikulieren können, sich ?hnlichen Späßen verschrieben haben und KRÄN im Fall der Fälle gerne zuvor gekommen wären. Hätte der Barbar nicht längst in weiser Voraussicht zugelangt. Schaut er gerade nicht grimmig, dann schaut er verwundert. Zumeist schaut sein Umfeld kaum anders. Eric Herenguel liebt den dummen Gesichtsausdruck seiner verschiedenen Helden und führt ihn mehrfach vor.
Mit zartem Strich gezogen werden Muckies und Kinne, Grinsegebisse und Proportionen überzeichnet. Monster sind gigantisch, eigentlich unbesiegbar und trotzdem kommt KRÄN ihnen davon (siehe Titelbild). Neben der Verunstaltung von Charakteren aus HDR, zum Beispiel in Form eines schottischen Zwergs, der mit Kilt, Dudelsack und Riesenholzhammer in die Quest zieht, liebt Herenguel das Spiel mit den Ohren seiner Figuren. Zipfelig müssen sie sein, wie ein flattriges Beiwerk, eine vulkanische Verbeugung. Eine Art Anti-Xena läuft knapp bekleidet mit einem furchtbaren Pony herum und überhaupt sind Frisuren und Haartrachten ein weiterer figürlicher Bestandteil, der gerne zur Verschönerung herhalten darf. Insbesondere die grobschlächtigen Charaktere, die Haudraufs dekorieren sich im Pseudoeingeborenenlook.
Parodie und Spaß ohne Kompromisse. KRÄN ist nicht gesellschaftsfähig, ein echter Barbar eben, aber einer, der noch ein paar Grenzen mehr überschreitet als andere Barbaren vor ihm. So wie ein Barbar also wirklich sein sollte. Ein Haudrauf mit schmierigem Charakter, voller Biss gezeichnet und erzählt von Eric Herenguel, der hier bereits die siebte Folge erzählt. Die Gags zünden ohne Vorkenntnisse der Reihe. Hintergrundinformationen im Anhang runden die Knallerfolge ab, die übrigens mit QUEST TWO fortgesetzt wird. Doch auch das gehört zur Fantasy dazu. 🙂
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Sonntag, 06. September 2015
Hadley’s Hope. Der Planet wurde besiedelt, um eine Arbeitsmannschaft für das Terraforming vor Ort zu haben. Mit einer aggressiven Lebensform wie den schwarzen Kreaturen mit der skelettartigen Struktur hat niemand gerechnet. Die letzten überlebenden Menschen sind auf der Flucht. Einzige Rettung verspricht ein abgehalftertes Schiff, einzig genutzt zum Frachttransport. Die Flüchtigen verlassen den Mond um den Planeten Calpamos. Die kurze Reise ist schwierig, weil das Schiff für derlei interplanetare nicht konzipiert wurde. So wird aus der Flucht am Ende ein kontrollierter Absturz. Aber die neu gefundene Sicherheit ist nur von geringer Dauer.
Es gibt realistische Zeichnungen und … es gibt realistische Zeichnungen. Patric Reynolds gehört zu jenen Comic-Künstlern, die Bilder in der Form zu Papier bringen, als habe es eine filmische Vorlage gegeben und die Grafiken seien auf der Grundlage von Filmszenen nachgezeichnet worden. Daraus ergibt sich für das Endprodukt eine ungeheuer dynamische und kraftvolle Optik, in der Bewegungen und Charaktere sehr greifbar sind. Die Zeichnungen funktionieren darüber hinaus besonders gut, da mit dem Koloristen Dave Stewart ein weiterer Künstler zur Seite steht, der mit dieser Art von sehr intuitiver Zeichenweise aus langer Erfahrung hervorragend umzugehen versteht.
Genrefans kennen Dave Stewart aus seinen Zusammenarbeiten mit Richard Corben und Guy Davis (B.U.A.P.). Einem deutlichen Tuschestrich mit dem Pinsel setzt Stewart eine ebensolche organisch natürliche Farbgebung gegenüber. Das erinnert im Endergebnis an die Arbeiten von Sean Phillips (Sleeper), der ähnlich rasant über die Seiten zu huschen scheint und ebenso wie sein Kollege Patric Reynolds mit einem fulminanten Gesamteindruck aufwartet.
