Mittwoch, 29. November 2006
An der mexikanischen Grenze herrscht das Chaos. Immer häufiger werden weiße Siedler von indianischen Banden überfallen und getötet. Die Übergriffe sind brutal und machen vor nichts halt: Männer, Frauen und Kinder. Fort Navajo füllt sich mit Flüchtlingen.
Wieder einmal wird Mike Blueberry ausgeschickt, um mit den Indianern zu verhandeln. Wieder einmal muss Blueberry sich beeilen, denn ihm wurde von seinen Vorgesetzten ein Ultimatum gesetzt. Doch dass es inzwischen Stimmen gibt, die Blueberry wegen seiner guten Kontakte zu den Indianern als Verräter bezeichnen, ist neu.
Die Verhandlungen gestalten sich äußerst zäh, obwohl Blueberry höchstmögliche Geduld an den Tag legt. Er hat Glück. Seine indianischen Freunde zeigen sich verständig.
Was nützt uns die Tapferkeit in einer Welt, die verrückt geworden ist?! So lautet das Fazit des Häuptlings, der gerade noch von Blueberry für die Tapferkeit seines Volkes gerühmt worden ist. Blueberry wähnt sich in einer glücklichen Position. Mit seiner kleinen Truppe macht er sich auf den Rückweg durch die dicht verschneite Landschaft.
Daheim sehen die Zurückgebliebenen die Angelegenheit ganz anders. Argwöhnisch werfen alle immer wieder einen Blick auf die Uhr, aber Blueberry ist noch nicht wie versprochen zurück.
Außerdem haben sie noch ganz andere Probleme. Die Waffen, mit denen die Indianer ausgerüstet wurden, stammen aus Fort Navajo. Leider konnte es dem verdächtigen Mr. Newman nie nachgewiesen werden. All dies stört die Indianer nicht. Für sie ist es eine willkommene Situation, dass die meisten Soldaten zu einer Strafaktion ausgerückt sind. So besteht die Verteidigung des Forts aus einer kleinen Stammbesatzung, alten Männern, Frauen und Kindern – Menschen, die sich verbissen wehren, aber kaum Aussichten auf Erfolg haben.
Unterdessen klärt die Blueberry die Angelegenheit auf seine Weise: durchgreifend, hart und wie immer ein wenig ungestüm, ohne Rücksicht auf sich selbst.
Marshal Blueberry schickt den Zeichner Jean Giraud an die Autorenfront. Wir schreiben das Jahr 1868. Chronologisch angesiedelt sind die Ereignisse zwischen den Blueberry-Alben 10 und 13. Die Zeichnungen hat der Künstler William Vance übernommen.
William Vance kennen Fans von Serien wie Bob Morane, Bruno Brazil oder auch XIII. Nach solchen Thrillern, in denen Vance bewiesen hat, dass er knallharte Geschichten zu zeichnen vermag, hat es ihn mit Blueberry auch in den Wilden Westen verschlagen. Man kaum wohl mit Recht behaupten, dass seine Strichführung er dem Westernhelden, der von Charlier und Giraud erschaffen wurde, einen ganz eigenen Charakter verleiht.
Girauds Zeichenstil in den früheren Jahren war schnell geführt, zuweilen skizzenhaft auf das Papier geworfen.
Im Gegensatz dazu ist Vance’ Zeichenstil eher dokumentarisch, wie der eines Gerichtszeichners, exakt in jedem Strich. Die Figuren wirken härter, besitzen aber einen ähnlichen Realismus wie seinerzeit die Zeichnungen von Giraud. Vance hat sich sehr auf Gesichter konzentriert. Wer die Szenen genau beachtet, wird sehen, dass er Gesichter häufig in den Mittelpunkt der Szene setzt. Die Mimik unterstreicht die Handlung. Bei den Belagerten im Fort lässt sich Verzweiflung ablesen, bei Blueberry ist es Durchsetzungsvermögen und Entschlossenheit.
Aus anderen Geschichten weiß der Leser, dass Vance auch ein Könner von Landschaft und Technik ist. Hier kann dies Talent nicht voll einsetzen, denn es herrscht Winter in Arizona, entsprechend liegt eine dicke Schneedecke über der Landschaft und es schneit zwischendurch immer wieder. Ein Blick auf das spannende Intro und die Bilder, in denen Pferde zu sehen sind, lässt erahnen, zu wieviel mehr Vance noch fähig ist.
Jean Giraud schreibt nun den Plot und hat die Aufgabe seines langjährigen Kollegen Jean-Michel Charlier übernommen. Auffällig ist die Humorlosigkeit der Geschichte. Es fehlt die Belmondo-Schnauze, eine gewisse Schnoddrigkeit, weshalb der Blueberry-Fan einfach nur einen harten Western zu lesen bekommt, ganz im Stile italienischer Spaghetti-Western der besseren Art. Aus Belmondo wurde ein Eastwood. Jeder mag für sich entscheiden, ob er diese Linie bei Blueberry mag.
Spannend wie seine Vorgänger ist es allemal.
Ein Blueberry aus einer neuen Sichtweise, härter als gewohnt. Western pur! 😀
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Sonntag, 26. November 2006
Ein Gefängnis ist die Zuflucht der Flüchtigen unter der Führung von Rick Grimes. Nachdem sie Hershels Bauernhof hinter sich gelassen haben, da sie dort nicht mehr erwünscht waren, haben sie sich alle in ein Wohnmobil gezwängt und die Reise fortgesetzt. Der Anblick des mit einem dreireihigen Zaun umgebenden Großgefängnisses erscheint allen wie der heilige Gral.
Doch vor der Ruhe muss immer noch Ordnung geschaffen werden, damit die Gruppe einziehen kann. Das Aufräumen gestaltet sich schmutzig, wie immer, wenn es Zombies zu beseitigen gilt – eine Bezeichnung, an die sich alle Beteiligten bislang noch nicht richtig gewöhnt haben.
Aber in der Praxis haben sich alle bereits an die Situation gewohnt. Diese Gewöhnung will sich natürlich niemand eingestehen. Wer würde sich als zivilisierter Mensch gerne eingestehen, dass ihm der Tod von Menschen kaum noch nahe geht. Vielleicht gar nicht? So mancher der Gruppe trägt inzwischen eine grundtiefe Resignation mit sich herum. In Einzelgesprächen wird diese Resignation schon einmal eingestanden, in der Gruppe so gut wie nie. Alles schwankt zwischen den Extremen: himmelhohe Hoffnung, abgründige Verzweiflung.
