Dienstag, 01. Mai 2018
1967 in Danville, Alabama, hat JOSHUA LACOUR ein großes Problem in Form des Sheriffs. Wenn der Ruf in einer kleinen Gemeinde sowieso beschädigt ist, gerät einer wie JOSH schnell auf die Liste der schwarzen Schafe. Als er eines Tages wegen Trunkenheit am Steuer eines Motorrads festgenommen wird, wil der zuständige Richter ein Exzempel statuieren. Aber JOSH sieht einen Ausweg. Statt der angedrohten sechs Monate Gefängnis, will er lieber ehrenvoll für sein Land in den Krieg nach Vietnam ziehen. So tönt er es jedenfalls und hält den Krieg für das kleinere Übel. Kaum zwei Monate später weiß er, wie sehr er sich getäuscht hat …
MISTY MISSION von MICHEL KŒNIGUER behandelt das große amerikanische Kriegstrauma und zeigt die Sinnlosigkeit des Unterfangens in und über den Dschungeln dieses von den Vereinigten Staaten von Amerika so fernen Landes. Als Autor und Zeichner in Personalunion behandelt MICHEL KŒNIGUER dieses Trauma anhand der Schicksale zweier unterschiedlicher Freunde. NICHOLAS BEAULIEU und JOSHUA LACOUR, namentlich mit französischen Wurzeln, aus dem tiefsten amerikanischen Süden stammend, treten als Soldaten in den Krieg ein. Der eine wird Kampfpilot, der andere Infanterist in der 1. Kavallerie-Division, einer Einheit, die nicht mehr zu Pferd, sondern per Hubschrauber ans Einsatzziel gebracht wird.
NICHOLAS BEAULIEU und sein Flugzeug sind zeitweiligen Luftabwehrgeschossen ausgesetzt, darüber hinaus setzen seine Angriffe auf den Boden aus relativer Sicherheit an, denn Abschüsse durch Feindeshand sind selten. Noch viel wichtiger allerdings ist die Tatsache, dass er meist nicht erfährt, was er unten mit Menschen anrichtet. Bei JOSHUA LACOUR sieht die Angelegenheit schon ganz anders aus. An seinem Beispiel gerät der Leser mit in die nächste Nähe zum Vietcong. JOSHUA LACOUR sieht seine Kameraden durch den Gegner sterben. Und er sieht sie durch seine Hand sterben. Über jemandem, der den Krieg wählte, um dem Gefängnis zu entgehen, weil er den Dienst für das Vaterland für die leichtere Alternative hielt, bricht die Hölle auf Erden herein.
Dabei beginnt es so harmlos mit einem typischen amerikanischen Kleinstadtflair der 1960er Jahre. Auf einer weißen Hochzeit haben die Weißen das Sagen und feiern, Schwarze dürfen in Alabama die Band stellen und für das leibliche Wohl sorgen. Von Bürgerrechtsbewegungen ist hier noch nichts zu spüren, Willkür indes existiert, Reich duckt Arm gänzlich farbenblind. In Vietnam erfolgt für JOSHUA LACOUR ein Kulturschock. Hier kehrt sich alles um, sein Sergeant ist sogar ein Abkömmling amerikanischer Ureinwohner, kurz ein Indianer hat das Sagen und kommandiert den kleinen Trupp, der immer wieder durch Neuankömmlinge aus der Heimat zwangsläufig aufgeforstet wird (wegen der Gefallenen, die die Heimreise antreten).
MICHEL KŒNIGUER verzichtet auf die Darstellung von Auswirkungen der allgegenwärtigen Gewalt und bricht, nähme man einen Film zum Vorbild, eine Kamerafahrt rechtzeitig ab. In den Scharmützeln, die mit aller Härte und ohne Mitleid geführt werden, in den Explosionen durch Raketenbeschuss, Gunships, Handgranaten und den Einschlägen von Kugeln aus automatischen Gewehren bedarf es kaum großer Fantasie darüber, was denjenigen geschehen mag, die sich im Zentrum der Feuersbrünste befinden. Aus dem kleinen Ganoven mit Herz, JOSHUA LACOUR, wird allmählich etwas anderes.
