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Comic Blog


Freitag, 31. August 2012

Das Nest 6 – Ernest

Filed under: Abenteuer — Michael um 13:59

Das Nest 6 - ErnestMarie ist fort. Immer noch. Sie scheint auch keineswegs daran zu denken, ihren Aufenthalt in Montreal abzubrechen. Das Verhalten der übrigen Dorfbewohner, die ihr die kleine Affäre sehr nachgetragen und vorgeworfen haben, hat sie in diesem Entschluss nur bekräftigt. Langsam aber, aus der schlichten Notwendigkeit heraus, erkennen die Dörfler, was sie in ihrer Scheinheiligkeit angerichtet haben. Marie führte den Dorfladen. Sie besaß den einzigen Lieferwagen. Sie holte die Waren für alle ins Dorf. Nun, da sie fort ist, vielleicht für immer, sollte es ihr in Montreal allzu gut gefallen, hat das Nest ein echtes Problem.

Regis Loisel und Jean-Louis Tripp haben gemeinsam eine Serie geschaffen, die sich sehr stark auf das menschliche Miteinander konzentriert, ohne ins Boulevardtheater abzurutschen. Sie beschreiben eine Zeitenwende, ohne nostalgisch zu sein. Inzwischen haben sich alle Figuren mehr als nur vor den Augen des Lesers emanzipiert und bewegen sich mit außerordentlicher Leichtigkeit durch die Geschichte, die nicht nur vom Zwist der Leute lebt, sondern auch von sehr realen Problemen erschüttert wird. Die Waren können auch auf anderem Wege ins Dorf gelangen. Die Menschen verharren nicht, sie denken sich eine Lösung aus und gehen sie an. Wenn jedoch eine Bärenattacke ein Drama heraufbeschwört, kann selbst die stärkste Anstrengung nicht zum Erfolg führen.

Welten und Leben prallen aufeinander. Marie, die lange Zeit im Dorf verbracht hat und automatisch in eine bestimmte Richtung gelebt hat, erlebt in Montreal eine neue Freiheit. Diese mag in Gedanken vorhanden gewesen sein, doch ausgelebt ist sie nicht nur schöner, sondern macht (nicht nur vor dieser Zeitperiode) auch ein schlechtes Gewissen. Nicht, weil sie es nicht darf, sondern weil sie es sich selbst gestattet. Die Stadt, Montreal, mit seinen Vergnügungsmöglichkeiten und seiner aufbrechenden Moderne steht ebenfalls im totalen Gegensatz zum beengten und auf die Notwendigkeiten ausgerichteten Leben.

Ohne Worte. Loisel und Tripp, die beide zusammen an der Geschichte und den Grafiken gearbeitet haben, erschaffen eine zutiefst menschliche Atmosphäre, in der die Bilder einen großen Teil der Erzählung übernehmen. Szenen geben gewichtig wieder, wie sich das Leben abspielt, wo Schwerpunkte sind. Blicke, Gesichtsausschnitte zeugen von Gefühlen, Sorgen, Wünschen, Bedenken und auch Zuneigung, im besten Fall Liebe. Gespräche finden leise, sind beigefügt, fliegen mit und erdrücken nicht, lenken nicht ab.

Die Bildgebung, von Loisel choreographiert, von Tripp im Detail und feiner ausgearbeitet, mit spitzem Bleistift und feinen Graustufen, von Francois Lapierre plastisch koloriert, prall, herbstlich, wie es das Titelbild auch andeutet, bewegt sich nah an der Karikatur, aber niemals verächtlich. Jede Figur, in dieser realistisch gestalteten Umgebung, ist sicherlich überzeichnet, aber macht dem Künstler das Zeichnen leichter. Der Leser erkennt schneller und bei genauer Betrachtung sind die Mienen der einzelnen Charaktere so weit weg von der Realität auch nicht. Atmosphärisch dicht lassen die Helden den Leser, der bis hierher gelangt ist, nicht mehr los.

Die Ente, der Hund, die Katze. Ein ungewöhnliches Trio hat sich klammheimlich am Rande einen Platz in der Geschichte erobert, als kleine Beobachter wie auch als Abbild einer ungewöhnlichen Gemeinschaft, die sich zusammenrauft. Dieses Trio bleibt nicht allein und erhält nun Zuwachs. Loisel und Tripp schaffen mit der Drolligkeit dieser kleinen Szenen einen Ausgleich zur Ernsthaftigkeit der übrigen Handlung, kleine Verschnaufpausen abseits der großen und kleine Dramen.

In dieser Nische eine der besten Reihe seit langem. Mit viel Gespür für Menschen erzählt, genauem Blick, bei aller auftretender Dramatik auch sehr fröhlich, manchmal verspielt, echt, ehrlich. Die Gestaltung durch ein eingespieltes Künstlertrio ist inzwischen beispielhaft, beispielhaft gut. 🙂

Das Nest 6, Ernest: Bei Amazon bestellen

ATLANTIC 12

Filed under: SciFi — Michael um 10:20

ATLANTIC 12Der Lokführer Leon Van Bel hat das Ende seines Berufes, das Ende der Dampflokomotiven vor Augen. Immer mehr Maschinen werden verschrottet und andere Versorgungswege abseits der Schienenstränge geschaffen. Als Van Bel und seinem Heizer eines Tages wieder ein Lok auf einem Nachbargleis begegnet, die auf ihrer letzten Reise ist, fasst er einen verzweifelten Entschluss. Er will auf jeden Fall verhindern, dass seine ATLANTIC 12 diesen Weg geht. Aber wie soll er das anstellen? Wie bringt man eine riesige Lok in Sicherheit? Oder besser gesagt, wie stiehlt man eine Dampflok? Denn nichts anderes hat Leon Van Bel ins Auge gefasst.