Schnell stellen Rick und seine Freunde fest, dass sie im Gefängnis nicht alleine sind. Von den Untoten einmal abgesehen haben auch vier Häftlinge überlebt. Diese Häftlinge stellen ein weiteres Risiko dar, denn niemand vermag einzuschätzen, ob ihre Auskunft über ihre Straftaten der Wahrheit entspricht. – Wie sehr diese Annahme stimmt, zeigt sich bald auf grauenhafte Weise.
The Walking Dead überzeugt auf ganzer Linie mit seiner dritten Folge Die Zuflucht. Die Charaktere haben eine erstaunliche Tiefe gewonnen, was auch an den Schicksalsschlägen liegen mag, mit denen Autor Robert Kirkman sie ein ums andere Mal malträtiert – und den Leser gleich mit.
Die Welt, in der sich The Walking Dead präsentiert, ist außerordentlich realistisch geschildert. Der Niedergang der Zivilisation könnte drastischer nicht sein. Unabhängig davon, ob nun Zombies ein Rolle dabei spielen oder nicht, gibt es nichts mehr, was das Leben einfacher machen würde. Das Leben ist lediglich noch ein Resteverzehr. Die Überlebenden kommen einfach nicht genug zur Ruhe, um sich etwas Neues aufzubauen.
Kirkman stellt als willkommenen Ruhepol ein Gefängnis in Aussicht. Ehemals unbescholtene Bürger ziehen sich in den einstigen Verwahrraum für Schwerverbrecher zurück. Ricks Verantwortung, die stetig zu einer übermenschlichen Belastung wird, droht den ehemaligen Polizisten herunterzuziehen und macht ihn zu einem völlig anderen Menschen. Er taumelt zwischen Resten von Mitleid, Zorn, der pur und gewalttätig ausbricht, sich hinter Rache versteckt, und dem zwanghaften Glauben, die Gruppe führen zu müssen, da augenscheinlich sonst niemand dazu in der Lage ist. Zusätzlich wird seine Autorität angezweifelt – von seiner Frau, was ihn außerdem fertig macht.
Einzelschicksale werden dem Leser drastisch vor Augen geführt. Doppelselbstmord, Väter verlieren ihre Töchter, Gnadenakte an Untoten, aber auch blutige, rauschhafte Rache an Untoten. Mitten drin noch ein klein wenig kindliche Unschuld, so gut es eben geht von den Erwachsenen beschützt.
Kirkman schickt den Leser auf eine wirklich tragische Achterbahnfahrt. Zombies sind natürlich ein Bestandteil dieser Welt, aber sie sind wie in so mancher Genre-Geschichte überhaupt handlungsbestimmend.
Neben einem vorzüglichen Cover von Tony Moore gestaltet Zeichner Charlie Adlard mit höchstmöglicher Intensität. Schockeffekte aus den vorhergehenden Episoden finden hier eher beiläufig statt. Für die Charaktere ist die Bedrohung alltäglich geworden, so auch für den Leser.
Geschockt wird der Leser trotzdem, weniger durch die Untoten, mehr durch menschliche Untaten, die Adlard äußerst drastisch in Szene setzt.
Der Aufbau, die Abfolge der Bilder ist filmisch und wirkt wie nach einem Storyboard gearbeitet. Entsprechend wird auch die Technik eingesetzt, den Schock auf der nächsten Seite folgen zu lassen. Wer dadurch noch nicht von Intensität der Geschichte überzeugt wird, sollte spätestens bei der Ansicht der versteinerten Gesichter der Protagonisten in den Sog der Handlung geraten.
Der bislang intensivste Abschnitt von The Walking Dead. Spannend, aufwühlend, schockierend, ein Genre-Film im Comic-Format. Top! 😀
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Samstag, 25. November 2006
Cain hat sich von seinen einstigen Auftraggebern losgesagt. Er wartet auf einer Bank am Bahnhof. Eine Fliege summt. Er verscheucht sie. Wenig später fährt ein Zug in den Bahnhof und entlässt seine Fahrgäste auf den Bahnsteig.
Während der folgenden Schießerei sind glücklicherweise keine anderen Passanten mehr anwesend. Cain kündigt. Das ist keine echte Überraschung für seine Auftraggeber, die das Killerkommando losschickten.
Unterdessen versinkt ganz England in einer Krise. Der Vorsitzende der OPEC befindet sich immer noch in Geiselhaft bei Recht-auf-Schönheit-Fraktion. Die übergewichtigen Geiselnehmer, die zahlreiche Schönheitsmaßnahmen im Austausch fordern, sind sich nicht so recht einig. Man streitet über das Abendessen und ob das Dienstmädchen als Warnung erschossen werden soll.
Der Ölpreis steigt in England munter weiter.
Cain kann sich mit der Hochpolitik nicht aufhalten. Immer noch ist er auf der Suche nach den Mördern seines ehemaligen Mentors.
Cineasten werden beim Auftakt der vorliegenden Episode deutliche Parallelen ziehen. Eine Fliege nähert sich einem dösenden Pistolero, der sie mit dem Lauf seiner Waffe einfängt. In der zweiten Folge von Smoke sind die Vorzeichen umgekehrt. Der geheimnisvolle Fremde kommt nicht mit dem Zug an wie in Spiel mir das Lied vom Tod, sondern er erwartet das Killer-Kommando mit stoischer Ruhe. Die Auseinandersetzung ist heftig und zeugt von Cains Präzision und Professionalität in seinem Beruf – sofern Beruf die richtige Bezeichnung für seine Tätigkeit ist.
Autorin Alex de Campi zeichnet auch im zweiten Teil von Smoke eine bitterböse, eine menschenverachtende Welt. Im Vergleich zur ersten Episode bietet diese Folge noch mehr Zynismus. Endlich haben es die Dicken absolut Leid. – Es sind keine Gerichtsurteile mehr vonnöten, niemand verklagt mehr die Produzenten von Schokoriegeln und koffeinhaltigen Brausegetränken, weil der Zucker sie dick werden ließ. – Diesmal läuft es anders: Die Dicken haben sich bewaffnet und setzen ihre Forderungen mittels Gewalt durch. Dieses Handeln scheint ein logische Konsequenz zu sein, wenn nicht in unserer, so wenigstens in der erzählten verrückten Welt.
