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Comic Blog


Samstag, 08. August 2009

Skydoll Spaceship Collection 1

Filed under: SciFi — Michael um 12:05

Skydoll Spaceship Collection 1Voodoo Zauber für jedermann. Oder besser: Jederfrau. Oder noch besser: Jederdoll. Das gibt es heutzutage zu kaufen. Eine Anleitung liegt bei. Das ist einfacher als kochen. Allerdings sind die Zutaten nicht ganz so einfach aufzutreiben. Und manchmal ist es sogar ein Ding der Unmöglichkeit. Aber warum soll es nicht trotzdem funktionieren? Ja, warum eigentlich? Also, frisch ans Werk und losgelegt! Bald zeigt sich: Die komplette Verwendung der Zutaten wäre doch sinnvoll gewesen.

Skydoll entführt in eine kalte, technisierte Welt, weitläufig angelegt, spaßiger und etwas spaciger als Blade Runner. Eine Skydoll ist ein Roboter, der mitunter sehr unterschiedlich agiert, fühlt und denkt. In der ersten Geschichte von Barbara Canepa übernimmt Matteo de Longis den Zeichenstift und kommt damit der Originalkonzeption von Alessandro Barbucci recht nahe.

De Longis’ Zeichnungen sind zuckersüß (ebenso wie Barbuccis), ein beinahe futuristischer Jugendstil, gepaart mit einer ordentlichen Portion halbpubertärer Erotik. Im Mittelpunkt der Handlung steht das Erwachen einer Gothloli, einer (wie sie selber glaubt) Puppe für den erotischen Heimbedarf. Die ersten Lebensabschnitte dieser Figur werden von einer sehr großen Naivität begleitet. Als Leser freut man sich fast mit diesem Charakter, der sein Schicksal in bestem Wollen annimmt, nur um …
Der Clou zum Schluss soll nicht verraten werden, aber er schildert in aller Kürze den Zwiespalt in dieser scheinbar sehr extrem angelegten Kultur.

De Longis versteht sich außerordentlich auf das Zeichnen von Girlies, aber er ist ebenfalls auf dem Gebiet der technischen Darstellung überaus versiert und peinlich genau. Eine grafische Verwandtschaft zum Manga lässt sich nicht leugnen, allerdings treibt de Longis die Grunddarstellung mangaesker Figuren in weitaus höhere Höhen, mit ein wenig Technik eines Terry Dodson darin und ein wenig Punk ist auch noch zu finden. Das hat insgesamt eine hundertprozentige Hochglanztrickfilmästhetik und besitzt (um auf Blade Runner zurückzukommen) den traurigen Charme einer Geschichte von Philip K. Dick.

Insgesamt sechs Geschichten und sechs Künstler begleiten den Lebensweg von Noa, einer Puppe. Noa bereitete die Gothloli auf ihre Zukunft vor (wenn man es so nennen mag). Es ist neoklassisch futuristisch, fast ein wenig übertrieben plastikähnlich wie Barbarella. Es besitzt Charme, aber auch viel Humor. Der Kampf gegen milchsaugende Kröten könnte auch der Ideenwerkstatt der Macher von Scooby Doo entschlüpft sein. Der grafische Stil dazu von Claudio Acciari ist gar nicht so weit davon entfernt.

Pierre-Mony Chan, der die Geschichte Voodoo Child illustriert, gehört zu den Künstlern, die nicht nur im Comic-Bereich ihren Einsatz finden können, sondern ebenso in der Entwicklung von Computerspielen und Trickfilmen. Er ist einer jener Grafiker, die sehr schlanke und drahtige Figuren zeichnen, sicherlich auch eine Anlehnung an Mangas. Seine Technik rangiert auf Augenhöhe mit einem de Lonigs, aber bestimmt auch neben einem Samwise Didier (Warcraft) oder einer Jan Duursema (Star Wars). Enstprechende Entwicklungszeichnungen aus letzterem Themenkomplex zeigen, dass er sofort in besagtem Universum mit der Arbeit anfangen könnte.

Mit Smoke on the water greift Alessandro Barbucci, der ursprüngliche Zeichner der Reihe, wieder zum Stift. Der Leser (also ich) hat zunächst ein wenig Schwierigkeiten, den Einstieg in diese zunächst etwas esoterisch anmutende Geschichte zu finden. Die grafische Umsetzung indes ist weitaus interessanter und auch aufwändiger, vielleicht auch ein wenig anzüglich zu nennen. (Das ist bestimmt eine der Grundstimmungen, doch hier und da ist diese Stimmung ein wenig ausgeprägter.) Rosa, Cyan und Gelb sorgen für eine klebrig süße Atmosphäre, die umso heftiger durch die Ansicht eines ausgetrockneten Leichnams durchbrochen wird. Die Überraschung ist ein erzählerisches Mittel, das von den beiden Autoren Barbucci (schreibt hier auch) und Canepa auf den Punkt genau eingesetzt wird.

SciFi, Erotik, Spannung, Spaß, prickelnder Humor, auf unterschiedlichste Weise von sehr guten, auch ungewöhnlich arbeitenden Zeichnern umgesetzt: Das ist Sky Doll. Das Konzept lässt ungeahnte Möglichkeiten zur Erzählung offen. Wer sich unter einer moderneren Barbarella-Variante oder einer Cool World in der Zukunft etwas vorstellen kann, sollte einen Blick riskieren.

Skydoll Spaceship Collection 1: Bei Amazon bestellen

Links:
www.kamenstudio.com/wordpress (Matteo de Longis Blog)
canepabarbara.blogspot.com (Barbara Canepa Blog)
alessandrobarbucci.blogspot.com (Alessandro Barbucci Blog)
pmchan.free.fr (Pierre-Mony Chan Homepage)

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