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Comic Blog


Samstag, 17. November 2007

The Walking Dead 5 – Die beste Verteidigung

Filed under: Horror — Michael um 0:48

The Walking Dead 5 - Die beste VerteidigungEs ist Zeit zum Aufräumen. Wie gut, dass es von den verstorbenen Wärtern des Gefängnisses noch großartige Schutzbekleidung gibt, die den Kampf gegen die Untoten ein wenig erleichtern. – Das Denken kann sie den Menschen allerdings nicht abnehmen.
Weitere Planungen erfordern auch Beweglichkeit und eine genauere Kenntnis der Umgebung. Nach langer Zeit haben sie wieder ein Fahrzeug mobil gemacht und erforschen das nahe liegende Gelände. Die vielen Untoten, die dem ausgesandten Trio begegnen, bereiten keinerlei Kopfzerbrechen mehr. Aber der Hubschrauber, der plötzlich am Himmel auftaucht, weckt mehr als nur die Neugier. Er weckt Hoffnung.

Eine Welt außer Kontrolle. Es ist faszinierend, wie Robert Kirkman diese neue Erde, in der die Zombies zu einer ständigen Bedrohung geworden sind, ausbaut. Sicherlich sind die untoten Bestien ein Zustand, mit dem die Überlebenden umgehen müssen – aber die Untoten sind auch berechenbar. Ihre Ziele sind allzu klar. Das kann von den menschlichen Bestien, aber auch von jenen Menschen, die nach alter Normalität streben, nicht behauptet werden.

Das Fehlen der Normalität wie auch der Wunsch nach einer Neuordnung ist ein zentrales Thema im 5. Teil der Saga um eine von Zombies verseuchte Welt.
Normalität ist für die Menschen, die in einem ehemaligen Gefängnis Zuflucht gefunden haben, sehr weit weg. Die ersten Ansätze einer Neuordnung, einem Mindestmaß an Zivilisation und Annehmlichkeiten erfordern es von allen Protagonisten sich immer wieder am eigenen Schopf aus dem Dreck zu ziehen. Wo jeder bis zum Hals im Dreck steckt, ist es schwierig, anderen Trost zu spenden oder Vorbild zu sein.

Auch Rick Grimes, der ehemalige Polizist, hat diese Erfahrung gemacht. Irgendwann ist er unter dem Druck zusammengebrochen. Das erworbene Vertrauen bricht sehr schnell in sich zusammen. Auch Selbstüberschätzung ist eine Ursache, da Grimes sich wegen seines Jobs in einer moralisch höheren Position wähnte.
Ein weiteres Beispiel ist seine Frau Lori, die miterleben musste, wie Ricks früherer bester Freund dem Wahnsinn und der Eifersucht anheim fiel und sogar versuchte, Rick zu töten. Nun muss sie sich mit der Tatsache einer Schwangerschaft in diesen Zeiten auseinandersetzen und dem Wunsch einer anderen jungen Frau, mit ihnen in einer Dreierbeziehung zusammenleben zu wollen.
Alte Werte können nicht so leicht aufgegeben werden, weshalb es auch innerhalb der Gruppe, immerhin in einer gewissen Sicherheit, immer wieder zu Spannungen kommt.

Und Kirkman vermag es auch, mit der Hoffnung seiner Hauptdarsteller zu spielen. Als ein Hubschrauber am Himmel erscheint, glauben die Menschen, es gäbe möglicherweise noch einen anderen Posten. Damit liegen sie nicht falsch, und doch hat er nichts mit dem Hubschrauber zu tun. – Ich denke, dieser kleine Hubschrauber kann als kleine Hommage an die letzten Überlebenden des originalen Dawn Of The Dead verstanden werden. Wie Kirkman mit dem Schicksal dieser Überlebenden umgeht, ist keine Überraschung.
Was hingegen den Menschen geschieht, die auf Patrouille waren, ist eine Überraschung. Und sie entwickelt sich dank der Phantasie von Kirkman, die hier regelrechte Abgründe nach oben holt, zu einem noch größeren Horrortrip als sonst.