MICHEL KŒNIGUER erzählt eindringlich, ohne Pathos von einem Krieg, der sich ins Weltgedächtnis eingebrannt hat. Der Schwerpunkt der Handlung liegt eindeutig auf der Figur des JOSHUA LACOUR, zu dem man als Leser schnell Sympathie fassen kann, denn seine Ängste sind allzu begreiflich. Die technischen Darstellungen von MICHEL KŒNIGUER sind präzise, bei Figuren greift er auch mal auf eine schauspielerische Vorlage zurück. So hat für den Richter, der JOSHUA LACOUR vor die Wahl stellt, Knast oder Krieg, JAMES CROMWELL Pate gestanden. 🙂
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Mittwoch, 14. Februar 2018
Das improvisierte Fort ALAMO ist unter dem Ansturm der Mexikaner unter GENERAL SANTA ANNA gefallen. Die Leichen der Verteidiger wie auch der Angreifer teilen sich einen verwüsteten Boden, brennende Trümmer und bieten sich gleichermaßen den Krähen zum Fraß an. Ein einzelner Überlebender, einer, der für die Freiheit von Texas kämpfte, hat sich in Sicherheit gebracht und betrachtet die Ruinen aus der Ferne. Demütig den Hut gezogen und Tränen vergießen, mehr kann er nicht tun …
ALAMO war lange ein amerikanisches Trauma und wurde natürlich in Kinowestern verarbeitet. Nicht zuletzt geschah das in ALAMO von und mit JOHN WAYNE, aber, auch näher an der Hauptfigur dieser Geschichte, in DER MANN VON ALAMO mit GLENN FORD (der hier den einzigen Überlebenden der Schlacht spielt). Mit MOSES ROSE verhält es sich ganz genauso. In DIE BALLADE VON ALAMO, wie der erste Teil der Westernreihe MOSES ROSE heißt, will die Öffentlichkeit selbst 16 Jahre nach dem Fall des Forts dem einzigen Überlebenden und wahrscheinlichen Deserteur LOUIS MOSES ROSE nicht verzeihen und ihn lieber sofort vor ein Kriegsgericht wegen dieses Vergehens stellen. Immer noch möchte MOSES ROSE seine Unschuld beweisen. Aber … eine Möglichkeit gäbe es dazu. Aber diese ist lebensgefährlich.
Mit PATRICE ORDAS und PATRICK COTHIAS haben sich ein Experte für historische Szenarien und Romanautor gleichermaßen und ein erfolgreicher Comic-Autor zusammengetan. Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein Mann, der sich mit Kriegen auskennt, der unter NAPOLEON in der Schweren Kavallerie diente und das Drama und die Tragödie von ALAMO miterleben musste. Sein Überleben wurde ihm Jahre später immer noch nicht verziehen. Der mexikanische GENERAL SANTA ANNA hatte zuvor jeden männlichen Gefangenen hinrichten lassen. Nun aber soll der Weg zurück zum Ort der Tragödie führen. In den vergangenen 16 Jahren jedoch hat der WILDE WESTEN nichts von seiner Wildheit verloren.
Es ist interessant und gut, dass PATRICE ORDAS UND PATRICK COTHIAS einmal eine völlig andere Seite dieses WILDEN WESTENS aufschlagen. In den Bayous treffen die Abenteurer auf die CADIENS, Abkömmlinge von Indianern, Schwarzen, weißen Spaniern und Franzosen, die ihr Auskommen als Flusspiraten fristen. Dieser Abschnitt innerhalb der Geschichte ist ein erneutes Abtauchen in eine noch viel andere Welt, martialisch, barbarischer noch, als es der WILDE WESTEN selber war.
Anderes wird dem Leser bekannt vorkommen, nur vielleicht nicht aus dieser Epoche. Der nordamerikanische Kontinent war und ist Einwanderungsland, im 19. Jahrhundert eine Art gelobtes Land. Neben den Hoffnungsvollen kamen auch die Ganoven und so ist auch ein Vorläufer der sizilianischen Mafia nicht weit. Neben klassischen Westernelementen fügen die Autoren Passagen ein, die ein weiteres Licht auf diese frühen Einwanderer werfen, andererseits die Gräueltaten an den Ureinwohnern einmal mehr thematisieren.