Eine Welt, in der zu überleben nicht die beste Lösung ist. Verschmelzungshorror ist eines der Stichwörter dieses zweiten Teils des SciFi-Horror-Abenteuers von FEUER UND STEIN. Eine schwarze Flüssigkeit, offensichtlich ein Evolutionsbeschleuniger, schafft nicht nur die Umwandlung einer Spezies, sie vereint auch zwei verschiedene Organismen auf skurrile und grauenhafte Weise. Autor Chris Roberson bedient sich hier eines Horrors, dessen Wurzeln in Horrorklassikern wie Die Fliege zu finden sind, in Die Insel des Dr. Moreau gerne wieder aufgegriffen wurde und zur Zeit im B-Movie wieder Kapriolen schlägt. Eine Mixtur aus Mensch und Alien bildet eindeutig eine der Spitzen dieses Genreablegers. Patric Reynolds weiß die Nerven des Lesers mit grafischen Umsetzungen dieser Zwitterkreaturen gehörig zu strapazieren.
Chris Roberson erzählt eine zweite Hälfte der Extraklasse. Die Verschmelzung wird zu einer Bedrohung, der sich nicht mehr entkommen lässt. Eine alienähnliche Kreatur mit menschlichen Erinnerungen kennt die Jäger einerseits, die Beute andererseits und hat keinerlei Mühe, sich gegen beide zur Wehr zu setzen und sich an die Spitze der Nahrungskette aufzuschwingen. Langsam kommt einer der Charaktere hinter die Geheimnisse des Mondes und seiner evolutionären Fallen, die schließlich sogar eine gewisse, sehr trügerische Hoffnung bereit halten.
Ein grafischer Hammer, eindringlich gemalt, mit Bildern, die den Alien-Horror hervorragend transportieren wie lange nicht. Stark erzählt, auch ohne Kenntnis des Vorgängerbandes zur ungetrübten Spannungslektüre geeignet. 🙂
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Samstag, 05. September 2015
Wahrheit oder Tod. Mit diesen Worten stürzt sich Samuel in die Tiefe, den Zünder in der Hand, geradewegs auf die Motorhaube der Präsidentenlimousine. Niemand aus dem Kader der Sicherheitskräfte hat mit dieser Attacke gerechnet. Die kleine revolutionäre Zelle, bestehend aus Jugendlichen, ist von Samuels Vorgehen selbst überrascht. Der Explosion folgt das Chaos und eine wilde Flucht. Ein Gerücht wird für die Flüchtigen zur Tatsache. Die Krähen, die Leibwachen der Präsidentin, machen Jagd auf sie. Wer kann sagen, wer oder was sich hinter den schwarzen Helmen, den neonrot leuchtenden Lichtern und den Federverzierungen verbirgt?
WAISEN: Mit RINGO wird ein neues Kapitel in diesem d?steren Zukunftsszenario aufgeschlagen. Die alte Revolution ist vergangen. Die Kämpfer von einst sind tot oder haben sich zurückgezogen. RINGO, einstiger Staatsfeind Nr. 1, ist AM LEBEN und hat nicht die Absicht, jemals wieder in den bewaffneten Kampf einzugreifen. Es kommt anders. Derart raumgreifende Science Fiction Serien sind in Europa selten. Die Macher Franco Busatta, Emiliano Mammucari und Roberto Recchioni sind gut beraten gewesen, dieses Universum mit einem Spin-off zu erweitern.