Eine Imitation normalen Lebens in einer typischen amerikanischen Kleinstadt ist nur vordergründig ein Hort des friedvollen Beisammenseins.
An der Spitze dieser Ortschaft steht der Gouverneur, ein anderer selbsternannter Anführer, dessen Brutalität sehr schnell sichtbar wird. Sein Wahnsinn hingegen lässt jede Zombie-Attacke blass aussehen. In Abwandlung eines Sprichwortes könnte sich Kirkman gedacht haben, dass der Mensch des Menschen Zombie ist. Michonne muss ein wahres Martyrium durchstehen, das in seiner Brutalität über manch anderem vergleichbaren Comic-Szenario der letzten Zeit angesiedelt ist. Spannend ja, aber auch ein Schlag in die Magengrube für den Leser. Wie in einem Film lässt Kirkman den Leser über einen anderen Darsteller bei den Misshandlungen zuhören. Dieser Effekt funktioniert auch im Comic.

In gewissem Sinne sind die Zombies in dieser Geschichte eher Statisten, weshalb Zeichner Charlie Adlard die schwierige Aufgabe hat, all die verschiedenen Emotionen der kleinen Gruppe im Gefängnis wie auch jener neuen Menschen in der Kleinstadt darzustellen. Der Leidensweg der Späher wird von ihm eindrucksvoll, beinahe sezierend in Szene gesetzt. Das unterstützt den Horrorfaktor und den von Kirkman angestrebten erzählerischen Kern ungemein.

Ein perfektes Zusammenspiel von Text und Bild. Robert Kirkman dürfte hiermit die dichteste Episode abgeliefert haben. Man leidet mit Hauptdarstellern, was auch Kirkman zu verdanken ist, der nicht nur einen furchtbaren Horror zu Papier bringt, sondern auch sehr gut all die menschlichen Ängste und Abgründe ins Spiel bringt, die letztlich den Grusel vollkommen in den Schatten stellen. Horror und Drama, eine gute Mischung. 🙂

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Dienstag, 24. April 2007

The Walking Dead 4 – Was das Herz begehrt

Filed under: Horror — Michael um 20:07

The Walking Dead 4 - Was das Herz begehrtDie Flüchtlinge unter der Führung des ehemaligen Polizisten Rick Grimes vertragen sich nicht sehr gut mit den Insassen des Gefängnisses, in das sie sich geflüchtet haben. Einerseits werden sie von den Zombies bestürmt, andererseits wollen die ehemaligen noch lebendigen Häftlinge ihre ungewünschten Gäste auch loswerden.
Wenn sich zwei streiten, freuen sich die Zombies. Mitten in die Auseinandersetzung der Lebenden platzen die lebenden Toten mit ihrem grausamen Hunger. Die gemeinsame Verteidigung hält dem Ansturm der Zombies stand. Rick nutzt die Gelegenheit, um ein Problem aus der Welt zu schaffen. Dexter, der Anführer der Sträflinge, überlebt die Attacke der Zombies nicht. Tyrese hat beobachtet, wie Rick eine Wendung der Ereignisse herbeigeführt hat.

Inmitten dieser Ereignisse taucht eine Besucherin auf, die bislang alleine in der Wildnis überlebte. Michone, eine junge Frau, hat sich ihren Weg mit einem Schwert gebahnt. In ihrem Schlepptau, zieht sie zwei Zombies hinter sich her, die sie so präpariert hat, dass sie ihr nicht mehr gefährlich werden können. Die Anwesenheit dieser Untoten hat es ihr ermöglicht, größere Ansammlungen der Zombies beinahe unbehelligt zu passieren.
Gleich als sie das Gefängnis erreicht, kann sie Otis helfen, der ebenfalls zum Gefängnis zurückkehrt. Ihre Vorgehensweise ist versiert, schnell und gnadenlos. So beeindruckt sie auch so manchen anderen der Flüchtlinge.