Zeichnerin CHRISTELLE GALLAND gibt dieser Welt in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein sehr urwüchsiges Gesicht. In dieser Welt offensichtlich noch auf Waffen und Schifffahrt beschränkt. Der Sheriff, der an der Seite von MOSES ROSE agiert, hantiert noch mit einem Bündelrevolver, während Attentäter schon moderner bewaffnet auftreten. Die berühmten Mississipidampfer gibt es bereits, qualmend und wassertretend. Sehr schön sind die Sequenzen, die den Leser an das Leben (und Überleben) der indianischen Ureinwohner heranführen, einer Kultur, die deutlich höher stehender ist, als jene der räuberisch lebenden CADIENS.
Die Striche und die Tuscheführung von CHRISTELLE GALLAND sind außerdentlich fein, sehr auf Accessoires bedacht, wenn es zum Beispiel daran geht, die gemischten Kleidungsstücke aus Alltagsbekleidung und ehemaligen Militäruniformen zu zeigen und so das Szenario in vielen Details zu beleben. So darf sich der Leser auch auf eine tolle Reise durch eine wilde, reich inszenierte Landschaft freuen. Aus einer typischen Westerstadt, einer nachgeahmten Zivilisation, den Fluss hinunter, durch das weit verzweigte Bayou-Netz, über das Meer, immer Richtung Texas.
Sehr schöner Westernauftakt, einmal aus einer etwas früheren Zeitspanne, noch vor der Hochzeit der Cowboys, Viehtrecks und der sattsam bekannten Outlaws. MOSES ROSE schlägt dennoch ein finsteres Kapitel amerikanischer Geschichte auf, spannend, nicht zimperlich, schön illustriert. Für Western-Fans uneingeschränkt empfehlenswert. 🙂
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Dienstag, 23. Januar 2018
Die drei jungen Frauen wurden unter Drogen gesetzt, denn wer, das ist dem jungen Engländer ALEXANDER MARTIN gleich klar, würde sich freiwillig auf einen Scheiterhaufen begeben? Die Szene, ohnehin aus westlicher Sicht erschütternd genug, wird noch dramatischer, als bei einer der Witwen, die dort zusammen mit ihrem verstorbenen Ehemann beigesetzt werden sollen, die Wirkung der Drogen nachlässt. Panisch versucht sie aus den Flammen zu fliehen und wird sogleich mitleidlos ins Feuer zurück gestoßen …
Unterschiedlicher könnten die Kulturen kaum sein: Das britische Empire prallt auf die geballte Exotik Indiens. In der dritten Folge von RAJ gelingt der Einstieg mühelos. Die ersten beiden Episoden erschienen vor einigen Jahren, wurden aber nicht vom ursprünglichen Verlag komplettiert. FINIX COMICS schließt die Lücke jetzt. Das Comic-Gespann WILBUR und DIDIER CONRAD wird Comic-Fans sicherlich ein Begriff sein. DIE MARSU-KIDS oder DIE WEISSE TIGERIN erschienen hierzulande. DIDIER CONRAD ist außerdem der Zeichnernachfolger von ALBERT UDERZO in der langjährigen Serie ASTERIX geworden.
Damit eröffnet sich auch gleich ein Anknüpfungspunkt. Denn vergleicht allein die hier genannten vier Serien, wird man sofort die unterschiedlichen grafischen Stile erkennen und feststellen, wie gut DIDIER CONRAD mit seinem illustratorischen Rüstzeug in diese verschiedenen Künstleridentitäten schlüpft. RAJ ist in einer sehr klaren Linie gezeichnet (bei der viele natürlich zuerst an HERGÉ denken, aber RAJ ist deutlich weniger karikaturesk).
Der hier vorliegende Band, ein Doppelalbum mit dem Titel IM BANN DER MÖRDERISCHEN BRUDERSCHAFT, fasst die Kapitel 3, AYESHA, und Kapitel 4, DIE WÜRGER, zusammen. Letzterer Untertitel gibt die Marschrichtung der Handlung vor, denn im Kern bereiten die Anhänger der Göttin KALI den Helden der Geschichte große Schwierigkeiten (INDIANA JONES UND DER TEMPEL DES TODES lassen grüßen). Wie im Hollywood-Blockbuster ist die geheimnisvolle Sekte die Speerspitze einer völlig fremden Kultur, in der es den englischen Eindringlingen bislang nicht gelungen ist, Witwen vor der gemeinsamen Verbrennung mit ihrem verstorbenen Ehemann zu bewahren.