RINGO. Ein gestandener Comic-Held mit den optischen Qualitäten eines jungen Franco Nero und den Erfordernissen eines modernen Leinwandheroen bietet vom ersten Moment seines Erscheinens das, was ein actionreiches SciFi-Abenteuer benötigt. Emiliano Mammucari und Luca Maresca, die sich die zeichnerische Arbeit teilen, zeigen ihr Können in der realistischen Darstellung eines desolaten Landes. Im Anhang wird in jeweils drei kurzen Schritten die Entstehung eines Bildes gezeigt. Bleistift, Tusche, Kolorierung. Bereits bei der Tusche ist der berühmte Schwarzweiß-Look aus Italien zu sehen, jener Comic-Kunst, die dort so gepflegt wurde und hierzulande dank Dylan Dog und Dampyr auch angekommen ist. Die Farbgebung im letzten Schritt macht aus den Bildern letztlich SciFi-Kino, denn Annalisa Leoni und Alessia Pastorello tragen mit der richtigen Farbwärme, der richtigen Beleuchtung zu einer optischen Richtlinie bei, die dem Abenteuer ein unverwechselbares Aussehen gibt.
Ein apokalyptisches Szenario mit realistischen Ansätzen wirkt durch seine grafische Umsetzung glaubhaft. Es ist eine Verfahrensweise, die sich jüngst in westlichen Geschichten (abseits der Zombieszenarien) gerne in Endzeitvisionen durchsetzt. Im Manga-Comic wurde schon länger und häufiger so verfahren, hier finden sich auch Parallelen zu WAISEN und natürlich RINGO. Es vermittelt einem das Gefühl von Ohnmacht. Das Gefühl einer Welt, die will, aber nicht mehr kann. Und falls es doch Wege gibt, dann funktionieren sie nur noch individuell, aber nicht mehr für die Masse. Am konkreten Beispiel: Eine kleine Gruppe findet ihren Weg, aber Brücken sind längst zerstört. Man kann auf Schienen laufen, aber nicht mehr fahren. Man campiert in uralten Gebäuden, weil nur diese noch derart solide gebaut wurden und so auch diese Zeitenwende überstehen.
Symbole der Aufopferung werden zu Symbolen der Revolution missgedeutet. So wird die Erinnerung an den Heiland des Christentums zu einem Märtyrer ausgeschmückt, der für seine Überzeugungen gestorben ist. Die Bildkompositionen, in denen RINGO seine Mitstreiterin korrigiert, es aber nicht schafft, sie von ihren falschen Vorstellungen zu kurieren, verschaffen der Figur die Tiefe eines modernen Action-Helden, der sich nicht in den Vordergrund stellt, aber ständig dorthin gedrängt wird.
Der Held will zunächst nicht, aber die Umstände zwingen ihn: RINGO überzeugt mit einem rundum intensiven Szenario, mit einer Heldenfigur, die immer wieder funktioniert. Franco Busatta, Emiliano Mammucari und Roberto Recchioni haben alles richtig gemacht. Ein hartes, grafisch tolles SciFi-Abenteuer. 🙂
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Montag, 31. August 2015
Sie folgen dem Erkundungstrupp langsam. Die Männer zu Pferd machen sich keine Sorgen. So lange sie schnell als die Untoten sind, besteht nur eine geringe Gefahr. Aber niemand hätte damit gerechnet, dass Zombies inzwischen in der Lage sind, den Menschen Fallen zu stellen und Stichwaffen zu benutzen. Als die Falle zuschnappt, ist die Überraschung groß und kurz sieht es so aus, als würde niemand die furchtbare Attacke überleben. Paul Monroe wehrt sich mit der Kraft und der Behändigkeit des Verzweifelten. Es gelingt ihm sogar, einen der Angreifer gefangen zu nehmen.
Wenn eine Zivilisation stirbt, die Bedingungen für sie nahezu unmöglich geworden sind, sollte dann auf Biegen und Brechen versucht werden, sie neu aufzubauen? Oder gibt es am Ende einen Neuanfang auf einem völlig anderen Weg? Mit dieser Frage beschäftigt sich Robert Kirkman zu einem großen Teil im 23. Band der Reihe THE WALKING DEAD mit dem Untertitel Dem Flüstern folgt der Schrei. Während sich die Gesellschaft um den ehemaligen Polizisten Rick Grimes an der alten Ordnung orientiert, sogar expandiert, weil man gelernt hat, wie der allgegenwärtigen Bedrohung durch die Untoten zu begegnen ist, haben sich andere, solche, die sich nicht hinter einer Umzäunung verschanzen, gelernt, wie es ist, da draußen dauerhaft und in Koexistenz mit den Zombies zu überleben.