Nachdem wieder eine Gefahr gebannt ist, konzentrieren sich die Menschen wieder auf sich selbst. Alles scheint noch mehr aus den Fugen zu geraten. Der gemeinsame Feind, die Untoten, sind vorerst jenseits des Gefängniszauns. Einige wenige von ihnen, die noch in verschiedenen Gebäudeblocks eingesperrt sind, stellen kaum eine Gefahr dar. – Denken sie.
Nachlässigkeit und eine neue Auffassung von Moral (oder auch eine ganz alte, das ist Ansichtssache) reißen die ohnehin brüchige Fassade der Gruppe immer mehr ein. Allen voran scheint Grimes seiner Rolle als Anführer der Gruppe immer weniger gerecht werden zu können. Körperlich sowieso angeschlagen, gestattet er seinem Verstand immer häufiger einen Ausweg mittels purer Gewalt zu suchen. Seine Taten sind erschreckend, seine Erklärungen sind fadenscheinig. Was ist aus der alten Regel geworden, die sie eigens aufgestellt haben?
Wer tötet, stirbt. Diese Regel ist nicht mehr haltbar. Und die Tragödien scheinen kein Ende nehmen zu wollen. Diesmal kommt die Bedrohung von innen.

The Walking Dead 4 – Was das Herz begehrt nimmt den Leser mit auf den Grund der seelischen Abgründe der Protagonisten. Die Menschen, die so lange den Zombies widerstanden haben, sind innerlich zerrissen, aufgewühlt, einsam und verzweifelt. Manch einer kann nicht mehr und übertritt Grenzen, die denjenigen ebenso schockieren, wie jene, die um ihm sind.

Robert Kirkman, der Autoren-Shooting-Star der Comic-Szene, überrascht in dieser vorliegenden vierten Ausgabe der Walking Dead-Reihe mit einem Drama, in der die Zombies eine Bedrohung sind, die austauschbar ist. Jedes andere Endzeit-Szenario ist denkbar, was die Charaktere an den Rand des Wahnsinns treiben könnte. Im Mittelpunkt steht natürlich der ehemalige Polizist Rick Grimes. Ausgerechnet ein Gesetzeshüter übertritt die alten Regeln immer häufiger. Er stellt eigene Regeln auf. Das Wohl der Gruppe steht über allem anderen. Wer dem im Weg steht, muss aus demselben geschafft werden. Das können Untote sein, aber auch Lebende.
Sicherlich kämpfen die Menschen auch um Normalität. Beziehungen werden hoch gehalten, nur um schließlich aus noch größerer Höhe zu fallen. Kleidung zählt nichts mehr. Nach all dem Konsumterror sind die Leute froh, als sie frische Gefängniskleidung anziehen können. Für Individualität ist kein Platz mehr. Alle sind gezwungen und gefordert, an einem Strang zu ziehen. Inmitten des Gefängnishofes entsteht eine Anbaufläche, bei der viele mit anpacken müssen.

Und plötzlich platzt der Knoten. Rick und Tyrese stehen sich gegenüber. Der eine tötete aus Rache. Der andere tötete, um die Gruppe zu schützen. Eine Affäre wie auch Eifersucht werden zum Auslöser eines heftigen Kampfes. Das alles wird von Kirkman mit einer enormen Intensität geschildert, wie sie so in den Vorläuferbänden noch nicht zu finden war. Zwar war stets um Realismus und Spannung bemüht und schaffte es, das Echte an der Situation bis aufs Itüpfelchen herauszuarbeiten, doch hier ist es ihm zweifelsfrei am besten gelungen. Aus einem mehr oder weniger gewöhnlichen Streit entsteht eine hochdramatische Szene, wie es sie nur selten in Comics findet.
Die Intensität mag auch darin begründet sein, dass Kirkman die Schilderung der Figuren bisher so gut gelungen ist und diese regelrecht in der Geschichte heranwuchsen.