Alex de Campi nimmt leider die Geiselnehmer nicht ernst. Ihr IQ scheint im Quadrat zu ihrer Gewichtszunahme abgenommen zu haben. Hätten sie ein endlich durchdachtes und kaltblütiges Verhalten wie ihre tätowierte Anführerin an den Tag gelegt, wäre die ganze geschilderte Aktion stimmiger gewesen.
Aber das ist der einzige Ausrutscher, den Alex de Campi sich geleistet hat. Ansonsten ist diese Zukunft absolut konsequent fortgeführt. Konzerne, Industrie und Hintermänner beherrschen die Welt. Regierungen sind hilflos, korrupt, das Königshaus ist komplett Gaga. Es kommt nur durch, wer sich der Gewalt anpasst. Natürlich sind auch die Mächtigen nicht völlig außer Gefahr. Noch gibt es die Leisen Männer, die selbst den Mächtigen das Fürchten lehren. Eigentlich befindet sich die ganze Welt in einem unsichtbaren Kriegszustand, der jenem des Kalten Krieges nicht unähnlich ist. Da, wo sich noch keine Symptome zeigen, brodelt er unter der Oberfläche.
Ein Außenseiter, bereits optisch als Albino gezeichnet, bricht aus dem System aus. Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet ein weißes, also optisch reines menschliches Wesen, sich anschickt, seine im System erlernte Schläue einzusetzen, um selbiges aus der Reserve zu locken.
Cain bleibt irgendwie gesichtslos, ebenso wie seine zeitweilige Gegenspielerin, die Tätowierte. Zeichner Igor Kordey greift diesen Aspekt auf und setzt sie vorbildlich um. Nur wer, Cain zu nahe kommt, kann sein Gesicht richtig sehen.
Kordey hat den richtigen Strich, um all die Gemeinheit dieser Geschichte mit schnellem, beinahe reporterhaften Strich auf das Papier zu bannen. Die Geiselnehmer hat er mit besonderer Finesse gezeichnet. Einer der Geiselnehmer, ein offensichtlicher Elvis-Fan, stirbt sozusagen in Großaufnahme – und merkt es zunächst nicht einmal. Das ist nichts für zarte Gemüter.
Der wirklich Gesichtslose ist bereits als Gegner auf dem Weg, genial von Kordey umgesetzt. Bildkompositionen, die neugierig auf die Fortsetzung machen.
Smoke ist ein knallharter Thriller geworden. Spannend, auch brutal, eine zynische Zukunftsgeschichte, wie sie zuletzt in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts geschrieben wurden. – Mit einer Spur Comedy, wie sie in unserem Jahrzehnt so populär wurde. 😀
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Mittwoch, 22. November 2006
Das Schiff mit den karibischen Gästen nähert sich langsam der mexikanischen Küste. Canari will sich mit ihren Geschwistern aufmachen, um heiliges Wasser zu holen. Gerade dieses Wasser lässt sich gut bei den Gästen verkaufen. Der Ausflug in den Dschungel wird durch das Gequengel und die Unberechenbarkeit der kleinen Geschwister erschwert. Canari, als ältester Tochter, wird die Verantwortung bald zu groß. Kya, die Schwester, und Xuma, der zweitjüngste Sohn, finden sich nach einem Bad im heiligen Wasser schnell wieder, aber der jüngste, Xaotil, bleibt verschwunden.
Voller Sorge machen sich die Drei auf die Suche nach dem Bruder, allen voran Canari, die genau weiß, welche Verantwortung auf ihr lastet. Und sie weiß, dass sie das in sie gesetzte Vertrauen ihrer Eltern enttäuscht hat. Die Panik treibt die Kinder dazu an, sich in noch verbotenere Gefilde zu wagen.
In der Folge eignet sich Xuma einen Armreif an, der eigentlich als Opfergabe für die Götter gedacht war. Das Abenteuer nimmt seinen Lauf.
Andernorts. Wayne ist ein begeisterter Surfer. Warum er ausgerechnet in diesen kleinen verschlafenen mexikanischen Ort wollte, ist seinen Begleitern ein absolutes Rätsel. Er kann es weder ihnen noch sich selbst so recht erklären, was ihn hierher führte. Eines Tages erhielt er eine Postkarte aus dieser Gegend. Es fehlt der Absender, aber er ist neugierig geworden und seither besucht er diesen Ort, sooft er kann. Fakt ist, dass er sich hier wohl fühlt.
Wayne wartet auf den Tsunami, auf die Riesenwelle, die er eines Tages reiten will.
Canari kann nicht warten. Die Suche nach ihrem Bruder wird zum Abenteuer ihres Lebens. Plötzlich erwarten sie fremde Krieger, Dimensionstore und untote Monster, die den Geschwistern hinterher jagen. Gnome, Panther und Götter kreuzen ihren Weg, doch die Kinder geben nicht auf.
Canari – Die goldenen Tränen überrascht den Leser mit grandiosem Artwork und einer Geschichte, die Abenteuer pur ist! Selten hat eine Serie wohl einen so tollen Start hingelegt.
Mittel- und Südamerika bieten für phantastische Geschichten dank einer hohen historischen und mythologischen Dichte einen hervorragenden Nährboden für gute Szenarien. Ein solches haben Autor Didier Crisse und Zeichner Carlos Meglia kreiert.
Crisse ist zum Beispiel mit der Serie Atalante mythologisch vorbelastet und konnte dort bereits zeigen, wie er mit hohem Einfallsreichtum an eine solche Aufgabenstellung herangeht. Canari ist ein junges Mädchen eines archaischen Volkes. Die Götter sind allgegenwärtig, die Natur ist berauschend und bunt, aber auch feindselig. Es kreucht und fleucht an allen Ecken, Vögel fliegen bei Störung auf, Panther sind auf der Jagd, kleine rote Kobolde machen den Menschen das Leben schwer. (Oder verwirren sie wenigstens.) Die Atmosphäre und die Umgebung sind absolut stimmig. Die sorgfältige Gestaltung betrifft auch die Charaktere. Jeder einzelne ist rundum nachvollziehbar und fügt sich hervorragend in das Szenario ein.
Kleine Details, Malereien, Schminke, Schmuck und vieles mehr komplettiert jede Figur höchst individuell.
Canari startet recht harmlos, geheimnisvoll. Der Stil erinnert an alte Zeiten, in denen abendfüllende Disney-Filme noch etwas Besonderes waren. Canari ist im besten Sinne auf dem gleichen Niveau wie Das Dschungelbuch oder Taran und der Zauberkessel.