Aber die Gefahren werden durch Organisation nicht geringer, nur fassbarer. Und die Gefahren kommen nicht nur von außen. Wer die bisherige Arbeit von Robert Kirkman verfolgt hat, weiß, dass es der Autor wie andere seiner Zunft (Stephen King ist hierfür ebenfalls ein gutes Beispiel) gerne erst einmal an einzelnen Stellen schwelen und brodeln lässt, bevor der Ausbruch mit einem Knall erfolgt. Carl Grimes, Ricks Sohn, hat in der Wildnis seine Vorstellung von Gerechtigkeit gelernt. Es Faustrecht zu nennen, wäre noch untertrieben. In die Atmosphäre des Wilden Westens gesellt sich eine gehörige Portion Eine Mann sieht rot. Es handelt sich um eine Sequenz, bei der man als Leser hin und her gerissen wird, auf wessen Seite man hier stehen soll.
Zumal die Bedrohung innerorts noch von einer anderen Seite ausgeht. deren Unzufriedenheit sich bald zu einer Attacke aus dem Hinterhalt verdichtet. Diese gerät vor der großen Bedrohung fast ins Hintertreffen. Die nahende Gefahr ist hier auf jeder Seite fühlbar, nachdem der 22. Band eine Einleitung zu diesem vorläufigen Gipfel im Handlungsstrang geführt hat. Sie zeigt sich in konkreten Überfällen und Morden. Sie zeigt sich im merkwürdigen Verhalten der Besucherin Lydia, die ganz anders aufgewachsen ist als Carl, der Gefallen an ihr entwickelt. Sie zeigt sich in der Feigheit eines machtgierigen Gesellen, der bereit ist über sein Maulheldentum hinauszuwachsen und einen Mord zu begehen.
Und Rick Grimes? Der wird im Augenblick nicht benötigt und hat auch gar keinen Auftritt. Rick ist zu einer lebenden Legende geworden, einem Vorbild aus der Ferne, der sich seinen Halbruhestand verdient zu haben scheint. An seine Stelle ist (vorübergehend) Maggie getreten, die mit einem Nachzügler des langen Handlungsstrangs, Jesus (Spitzname von Paul Monroe), die Verantwortung über eine Siedlung übernommen hat. Erste Handelsrouten sind so entstanden, ein weiterer Beleg für den betriebenen Wiederaufbau. Wie schwierig der Spagat zwischen privaten Belangen und einer Führung einer Gemeinschaft ist, lernt sie, ähnlich wie Rick einst, schmerzlich kennen. Als Leser befürchtet man kurzzeitig, Robert Kirkman habe sich erneut vorgenommen, sich von einem weiteren Standardmitglied der Serie zu verabschieden und es sich doch noch im letzten Augenblick anders überlegt.
In gewohnter grafischen Qualität von Charlie Adlard (mit einem schönen Interview zum Schluss) getragen, erzählt Robert Kirkman in eine völlig neue Richtung. Die Wanderschaft ist endgültig beendet. Jetzt gilt es, das einmal Zementierte in einer großen Gemeinschaft gegen eine neue Kultur zu verteidigen. Gleichzeitig werden spannende Weichen für kommende Entwicklungen gestellt. Sehr gut. 🙂
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Mittwoch, 26. August 2015
Der Planet LV-223 sollte ein steiniger, öder Haufen im Weltall sein. Nach der Landung des Raumschiffs Perses präsentiert sich der Crew eine Planetenoberfläche, auf der es vor Leben nur so wimmelt. Ein Dschungel breitet sich vor dem Suchtrupp aus, dicht und von merkwürdigen Kreaturen bevölkert. Auffallend sind die skelettartigen Strukturen, starke Kiefer und ausgeprägte Zahnreihen. Kämpfen gehört in dieser evolutionären Stufe zur Tagesordnung, ganz gleich auf welchem Niveau die Lebewesen angesiedelt sind. Ameisentrupps unterschiedlicher Arten bekriegen sich bis zur Ausrottung. Büffelgroße vierbeinige Tiere sind von einem unbekannten Gegner hingeschlachtet worden. Aber das wahre Geheimnis dieses Planeten wartet noch auf die Entdecker.
