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Comic Blog


Mittwoch, 25. Oktober 2006

Die Schiffbrüchigen von Ythag – Terra Incognita

Filed under: Abenteuer,SciFi — Michael um 17:21

Die Schiffbrüchigen von Ythag 1 - Terra IncognitaEben noch war Leutnant Granit eine junge aufstrebende Navigatorin an Bord des Luxusraumschiffs Kometenstaub, im nächsten Augenblick ist sie auch schon in Ungnade gefallen.
Was bleibt, ist der Dienst an einer Bar, schlicht als Barkeeper für gelangweilte und überkandidelte Reisegäste. Granit ist von ihrem neuen Job nicht begeistert. Die Urlauberin Callista gibt ihr auf unmissverständliche Weise zu verstehen, wie wenig sie davon zu überzeugen ist, eine Navigatorin vor sich zu haben. Als wäre das noch nicht genug, kommt es ausgerechnet in dem Augenblick zur absoluten Katastrophe, als der Bordtechniker Narvath eine Reparatur an der Bar durchführen soll.
Die Kometenstaub stürzt ab.

Während der Rest des Raumschiffs andernorts auf dem fremden Planeten Ythag niedergeht, muss sich der Teil, in dem sich Granit, Narvath und Callista aufhalten, ausgerechnet eine kleine Siedlung einheimischer Banfoo als Absturzstelle aussuchen. Diese empfinden den Absturz denn auch nicht als Versehen sondern als pure Absicht und wollen mit den Eindringlingen nur zu gern kurzen Prozess machen. – Nicht nur aus Rache, denn ein Banfoo ist immer auf der Suche nach einer Möglichkeit, jemandem den Prozess zu machen. Die einen betrinken sich, die anderen unterhalten sich mit Schauprozessen. Andere Welten, andere Sitten.
Ein Prozess endet bei den Banfoo leider allzu häufig mit dem Tod der Angeklagten. Diese Erfahrung machen die drei Schiffbrüchigen auf sehr eindrucksvolle Weise.

Damit nicht genug. Auf dem Planeten Ythag hält man andernorts die Überreste des Raumschiffs für eine große Chance. Ophyde, Herrscherin der Stadt Bridmoth, ist bemüht, durch Söldner jeden Überlebenden des Absturzes aufspüren zu lassen, damit sie einen Zugang zum Hauptteil des Wracks findet.
Granit und ihre Wegbegleiter werden zwar gejagt, doch wenigstens finden sie in dem gelehrten Wanderer Tao einen Gefährten, der sie mit so mancher Besonderheit des Planeten vertraut macht. Aber es bleibt gefährlich.

Der Autor Christophe Arleston ist für Freunde von Fantasy und Science Fiction beileibe kein Unbekannter. Zu seinen besonderen Erfolgen hierzulande zählen zum Beispiel Troll von Troy oder Lanfeust der Sterne. Mit der Saga um Die Schiffbrüchigen von Ythag entwirft er ein neues Universum, erweckt er neue Charaktere zum Leben und schickt sich an, eine Geschichte zu schreiben, die gleich von Beginn an spannend und unterhaltsam ist.

Zusammen mit den Charakteren (liebenswert: Granit, Narvath, sexy aber ein Ekelpaket: Callista) lernt der Leser die Welt Ythag kennen. Humor wird gleich nach dem dramatischen Start großgeschrieben. Mit der Gerichtsprozedur der Banfoo werden die derzeit häufigen Gerichtssendungen aufs trefflichste karikiert und auf die Spitze getrieben. Hier gipfelt das Szenario in einer stationärer Running Man-Variante. Das Urteil wird vom Volk gefällt, weniger nach Fakten, mehr nach Gefallen und Sympathie, beinahe eine weitere Anspielung, die Arleston hier vorlegt.
Doch der versierte Autor vernachlässigt keineswegs den Schwerpunkt Science Fiction. Auf dem Planeten Ythag baut er eine Vielvölkerwelt, auf den ersten Blick etwas komödiantisch, auf den zweiten Blick auch schon realistisch brutal. Und Arleston wäre nicht mit seinen Troy-Geschichten bekannt geworden, würde er nicht noch einen Funken Fantasy beimischen: Zephyre.
Diese Wesen, die unabhängig von Volk oder Geschlecht auf dem Planeten erscheinen und mit besonderen Kräften ausgestattet sind, werden bestimmt zukünftig noch für so manches Geheimnis gut sein.

Zeichner Adrien Floch verfolgt einen modernen Stil. Realistisch, nicht klassisch francobelgisch, eher euromangamäßig, setzt er die Vorlage von Arleston in Szene. Floch nutzt den Platz, den ihm eine Seite bietet, so gut wie möglich aus. Ob Dialog- oder Actionszenen, beides steht bei gleichberechtigt nebeneinander. Manchmal geraten so Landschafts- oder Ortsansichten etwas kleiner. Das schmälert nicht ihren Wert, doch all die Arbeit die darin steckt, gerät so etwas in den Hintergrund. Rein aus Gründen der Optik ist das etwas schade.
Insgesamt jedoch sind die Szenen fein anzuschauen. Aktionen sind mitreißend und rasant aufgebaut. Fremde Lebwesen wirken gut durchdacht und wurden nicht übertrieben dargestellt.
Auffallend sind die Details, mit denen Floch selbstverständlich die Hauptcharaktere ausstattet. Aber er vergisst auch nicht jene Nebenfiguren, sogar nicht jene, die vielleicht nur zweimal auftauchen. Das macht die Geschichte noch einmal mehr anschaulicher – vor allem verweilt das Auge lange auf einer Szene, damit einem auch ja nichts entgeht.