Wie Canari, Xuma und Kya habe ich als Leser die Handlung mit großen Augen verfolgt. Der Dschungel, der Dimensionssprung der Kinder ist gleichfalls ein Dimensionssprung für den Leser, denn er wird mit all der Fülle der Einzelheiten von der Geschichte festgehalten, bis sie zu Ende ist.
Das wirklich Besondere des vorliegenden ersten Teils von Canari ist die zeichnerische Ausführung, denn die nimmt sehr starke Anleihen am Zeichentrickfilm. Schwarze Outlines gibt es nicht. Wie eben im Vergleich zu Disney angesprochen, erinnert auch die Ausgestaltung optisch an diese Klassiker – handwerklich ist die Ausführung top. Carlos Meglia arbeitet mit allen Finessen: fein ausgearbeitete Hintergründe, beinahe gemäldeartig, vordergründig finden sich eher wenig schattierte Figuren. Farbige Outlines erhöhen den Zeichentrickcharakter, hier und dort verwendete Unschärfen erhöhen den Effekt von Kameraeinstellungen. Meglia verwendet auch die Möglichkeit, den Leser im Rücken der agierenden Figuren zu postieren, als vierte Person, wenn man es so nennen will.
Da Meglia intensiv mit Perspektiven arbeitet, die Kamera auch mal schräg hält, sind die Wirkungen der einzelnen Seiten sehr dynamisch. Die jeweilige Aufteilung ist stets anders und hält neue Überraschungen bereit.
Canari ist ein aufwendig gestaltetes, optisches Meisterwerk.
Toller Auftakt, eine phantastische Geschichte mit sympathischen Charakteren und spannender Handlung. Die Bilder sind ein Hammer! 😀
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Montag, 20. November 2006
Das Halbblut: Die Auseinandersetzung zwischen den Apachen und den weißen Kolonisten in Texas droht in einen neuen offenen Konflikt auszuarten. Ein Reiter ist in dringender Mission unterwegs. Seine Nachricht kann einen weiteren Krieg verhindern. Doch nicht alle sind an der Verhinderung eines bewaffneten Konflikts interessiert. Während man in Camp Bowie die Rückkehr des Reiters erwartet, haben sich bereits Apachen an dessen Fersen geheftet, um die Nachricht in die Hände zu bekommen.
Die Mission würde auch kläglich scheitern, gäbe es da nicht einen Heißsporn namens Blueberry, seines Zeichens inzwischen Leutnant. Er erklärt sich bereit, Leutnant Craig zu retten, obwohl die Hoffnung nicht mehr sehr groß ist. Blueberrys Vorhaben wird zusätzlich durch ein Ultimatum erschwert. Ist er nicht rechtzeitig mit der Antwort zurück, die Craig überbringen sollte, setzt sich die Armee in Bewegung.
Die Spur der Navajos: Das zweite Abenteuer führt Blueberry und seinen neuen Freund, den alten Vagabunden Jim Mac Clure, geradewegs in die Höhle des Löwen. Der Präsident hat sich zu Verhandlungen mit den Apachen unter der Führung unter Cochise bereit erklärt. Blueberry will diese Nachricht an den Häuptling überbringen, der sich mit seinem Volk auf mexikanischen Boden zurückgezogen hat. Crowe, Blueberrys Blustbruder, führt die beiden Freunde immer tiefer auf mexikanisches Territorium.
Nach einiger Zeit reitet Crowe voraus. Er überzeugt Cochise davon, mit Gebrochener Nase zu sprechen. Der Häuptlingsstab von Cochise soll Blueberry freies Geleit gewähren. Leider sind nicht alle Indianer von diesen Gesprächen begeistert und wollen lieber mit den von den Mexikanern zugesagten Waffen in den Krieg ziehen. Einsamer Adler und seine Getreuen, die Blueberry unlängst Schwierigkeiten machten, wollen Crowe mit allen Mitteln aufhalten.
Der Sheriff: Ein kleiner Ort namens Silver Creek. Hier Sheriff zu sein, bedeutet, in sein eigenes Todesurteil eingewilligt zu haben. Die Gebrüder Bass haben Silver Creek fest in der Hand und beherrschen es mit der nötigen Gewalt. Der Stadtrat fasst einen Plan. Ein neuer Sheriff muss her. Wenn sich schon keiner aus dem Ort bereit erklärt, muss die Armee einen Sheriff stellen.
Jim Mac Clure, der gerade in Silver Creek weilt und bereits eigene Erfahrungen mit den Revolverhelden gemacht hat, die dort ihr Unwesen treiben, kennt den richtigen Mann für diesen Job: Blueberry.
Auch Blueberry hat nichts dagegen, diese Arbeit zu übernehmen. Aber er hat auch eine Bedingung. Jim, der ihm diese Arbeit aufgehalst hat, soll ihn als Hilfssheriff begleiten. Bald finden sich die beiden in Silver Creek wieder und der Ärger geht erst so richtig los.
Die dritte Folge der Blueberry Chroniken erzählt von einigen Geschehnissen, die sich während Blueberrys Dienstzeit als Leutnant zutragen. Der Bürgerkrieg ist vorüber, aber der Friede ist nicht stabil, denn die Konflikte mit den Indianern schwelen ständig.
Wer nach den Episoden Das Halbblut, Die Spur der Navajos und Der Sheriff noch daran zweifelt, dass Jean-Paul Belmondo die bildliche Vorlage für Gebrochene Nase Blueberry war, dem kann nicht mehr geholfen werden. Wer diverse Filme von Belmondo gesehen hat, kann eigentlich auch nicht daran zweifeln, dass der Abenteurer, den Belmondo häufig verkörpert hat, auch ein charakterliches Vorbild für Blueberry war.
Die ersten beiden Episoden sind ganz tolle Wild-West-Geschichten, die sich des Themas Indianer-Konflikt annehmen. Autor Jean-Michel Charlier kennt sich nicht nur in der Geschichte des Wilden Westens aus, sondern er hat auch in filmischen Western eifrig seine Hausaufgaben gemacht. Die Figur des Jim Mac Clure erinnert an die Fuzzys, die kauzigen Alten, die dem Genre-Fan in Western immer wieder begegneten. Besonders deutlich wird das in der abschließenden Episode Der Sheriff.
