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Comic Blog


Montag, 19. Juni 2006

The Walking Dead – Ein langer Weg

Filed under: Horror — Michael um 20:54

The Walking Dead - Ein langer WegShane ist tot, erschossen von Ricks kleinem Sohn. In Zeiten, in denen Zombies das Land beherrschen und die Menschen gezwungen sind, ihr Leben vollkommen umzustellen, kommt es immer wieder zu unvorhersehbaren Ereignissen. Rick Grimes, ehemals ein einfacher Polizist, musste nicht nur miterleben, wie alles, was er kannte, in die Brüche ging. Er musste auch noch einem vor Eifersucht rasenden Shane gegenüberstehen, dem Mann, den er einst seinen Freund genannt hatte.
Nachdem die Beerdigung hinter allen liegt und die kleine Gruppe um Rick allen Mut zusammengenommen hat, machen sie sich mit ihrem viel zu kleinen Wohnmobil auf den Weg.

Auf engstem Raum bleibt für zwischenmenschliche Geheimnisse nicht viel Platz. Ricks Frau Lori ist schwanger, doch wer ist der Vater? Zusätzliche Kleinigkeiten zerren an den Nerven aller. Bald setzt auch der Winter ein. Benzin und Vorräte sind immer schwieriger zu finden. Da erreichen sie die Wiltshire Estates, eine kleine Wohnsiedlung. Die verlassenen Einfamilienhäuser machen einen sicheren Eindruck, aber der Schein trügt.

Das Leben geht weiter, leider hat das Glück scheinbar alle verlassen. Selten nur hat es in Comics ein ähnlich trostloses Szenario gegeben. Viele Aspekte einer apokalyptischen Welt spielen in Robert Kirkmans Setting eine Rolle. Das Leben ist zu einem stetigen Überlebenskampf geworden und die Menschen müssen nun wirklich beweisen, wie es um ihre Menschlichkeit bestellt ist. Kirkman versteht es, einen Handlungsstrang zu entwickeln, der gemäß erzählerischer Gesetzmäßigkeiten die Protagonisten ein ums andere Mal ins Unglück stürzt. Eine sichere Heimstatt wird zu einer tödlichen Falle. Gastfreundschaft entwickelt sich zu einem neuerlichen Alptraum.

Im Kern der Handlung stehen Rick und seine Familie. Rick war Polizist und ist gemeinhin das, was die Gesellschaft einen erwachsenen, verantwortungsbewußten Menschen nennt. Doch nichts hat ihn auf dieses Leben vorbereitet, das alle zugleich in den Wilden Westen zurückgeworfen hat. Sein ehemaliger Beruf hat ihn für die ihn umgebenden Menschen zu einer Führungsfigur gemacht, eine Position, die er nicht verlangt, jedoch automatisch übernommen hat. Bezeichnenderweise ist es weniger die Bedrohung von außen, die ihn innerlich zusammenbrechen lassen kann, als die Gefahr, die durch die Schwangerschaft seiner Frau ausgeht: Ist Shane möglicherweise der Vater? Der neue Zeichner Charlie Adlard setzt Rick nicht selten entsetzt oder verzweifelt in Szene. Für den Leser ist es binnen kurzem nur noch eine Frage der Zeit, wann für Rick die Belastung zu groß sein wird.
Kirkmans Idee, zweierlei vermeintlich rettende Refugien einander gegenüber zu stellen, bildet zwei sehr schöne Waagschalen, von denen keine es schafft, schwerer auszuschlagen. Weder Zombies noch Menschen scheinen noch ideale Gastgeber zu sein. So ist der Ort, den sie zum Schluss finden und der Rettung verspricht, bezeichnend. Eine ehemalige amerikanische Institution, die der Sicherheit der Bevölkerung diente, erweist sich möglicherweise als sicherer Hafen – nur sind diesmal die Rollen vertauscht.

Der Gruselfaktor, der im ersten Band sehr hoch war, wird hier nicht erreicht. Das liegt daran, dass die menschliche Komponente viel größer geschrieben wird. Die Tragödie steht hier im Mittelpunkt, denn trotz aller Anstrengungen mag es den Menschen kaum gelingen, ihrem vorbezeichneten Schicksal zu entkommen. Ein langer Weg, so der Titel des zweiten Bandes, könnte passender nicht gewählt sein, weil (sollten die Zombies nicht urplötzlich von der Erde verschwinden) dieser Weg für alle wohl bis ans Ende ihres Lebens andauern wird.

Zeichner Charlie Adlard hat kein leichtes Erbe übernommen. In Band 1 trug noch Tony Moore die künstlerische Verantwortung. Adlards Stil ist ein ganz anderer, härter, eckiger, vielleicht sogar derber zu nennen. Wichtig ist es grundsätzlich, dass die zeichnerische Ausführung zur Geschichte passt. Mit der Unterstützung von Cliff Rathburn, der sich für die Anlage der Graustufen verantwortlich zeichnet, gelingt Adlard der Sprung in die bereits laufende Serie trefflich. Seine Zeichnungen unterstreichen die Wirren, die die ziellos Flüchtenden durchleiden müssen.

Auch im zweiten Band wird ein Blick auf das Zombie-Genre geworfen, das auf einen jahrzehntelangen Werdegang zurückblicken kann. Diese Hintergrundinformationen runden ein spannendes Lesevergnügen ab, welches dem Zombie-Genre hilft, in eine höhere erzählerische Klasse aufzusteigen. 🙂

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