SciFi, Space-Opera, Abenteuer, eine Spur Fantasy und eine ordentliche Portion Humor schmecken diesen Start der Schiffbrüchigen von Ythag ab. Arleston und Floch wissen, wie man die Leser neugierig macht und gespannt auf die Fortsetzung warten lässt. Weiter so! 😀

Sonntag, 16. Oktober 2005

Nash – Blade Runner lässt grüßen

Filed under: SciFi,Thriller — Michael um 21:04

NashNash Tulsa ist auf seine Art ein ganz normaler Mann in dieser verrückten Welt. Seit er den Dienst bei der Armee quittierte, arbeitet er als Kopfgeldjäger. Seine Frau Ethel hat sich von ihm getrennt und arbeitet jetzt als Stripperin. Seine kleine Tochter Audrey hat eine Immunschwäche und lebt in einem Krankenhaus.
Sein Leben nimmt eine völlig andere Richtung, als Unbekannte Nashs kleine Tochter entführen. Die Hinweise verdichten sich, dass die Unbekannten außerdem den Rest von Audreys Familie töten wollen. Nash kann seine Exfrau nur knapp vor einem Attentäter schützen.

Die Vergangenheit meldet sich zu Wort. Die ersten Spuren erweisen sich als falsch und Nash muss gehörig Prügel einstecken. Bald jedoch meldet sich ein geheimnisvoller Militärangehöriger bei ihm. Und Nash erinnert sich.
Audrey entstand nicht durch natürliche Zeugung. So sehr Ethel und er sich auch bemühten, es hatte nie geklappt. Vermutlich lag die Ursache in verschiedenen Chemikalien, die Nash während seiner Militärzeit einnehmen musste. Professor Labory half ihnen schließlich weiter durch künstliche Befruchtung.

Die Spur führt nach Sao Paulo. Hier machen Nash und seine Exfrau im Haus von Laborys ehemaligem Kollegen Sangrenegra eine unheimliche Entdeckung: Die junge Tochter des Doktors sieht ebenso aus wie Audrey und besitzt die gleiche Immunschwäche.
Nash steht vor einem sehr großen Rätsel. Was er auch macht, immer wieder werden seine Nachforschungen vom gewaltsamen Vorgehen des Militärs durchkreuzt.

Jean-Pierre Pécau und Damour haben mit der Geschichte um Nash einen beinharten und abenteuerlichen SF-Reißer zu Papier gebracht, der zu keinem Zeitpunkt langweilig ist.

Die zeichnerische Umsetzung gefällt mir sehr gut. Es ist eine Mischung aus französisch-belgischer Schule und Manga. Als Euro-Manga würde ich es nicht unbedingt bezeichnen, aber Anleihen sind durchaus vorhanden. Sehr gut sind die Ansichten der Welt, in der Nash lebt. Sie schaffen eine sehr dichte Science Fiction Atmosphäre. Hier wird der Vergleich mit Mangas sehr deutlich. Die Ansichten sind sparsam gezeichnet, aber sehr exakt, die leichte Kolorierung erinnert an einen Zeichentrickfilm japanischer Machart.

Wer sich ein wenig in der populären Science Fiction auskennt, wird sich in dieser Welt schnell zurechtfinden. Manches schaut aus wie in Blade Runner oder Total Recall, überhaupt scheinen Anleihen oder Inspirationen aus den Ideen eines Philip K. Dick gezogen worden zu sein. Das schadet jedoch keineswegs und wer wenigstens die Filmumsetzungen mochte, zu denen auch Minority Report gehört, wird auch diesen Comic mögen.

Es ist eine Geschichte um (berühmt) berüchtigte Versuche des Militärs, die einen Ausnahmesoldaten zu schaffen wollen. Die Codenamen dafür lauten: Alphas, Kains, Liliths und Engel. Wer den Engeln begegnet, hat keine Zeit mehr sein Testament zu machen. Leider ist auch Nashs Tochter ein Ergebnis dieser Experimente. Das mag nicht sonderlich innovativ klingen, ist allerdings gut strukturiert erzählt. Die Geschichte verheimlicht auch nicht, welche Handlungen und Sci-Fi-Welten sie zum Vorbild hat. Einmal wird von einer Zeugin namens Ripley berichtet, die leider nicht weiter zu befragen ist, da sie glaubt, außerirdische Eier in ihrem Körper auszubrüten.

Im ersten Band Morgenstern ist die Strichführung noch recht dick geraten, beinahe wie ein Entwurf. In den Folgebänden Jenseits von Eden und Königin der Engel ändert sich das massiv. Hier haben die Striche einen beinahe zerbrechlich aussehenden feinen Charakter. Das erhöht den Zeichentrickcharakter noch mehr. Alleine in den All- und Laboransichten in Band 3 wird dieser Effekt besonders schön deutlich.

Geradlinige Science Fiction Action, perfekt in Szene gesetzt. 😀