Hier finden sich starke Parallelen zum Klassiker Rio Bravo. Wie John Wayne muss auch Blueberry sich gegen eine Übermacht an Revolverhelden durchsetzen. Es fehlen auch nicht das Revolverwunderkind, damals gespielt von Ricky Nelson, und der Säufer und der Alte. Die letzteren beiden werden von Jim MacClure in Personalunion dargestellt, lassen aber den tragischen Aspekt der filmischen Vorlage vermissen.
Es sei Jean-Michel Charlier aus heutiger Sicht verziehen, denn er wusste damals auch, wie man aus all diesen Zutaten etwas eigenständiges, teilweise etwas Neues und ganz wichtig, etwas Gutes macht.
Charlier ist ein toller Erzähler. Das Halbblut und Die Spur der Navajos ist ein spannender Zweiteiler, in denen Charlier so richtig zeigt, was er kann. Blueberry wird während der gesamten Dauer der Geschichte gejagt, muss sich verstecken, kämpfen und die eine oder andere bittere Pille zu schlucken. Blueberry hat den Vorteil, nicht nur als Charakter, sondern auch als Geschichte, sehr menschlich bleibt. Hinzu kommt, dass auch Nebenfiguren mit genügend Details ausgestattet werden, um jederzeit nachvollziehbar zu sein.
Es ist schwierig noch etwas über Zeichner Jean Giraud, was noch nie gesagt wurde. Viele mögen Giraud seinen späteren Minimalismus nicht verziehen haben oder ihn gerade dort auf der Höhe seines Schaffens sehen.
Unabhängig davon lässt sich nur sagen, dass Giraud auch mit diesen drei enthaltenen Geschichten zeitlos gute Comics gezeichnet hat. Inzwischen lässt sich sogar behaupten, dass Girauds Zeichenstil von einst wieder topmodern ist.
Schön ist der Vergleich der einzelnen Geschichten anzuschauen. Es mag ein subjektiver Eindruck sein, aber ich meine eine deutliche Verbesserung des Tuschestrichs von der ersten bis zur letzten Geschichte festgestellt zu haben.
In Das Halbblut findet sich eine eher dickere Strichführung. In Der Sheriff finden sich sehr viele feinere Linienführungen.
Was die ersten beiden Episoden vermissen lassen, weil sie sehr ernsthaft angelegt sind, findet sich in Der Sheriff vermehrt: Humor. Besonders nett ist der kleine Abschnitt des Westpoint-Absolventen, der zuerst anstelle von Blueberry nach Silver Creek geschickt werden soll. Humor, der ohne Worte funktioniert, ist ohnehin der beste.
Informationen rund um den Wilden Westen, die Apachenkriege und Gesetzlose runden diese vorzügliche Ausgabe ab. Für Western- und Comic-Fans ein absolutes Muss und Highlight. 😀
Samstag, 18. November 2006
Der Wilde Westen lebt, wenigstens im australischen Outback, wo sich die Bevölkerung in der Weite des Kontinents verliert.
Eine einsame Revolverheldin geht langsam über die Hauptstraße des verschlafenen Ortes. Keine Menschenseele lässt sich blicken. Welchen Weg nimmt ein einsamer Reisender, wenn er nach langer Reise in eine Stadt kommt? Natürlich geradewegs in den Saloon.
Es ist ein Ort ohne Namen. Die Revolverheldin hört auf den Namen Lara Croft und sie hat sich diesen Ort ausgesucht, um hier auf jemanden zu warten. Der Saloon ist ebenso verwaist wie der Ort, trotzdem freut sich der Barkeeper nicht über die neue Kundschaft.
Waffen, Prügeleien und Erbrochenes ist in meiner Bar verboten. Lara machte sich noch nie besonders schnell Freunde und brachte sich stets in gefährliche Situationen. Doch hier ist nur eine Frage der Auslöser und schon fliegen die blauen Bohnen. Die Übermacht, der sich Lara gegenüber sieht, bloß weil sie nach einem Mann fragte, der ihr helfen könnte, den Ameo-Stam zu finden, ist erdrückend. Der Barkeeper hebt seine Regel wieder auf – weil ihm schlicht die Mittel fehlen, sie durchzusetzen, da er bereits im Kugelhagel sitzt.
Aber Lara hat einmal ein Versprechen gegeben: Sie wird keinen Menschen töten.
Lara Croft wäre nicht so weit gekommen, würde sie an mangelndem Einfallsreichtum leiden. Alsbald wimmelt der Ort vor Menschen, die sich mit jedem beschäftigen, nur nicht mit ihr.
Tomb Raider Journeys 7 entführt den Leser Down Under.
Autorin Fiona Kai Avery wird Fans der Witchblade bereits aus der vorzüglichen Mini-Serie Obakemono bekannt sein. Bewegte sie sich in der Witchblade-Variante in Japans altertümlicher und mythischer Geschichte, beschreitet sie mit dem vorliegenden modernen Western neue Pfade. (Mehr über ihre Arbeit unter www.finaavery.com.)
Hier hat Avery ihre Hausaufgaben gemacht. Ähnlich wie Gary Cooper in High Noon muss sie alleine mit ihren Gegnern fertig werden – allerdings sieht sie dabei nicht so verbittert aus. Wie immer ist alles für Lara nur ein Spiel. Heiter, gelassen, mit dem nötigen Biss geht sie die Lösung ihrer Probleme an, was noch dadurch erschwert wird, dass sie als einzige Frau gegen einen Haufen Männer anstehen muss.
Die Geschichte selbst ist unter der Oberfläche geheimnisvoll und erst zum Schluss eröffnet es sich dem Leser genauer, was Laras Beweggründe sind. Die Reise geht weiter – wie kann es anders sein, denn Lara ist eine Getriebene, besitzt keinerlei Sitzfleisch. Avery hat sich gut in das Tomb Raider-Universum eingearbeitet.
Zeichner Manny Clark hat sich dieser Tomb Raider-Geschichte angenommen. Sein Zeichenstil weicht etwas von den Standard-Bildern ab, ist exkater, beinahe etwas technisch. (Reine Tuschebilder von ihm können auch gekauft werden.) Seine Arbeiten finden sich in Tomb Raider, The Ray oder Vision. Für Clarks Zeichenstil scheint die an Action reiche Handlung gerade recht zu sein.
Wie Lara sich durch die einzelnen Szenen kämpft ist wieder einmal sehenswert. Da wird gesprungen, sich überschlagen, geschossen, für einen Zeichner findet sich in so mancher Haltung eine kleine Herausforderung. Ganz zweifellos ist Clark niemand, der sich lange mit Großeinstellungen von Gesichtern abgibt.