Manchmal gibt es im Bereich Comic Überraschungen und Kleinode, die auch über das Medium hinausragen. ATLANTIC 12 ist eine solche Geschichte, die sich vordergründig mit der Ausmusterung einer Maschine befasst, aber vielmehr den Niedergang einer Ära beschreibt, Menschen mit eingeschlossen. Autor und Zeichner Francois Schuiten hat eine Geschichte verfasst, die sehr viel mehr umfasst als nur das nostalgische Gefühl über den Niedergang einer bis dato technischen Meisterleistung.

Die männliche Hauptfigur, Leon Van Bel, ein gestandener und erfahrener Mann, der seinen Beruf als Lokführer mit großer Leidenschaft verfolgte, der seine ATLANTIC 12 hegte und pflegte, seine Gesundheit für seinen Beruf riskierte und diesem sogar alles andere unterordnete, wird allmählich beiseite geschoben, auf das sprichwörtliche Abstellgleis, ein Wortspiel, das kaum besser passte als hier. Ein Mensch begreift eine Aufgabe als Lebenswerk, sein Arbeitswerkzeug soll nicht vergehen. Durch die langjährige Beziehung bleibt nur eine Lösung, um die ATLANTIC 12 vor dem Verschrotten zu bewahren: Entführung.

In penibel ausgeführten Schwarzweißbildern öffnet sich eine Geschichte, die zunächst wie aus dem Leben gegriffen wirkt und immer weiter in eine surreale Handlung abdriftet, wie sie auch einem George Orwell eingefallen sein könnte. Der Begriff Dystopie ist ebenfalls auf ATLANTIC 12 anwendbar, obwohl die Zielsetzung und die Hoffnungen der Figuren den Leser versöhnen. Die weite Welt, die Francois Schuiten beschreibt, erlebt eine wachsende Technisierung und zunehmende Entmenschlichung. Wo vorher Personen für den Transport verantwortlich waren, Eisenbahnen ihr Werk verrichteten, überziehen nun Stahlseile und Gondeln das Land. Immer mehr.

Ausgerechnet ein junges, stummes Mädchen und ein Sammler von Andenken einer ehemals bekannten Tänzerin machen der Figur des Leon Van Bel neuen Mut. In feinsten Strichen formt, schält und meißelt Schuiten realistische, meist düstere Bilder aus den Seiten heraus. Über allem liegt stets ein industrieller Rauch, eine Melancholie und der Fingerkniff, jedes Bild wie auf einer Bühne erstehen zu lassen. Ob in der Weite der dunklen Landschaft oder den gewaltigen Häuserblocks, überall findet sich die Einsamkeit, der Untergang, selbst die Hauptfigur erinnert an einen schwindsüchtigen Edvard Munch.

Vor diesem Schicksal eines sich mit letzter Kraft aufbäumenden Mannes verblasst beinahe die ATLANTIC 12, ein symbolträchtiges Wunderwerk der Technik, geschützt und in Sicherheit gebracht wie der letzte Dinosaurier, eine Ikone menschlicher Innovation und Schaffenskraft. Als Maschine ist sie von außerordentlicher Eleganz und vernichtet gleichzeitig ihren Lokführer, denjenigen, der sich so für sie einsetzt. Mit einer gekonnten Technik aus sanften Strichen, Schraffuren und Flächen reißt Francois Schuiten seine Szene auf und schafft Räumlichkeit, deren Atmosphäre zu alten Schwarzweißfilmen tendiert. Man könnte sogar behaupten, dass manchmal Worte überflüssig sind. Die Bildsprache allein ist außerordentlich gut.

Ein kleines Meisterwerk mit einem Blick auf viele kleine Details, die das Menschsein ausmachen. Die ATLANTIC 12, als Beispiel ebenfalls meisterhafter Schaffenskraft, ist das Bindeglied, dem hier ein fabelhaftes und überaus liebevolles Comic-Denkmal gesetzt wird. 🙂

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Oder bei Schreiber und Leser.

Dienstag, 28. August 2012

ZWERG 2 – Razoark

Filed under: Abenteuer — Michael um 16:09

ZWERG 2 - RazoarkEin Bär hat normalerweise nichts von einem Zwerg zu fürchten, ganz gleich, wie gut dieser bewaffnet ist. Im Schatten eines Bären verschwindet ein Zwerg. Will ein Winzling einen Giganten wie einen Bären beherrschen, braucht es dazu schon etwas anderes. Eine Art Zauber. So gibt sich die Versammlung sicher. Der Hund, der sich zu nahe an den Giganten heranwagt, büßt es sogleich und wird zur Zwischenmahlzeit. Aber die Zwerge, so hochmütig über die jüngsten Erfolge, tappen in die Falle ihrer eigenen Überheblichkeit. Bald schon erkennen sie die wahre Macht des Bären. Selbst ein großer Trupp ihrer Soldaten ist kein nennenswertes Hindernis, wenn der Koloss sich erst einmal seinen Weg bahnt.

Bären mit Charakter. Bereits das Titelbild verrät zu einem gewissen Teil, worauf der Leser sich einzustellen hat. Weit entfernt von einem Balu präsentieren sich die Bären hier eher so, wie es der menschliche Instinkt vorgaukelt. Knurrig, Riesen im Pelz, eine Urgewalt auf vier Pfoten, unbeugsam, eigensinnig. Shovel fügt noch Begriffe wie ehrenhaft und stolz hinzu. Gefürchtet innerhalb des Waldes von anderen Tieren sind sie sture Krieger, die sich mit aller Kraft den Zwergen entgegenstellen. Shovel gestaltet diese Meister Petze vor Kraft strotzend, als wahre Fellberge und je nach Charakter ein wenig dümmlich dreinblickend oder mit einer gewissen Würde ausgestattet.