PROMETHEUS. Als Ridley Scott nach Jahrzehnten wieder zum Alien-Universum zurückkehrte, bekam das Genre des Science-Fiction-Horrors, das abseits der Aliens vor sich hin gesiecht hatte, einen neuen Anstoß. Im Medium Comic lebten Aliens und Predators schon länger ein sehr aktives Leben, aber die Tiefe, die Hintergrundinformationen fehlten. Einzelheiten brachten ein deutlicheres Bild, dennoch blieben die Wesen in ihrer Gesamtheit nebulös. Die Konstrukteure, jene sehr intelligenten Wesen, die offensichtlich (laut des Kino-SciFi-Reißers PROMETHEUS) etwas mit der Artenvielfalt auf der guten alten Erde zu tun haben, brachten einen Baustein mehr ins Bild. Aber gemäß der alten Weisheit, dass mehr Antworten noch weitere Fragen hervorbringen, bieten diese neuen, technisch mächtigeren Gegner auch mehr Risiken und Gefahren als jemals zuvor.
Autor Paul Tobin und Zeichner Juan Ferreyra haben die Gelegenheit genutzt, um dem Leser die ungeheure Macht der Konstrukteure mit allerlei Ideen und Ansichten zu vermitteln. Darf man das Alien ganz offensichtlich als ein Endprodukt der Experimentierfreude der Konstrukteure bezeichnen, breitet sich mit dem erwähnten Dschungel eine sehr breite Palette von evolutionären Eingriffen dieser interplanetaren Frankensteine aus. Juan Ferreyra trifft diese Welt mit einem ungeheuer plastischen und einem Gefühl für die filmischen Originale, dass besonders Fans erfreut sein werden.
Aliens unter Wasser. Schwimmende und tauchende Aliens durften bereits die Leinwand bevölkern. Eine Art jedoch, die dem Wasser auch angepasst ist, ist neu. Juan Ferreyra überträgt das Konzept dieser Wesen, das nach wie vor großartige Design von H.R. Giger auf die unterseeischen Kreaturen, mischt eine Spur Ichtyosaurus hinzu, so dass man sich bei dieser optischen Perfektion auch einmal ein entsprechendes Unterwasserabenteuer erzählt bekommt.
Mitgebrachter Horror. Seit dem ersten Ausflug in dieses Horror-Universum, ALIEN, weiß der Zuschauer, wie gefährlich der Umgang mit Androiden werden kann. Paul Tobin spinnt den Faden fort, den Ian Holm (auch bekannt als alter Hobbit) 1979 auf die Kinoleinwand brachte. Im Jahre 2219, rund 125 Jahre nach der Handlung des Kinofilms PROMETHEUS, reist die Menschheit immer noch mit Androiden, ihre psychische Reife scheint jedoch keine Stabilität erreicht zu haben. Mehr noch scheint ihre Physiologie dazu angetan, von außerirdischen Stimuli angeregt zu werden. So entsteht schließlich ein Gegner, den die Menschen noch nicht kannten. Einerseits von der gleichen Gefährlichkeit wie ein Alien (wird auch von ihnen akzeptiert), andererseits von der gleichen Intelligenz wie ein Mensch, macht diese Figur während der Geschichte eine erstaunliche Wandlung durch. Das Stichwort Frankenstein passt hier hervorragend.