Tyson Wengler könnte mit seinen Farben noch ein wenig mehr aus den Bildern herausholen können. Genügend Beispiele im Tomb Raider-Universum gibt es dazu.
Unter dem Strich bleibt eine solide Action, aber auch eine Episode, die Teil einer größeren Geschichte ist. Dieser Teil ist viel versprechend gut. 🙂
Donnerstag, 16. November 2006
Die Menschen sind weiterhin in der Offensive. Wie so oft rollt die Maschinerie professionell und mit tödlicher Präzision. Die militärischen Führer folgen dem Schauspiel in sicherer Position aus ihrer Kommandozentrale heraus. Die Angreifer sind bestens gerüstet und haben bereits Erfahrung im Angriff auf die unterseeisch lebenden Völker. Doch dieser Angriff ist neu. Er erfolgt nicht aus dem sicheren Inneren eines U-Bootes heraus. Diesmal sind Kampftaucher auf der Jagd.
Auf der Jagd, oder besser auf der Suche, sind auch andere. Aspen Matthews hat ihren geliebten Ozean weit hinter sich gelassen und befindet sich nun an einem Ort, der ganz und gar nicht ihrer Natur entspricht: der Wüste.
Unter Begleitung eines Freundes hat sie sich auf die lange Reise gemacht, um ihren Vater zu finden. Sie kann sich nicht erklären, warum der einstige Seebär, der das Meer ebenso liebte wie sie, sich in diese Einöde zurückgezogen haben soll.
In Muria, der unterseeischen Siedlung, ereifert sich das Volk immer noch über den Angriff der Menschen. Saba wurde zerstört, eine Reaktion soll ausbleiben. Der junge Krieger Siphon mag nicht untätig bleiben. Seine Rede ist flammend, verurteilt die Unentschlossenheit des Rates – vollkommen zu recht, wie sich bald herausstellen wird.
Fathom geht mit der 8. Folge aus der Neuen Serie in eine weitere spannende Runde. Der Mix aus Abenteuer und Unterwasser-Krieg funktioniert hält für SciFi-Fans eine Reihe von Überraschungen bereit – dank des Autoren-Teams J.T. Krul und Michael Turner
In dieser Ausgabe ist besonders die Arbeit von Paul Mounts hervorzuheben. Er ist für die hervorragende Kolorierung verantwortlich. Einige Bilder sind echte Highlights. Seien es die Szenen in Muria oder auch die Kommandozentrale (hier besonders die Großaufnahmen), die Farben vermitteln eine enorme Atmosphäre. Das Wasser, der wohl wichtigste Aspekt in Fathom, lässt bei genauem Hinsehen erahnen, wie viel Arbeit in diesen Bildern steckt.
Sicherlich ginge es nicht ohne die tollen Vorlagen von Zeichner Koi Turnbull. Durch die Portraitzeichnungen von Maylander und Aspen erfährt der Leser sehr viel über die Charaktere, ohne dass auch nur ein einziges Wort Dialog oder Off-Text hinzugefügt werden muss. Gefurchte Stirn, hochmütiger Gesichtsausdruck, angespannt, konzentriert, die Augen zusammengekniffen, Stachelfrisur, hagere Wangen und eine faltige Oberlippe. Einerseits wird Maylander als knallharter Offizier gezeigt, andererseits steht dem die doch sehr nervöse Handhaltung entgegen. Ein richtig tolles Bild! Bei Siphon und Aspen schaffte es das Team, dass ähnliche Stimmungen eingefangen wurden. In ersterem Fall sei besonders auf die schöne Collage während Siphons Ansprache verwiesen. Es kommt sogar ein wenig Zeichentrick-Atmosphäre auf.
Besser kann das Medium Comic kaum die Brücke zum Medium Film schlagen und zeigen, wie artverwandt sie sind.
Wer den Unterwasserkampf betrachtet, wird vielleicht (sofern er den Film kennt) Parallelen zum Film Feuerball ziehen, der gerade wegen der Unterwasserkampfszenen damals für Furore sorgte.
Das Szenario hier ist natürlich ungleich phantastischer. Kianis Verteidigung gegen die menschlichen Angreifer zeigt, wie detailverliebt Paul Mounts zu arbeiten versteht. Kaltes Blau, Meeresgrün und grelles Gelb, die Kombination dieser Farben lassen auch eine sehr schöne bildliche Tiefe entstehen.
J.T. Krul und Michael Turner wären nicht jene versierten Erzähler, würden sie nicht perfekt mit Spannungsbögen arbeiten. Auch wissen sie, wann sie die Schraube anziehen müssen, um ihre Leser so richtig auf die Folter zu spannen. – Also auch hier wieder eine Parallele zu guten alten Film, im wahrsten Sinne des Wortes, als die Kutsche auf den Abgrund zuraste und in die Tiefe fiel: Und die Folge endete.
Auch die beiden Autoren arbeiten hier gerissen mit Cliffhangern, die mit dieser Folge wohl einen Spannungshöhepunkt erreichen. 😀
Mittwoch, 15. November 2006
Stark verdichtetes Wasser – Grundlage für schier grenzenlose Energie. Wie immer kann eine neue Energiequelle zum Guten oder auch zum Schlechten angewendet werden. Shalla ist ein Geschäftsmagnat, dem der Verwendungszweck relativ gleichgültig ist, wichtig ist einzig, dass es seinen Zwecken dient.
Der Geschäftsmann, der bereits häufig wegen unlauterer Praktiken aufgefallen ist, aber seinen Kopf immer aus der Schlinge heraushalten konnte, hat in Japan seine Heimat entdeckt. Dank seiner Entdeckung, oder besser Mitbringsels, ist man von behördlicher Seite her gerne bereit, über solch nichtige Kleinigkeiten wie windiges Geschäftsgebaren hinwegzusehen. Such’ dir die richtigen Freunde. – Shalla hat sie gefunden und nutzt seine neue Machtposition natürlich weidlich aus.
Stark verdichtetes Wasser – das bedeutet die Benutzung einer fremden Technologie. Das Volk, dem diese Technologie gehört, sah sich bereits menschlicher Angriffe ausgesetzt, hat jedoch auch seinerseits mehrere Male zugeschlagen und Chaos unter den Menschen verbreitet. Dieses Volk ist nicht mehr bereit, die Menschen gewähren zu lassen. Hitzige Diskussionen klären sehr schnell die Fronten und die Wünsche derer, die einen Schlag gegen die Menschen führen wollen.
