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Comic Blog


Mittwoch, 08. Juli 2009

Der Herr der Finsternis

Filed under: Abenteuer — Michael um 20:58

Der Herr der FinsternisTor, der Seemann, hat nicht überall Freunde. Das liegt in der Natur der Sache. In den Häfen dieser Welt macht man sich nun einmal Feinde. Das Geschäft ist hart, die Überfahrten sind nicht immer gewinnträchtig, dafür aber immer gefahrvoll. Wenigstens hier findet sich eine Konstante. Da überrascht es Tor auch nicht, dass sich immer wieder Piraten finden, die ihm gleich das ganze Schiff, nicht nur die Ladung, abnehmen wollen. Sein Schiff ist zwar alt, aber auch etwas ganz besonderes. Nie würde Tor es hergeben. Wenn er sich gegen eine Übermacht behaupten muss: Bitte sehr! Außerdem: Beinahe hat er es vergessen. Er ist nicht mehr allein. An seiner Seite kämpft eine Elfe und eine Elwood. Die Piraten schreckt das nicht. Tor hingegen weiß es instinktiv besser.

Der Text auf dem Einband verspricht ein atemberaubendes Artwork. Und er behält recht. Der Aufwand und das Endergebnis in dieser geballten Form des vorliegenden Sammelbandes ist ungeheuer. Alles, was das Herz des Illustrators in Sachen computerunterstützter Grafik höher hüpfen lässt, wurde hier herangezogen und ausgereizt. Seien es simulierte grafische Techniken, Texturen, sicherlich auch die eine oder andere Verwendung von 3D-Grafik, hier wurde scheinbar nichts ausgelassen. Ausnahmsweise kann man mit Fug und Recht behaupten: Der Zweck heiligt die Mittel. Herausgekommen ist eine äußerst lebendige Welt, die mit jeder Seite abwechslungsreicher wird.

Dim D. (Zeichner) und Jean-Luc Istin (Autor) können nicht verhehlen, dass sie sich im Genre auskennen. Fantasy, Science Fiction, Mythologie, Religion oder Märchen: Es finden sich eine ganze Reihe von Anleihen. Einige sind in diese Geschichte übersetzt, meist nur in Teilbereichen. Einige Szenen können als direkte Hommage an ihre Originale verstanden werden. Aber das macht letztlich überhaupt nichts, denn bei allen Anleihen gibt es auch viele eigene Aspekte. Der Aufbau der Handlung, man könnte es als Fantasy-Roadmovie bezeichnen, birgt absolute Unvorhersehbarkeit. Allein die Wanderung durch die einzelnen Anlaufstationen des Schiffes (das im Verlaufe des Abenteuers das Fliegen lernt) sind eine Augenweide.

Die Welt macht hier richtig neugierig. Es gibt freilich eine Handlung, diese darf auch bei den Betrachtungen nicht vernachlässigt werden, aber ähnlich wie bei phantastischen Themen eines Kai Meyer oder eines Wolfgang Hohlbein spielt die Umgebung eine große Rolle und trägt sehr zum Flair der Handlung bei. Bevor es jedoch zur Sache geht, gibt es zuallererst einen kleinen Geschichtsunterricht in der Entstehung dieser Welt. Götter und Menschen, Elfen und Kobolde, Zwerge und Feen, Orks und Trolle, doch am Anfang steht die Liebe, ein Liebesdrama, um genau zu sein. Die Überschrift hierzu könnte lauten: Auch Götter können Fehler machen.

Kaum hat der Leser den Einstieg geschafft (sehr düster), geht es viel handfester weiter. Ein Krieg tobt. Vor einer gigantischen weißen Festung marschiert ein noch viel größeres Heer auf. Auf den Zinnen entbrennt eine furchtbare Schlacht. Bran, ein Zauberer, beschließt, die Wurzel allen Übels endgültig von dieser Erde zu tilgen. Er reist nicht lange allein. Jean-Luc Istin entwirft eine kleine ungewöhnliche Gruppe. Eine Elfe schließt sich dem Magier an, des weiteren eine stumme Elwood namens Ednah (eine Art weiblicher Halbling) und letztlich der Seefahrer, kühn und tapfer (Bei Abfahrt 2000 …, im Kennenlernen der beiden Reisenden findet sich eine der Anspielungen auf bekannte Szenen).

Von der kleinen Elwood hätte man sich als Leser mehr Auftritte oder Szenen gewünscht, auch ruhig eine gewichtigere Rolle. Aber am Ende muss alles hinter Bran zurücktreten, der einen sehr ungewöhnlichen Weg beschreitet und dem eines Erlösers (sagen wir ruhig Messias) auch optisch sehr nahe kommt. Ist der Anfang auch ein wenig schwer, weil die Komplexität etwas erschlagend wirkt, entsteht nach und nach ein Sog, der einen nicht mehr loslässt, je mehr die Handlung von der Welt und seinen Helden offenbart.

Ein prachtvoll gestalteter Comic mit wahnsinniger Liebe zum Detail, die sich auf jeder Seite zeigt. Selten war eine Fantasy-Welt so vielfältig, so groß und so gut aussehend. Die Geschichte spielt mit bekannten Elementen, auch Ähnlichkeiten zu bekannten Vertretern der phantastischen Genres, aber es gelingt ihr auch durch neue Ideen eine Eigenständigkeit zu bewahren. Fantasy-Fans sollten unbedingt einen Blick riskieren. 🙂

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