Die Zwerge gewinnen wieder ein Plus hinzu, da sich eine Widerstandsbewegung gegen die Obrigkeit offenbart und sich zeigt, dass nicht alle dieses kleinwüchsigen Volkes derart blindwütig und herrschsüchtig sind, wie es noch im ersten Teil der Reihe Zwerg der Fall war. Diese neuen Sympathien darf der Leser durch die Augen des Zwerges Oth, des Helden der Geschichte, erleben, der auch die weibliche Seite des Zwergenvolkes (die hier übrigens keine Bärte haben) in Form der Zwergin Siliane, ihres Zeichens sogar im Range einer Generalin.

Die Winterzeit hat das Land gepackt. Entsprechend rüde und wild gibt sich das Land. Reiter, die sich durch den Tiefschnee wühlen, Auseinandersetzungen, Landschaften, Festungsansichten und nicht zu vergessen die Bären, die für ein gehörig Maß an Atmosphäre dieser Geschichte sorgen. Neben der Gestaltung der Ereignisse an den Höfen der Zwerge und der verfeindeten Sylven kann besonders eine Sequenz beeindrucken, die den Helden mit einem waschechten Basilisken konfrontiert. Ausgerechnet dieses Wesen ist von Oths Fähigkeit, mit Tieren reden zu können, ziemlich unbeeindruckt. Umso mehr kann sich der Leser auf eine rasante Hatz unter der Erde freuen, fast eine Hommage des Kampfes zwischen Siegfried und Fafnir.

Es ist schön zu sehen, wie Shovel sein Universum abseits der großen Publikationen von Tolkien und auch der bekannten Heldensagen entwickelt. Andererseits finden sich Szenen, die an klassische Rollenspiele erinnern, Aufgaben, die zu lösen sind, Kellergewölbe ohne Drachen, dafür mit allerhand anderem Getier und Feinden. Die Unregelmäßigkeit der Bildaufteilung jeder Seite zwingt zu immer neuem Einstellen auf gefährliche, einfühlsame oder schlicht beschreibende Situationen und Szenen. Beispielhaft hierfür sind die Räumlichkeiten von Oths Onkel, die eine hohe Gestaltungsfreude zeigen, mit vielen Einzelheiten, die schon wieder die Grundlage weiterer Geschichten sein könnten.

Dichter als der erste Teil erzählt, grafisch mit vielen schönen Eindrücken für Fantasy-begeisterte Leser ausgestattet, die Welt der Zwerge einmal anders, sehr prachtvoll illustriert.

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Samstag, 25. August 2012

ZWERG 1 – Wyrimir

Filed under: Abenteuer — Michael um 15:55

ZWERG 1 - WyrimirKinder mit einem Mal werden getötet. Eltern, die sich den Anordnungen des Herrschers widersetzen, drohen drakonische Strafen. Der Schmied und seine Frau wussten um dieses Gesetz. Sie flohen und ließen sich woanders nieder. Doch die Hebammen fanden sie. Es hieß, die Zwergenfrau habe die Geburt des Jungen nicht überlebt. Allein mit dem Neugeborenen fasste der Schmied den Entschluss, sich für immer aus den Sphären der Zwerge zu entfernen, einzig, damit er seinen Sohn groß ziehen könne. Verborgen im Wald Belouve, einem geheimnisvollen Gebiet voller Gefahren, sind sie lange Zeit sicher. Aber die guten Zeiten gehen vorüber. Der Tod naht und verändert alles.

Shovel, in Personalunion als Autor und Zeichner, nimmt den Leser in eine Welt, in der die Zwerge ein wenig gelittenes Volk sind. Brutal, herrschsüchtig und gierig gegen andere Wesen und Tiere, werden sie gescheut wie die Pest. So ist es kein Wunder, dass ein Ausgestoßener der Zwerge völlig allein in der Welt steht. Aber Shovel wendet einen Trick an, stattet seinen Helden nicht nur mit einem Mal und einer damit einhergehenden Prophezeiung aus, er gibt seiner Figur auch ein paar Begabungen mit auf den Weg, die ihm das Leben etwas erleichtern.

Es beginnt mit einem Frosch. Der junge Oth, der Zwerg ohne Familie, eigentlich auch ohne Heimat, kann diesen Frosch plötzlich verstehen, Wort für Wort. Und nicht nur das. Sogar der Frosch, der fortan an seiner Seite bleibt, kann jeden Satz des Zwerges verstehen. Für Oth ist das nur der Anfang. Der Name im Untertitel des ersten Bandes der auf fünf Folgen angelegten Reihe, Wyrimir, deutet auf eine wichtige Figur hin, die der Geschichte eine deutlich andere Richtung gibt, als sie ansonsten in Fantasy-Abenteuern zu finden ist, die sich mit den eher klassischen Motiven und Völkern derlei Welten beschäftigen.

So entsteht eine Prise asiatischer Fantasy, ein sehr geerdetes Szenario, in der die Natur eine sehr große Rolle spielt. Denn neben den Streitigkeiten der Völker, mit anderen, aber auch innerhalb der jeweiligen Gesellschaften, sind die Tiere eine maßgebliche Partei, die im Zwerg den größten Feind sieht. Eine Figur wie Oth, die zu einer Art friedlichem Miteinander beitragen kann, wird zu einer Lichtgestalt. Diese ist allerdings optisch weit davon entfernt, sehr glanzvoll zu sein. Oth ist zwergengemäß klein, noch jung und mit wenigen Gesichtshaaren ausgestattet. Shovel zeichnet sein Fantasy-Universum mit sehr feinen Strichen unter größtmöglicher Ausnutzung des vorhandenen Raums.

