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Comic Blog


Samstag, 04. Juli 2009

Blueberry 46 – Pfad der Tränen

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:30

Blueberry 46 - Die Jugend von Blueberry 17 - Pfad der TränenEs sollte ein Hinterhalt werden. Die Stollen der alten Mine sind wie geschaffen dafür. Aber die Indianer, die in der Dunkelheit ihren verbrecherischen Verfolgern auflauern, haben kein Glück. Zwar versagt der Revolver des Anführers der Gesetzlosen, seinen Kumpanen hingegen geht nicht die Munition aus. In dem Moment, als der erste der Indianer unter den Schüssen zusammenbricht … fällt der Schamane, der gerade noch an der Seite von Blueberry reitet, mit schockgeweiteten Augen aus dem Sattel. Der Schmerz kam zu plötzlich, zu unvermutet und war grauenhaft.

Es wird gruselig. Man könnte auch sagen, es wird unwirklich. Was können Schamanen? Zu welchen Taten werden sie durch ihre Kräfte befähigt? Blueberry hat sich in vielen Abenteuern im Krieg, unter Indianern und auch gegen Verbrecher tapfer geschlagen. Aber die Art und Weise, wie der Schamane John Bear’s Fingers seine Fähigkeiten nutzt, um die Flucht einer kleinen Gruppe zu ermöglichen, war so noch nicht da. Auch die (eher traurige) Fertigkeit, den Tod von nahe stehenden Menschen augenblicklich zu spüren, hat sich noch nie auf derart dramatische Weise in der Welt von Blueberry niedergeschlagen.

Francois Corteggiani spielt mit diesem ungewöhnlichen Element mehrmals. Die Tode der indianischen Helfer erhalten so ein viel größeres dramatisches Gewicht. Das Finale wird durch die Beschwörung eines … Das wird nicht verraten, aber spannend wird, soviel sei gesagt. Andererseits lässt Corteggiani diese ungewöhnlichen Fähigkeiten nicht zu einer einfachen magischen Nummer verkommen. Wer denkt, es handele sich um einen Illusionisten im schlechtesten Sinne, wird getäuscht. Der Einsatz ist streng begrenzt, weniger ist mehr, ließe es sich auch nennen. So erhält der Schamane seine geheimnisvolle Art, bleibt für Überraschungen gut, wie es sich besonders zum Schluss zeigt.

Corteggiani beschreibt ein Patt zwischen den Blauen und den Grauen. Beide warten sie auf das Geld für ihre Truppen, das ausgerechnet mit einer Sammelladung gekommen und nun fort ist. Die Union wie auch die Konföderierten sind gezwungen, an dieser Stelle des Krieges gemeinsam der Angelegenheit nachzugehen. Neben den Jägern und den Flüchtigen beschreibt Corteggiani verschiedene Eigenheiten eines der bekanntesten Bürgerkriege in der Geschichte der Menschheit. Eine dieser Eigenheiten sind indianische Kundschafter und reguläre Einheiten, die auf beiden Seiten der Kriegsparteien dienten. Seltsamerweise waren die indianischen Einheiten gegen ihre Landsleute, amerikanische Ureinwohner, ebenso unnachgiebig wie die weißen Soldaten. (Dabei spielte sicherlich auch eine unterschiedliche Stammeszugehörigkeit eine Rolle.)

Über all diesen Eindrücken darf natürlich auch die eigentliche Handlung nicht vergessen werden. Diese gerät durch die sehr guten atmosphärischen Bestandteile der Erzählung fast schon ein wenig ins Hintertreffen. Aber eben nur fast. Gold lässt die Menschen dumme und furchtbare Handlungen begehen, es lässt sie stehlen und morden. Nichts davon wird von Corteggiani ausgelassen. Blueberry ist ein Mitreiter in dieser Handlung, das wirkliche Sagen haben andere, insbesondere der Schamane, der zu den eindrucksvollsten Charaktere innerhalb der Reihe gehören dürfte.

Optisch zeichnet Michel Blanc-Dumont den Westernhelden. Blanc-Dumont arbeitet deutlich feiner, sehr viel disziplinierter, weniger aufgeregt als seine Vorgänger Jean Giraud oder Colin Wilson (der auch die Gelegenheit hatte, die Jugendabenteuer von Blueberry zu zeichnen). Disziplin soll den beiden anderen Zeichnern natürlich nicht abgesprochen werden, aber sie arbeiten mit deutlich ungezügelteren Tuschestrichen, wirken so insgesamt künstlerischer, weniger theatralisch, weniger dokumentarisch. Blanc-Dumont will exakt sein, Zufälle werden ausgeschlossen, die Striche sind überaus fein. Außer bei schwarzer Kleidung scheint es keinerlei schwarze Schattenflächen zu geben.

Bei aller Exaktheit ist jedes Gesicht höchst individuell. Man mag sogar in manchen Szene einen Schauspieler erkennen. Charles Bronson könnte als Vorbild für einen Indianer hergehalten haben. Für einen Soldaten mit Backenbart könnte ein Jason Robards Modell gestanden haben. Beide der erwähnten Schauspieler sind gestandene Westerndarsteller. Es wäre also nicht ungewöhnlich, wenn Blanc-Dumont hier eine Anlehnung an die Realität gesucht hätte.

Eine überaus spannende Verfolgungsjagd. Michael Blanc-Dumont gestaltet, man könnte auch sagen, designt den Wilden Westen. Er ist wild, aber auch ordentlich, beinahe aufgeräumt. Das mag für Fans von Giraud gewöhnungsbedürftig sein, besteht aber durchaus auf Augenhöhe mit dem Meister, innerhalb der frankobelgischen Comic-Kunst sowieso. Western pur mit einem Schuss Magie. Top. 🙂

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