Es gibt immer einen, der stärker ist. Paul Tobin teilt dieses Fazit mehrmals mit, meist ganz nebenbei in einer mit vielen Wendungen erzählten Geschichte, die durch ihre grafische Gestaltung weit über den Durchschnitt bekannter SciFi-Comics herausragt. Hier dürfen Fans des Genres bedenkenlos zugreifen. 🙂
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Freitag, 21. August 2015
Lord Henry Baltimore erlebt die Schrecken des Ersten Weltkriegs hautnah auf schlammigen und blutüberströmten Schlachtfeldern mit. Eines Nachts, dem Tode nah, schlägt das Grauen mit aller Macht zu. Der Mann, der glaubte, dem Tod längst ins Augen geblickt zu haben, steht plötzlich dem Übernatürlichen gegenüber: Vampire. Die Kreaturen fallen des Nachts über die Schlachtfelder her und berauben die bereits Verstorbenen und die tödlich Verletzten ihres Blutes. Baltimore will sich nicht kampflos ergeben, will nicht als Nahrung für dieses Ungeheuer dienen. Mit letzter Kraft bäumt er sich auf und ergreift ein in der Nähe liegendes Bajonett. Ein Hieb mit der langen Klinge hinterlässt eine tiefe Wunde im Gesicht des Angreifers. Die Monster ziehen sich zurück. Vorerst.
Mike Mignola schrieb vor einigen Jahren zusammen mit Christopher Golden über Lord Baltimore, den standhaften Zinnsoldaten, der einbeinig durch die Welt streift, immer auf der Suche nach dem Bösen, um es endgültig aus dieser Welt zu vertreiben. Die Geschichte wurde nun mit Zeichner Ben Stenbeck und Kolorist Dave Stewart, einem Veteranen in den geistigen Welten von Mike Mignola in eine reine Comic-Form übertragen. Bereits damals steuerte Mike Mignola Illustrationen in seiner gewohnten Manier zum Baltimore-Universum bei. Ideen zum Aussehen dieser Schauermär existierten also schon.
Eine düstere Epoche, obwohl historisch nur kurz an Jahren, breitet sich vor dem Leser aus. Aus der Verteidigung gegen einen Vampir wird eine Kampfansage und der Ausbruch eines noch zerstörerischen Krieges gegen die gesamte Menschheit. Eine starke Schattengebung zeichnet die Arbeiten von Mike Mignola seit langem aus. Da er grafisch seit Jahren kürzer tritt, sind ihm Künstler gefolgt, die seine Visionen stilistisch ähnlich auszuführen vermögen, ohne ihre eigene künstlerische Identität zur Gänze aufzugeben. Ben Stenbeck trifft den Ausdruck Mignolas, ohne dessen abstrakten Vorgaben zu sehr zu befolgen. Stenbecks Arbeiten sind realistischer, lassen den Zuschauer näher an das Grauen dieser gezeigten Welt heran.
Atmosphärisch findet sich der Leser in der guten alten Zeit der Horrorunterhaltung wieder. Es fühlt sich nach Hammer Productions an, nach Edgar Allan Poe und H. P. Lovecraft, nach Ray Harryhausen. Mike Mignola hat neben seiner Begeisterung für übernatürliche Legenden häufig bewiesen, wie sehr er klassische Erzählumgebungen einer modernen Kulisse vorzieht. So bewegt sich Ben Stenbeck bildhaft in Gegenden, in den Dracula gleich hinter der nächsten Ecke hervorspringen könnte. Die Riesenkrabben am Strand können als Hommage an Ray Harryhausen verstanden werden oder als Hinweis auf eine denkwürdige Szene, die Stephen King für den Revolvermann erdacht hat.
Direkt und überhaupt keine Anspielung mehr ist der Auftritt von Edgar Allan Poe selbst, wenn auch nur als Kopf. Ebenso ist der Auftritt des Roten Todes ein weiterer Hinweis auf den Gruselmeister und sein Schaffen, das Mignola und Golden hier zitieren wie auch weiterentwickeln.