Die Umgebung ist klassisch mittelalterlich. Durch den Einsatz von Tieren, der einen manchmal auch verleiten kann, Vergleiche zum Dschungelbuch zu ziehen, wird es nach und nach immer märchenhafter. Tiere sind deutlich an der Realität orientiert, aber Shovel verzichtet nicht darauf, ihnen charakterliche Züge zu verleihen. Wölfe, Wildschweine, Bären, Hunde, Frösche und anderes Getier belebt das Szenario auf frische Art und Weise, in der Nähe bekannter Fantasy-Klassiker und dennoch eigenständig, von Seite zu Seite mehr, in Wort und Bild.

Wenn Tiere im Spiel sind, wird natürlich zumeist auch das Herz angerührt oder die Komik drängt sich den Vordergrund. Der Frosch ist für die Komik zuständig, alle anderen haben eher einen kiplingschen Adel, sind zeitweise auch von einer gewissen Schüchternheit geprägt. Das sorgt optisch für viel Dramatik, die so nach der Einleitung nicht zu erwarten war.

Ein ungewöhnlicher Auftakt, der angestammte Genre-Pfade bald verlässt und sich neue Routen erschließt. Sehr reich illustriert. Die Nebendarsteller, die Tiere, laufen den Zweibeinern schnell den Rang ab. 🙂

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Dienstag, 21. August 2012

GHOST RIDER – Spirit Of Vengeance

Filed under: Comics im Film — Michael um 18:17

GHOST RIDER - Spirit Of VengeanceKönnte der Ghost Rider auf immer gebannt werden? Könnte Johnny Blaze ein normales Leben führen? Die Verlockung ist groß, einen letzten Auftrag als Ghost Rider anzunehmen, um sich später in den Nächten nicht mehr verwandeln zu müssen. Moreau, ein Kämpfer für das Gute, schlägt Johnny diesen Handel vor. Johnny ahnt nicht, wer seine Gegner sind, noch erkennt er zunächst, wen er da beschützen soll. Menschen und Dämonen fahren schweres Geschütz auf, um ihn aufzuhalten und der Ghost Rider muss zeigen, was er alles einstecken kann.

Der Teufel will nicht zum ersten Mal dauerhaft auf die Erde gelangen, obwohl er sich hier mit dem Namen Roarke herumtreibt, ist seine Intention doch deutlich. Ein menschlicher Körper, der dem Teufel Obdach gewährt, kann die finsteren Energien nicht lange aushalten. Ein menschlicher Körper jedoch, der vom Teufel selbst gezeugt, von einer menschlichen Mutter ausgetragen wurde, bietet die optimalen Bedingungen, um das Böse zu beherbergen. Wie es sich gehört, ist einer körperlichen Übernahme auch eine Frist gesetzt. Die einen wollen sie unbedingt einhalten, die anderen wollen sie verhindern. Und wie immer haben jene, die es verhindern wollen, verdammt schlechte Karten. Aber sie haben einen Joker: Ghost Rider.

Nicolas Cage spielt einen Johnny Blaze, der wirklich alles hinter sich gelassen hat. Ruhm, jeglichen Luxus und selbst sein Motorrad hat schon sehr viel bessere Tage gesehen. Irgendwo in Osteuropa, wo die Welt noch wild ist, das Gesetz des Stärkeren einen deutlich höheren Stellenwert besitzt, hat er sich wahrhaftig verkrochen und harrt der Ausbrüche des Ghost Riders, der längst vergessen zu haben scheint, wie man schwere Sünden und leichte Vergehen unterscheidet.

Nicolas Cage spielt hier den Rider in einer sparsameren Inszenierung, als es noch in Teil 1 der Fall war. Der Osten Europas ist ein graues, staubiges Gebilde. Verzweiflung liegt über allem. Das Ende der Welt in einer Zivilisation, die nicht weiß, ob sie aufwachen oder für immer eingehen soll. Cage spielt souverän wie immer, ist aber auch meist nur die Vorhut für das Erscheinen des Riders, der düsterer, verbrannter, dämonischer und gemeiner wirkt als im ersten Teil. So verhält es sich auch mit seinem Motorrad, das nicht übermäßig getunt, dafür um so biestiger daher kommt.

Aus Comic-Sicht wäre ein Schauplatz im amerikanischen Westen wünschenswerter, auch näher an der Vorlage gewesen. So geht die Exotik der Geschichten des Riders zugunsten einer klassischeren Umgebung (schließlich hatte Marvel auch einmal Dracula im Programm) etwas verloren. Auch die bisher erzählte Vorgeschichte (siehe Teil 1) gerät etwas in Vergessenheit.

Die Flammeneffekte, die einen Großteil der Erscheinungsform des Riders ausmachen, sind realistischer, weniger comic-artig. Asche platzt vom Schädel ab. Die Kleidung besitzt eine teerartige, aufplatzende Oberfläche. Der dämonische Roarke kommt als Gegner nicht sehr zum Zug, dafür darf sein Gehilfe, ausgestattet mit einer besonderen Fähigkeit, zum Duellgegner des Riders werden. Dies bildet die Grundlage für einige interessante Szenen, die mehr Wert auf Horror legen, als auf ein buntes Popcorn-Vergnügen.
Spätestens, wenn der Zuschauer die neue Fähigkeit des Riders kennen lernt, seine Flammengewalt auch auf andere Vehikel auszudehnen, wird verständlich, was damit gemeint ist.

Fans von Comic und Horror werden einige bekannte Gesichter entdecken. Allen voran Christopher Lambert (den Highlander), Anthony Head (den Giles aus Buffy), Idris Elba (den Heimdall aus Thor) und Ciaran Hinds (ein häufiger Bösewicht in Filmen, wie auch in Tomb Raider 2).