Ausführender Zeichner ist auch diesmal wieder Charlie Adlard. Die Grautöne entstammen der Arbeit von Cliff Rathburn. Die Bilder unterstreichen die düstere Atmosphäre. Eine farbliche Ausführung scheint besonders angesichts der Dramatik in diesem Band undenkbar. Besonders auffällig sind die Knaller, die dem Leser von Adlard präsentiert werden. Ganzseitig wird der Leser ein ums andere mal schockiert. In diesem Fall sind es viele Zusammenbrüche der Charaktere. Die Erschöpfung ist greifbar. Das packt. Der schnelle Strich von Adlard erhöht den halbdokumentarischen Charakter der Geschichte.

Spannung, Drama, Verzweiflung. Kirkman zeigt, wie realistisch Comics erzählt werden können. Nur ganz selten werden Comic-Charaktere derart genau beschrieben, beinahe schon seziert. Perfekter Horror mit absolutem Tiefgang.

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Sonntag, 26. November 2006

The Walking Dead 3 – Die Zuflucht

Filed under: Horror — Michael um 22:59

TheWalking Dead 3 - Die ZufluchtEin Gefängnis ist die Zuflucht der Flüchtigen unter der Führung von Rick Grimes. Nachdem sie Hershels Bauernhof hinter sich gelassen haben, da sie dort nicht mehr erwünscht waren, haben sie sich alle in ein Wohnmobil gezwängt und die Reise fortgesetzt. Der Anblick des mit einem dreireihigen Zaun umgebenden Großgefängnisses erscheint allen wie der heilige Gral.
Doch vor der Ruhe muss immer noch Ordnung geschaffen werden, damit die Gruppe einziehen kann. Das Aufräumen gestaltet sich schmutzig, wie immer, wenn es Zombies zu beseitigen gilt – eine Bezeichnung, an die sich alle Beteiligten bislang noch nicht richtig gewöhnt haben.

Aber in der Praxis haben sich alle bereits an die Situation gewohnt. Diese Gewöhnung will sich natürlich niemand eingestehen. Wer würde sich als zivilisierter Mensch gerne eingestehen, dass ihm der Tod von Menschen kaum noch nahe geht. Vielleicht gar nicht? So mancher der Gruppe trägt inzwischen eine grundtiefe Resignation mit sich herum. In Einzelgesprächen wird diese Resignation schon einmal eingestanden, in der Gruppe so gut wie nie. Alles schwankt zwischen den Extremen: himmelhohe Hoffnung, abgründige Verzweiflung.

Schnell stellen Rick und seine Freunde fest, dass sie im Gefängnis nicht alleine sind. Von den Untoten einmal abgesehen haben auch vier Häftlinge überlebt. Diese Häftlinge stellen ein weiteres Risiko dar, denn niemand vermag einzuschätzen, ob ihre Auskunft über ihre Straftaten der Wahrheit entspricht. – Wie sehr diese Annahme stimmt, zeigt sich bald auf grauenhafte Weise.

The Walking Dead überzeugt auf ganzer Linie mit seiner dritten Folge Die Zuflucht. Die Charaktere haben eine erstaunliche Tiefe gewonnen, was auch an den Schicksalsschlägen liegen mag, mit denen Autor Robert Kirkman sie ein ums andere Mal malträtiert – und den Leser gleich mit.