So darf sich niemand von der grafischen Umsetzung täuschen lassen. WILBUR und DIDIER CONRAD nehmen ihre Geschichte sehr ernst. LORD BULLOCK sucht die junge AYESHA, die ihm wie eine Tochter geworden und nun seit drei Wochen verschwunden ist. Die Suche fördert furchtbare Entdeckungen und Begegnungen zutage, gefährlich, nervenaufreibend. Der Leser verfolgt die Geschehnisse durch die Augen des stetig dazu lernenden Kolonialagenten ALEXANDER MARTIN, optimistisch, schockiert, angestrengt, aufgeschlossen.
Ein schönes Zwischenspiel, eine atmosphärische Vertiefung der jeweiligen Sequenz sind die wiederkehrenden ganzseitigen Einschübe, fast so, als würde von den aufgeteilten Seiten kurz auf Breitwandkino umgeschaltet. BENARES mit seiner schwer fassbaren Architektur im Jahre 1832 ist bereits uralt und im Verfall begriffen, so wie fast alles in diesem scheinbar elendig alten Land, angekommen im Stillstand, wo in der Finsternis auf der Stelle getreten wird. Die Briten halten sich abseits in ihren Enklaven und starren auf die Einheimischen wie Besucher in einem Zoo oder in einem Theaterstück.
Sehr dicht erzählt, auch für Freunde von historischen Romane geeignet, abenteuerlich, kriminalistisch, von Romantik keine Spur. In schöner Linie gestaltet, mit grundsätzlich warmen Farbtönen koloriert. WILBUR und DIDIER CONRAD haben hier ein feines, toll erzähltes Szenario abgeliefert, wie es nicht oft im Medium Comic aufgegriffen wird. Klasse! 🙂
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Samstag, 29. Juli 2017
Eine Erbschaft steht für die Wende eines Lebens. Der Polizist ANDY MORGAN erbt von einem Onkel, den er nie gesehen hat, ein Schiff mit dem stolzen Namen CORMORAN. Die Kollegen verabschieden ANDY MORGAN mit einer kleinen Feier, wehmütig und mit einer Spur Neid befangen. Leider verläuft der Abschied für ANDY MORGAN nicht reibungslos. Als er mit seinem Mündel ALI das neue Schiff inspiziert, hat sich an Bord bereits ein flüchtiger Verbrecher einquartiert …
Es war einmal ein Interpol-Beamter namens BERNARD PRINCE. Für den deutschen Markt setzte man auf den Namen ANDY MORGAN. Aber ob PRINCE oder MORGAN, den Geschichten tat die Änderung keinen Abbruch. Anfänglich in den Kurzgeschichten, von GREG geschrieben und von HERMANN gezeichnet, kam ANDY MORGAN noch in üblicher Krimimanier daher. Obwohl das Duo der beiden Hauptfiguren von Anfang an ungewöhnlich war. Neben dem Kriminalbeamten von Interpol, der ANDY MORGAN ursprünglich war, trat ALI auf (im Original DJINN), ein Mündel, quasi Adoptivsohn.
ANDY MORGAN stand für den vernünftigen Erwachsenen, ALI für den nicht ganz so vernünftigen, manchmal draufgängerischen Jugendlichen. Nach den im Jahre 1966 erschienenen Kurzgeschichten von ANDY MORGAN konnte GREG mit der Neuausrichtung der Figur als Abenteurer in der albenlangen Handlung DIE PIRATEN VON LOKANGA alle Register ziehen. Aber das war noch lange nicht alles. GREG und sein Zeichnerkollege HERMANN komplettierten das Team zum Trio, indem sie ANDY und ALI den Seebären BARNEY JORDAN zur Seite stellten.
Afrika, Fernost, Südamerika (als vorübergehende Ausflugsküste) boten die nötige Exotik weitab der französischen Straßen (in den Kurzgeschichten), die Kriminalität geradezu atmeten und sich sehr an den Kinokrimis der 1960er Jahre orientierten. Nun aber wurde es klassisch abenteuerlich. DIE PIRATEN VON LOKONGA bot eine schwierige Flussfahrt, Waffenschmuggel und Angriffe schwarzer Stämme in eher folklorer Ausstattung, bewaffnet mit Speeren, während die Polizei des Landes schon moderner den Fluss mit Motorbooten befährt. GREG spielte hier zweifellos mit Klischees und scherte sich mit einem eigens erfundenen afrikanischen Staat nicht um tatsächliche Gegebenheiten.