Eine rasante Hatz, die dem Ghost Rider neue Gegner beschert, neue Fähigkeiten und in ein ausgedehntes Finale mündet. Deutlich mehr Horror, weniger Comic, etwas nüchterner, aber unterhaltsam. Doch sollten sich hauptsächlich Comic-Fans mit dem Film anfreunden können, aber das ist in der Vergangenheit meistens so gewesen. 🙂

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Die Opalverschwörung

Filed under: Abenteuer — Michael um 11:39

Die OpalverschwörungWas wäre, wenn es jemals einem Menschen gelungen wäre, einen Blick in die Zukunft zu werfen? Nicht seiner ganz persönlichen Zukunft, nein, nicht weniger als einen Blick in die Zukunft der gesamten Menschheit? Wie wertvoll wäre ein solcher Bericht? Oder wie gefährlich? Nostradamus, Angehöriger einer geheimnisvollen Organisation, hat früh erkannt, wie gefährlich sein Wissen seinen falschen Freunden werden kann, die nun alles daran setzen, den Schlüssel zu seinen Texten zu finden. Der Seher, weise genug, um drei Menschen vor der Pest zu retten, bündelt die Spur zu seinen Weissagungen in drei Opalen, die er den genesenen Patienten übergibt. Viele Jahre später befinden die Steine sich im Besitz der Nachkommen der ehemaligen Pestkranken. Das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Eric Corbeyran hat sich als Comic-Autor bereits mit vielerlei phantastischen Geschichten in unterschiedlichen Epochen beschäftigt. (u. a. mit Assassin’s Creed, Metronom). Nostradamus, jene berühmte Figur, deren Vorhersagen immer noch Rätsel aufgeben, sehr vielsagend sind und der von vielen natürlich als Scharlatan abgetan wird, bildet mit seiner Opalverschwörung die Grundlage der Geschichte, die Vergangenheit. Danach tritt er kaum noch in Erscheinung. Im Zentrum des Geschehens, als Erben des Rätsels, stehen drei sehr unterschiedliche Helden zu Beginn der Handlung in der zweiten Hälfte des Jahres 1628.

Joachim bewegt sich als Heiler und Wissenschaftler (ein wenig Magier) im engsten Kreis um Kardinal Richelieu. Der Schwede Erik ist ein Soldat und ein mit überproportional entwickelten Muskeln ausgestatteter Raufbold. Die Piratin Alassane, die jüngste Besitzerin eines Opals in der Runde, steht den anderen beiden in Sachen Draufgängertum in Nichts nach. Die drei Individuen finden weniger aus freundschaftlicher Anziehung als aus purer Notwendigkeit zueinander. Da die Suche nach den Hinterlassenschaften des Nostradamus auch gleichzeitig eine Flucht vor jenen ist, die jene alten und verschlüsselten Dokumente an sich bringen wollen, kann Eric Corbeyran von einer abwechslungsreichen Szene zur nächsten erzählen.

Mit Die Opalverschwörung ist dem Autor ein historischer Seitenumblätterer gelungen, der sich in der Tat erst mit der Kenntnis der letzten Seite schließen lässt. Dank Grun, dem Zeichner und Koloristen, der mit Eric Corbeyran auch bei der Science Fiction Geschichte Metronom zusammenarbeitete, strahlt aus den Bildern dieses Sammelbandes, der die komplette Reihe beinhaltet, eine dichte Lebendigkeit, die sich nicht nur in der Strahlkraft ihrer Farben äußert.

Diese wilde Epoche, die vielen eher durch das Auftreten der drei Musketiere bekannt ist, wird von Grun mit ungeheurer Liebe zum Detail gezeichnet. Die vielen Kulissen und Ausstattungen sind wunderschöne Darstellungen, technisch perfekt ausgeführt, sehr intensiv auch choreographiert, entführen geradezu in jene Zeit, in der sanftes Sommerlicht romantische Höfe, aber auch spartanische Heerlager, Segelschiffe und Häfen beleuchtet. Des Nachts schimmert das Fackellicht und der Schein aus Kaminöfen in den herrschaftlichen Zimmer und beleuchtet intrigante Gespräche und für die Kirche eher unsittliche Vorgänge.

Grun zeichnet möglichst realistisch, auch mit hohem Aufwand in jeder einzelnen Szene und nimmt scheinbar die Vorgaben von Eric Corbeyran dankbar auf, wenn es denn gilt, bekannte Persönlichkeiten in die Handlung zu integrieren. Kardinal Richelieu ist nur der erste historische Name, der sich die Ehre gibt. Peter Paul Rubens und Galileo Galilei folgen.

Ein pralles Lesevergnügen in historischer Umgebung mit drei sehr interessanten und vielschichtigen Hauptcharakteren. Ein perfektes Abenteuer im Comic-Gewand, das vorbildlich von Grun gestaltet wurde, der sich hier einmal mehr als Meister der Atmosphäre in Form, Licht und Farbe beweist. Sehr gut. 🙂

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Donnerstag, 16. August 2012

Der Mann der keine Feuerwaffen mochte 1

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:34

Der Mann der keine Feuerwaffen mochte 1 - Blaue BohnensuppeByron Peck ist zu vornehm für diese öde Gegend, in der nur Gewalt zum Ziel führt und ein Reisender stets auf der Hut sein muss. Wenigstens hat er mit Knut Hoggaard einen imposanten Hünen an seiner Seite, der Furcht einzuflößen versteht. Tim Bishop ist weder vornehm, noch ist er besonders groß. Und Furcht flößt er schon gar keinem ein. Liebe auf den ersten Blick war es, die ihn in diese Schwierigkeiten brachte. Eine schöne Frau mit flammend roten Haaren, am Fenster eines Waggons gesessen, brachte ihn dazu, einfach auf den Zug aufzuspringen, um bei nächster Gelegenheit ihre Bekanntschaft zu machen. Leider wirft ihn der Zugaufseher bei der nächsten Gelegenheit aus dem Zug. Geradewegs auf einer Brücke.