Moderne Monster, interessante Neuerfindungen und die gruseligsten Nonnen, die je eine Horrorerzählung bevölkerten. Wenn das Böse um seine schlechten Qualitäten weiß, sich selbst der Bestrafung zuführt, dann entstehen starke Momente, gruselige, gepaart mit Traurigkeit. Natürlich sind die hier auftretenden Wesen, von klassisch (Vampire, Werwölfe) bis kultig anders, auch brutal und gehen nicht gerade zimperlich mit ihrer Beute um. Aber im Zuge einer reduzierten Darstellung wird auch nicht jedes Detail von Ben Stenbeck hervorgezerrt. Wichtiger ist die Gestaltungsfreude, mit der die Horrorgestalten entworfen werden. Von der Arbeit Mike Mignolas her ist der Fan bereits in dieser Hinsicht verwöhnt. Stenbeck muss sich hinter dem Meister nicht verstecken. Zahlreiche Entwurfsskizzen bieten einen Blick auf die Entstehung mancher Figuren. Dabei sieht der Leser, wie gut sich Stenbeck auf jedwedem grafischen Terrain zu bewegen versteht, ob es nun Monströses ist oder ein neu auftretender menschlicher Charakter. Besonders eindrucksvoll sind jene Untoten, die mit Tiefsseetauchanzügen bewehrt ihre Ziele angreifen.
Der Feind meines Feindes ist nicht mein Freund. So könnte man angesichts der Figur von Vater Andre Duvic behaupt, eines Richters der Neuen Inquisition, sich sich gleichfalls auf der Jagd befindet. Gnadenloser noch als Lord Baltimore ist es eine Frage der Zeit, bis die beiden sozusagen ein grandioses erstes Finale bestreiten, bevor Baltimore dem eigentlichen Ziel seiner eigenen Jagd begegnet. Sind die Akte bis dorthin schon sehenswert, bietet der Schluss eine fiebrig spannende Atmosphäre, die über eine weite Strecke bis zum Ende gehalten wird.
Eine prachtvoll gruselige Erzählung, sehr komplex, mit einer charakterlich verhärteten Hauptfigur, deren Ausstrahlung man sich dennoch nicht entziehen kann. Viktorianisches Flair mit modernen Anklängen, stark mit gekonntem Wissen für das Tempo einer Handlung erzählt. Sehr schön. 🙂
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Dienstag, 18. August 2015
Julius Cäsar hat vieles versucht, damit endlich das ganze Gallien zu befriedet wird. Soldaten sollen das Gebiet um das Dorf der unbeugsamen Gallier abschotten. So recht gelingen, will ihnen diese Aufgabe aber nicht. Da verfällt der römische Diktator auf eine List. Wenn den Galliern nicht mit Gewalt beizukommen ist, dann vielleicht mit römischer Lebensart? Kurz darauf sind einmal eine ganz andere Art von Römern in den Wäldern rund um das Dorf unterwegs. Eines Tages stolpern Asterix und Obelix auf der Jagd über eine Schnur, die sich alsbald als das Werk von Landvermessern herausstellt. Der junge und ehrgeizige Architekt Quadratus setzt alles daran, um das Projekt mit Namen LAND DER GÖTTER zu einem Erfolg werden zu lassen.
Sie sind wieder da! Nach Zeichentrickfilmen und Realfilmumsetzungen haben ASTERIX und OBELIX den Sprung in den Animationsfilm geschafft. Die liebevolle Adaption in ein weiteres tricktechnisches Medium ist den Machern, die selbst mit den Abenteuern der Gallier aufgewachsen sind, vollends gelungen.
Little Italy. Römische Lebensart will in Gallien zuerst nicht gelingen, da niemand, der das aufregende Leben in der Hauptstadt gewöhnt ist, irgendwo weit weg in die gallischen Wälder ziehen möchte. Ein Trick sorgt für die Belebung des ganzen Wohnprojekts, nachdem viele Schwierigkeiten beim Bau überwunden wurden. Die römischen Zivilisten haben einen nicht unwesentlichen Anteil am Erfolg dieser Komödie. DIE TRABANTENSTADT, der 17. Band der ASTERIX-Reihe, war die Vorlage dieses Leinwandabenteuers. Die neuen Mieter dieser weißen Hochhäuser inmitten alter Baumbestände. Dort wurden sie nicht ganz so individuell in Szene gesetzt.