Während all diese Ereignisse ein immer dichter werdendes Netz um Cannon Hawke herum weben, sieht sich dieser mit seinem eigenen Unterbewusstsein konfrontiert. Die fremde Intelligenz, die ihm vor geraumer Zeit implantiert wurde, gewinnt von Tag zu Tag mehr die Oberhand. Halluzinationen quälen den Mann, der ansonsten stets Herr der Lage zu sein scheint und selbst in den verzwicktesten Situationen nicht aufgibt.
Mit dem zweiten Band von Cannon Hawke nimmt die Geschichte deutlich Fahrt auf. Die Charaktere sind eingeführt, Cannons Ringen mit sich selbst kann selbst von Neueinsteigern in das Fathom-Universum nachvollzogen werden. Im Stile moderner Action-Filme entspinnt sich eine phantastische Geschichte (an der sich Hollywood durchaus eine Scheibe abschneiden darf).
Autor J.T. Krul setzt die gespaltene Persönlichkeit recht gut als erzählendes Element in der Handlung ein. Eine zweite Persönlichkeit, die Hawke sozusagen den Platz im eigenen Körper streitig machen will, lässt viele Möglichkeiten offen. So natürlich auch die Möglichkeit ausgerechnet dann zum Ausbruch zu kommen, wenn Hawke es am allerwenigsten gebrauchen kann. Ansätze dazu gab es bereits, und ich muss zugeben, dass man als Leser durch diesen Aspekt nicht vorhersagen kann, welche Wendung die Geschichte nehmen könnte. Besser geht es nicht!
Cannons Gegner rückt mehr und mehr aus der geheimnisvollen Ecke ins Licht der Handlung. Die Darstellung des Bösewichts gefällt mir ausnehmend gut, da er von J.T. Krul sehr ausgefeilt angelegt wurde und eindeutig Tiefe besitzt – die manchmal bei Fieslingen und Gegnern etwas vernachlässigt wird.
Zeichner Marcus To verwirrt mich etwas. Langsam darf sich der Leser fragen, wen er besser findet: den Meister Michael Turner selbst oder Marcus To. Sicherlich ist Michael Turner viel detailverliebter, aber Marcus To ist ähnlich exakt und lässt dem Betrachter mehr Raum. Bei Michael Turner kann es schon einmal passieren, dass Details und Action in ihrer Wirkung einander aufheben. Marcus To findet ein gesundes Mittelmaß.
Seine Zeichnungen lassen eine schöne filmische Atmosphäre entstehen. Dies zeigt sich besonders in der abschließenden Actionszene, in der Cannon erneut seine Fähigkeiten unter Beweis stellen kann.
Die Farben, besonders deutlich bei Licht- und Wassereffekten, werden von Rob Ro und Beth Sotelo fein eingesetzt. Dank der beiden wird der zweite Band von Cannon Hawke zu einem optischen Leckerbissen.
SciFi-Fans kann man den nachträglichen Einstieg in dieses SpinOff von Fathom mehr als nur empfehlen. Und wer mehr auf Action im Stile von Bond Wert legt, sollte erst recht einen Blick riskieren. 😀
Dienstag, 14. November 2006
Seien wir ehrlich: Die Welt hält Engländer bestimmt für ein sehr langweiliges Volk. Wer Shaun kennen lernt, der täglich wie alle anderen roboten geht, wird das nur bestätigen können.
Seine Initiative ist nicht die größte. Als Verkäufer muss er sich 17jährigen Aushilfsverkäufern herumschlagen. Selbst erst 29 Jahre alt, scheinen Shaun bereits sämtliche Klischees eingeholt zu haben. Er liebt es, bequem im Pub zu sitzen und hat es nach Jahren immer noch nicht geschafft, mit seiner Freundin einmal richtig alleine zu sein. Seinen Freund Ed, einen notorischen Schnorrer und Tunichtgut, schmeißt er nicht hinaus, weil sein Herz zu weich dafür ist – und seien wir ehrlich: Shaun würde am liebsten ein Leben wie Ed führen. Auf der Couch sitzen, Gras einwerfen, Videospiele spielen.
Eines Tages ändert sich Shauns beschauliche Welt, in der sich alles so schön eingespielt hat. Auf dem Weg zur Arbeit bewegen sich alle so wie sonst auch, aber sie haben auch einen etwas eigenartigen Appetit auf Menschenfleisch entwickelt – das muss daran liegen, dass der Großteil von Londons Bevölkerung sich mittlerweile in Zombies verwandelt hat.
Zunächst behält Shaun lieber seinen Platz vor dem Fernsehschirm. Schließlich ereilt ihn doch die Sorge um seine Mutter, gezwungenermaßen auch um seinen Stiefvater. Er und Ed gehen verschiedene Pläne durch. Wo können Flüchtlinge sich in London noch in Sicherheit wähnen? Natürlich in einem Pub. Sobald die Mutter gerettet ist, muss auch noch die Freundin Elizabeth gerettet werden – ob sie will oder nicht.
Eine immer größer werdende Gruppe bahnt sich ihren Weg durch das von Untoten verseuchte London. Gezänk unter den Flüchtigen macht den Weg nicht leichter. Shaun und seine Weggefährten begegnen den Zombies mit äußerster Brutalität, nachdem sie gelernt haben, sich zu wehren. Dafür ist ihnen jedes Mittel und jedes Werkzeug recht.
Shaun of the dead war ein Überraschungserfolg im Kino und die Comic-Adaption von Autor Chris Ryall kann den britischen Humor ebenso transportieren. Eine romantische Komödie. Mit Zombies. So umschreibt der Untertitel die Geschichte sehr treffend.
Wie jeder guter Junggeselle zwischen 20 und 40 kann sich Shaun nicht so recht entschließen, ob er erwachsen werden soll oder nicht. Eine eigene Familie ist nicht einmal geplant und der gemeinsame Haushalt mit der Freundin scheint in unerreichbarer Ferne zu liegen. Shaun, seine Situation und seine Freunde sind viel zu echt, um nicht wahr zu sein. Daraus entspinnt sich eine Komödie einerseits, andererseits, ab einem gewissen Zeitpunkt aber auch eine richtige Horrorgeschichte.