Wilfrid Lupano ist zurück. Beschrieb der Autor mit Alim der Gerber ein ungewöhnliches Fantasy-Abenteuer (aber auch ein ungewöhnlich schönes), zieht es ihn nun in den Wilden Westen. Man darf behaupten, dass Lupano einige Western-Filme gesehen hat, so ganz bestimmt auch Die gefürchteten Vier mit Lee Marvin und Burt Lancaster. Eine Frau landet schließlich in den Fängen eines mexikanischen Banditen. Drei Männer eilen zur ihrer Befreiung herbei. Na, immerhin einer. Die anderen beiden, seltsamerweise jene, von denen man es am wenigsten erwarten würde, wollen sie lieber umlegen. (In einem Western tötet man nicht, man legt jemanden um.)

Sehr früh, nicht nur durch die eingangs beschriebene Szene, wird klar, dass es sich nicht um einen sehr ernsten Western handelt. Die Charaktere sind schillernd beschrieben, manchmal durchaus glaubhaft, aber auch kantig, mit vielen Merkmalen, die bei Comicfiguren nicht oft zu finden sind. Wilfrid Lupano traut sich was, er verlässt angestammte Pfade, nimmt sich auch bekannte Charakterformen her, zieht sie etwas, staucht sie etwas (das ist mitunter auch tatsächlich optisch nachzuvollziehen) und verbeugt sich sogar vor sehr bekannten Figuren. So könnten die beiden Figuren Peck und Hoggaard infolge ihres Verhaltens sogar als Hommage an Dr. Jekyll und Mr. Hyde verstanden werden. Hoggaard sieht der Filmfigur Hyde, wie sie in Van Helsing auftauchte, sogar etwas ähnlich.

Humor und Abenteuer: Zeichner Paul Salomone arbeitet mit sehr feinen Strichen in einer Stärke und erinnert in seiner Technik ein wenig an Scott Kolins (Die Rächer), hat aber einen viel witzigeren Ausdruck in seinen zahlreichen Charakteren, die er hier zu Papier zu bringen hat. Im Anführer der mexikanischen Banditen werden sich Western-Fans an Jack Palance erinnert fühlen, der in Die gefürchteten Vier in einer ähnlichen Rolle brillierte. Margot de Garine, die weibliche Hauptrolle, besticht durch ein äußerst weibliches Auftreten, geizt weder optisch noch anderweitig mit ihren Reizen.

Jesus bewacht die Tür. Aber außer dem Namen haben der christliche Messias und der Mexikaner, der für den erwähnten Banditen Manolo auf die Beute der Bande aufpasst, nichts gemein. Etwas dümmlich, jederzeit bereit, eher zu schießen, als zu fragen, ist er recht voluminös geraten, mit kleinem Kopf, dafür mit umso mehr Munition. Durch Paul Salomone findet sich eine schicke und durchaus naturgetreue Westernausstattung, eine stimmige Kulisse und überaus gelungene Gesamtansichten, die einen sofort in die glorreichen Tage solcher Leinwandepen zurückversetzen.

Dank der sehr plastischen und atmosphärischen Kolorierung von Lorenzo Pieri erhalten die Bilder Tiefe, wird auch der nostalgische Effekt herausgekitzelt, der das Genre mit dieser Publikation neu beleben könnte.

Ein Westernspaß, sicherlich, aber mit allem Drum und Dran, was zu einem ordentlichen Western gehört, nur witziger. Charmant, versiert gezeichnet, stimmig koloriert und durchgehend unterhaltsam. Auf die Fortsetzung des Abenteuers um die skurril liebenswerten Hauptfiguren bin ich gespannt. 🙂

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Dienstag, 14. August 2012

Ravermoon 1 – Das Versprechen der Flammen

Filed under: Abenteuer — Michael um 17:49

Ravermoon 1 - Das Versprechen der FlammenWer einen Zauber beschwört wollte in jenen Tagen nicht anderes als die endgültige Vernichtung des Feindes. Selbst dem Untergang geweiht schickte der Gegner den tödlichsten Zauber, den Bleiernen Himmel. Der Eindruck dieses fürchterlichen Phänomens dauert noch lange an, doch zwei Jahrhunderte später hat der Frieden scheinbar gewonnen, strahlt das Land und haben selbst die Magier keinen nennenswerten Schaden heraufbeschwören können. Bei einer der üblichen Zusammenkünfte, bei der die Zeitenformer, ein Zweig der Zauberer, wie immer als letzte zu Wort kommen, entsteht ein Tumult über eine Neuentdeckung, die niemand für möglich gehalten hat.

Die Zeitenformer behaupten, es sei ihnen geglückt die Zeit in Abschnitten auf einem begrenzten Raum zu beeinflussen. Ein kleines Experiment beweist sogleich die Behauptung und die zahlreichen Gegner und Spötter aus den übrigen Magiesparten geben sich kleinlaut. Allerdings erkennen bereits innerhalb kurzer Zeit einige Zuhörer den Nutzen einer solchen Zauberei. Insbesondere die Krieger können sich schon strategische Manöver mit dieser Magie vorstellen. Das Prestige der Zeitenformer steigt an diesem Tag enorm, allerdings haben sie nicht allzu viel davon, denn bereits in der nächsten Nacht löscht eine Serie von Attentaten diese Magierkaste auf einen Schlag aus. Bis auf einen, der entkommen kann.