Allein die von gallischer Seite betriebenen Vertreibungsversuche und die Reaktionen der Römer, in immer schnellerer Folge gezeigt, sind ein ziemliches Vergnügen. So schlecht die Witterung für die Gallier ist, so ist es für die Römer immer noch ein Zuckerschlecken, sogar erfrischend im Vergleich zur brütenden Hitze und Trockenheit in Rom. Vor all der gelungenen Atmosphäre wie dem Colosseum, der Trabantenstadt und natürlich dem fein reproduzierten Dorf sind die Zivilisten eine breit lächelnde Horde Touristen, die aus dem Dorf und den Galliern das machen, was jeder Tourist weltweit in Ferienhochburgen antrifft: Die ewig gleichen Angebote in zigmal den gleichen Läden, stapelweise nebeneinander angeordnet.
Der Einfallsreichtum von Rene Goscinny, der damals die Comic-Vorlage schrieb und all die kleinen Anspielungen auf die moderne Welt einbaute, war immens und trifft auch heute noch ins Schwarze. Haben sich auch viele Neuerungen im menschlichen Beisammensein ergeben, so ist umso mehr erhalten geblieben und bildet die Grundlage dessen, was heute als Innovation gepriesen wird. Das Werk Albert Uderzos, seine eindeutige Handschrift in der Gestaltung lustiger Figuren, ihre Gesichtszüge findet sich fantastisch gut übertragen in den animierten Galliern wieder. Und nicht nur dort. Die Wildscheine, mit Mimik und Grunzen über ihr Wohlbefinden Auskunft geben (und ihre Ängste, einer finalen Teilnahme am Bankett der Gallier zu entgehen), sind ein Augenschmaus für sich und hätten auch einen eigenen Ablegerfilm verdient.
Das Bonusmaterial sei jedem ans Herz gelegt, der gerne hinter die Kulissen von Filmproduktionen schaut, denn die Arbeitsweise bei einem Trickfilm dieser Art unterscheidet sich doch in weiten Teilen von der eines Realfilms. Die Schauspieler, besser gesagt die Sprecher, nehmen ihre Texte vor allem anderen auf. Die Animation orientiert sich an ihrer Ausdrucksweise. So haben im Original die Schauspieler eine viel stärkere Möglichkeit sich einzubringen, als es bei der Synchronisation hierzulande zum Beispiel der Fall ist. Eine gute Planung, die Umsetzung der gezeichneten Vorlagen, der einst von Albert Uderzo entworfenen Figuren und noch einiges mehr runden die Zusatzinformationen ab. Die Komplexität der Produktion eines solchen Films nötigt dem Zuschauer einen ordentlichen Respekt ab.
Die deutschen Sprecher von Asterix und Obelix sind mit Milan Reschel und Charly Hübner bekannt, aber sie treten zugunsten des Films deutlicher in den Hintergrund, als es früher der Fall war. Fans von Zeichentrick und Animation wissen, wie oft mit landesweit bekannten Schauspielern und ihren Stimmeinsätzen bei derartigen Produktionen geworben wurde. Peschel und Hübner verstehen zweifelsohne ihr Handwerk, aber eine Produktion wie diese braucht nicht von Stars erobert zu werden. Hier wird solide und einfühlsam jede Figur gesprochen, sie werden aber nicht vereinnahmt.
Ein tolles Abenteuer aus der Goscinny-Ära, eine tolle Umsetzung in moderne Animation, ohne den tollen von Udero entworfenen Figuren etwas von ihrer Originalität zu nehmen. Hier und dort etwas erweitert und verfeinert, ohne den Humor des Originals zu verfremden. Mit feinem Humor ebenso gewürzt wie mit Klamauk, für jeden ist etwas dabei. ASTERIX – IM LAND DER GÖTTER ist ein echter Familienfilm einerseits und eine filmische Umsetzung des gallischen Comic-Helden andererseits, die jeden Fan der Reihe zufrieden stellen sollte. 🙂
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Link zur offiziellen Film-Homepage: www.asteriximlanddergoetter.de