GENERAL SATAN leitete eine endgültige Wende ein, die im übernächsten Album mit DIE GRENZE ZUR HÖLLE fortgesetzt wurde. Erst einmal entdeckte GREG den Fernen Osten für die Serie. Böse, undurchsichtig dreinblickende Asiaten, in ihrer Anlage durch GREG vielleicht beeinflusst von den Nachrichten und Ereignissen rund um INDOCHINA und VIETNAM, brachten das Fremdartige in die Geschichten, das mit Gangstern in Trechcoats nicht gepackt werden konnte. ANDY MORGAN tat aber noch einen weiteren Sprung. In GENERAL SATAN werden die Zeichnungen von HERMANN geschmeidiger, deutlich versierter. Hier erreicht er einen ersten Höhepunkt seines Schaffens, das sich erst im Laufe von COMANCHE verändern sollte.
GREG und HERMANN verleihen im zweiten Album um ANDY MORGAN jeglicher Figur deutlich mehr Charakter. Haupt- und Nebendarsteller werden flott vorgestellt, hart und genau umrissen, GENERAL SATAN als neuer Erzfeind vorgestellt. Wasser lautete zuvor noch das Kernelement. Die CORMORAN, ANDY MORGANS Schiff, fuhr einen gefährlichen Fluss entlang. Nun geht die Hatz über das Meer und wechselt hiernach auf geniale Weise auf eine alte Lokomotive. Das ist optisch toll inszeniert, zündete damals mit feiner Action, die gleichfalls heute noch funktioniert.
Anschließend versuchten sich die beiden Comic-Macher mit DIE REBELLEN VON CORONADO an einer Mixtur aus modernem Abenteuer und Western. Herausragend hier ist ein Running-Gag. BARNEY JORDAN gelangt im Verlauf der Handlung an ein Kissen, das er die ganze Zeit über mitschleppt, letztlich eine Idee von HERMANN, der sich diesem Spaß über die reinen Anweisungen von GREG hinwegsetzte. Es blieb zunächst bei diesem Ausflug nach Südamerika. Mit DIE GRENZE ZUR HÖLLE ging es zurück nach Asien. HERMANN schuf die bislang am bedrohlichsten wirkende Episode, indem er das Trio durch eine wirkliche Hölle aus Monsunregen, Schlamm und Alligatoren hetzte. Alles in allem steigerte sich das Duo GREG/HERMANN von Episode zu Episode. Auch war es aus jugendlicher Lesersicht schön zu sehen, dass insbesondere ALI eine immer größere und wichtigere Rolle zufiel.
Von HERMANNS frühen Gehversuchen hin zu einem gestandenen Illustratoren, von den Kurzgeschichten über ANDY MORGAN hin zu den zeitlos tollen Abenteuern des ehemaligen Polizisten und seiner beiden Freunde: Die optisch hervorragende Evolution eines Helden, ständig besser erzählt von GREG, einem der Comic-Urgesteine, gehört zu den immer noch aktuellen Vorbildern eines ganzen Mediums. Spitze! 🙂
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Montag, 19. Juni 2017
Hochzeiten unter Fürstenhäusern und königlichen Dynastien haben schon oft den Frieden zwischen Ländern schützen sollen. Nicht immer waren derlei Bemühungen vom sprichwörtlichen Erfolg gekrönt. Lyenn, Tochter des Königs Corween, sollte einst den verfeindeten Druidenherrscher Nordjj ehelichen. Yslain, jüngste Sohn des Königs, hätte sich zähneknirschend mit der Situation abgefunden. Erwal jedoch, der älteste Sohn, wollte seine Schwester schützen und stellte sich gegen den Pakt. Die Heirat wurde durch einen brutalen Verrat abgewendet. Erwal wurde mit seinen Gefolgsleuten zur Strafe in die Verbannung geschickt. Doch nun ist König Corween verstorben und das Schicksal nimmt seinen Lauf …
NICOLAS JARRY hat sich in seiner Autorenkarriere ganz der historischen Szenarien und der Fantasy-Abenteuer gewidmet. In klassischen Sagen findet er seine Inspiration. Andere Figuren und Kreaturen könnten geradewegs dem Universum eines J.R.R. TOLKIEN entsprungen sein. Mit ELYA – DIE NEBEL VON ASCELTIS entfaltet sich eine keltische Atmosphäre. Es könnte auch ein Einblick in die Welt der Pikten sein, gäbe es nicht eindeutige Fantasy-Aspekte, die weit über ein rein historisches Abenteuer hinausgehen.