Die Welt, in der sich The Walking Dead präsentiert, ist außerordentlich realistisch geschildert. Der Niedergang der Zivilisation könnte drastischer nicht sein. Unabhängig davon, ob nun Zombies ein Rolle dabei spielen oder nicht, gibt es nichts mehr, was das Leben einfacher machen würde. Das Leben ist lediglich noch ein Resteverzehr. Die Überlebenden kommen einfach nicht genug zur Ruhe, um sich etwas Neues aufzubauen.
Kirkman stellt als willkommenen Ruhepol ein Gefängnis in Aussicht. Ehemals unbescholtene Bürger ziehen sich in den einstigen Verwahrraum für Schwerverbrecher zurück. Ricks Verantwortung, die stetig zu einer übermenschlichen Belastung wird, droht den ehemaligen Polizisten herunterzuziehen und macht ihn zu einem völlig anderen Menschen. Er taumelt zwischen Resten von Mitleid, Zorn, der pur und gewalttätig ausbricht, sich hinter Rache versteckt, und dem zwanghaften Glauben, die Gruppe führen zu müssen, da augenscheinlich sonst niemand dazu in der Lage ist. Zusätzlich wird seine Autorität angezweifelt – von seiner Frau, was ihn außerdem fertig macht.

Einzelschicksale werden dem Leser drastisch vor Augen geführt. Doppelselbstmord, Väter verlieren ihre Töchter, Gnadenakte an Untoten, aber auch blutige, rauschhafte Rache an Untoten. Mitten drin noch ein klein wenig kindliche Unschuld, so gut es eben geht von den Erwachsenen beschützt.
Kirkman schickt den Leser auf eine wirklich tragische Achterbahnfahrt. Zombies sind natürlich ein Bestandteil dieser Welt, aber sie sind wie in so mancher Genre-Geschichte überhaupt handlungsbestimmend.

Neben einem vorzüglichen Cover von Tony Moore gestaltet Zeichner Charlie Adlard mit höchstmöglicher Intensität. Schockeffekte aus den vorhergehenden Episoden finden hier eher beiläufig statt. Für die Charaktere ist die Bedrohung alltäglich geworden, so auch für den Leser.
Geschockt wird der Leser trotzdem, weniger durch die Untoten, mehr durch menschliche Untaten, die Adlard äußerst drastisch in Szene setzt.
Der Aufbau, die Abfolge der Bilder ist filmisch und wirkt wie nach einem Storyboard gearbeitet. Entsprechend wird auch die Technik eingesetzt, den Schock auf der nächsten Seite folgen zu lassen. Wer dadurch noch nicht von Intensität der Geschichte überzeugt wird, sollte spätestens bei der Ansicht der versteinerten Gesichter der Protagonisten in den Sog der Handlung geraten.

Der bislang intensivste Abschnitt von The Walking Dead. Spannend, aufwühlend, schockierend, ein Genre-Film im Comic-Format. Top! 😀

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Montag, 19. Juni 2006

The Walking Dead – Ein langer Weg

Filed under: Horror — Michael um 20:54

The Walking Dead - Ein langer WegShane ist tot, erschossen von Ricks kleinem Sohn. In Zeiten, in denen Zombies das Land beherrschen und die Menschen gezwungen sind, ihr Leben vollkommen umzustellen, kommt es immer wieder zu unvorhersehbaren Ereignissen. Rick Grimes, ehemals ein einfacher Polizist, musste nicht nur miterleben, wie alles, was er kannte, in die Brüche ging. Er musste auch noch einem vor Eifersucht rasenden Shane gegenüberstehen, dem Mann, den er einst seinen Freund genannt hatte.
Nachdem die Beerdigung hinter allen liegt und die kleine Gruppe um Rick allen Mut zusammengenommen hat, machen sie sich mit ihrem viel zu kleinen Wohnmobil auf den Weg.

Auf engstem Raum bleibt für zwischenmenschliche Geheimnisse nicht viel Platz. Ricks Frau Lori ist schwanger, doch wer ist der Vater? Zusätzliche Kleinigkeiten zerren an den Nerven aller. Bald setzt auch der Winter ein. Benzin und Vorräte sind immer schwieriger zu finden. Da erreichen sie die Wiltshire Estates, eine kleine Wohnsiedlung. Die verlassenen Einfamilienhäuser machen einen sicheren Eindruck, aber der Schein trügt.