Sylvain Cordurie kreiert eine vordergründig mittelalterliche Welt, deren Gefüge nicht nur durch Magie aus der Bahn geworfen wird, sondern besonders durch Intrigen und Zänkereien um die Macht. Nicht jeder hilft den Verschwörern bereitwillig. Manchmal sind es Erpressung und die Furcht um die engsten Familienmitglieder, die die Helfershelfer zur Mithilfe nötigen. Niemand hier in dieser geheimnisvollen Geschichte ist völlig böse oder vollkommen gut. Ausnahmen bestätigen die Regel. Und jene Gestalten, die als Feind im Hintergrund lauern, machen auch nicht wirklich einen menschlichen Eindruck, so dass sie sich einer entsprechenden Definition auch entziehen können.

Grafisch kann sich Zeichner Leo Pilipovic in die erste Garde seiner Kollegen einreihen. Einerseits steht er Meistern ihres Fachs, wie John Buscema (muss ich einfach immer wieder als Beispiel anführen) oder Ernie Chan, in Nichts nach. Andererseits verfolgt er auf die Art wie weitere seiner Kollegen eine klassisch realistische Linie, durchaus mit vielen Variationen in den Äußerlichkeiten seiner Charaktere, aber auch mit deutlichem Hang, möglichst schöne Figuren zu zeichnen. Selbst wenn sie hässlich sind. So paradox das auch klingen mag. Hier liegt er auf gleicher Linie mit seinem Kollegen Iko (Finsternis).

Eine fantastische Welt lebt von der optischen und gefühlten Atmosphäre. Leo Pilipovic setzt für den szenischen Wechsel oder die Einführung einer Sequenz gerne ein größeres Bild ein, eine Außenansicht oder auch eine heimelige Inneneinrichtung. Hier gibt es viele Orte, die dem Leser nach und nach eine genaue Sicht auf dieses mittelalterliche Reich gewähren und beinahe mit dem Fingerspitzengefühl für Postkartenidylle zu Papier gebracht wurden. Hier stimmen Strich und Perspektive. Für den Leser gibt es dank der Details vieles zu entdecken. Aufwand wurde auf keiner Seite, in keiner Szene gescheut. Hier findet sich einmal mehr fantastisches Kino.

Ravermoon ist eine Serie, die optisch auch all jenen gefallen dürfte, die bereits an der Lektüre von Götterdämmerung oder Lancelot ihre Freude hatten. Die Abkehr in dieser Serie von bekannten Themen sorgt entsprechend für Überraschungen, beginnend bei dem großen Feind im Hintergrund, der ausgerechnet eine kirchliche Organisation ist.

Spannender Auftakt, optischer Genuss, dank eines neuen Umfelds der Handlung, neuen Figuren, vielversprechenden Verwicklungen eine sehr unterhaltsame Lektüre. 🙂

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Mittwoch, 08. August 2012

Hauteville House 2 – Reiseziel Tullum

Filed under: Abenteuer — Michael um 20:56

Hauteville House 2 - Reiseziel TullumTaktische Lufteinheit Santa Anna. Das ist kein Luftschiff, vielmehr handelt es sich im wahrsten Sinne des Wortes um eine fliegende Festung. Aber die Verteidiger sind nicht schutzlos, solange sie mit der gleichen Effizienz zu Werke gehen. Die Angriffe erfolgen aus der Luft und am Boden. Ein Kugelhagel empfängt sie, drängt sie sogar kurz zurück. Doch schließlich ist die Übermacht, die bessere Technik der Garant für den Sieg. Die Verteidiger ziehen sich zurück. Ein Portal öffnet sich und sogleich sind sie für ihre Verfolger vorerst entkommen.

Groß, größer, Luftschiff. Die Experimentierfreude des Comic-Teams, die Ausdrücke in technischen Höchstleistungen, mit der sich die Gesellschaft, genauer die Armee, hier umgibt, sind sehenswert und überzeugen durch feinen Einfallsreichtum. Das Titelbild vermittelt einen kleinen Eindruck all der Ideen, die sich hier tummeln. Von der Gigantomanie des hier gezeichneten industriellen Standards, oftmals im Bereich des Möglichen, bis hin zu den kleinen technischen Finessen, derer sich die Charaktere hier bedienen.

Diese Ideen sorgen nicht nur für zusätzliche und ungewöhnliche Spannungselemente, sie geben dem Erzähler Fred Duval auch ganz anderes Gestaltungsmaterial an die Hand. Sprang ein James Bond nur dann und wann einmal aus einem Flugzeug ab, sind es hier gleich geflügelte Einsatzkräfte, die gleich zu Beginn für Action der besonderen Art sorgen, nachdem sie aus der Taktischen Lufteinheit Santa Anna abgesprungen sind. Der zweite Band knüpft mit derselben Erzählungswucht dort an, wo der erste Band aufhörte. Während auf dem nordamerikanischen Kontinent die Bürgerkrieg tobt, betreiben die beiden gegnerischen Agenten Gavrosche und Zelda ihre eigenen Spielchen.

Reiseziel Tullum, so der Untertitel der zweiten Ausgabe, bringt dem Leser schon einen Teil des Rätsels Lösung näher. Die Mythologie Süd- und Mittelamerikas bietet einen gehaltvollen Schlüssel dazu. Auch die Eroberungsgeschichte des lange Zeit fernen Kontinents fließt in die Erzählung von Fred Duval mit ein. Allerdings bietet sie nur einen kleinen Ausschnitt der Handlung, die zügig vorangetrieben wird. Größtenteils vergessen ist vorerst Europa, bilden die Dschungel und Wüsten, die soldatischen Szenarien und auch archäologischen Abschnitte ein reichhaltiges Füllhorn, um eine sehr abwechslungsreiche Handlung für den an Abenteuern interessierten Leser zu entführen.