Die Geburt einer SYLVE markiert den zentralen Höhepunkt und wechselt die Begehrlichkeiten, die zuvor in der Geschichte noch eine wichtige Rolle spielten. NICOLAS JARRY hat sich eine sehr bedeutsame Geburtszeremonie einfallen lassen. Das besitzt einen gruseligen Effekt, macht sehr neugierig und erklärt auch die spätere Funktion eines HERRN FUSHU. Die Entwicklung der SYLVE zeigt bereits in der zweiten Hälfte der ersten Folge von ELYA – DIE NEBEL VON ASCELTIS, welchen erzählerischen Spielraum NICOLAS JARRY durch diese Figur erhält.
GIANLUCA MACONIS Zeichenstil werden alle jene mögen, die mit Comics von Illustratoren wie dem kanadischen Comic-Künstler DJIEF oder dem Mexikaner HUMBERTO RAMOS vertraut sind. Der leicht überzogene Realismus passt zur Fantasy sehr gut. Männer sind oft kernig, kantig, breit, muskulös. Frauen als Hauptakteure sind hübsch, sportlich, Pin-up-tauglich. Auch bei den anderen Charakteristika fahren die Künstler ähnliche Verfahren auf, insbesondere den gestandenen bärtigen Männern, die sofort als erfahren, weise, durchsetzungsstark zu klassifizieren sind. Zwerge sind klassisch rundlich, klein, kompakt, doch besonders interessant wird es bei einer Kreatur wie HERRN FUSHU.
FUSHU ist eine optische Mixtur aus einem Jedi-Lehrer und einem vampirischen Meister, wie er von HUMBERTO RAMOS im Comic CRIMSON zu Papier gebracht wurde. Und ähnlich wie diese erwähnten Figuren tritt auch FUSHU auf. Außerdem entzieht er sich durch dieses Auftreten auch von der ansonsten sehr klassisch bekannten Konstellation der eingesetzten Charaktere. Man könnte sagen, dass mit dem Auftritt dieses einen Charakters ein Wendepunkt einsetzt. Betrachtet man das Bild auf der Rückseite des Albums, auf der FUSHU und die SYLVE gemeinsam abgebildet sind, darf man sich getrost in dieser These bestätigt fühlen.
OLIVIER HEBAN darf als Kolorist nicht unerwähnt bleiben. Mit seiner sehr feinen Farbgebung trägt er sehr stark zum qualitativen Gesamteindruck der Seiten bei. Die Handlung spielt sich hauptsächlich in der freien Natur ab, gewährt Einsichten, die sofort den Gedanken an verzauberte Landschaften entstehen lassen. Hier haben sich GIANLUCA MACONI und NICOLAS JARRY mit ihrer Vorarbeit nicht lumpen lassen. Malerische Brücken, weite Gebirgszüge, heilige Kreise, mystische Wurzelgebilde, düstere Schluchten oder ein hungriges Wolfsrudel sind detailliert koloriert und sorgen für eine Atmosphäre, die keiner weiteren Erzähleruntermalung bedarf.
Spannend, klassisch, mit tollen Wendungen, die mit den Erwartungen der Leser spielen und diese durchkreuzen. Durch das Grafikduo GIANLUCA MACONI (Zeichner) und OLIVIER HEBAN (Kolorist) wird ein fantastisch illustriertes, sehr schönes Leseerlebnis aus dem Fantasy-Auftakt von ELYA. 🙂
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Montag, 05. Juni 2017
Eine Krankheit greift um sich und bedroht das Leben. Die Krankheit macht vor keinem Volk Halt. Oldis sterben, Borun holt der Tod und selbst Albinth, noch größere Humanoide, sind betroffen. Von den Brohm, denen alle wohlweißlich aus dem Weg gehen, ist nichts über Todesfälle bekannt. DIE SEUCHE ist ein Mysterium. Obwohl Oldis und Borun einander nur bedingt freundlich gesinnt sind, macht sich ein kleiner Trupp aus beiden Völkern auf die Reise, um eine Lösung zu finden. Dabei gestaltet sich der Anfang des ungewöhnlichen Bündnisses bereits schwierig. Und unterschiedliche Lebensarten helfen kaum, die Abneigungen gegeneinander zu senken.