Das Leben geht weiter, leider hat das Glück scheinbar alle verlassen. Selten nur hat es in Comics ein ähnlich trostloses Szenario gegeben. Viele Aspekte einer apokalyptischen Welt spielen in Robert Kirkmans Setting eine Rolle. Das Leben ist zu einem stetigen Überlebenskampf geworden und die Menschen müssen nun wirklich beweisen, wie es um ihre Menschlichkeit bestellt ist. Kirkman versteht es, einen Handlungsstrang zu entwickeln, der gemäß erzählerischer Gesetzmäßigkeiten die Protagonisten ein ums andere Mal ins Unglück stürzt. Eine sichere Heimstatt wird zu einer tödlichen Falle. Gastfreundschaft entwickelt sich zu einem neuerlichen Alptraum.

Im Kern der Handlung stehen Rick und seine Familie. Rick war Polizist und ist gemeinhin das, was die Gesellschaft einen erwachsenen, verantwortungsbewußten Menschen nennt. Doch nichts hat ihn auf dieses Leben vorbereitet, das alle zugleich in den Wilden Westen zurückgeworfen hat. Sein ehemaliger Beruf hat ihn für die ihn umgebenden Menschen zu einer Führungsfigur gemacht, eine Position, die er nicht verlangt, jedoch automatisch übernommen hat. Bezeichnenderweise ist es weniger die Bedrohung von außen, die ihn innerlich zusammenbrechen lassen kann, als die Gefahr, die durch die Schwangerschaft seiner Frau ausgeht: Ist Shane möglicherweise der Vater? Der neue Zeichner Charlie Adlard setzt Rick nicht selten entsetzt oder verzweifelt in Szene. Für den Leser ist es binnen kurzem nur noch eine Frage der Zeit, wann für Rick die Belastung zu groß sein wird.
Kirkmans Idee, zweierlei vermeintlich rettende Refugien einander gegenüber zu stellen, bildet zwei sehr schöne Waagschalen, von denen keine es schafft, schwerer auszuschlagen. Weder Zombies noch Menschen scheinen noch ideale Gastgeber zu sein. So ist der Ort, den sie zum Schluss finden und der Rettung verspricht, bezeichnend. Eine ehemalige amerikanische Institution, die der Sicherheit der Bevölkerung diente, erweist sich möglicherweise als sicherer Hafen – nur sind diesmal die Rollen vertauscht.

Der Gruselfaktor, der im ersten Band sehr hoch war, wird hier nicht erreicht. Das liegt daran, dass die menschliche Komponente viel größer geschrieben wird. Die Tragödie steht hier im Mittelpunkt, denn trotz aller Anstrengungen mag es den Menschen kaum gelingen, ihrem vorbezeichneten Schicksal zu entkommen. Ein langer Weg, so der Titel des zweiten Bandes, könnte passender nicht gewählt sein, weil (sollten die Zombies nicht urplötzlich von der Erde verschwinden) dieser Weg für alle wohl bis ans Ende ihres Lebens andauern wird.

Zeichner Charlie Adlard hat kein leichtes Erbe übernommen. In Band 1 trug noch Tony Moore die künstlerische Verantwortung. Adlards Stil ist ein ganz anderer, härter, eckiger, vielleicht sogar derber zu nennen. Wichtig ist es grundsätzlich, dass die zeichnerische Ausführung zur Geschichte passt. Mit der Unterstützung von Cliff Rathburn, der sich für die Anlage der Graustufen verantwortlich zeichnet, gelingt Adlard der Sprung in die bereits laufende Serie trefflich. Seine Zeichnungen unterstreichen die Wirren, die die ziellos Flüchtenden durchleiden müssen.

Auch im zweiten Band wird ein Blick auf das Zombie-Genre geworfen, das auf einen jahrzehntelangen Werdegang zurückblicken kann. Diese Hintergrundinformationen runden ein spannendes Lesevergnügen ab, welches dem Zombie-Genre hilft, in eine höhere erzählerische Klasse aufzusteigen. 🙂