Es ist wirklich zum Schießen, wie sich in den unpassensten Momenten kleine Zänkereien und Eifersuchtsszenen entwickeln, während überall die Zombies über alle anderen herfallen könnten. Ebenso köstlich anzuschauen ist es, wie aus alten Vinyl-Platten Wurfgeschosse werden und Shaun und Ed sich streiten, was wertlos genug ist, um einem Zombie an den Kopf geworfen zu werden. Am Ende liegt die einzige Lösung darin, sich wieder in einen langsam schlurfenden Menschen zu verwandeln, der unter den anderen langsam schlurfenden Zombies nicht mehr auffällt.
Zeichner Zach Howard machte bereits mit Zeichnungen zu Scarecrow von sich reden, ebenso bei Nightwing, arbeitete an Grafiken für das Hellboy-Rollenspiel. Mit Kolorist Thompson Knox, bereits ein Team bei Scarecrow, liefert er stilistisch einzigartige Bilder ab, die die Atmosphäre der Geschichte perfekt einfangen.
Manchmal sind es gerade die Nebenfiguren, die besonderen Spaß machen. Hier macht es den Eindruck, als habe es besonders der Nichtsnutz Ed den beiden Künstlern angetan. Das Team nimmt die Vorlage der beiden ursprünglichen Autoren Simon Pegg und Edgar Wright virtuos auf. So entsteht eine gelungene Comic-Umsetzung einer etwas anderen Komödie.
Humor und Horror liegen in manchen Geschichten nahe beieinander. Shaun of the dead greift dieses Konzept genial auf. 😀
Samstag, 11. November 2006
Irgendwann in der Zukunft. Lara Croft ist ein Mythos. Vieles, was wir heute über sie wissen glauben, entstammt Videospielen, Comics und auch Kinofilmen. Die wahre Lara Croft war anders.
Wer das Museum zu ihren Ehren betritt, erhält genau diesen Eindruck. Hier finden sich echte Artefakte aus ihrem Leben, jene Dinge, die sie über die Jahre hinweg gesammelt und bewahrt hat.
Bereits sehr früh wusste Lara schon, was sie werden wollte. In jungen Jahren, als kleines Kind, begleitete sie ihre Eltern bei einer Ausgrabung. Ihr ist es zu verdanken, dass hierbei ein ganz besonderes Artefakt geborgen werden konnte. Von diesem Augenblick an steht es für Lara fest: Sie wird ein Schatzjäger, ein Abenteurer, manche würden sagen, ein Grabräuber – doch nur böse Zungen würde das behaupten.
Vor den Augen des Betrachters der wertvollen Gegenstände im Croft-Museum entsteht eine völlig neue Lara, eine die niemand kannte. Die Besucher – und andere aufmerksame Betrachter – sind fasziniert.
Das Hologramm, Polly Gon, dem Erscheinungsbild von Lara Croft nachempfunden, wie jeder sie aus den Videospielen her kennt, führt die Besucher von Station zu Station und fasziniert sie mit immer neuen Begebenheiten aus dem Leben einer Abenteurerin, der keine Situation zu brenzlig sein konnte.
Kann es sein, dass ein Programm Gefühle entwickelt? Polly Gon verhehlt ihre Enttäuschung nicht, denn diese Führung wird ihre letzte sein. Es ist beschlossene Sache, dass sämtliche Artefakte wieder an ihre Ursprungsorte oder in ihre Herkunftsländer zurückgebracht werden sollen. Damit verliert das Museum seine Berechtigung und wird schließen.
Lara hat ein langes und spannendes Leben gelebt. Sie jagte auf Motorrädern durch enge Gassen, hetzte und turnte durch Labyrinthe, die sich ein krankes Genie ausgedacht haben muss, wich den geschicktesten Bogenschützen der Welt aus, tauchte in haiverseuchten Gewässern – doch was wurde aus dieser Frau, der scheinbar nichts etwas anhaben konnte?
Die 38. Ausgabe von Tomb Raider enthüllt die ganze Wahrheit über Lara Croft. Endlich erfährt der Leser wirklich, wer sie war und was aus ihr wurde. Es ist kein Zufall, dass die Geschichte im englischen Original den Titel Alpha Omega heißt – Anfang und Ende: Und vielleicht ein neuer Auftakt.
Die vorliegende Geschichte rollt das Thema Lara Croft von einer neuen Seite auf und ermöglicht es dem Autor Dan Slott eine Handlung im Tomb Raider-Universum aufzubauen, ohne auf bisherige Handlungsstränge Rücksicht nehmen zu müssen.
Slott lässt viele kleine Ideen einfließen. Polly Gon erinnert wahrhaftig an eine Videospiel-Figur (nicht zuletzt aber auch an eine Comic-Variante). Oder die kleine Lara, die mit großen Augen beobachtet, wie ein uralter Tempel vor ihr zusammenstürzt. Sobald der Leser glaubt, es handele sich um eine reine Rückschau aus der Sicht der virtuellen Museumsführerin, schwenkt die Handlung in eine andere Richtung (die hier freilich nicht verraten werden soll).
Interessanterweise ist die neue Lara Croft nicht mehr so nett, wie sie der Leser bisher kannte. Ein wenig ihres Edelmutes ist ihr eindeutig abhanden gekommen. Man könnte behaupten, sie wird dem Titel der Serie endlich gerecht: Tomb Raider.
Von einer Lara Croft, die eine Spur skrupelloser ist, könnte sich der Leser durchaus mehr wünschen.
Tomb Raider-Geschichten haben in der Regel einen hohen zeichnerischen Stellenwert. Zeichner Francis Manapul reiht sich in die gewohnt gute Qualität der Serie ein. Zwar ist ein eigener Zeichenstil erkennbar, dennoch hält er sich im Rahmen der Ähnlichkeit, die Zeichner wie Andy Park und andere vorgegeben haben. Comic-Fans werden seine Arbeiten von Tomb Raider her kennen, Retro Helix, Monster Fighters, GI Joe, The Darkness, aber auch viele Cover, die er für Witchblade geschaffen hat. Einen guten Überblick gibt seine Homepage unter www.francismanapul.com.
Action, Details und Perspektiven sind perfekt umgesetzt. Deshalb ist eigentlich schade, dass die Rückblicke in die Vergangenheit der wahren Lara Croft nur so kurz ausfallen.
Unter dem Strich bleibt eine tolle neue Episode aus dem Tomb Raider-Universum, neu erzählt, spannend von Anfang bis Ende und einer gelungenen Auflösung. 🙂