Entsprechend der verschiedenen Schauplätze kann Zeichner Thierry Gioux in der zweiten Folge noch zulegen, exotischere Gegenden zeichnen, technisch noch ausgefallener werden und ungewöhnlichste Kämpfe und Reisen skizzieren. Die mexikanische Kulisse vermischt Exotik mit interessanten Perspektiven und Szenen, in der (hier) moderne Technik auf veraltetes Kriegsgerät trifft. Dahinter entstehen durch den Forscherdrang einer Figur wie Gavrosche Sequenzen, die eines Indiana Jones würdig wären. Sehenswert und in bester Kinomanier aufbereitet, sind die Sequenzen im Dschungel, rund um den Tempel.

Farblich knackig. Die Welt von Hauteville House ist kräftig bunt. Manche Comics arbeiten mit farblichen Stimmungen, Grundtönungen, nicht so Carole Beau, die auch hier die Kolorierung wieder übernommen hat. Durch die knackige Farbgebung erhöht sich der Kintoppeffekt noch und wird die Handlung in eine zuweilen komödiantisch abenteuerliche Stimmung entrückt. Aber wer mit Abenteuern in diesen Dimensionen vertraut ist, wird genau das erwarten.

Eine gelungene Fortsetzung, die vor allem eines zeigt. Durch die Vermischung von Historie mit vielen eigenen Ideen, dem Steampunk, ist die Grenze der Möglichkeiten für die fortschreitende Handlung nach oben offen. Nichts ist vorhersehbar. Ziemlich gut. 🙂

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Hauteville House 1 – Zelda

Filed under: Abenteuer — Michael um 12:13

Hauteville House 1 - ZeldaDie Arbeiten in der Pyramide gleich am Meeresufer gehen zäh voran. Dabei wäre es vorteilhafter, würde die vorgesehene Bergung zügiger vonstatten gehen, denn der Feind naht auf dem Landweg. Eine kleine Einheit französischer Soldaten will die vorrückenden Mexikaner aufhalten. Und die Männer sind sogar bereit für Napoleon III. in den Tod zu gehen. Die Vorherrschaft über die gesamte Welt wird vielleicht an diesem schmalen Küstenstreifen entschieden werden. Doch es kommt ganz anders.

Technik hat diese Welt vorangebracht. Panzerschiffe kreuzen auf den Meeren. Luftschiffe sind zu einem alltäglichen Anblick im militärischen Umfeld geworden. Im Geheimen gedeihen neue Pläne zur Expansion, bekriegen sich die Geheimdienste hinter den Kulissen der Weltöffentlichkeit und eröffnen immer neue Fortschritte neue Möglichkeiten. Gavroche, mit bürgerlichem Namen Gabriel Valentin la Rochelle, ist ein solcher Agent, der sein Leben in den Dienst Frankreichs gestellt hat. Sollte die Wissenschaft nicht den nötigen Vorsprung zur erhofften Vormachtstellung über den amerikanischen Kontinent bringen, dann ist es vielleicht die Mystik, die das berühmte Zünglein an der Waage sein wird.

Fred Duval nimmt sich ein Stück Geschichte und verändert es in eine abenteuerliche Zeit, nah am Steampunk, eine eigens konstruierte Welt, die einem Jules Verne zur Ehre gereicht hätte. Technik mit den jeweiligen Möglichkeiten einer Ära weiterzuspinnen, ist kein neuer, aber stets ein faszinierender Gedanke. Welche Technik hätte wohin führen können? Wäre sie nur entsprechend genutzt worden. Es schwimmt, es fliegt besonders faszinierend und der Begriff Datenbank ist beinahe wörtlich umgesetzt. In der hier gezeigten Umsetzung ist er sogar ein geradezu schönes bildhaftes Beispiel, um diesen doch meist abstrakt benutzten Begriff deutlicher zu machen.

Thierry Gioux, der Zeichner, muss für diese Comic-Reihe die Vergangenheit auferstehen lassen. Seine Bilder und Ansichten von Mittelamerika und Europa, von Inneneinrichtungen, der faszinierenden Technik zu Lande und zu Wasser, wie auch in den geheimen Einrichtungen, der Mode und der Ausrüstung sind auf jeder Seite äußerst detailverliebt und für den Freund von Steampunk-Geschichten oder die Fans der fantastischen Abenteuer eines Jules Verne genau richtig. Zu den Höhepunkten des vorliegenden gehören sicherlich ein Besuch im Allerheiligsten des französischen Geheimdienstes auf der Insel Guernsey (wo Thierry Giuox tatsächlich lebt).

Die Ansicht der riesigen Freiheit, der theatralischen Figur, die den Sturm der Revolution im Gemälde von Eugene Delacroix voran eilt und verschiedene andere Ansichten zeigen eine altertümliche Kommandozentrale, die sich zu helfen weiß. Technik muss hier das nutzen, was zur Verfügung steht und doch kann man sich dem Flair eines modernen Bond-Abenteuers nicht entziehen. Eine ebensolche Hommage wird mit dem Endgegner des ersten Bandes deutlich, wenn sich die Helden einer bis dato sehr ungewöhnlichen Maschine zum Kampf stellen. Wieder erfolgt eine zeitgemäße Umsetzung, sehr aufwändig, effektvoll inszeniert und auch bestens choreographiert.

Seinen Figuren verschafft Thierry Gioux ein unverwechselbares Aussehen. Er gehört zu den Zeichnern, die in manchen Teilbereichen ihrer Arbeit einen besonderen Stil entwickelt haben. In den Gesichtern der Charaktere liegt ein leichtes puppenhaftes Grundaussehen, aber wiederum sehr wandelbar, geradezu verwandelbar wie bei einem Schauspieler. Der leichte intuitive Strich, der bei den Personen zum Tragen kommt, findet sich bei den Kulissen kaum.

Abenteuerlich im besten Sinne: Fred Duval jagt seine Helden durch die Geschichte und Welt, sympathisch, einfallsreich, schön illustriert und auf vielen Seiten selbst für Comic-Veteranen wie auch Steampunk-Freunde sicherlich überraschend. 🙂

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