JEAN-CHARLES GAUDIN macht sich daran, in DIE SEUCHE eine sehr ernsthafte Fantasy-Welt zu gestalten. Einfache Volksgruppen, keine Fürstenhäuser bestimmen das Szenario. Fans des HERRN DER RINGE oder von GAME OF TRHONES werden die großen Intrigen hier vergeblich suchen. Vielmehr versuchen hier die bäuerlich lebenden OLDIS (menschenähnlich) und die BORUN (elfenartig) ein gemeinsames Auskommen zu finden. Abgesehen von einer groben äußerlichen Ähnlichkeit haben die Volksgruppen hier wenig mit den weitaus bekannteren Fantasy-Szenarien gemein.
Die OLDIS leben infolge eines deutlichen Frauenüberschusses in einer Art Matriarchat. Die BORUN sind kriegerischer ausgerichtet. Natürlich findet sich einem ländlichen Szenario auch die Pracht von Burgen oder gar königlichen Höfen nicht. FREDERIC PEYNET, Zeichner und Kolorist in einer Person, arbeitet entsprechend an einer der unseren ausgerichteten Flora und einer teils fremdartigeren Tierwelt, um die Unterschiede zur echten Welt zu verdeutlichen. Die bevorzugten Reittiere, Telnaks, pferdeähnlich, mit wölfischen Einflüssen, scheinen bewusst an reale Vorbilder angelehnt. Genauso hält es JEAN-CHARLES GAUDIN mit der Beschreibung unterschiedlicher Kulturen und ihrer Eigenarten, die sich in der einen oder anderen Form tatsächlich finden lässt, nur nicht in dieser Mixtur.
Es lässt den Leser schnell nah an die Kulturen und die einzelnen Charaktere heran. Zuallererst natürlich an VALNES, die ihren Namen auch gleich als Untertitel der ersten Folge dieser Trilogie hergibt und auf dem Titelbild abgebildet ist. Stellvertretend für den Leser, der diese Welt mit unwissenden Augen betritt, begleitet der Junge JAUTRY die Reisenden. JAUTRY hat bereits zwei Brüder durch DIE SEUCHE verloren. Er besitzt jugendliches Ungestüm, Neugier und zweifelsohne auch ein gewisses Maß an Naivität und Unvorsichtigkeit. Traurigkeit und Zorn gerade über den Verlust des jüngsten Bruders treiben ihn an, eine Antwort nach dem Ursprung der mysteriösen Krankheit zu finden.
Der kleinwüchsige und alte KALIAM, ein Borun, ist für den Leser eine weitere wichtige Identifikationsfigur. Er ist die Stimme der Vernunft, wenngleich er nicht alles weiß, ist er jedoch stets bemüht, alles zu verstehen und einer unvoreingenommenen Neugier eine Chance zu geben. FREDERIC PEYNET arbeitet die Besonderheiten einer jeden Figur, auch jeder Volksgruppe einfach und leicht heraus, erinnert so ein wenig an LEO. Die Kolorierung ist sehr natürlich, ebenfalls leicht und weich, aquarellartig und sehr plastisch. Blau, grüne Farbtöne, Ocker oder Braun, teils herbstliche Farbtöne dominieren eine sehr feine, einladend gemalte Landschaft. PEYNET schafft mit seinen Bildern eine tolle Atmosphäre.
Ein Rätsel buchstäblich um Leben und Tod gilt es hier von einer Gruppe zu lösen, die sich zwangweise zusammenfindet und sehr bald zusammenraufen muss, will sie dieses Abenteuer überleben, ehe die Antwort parat ist. Ein schönes Fantasy-Szenario, in seiner Gesamtheit, aber auch auf jeder Seite stimmig erzählt und illustriert. Leser, die Fantasy mit mittelalterlichem Ambiente mögen, werden hier fündig. 🙂
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Mittwoch, 10. Mai 2017
Im Hintergrund der Menschheitsgeschichte agieren Mächte, die einen gänzlich anderen Blick auf das Geschehen und die Entwicklungen auf der Welt haben. Diese Allianzen denken langfristig, scheinbar gefühllos auf den Menschen, obwohl sie hauptsächlich durch selbige vertreten werden. Der OBSIDIANISCHE ORDEN zieht die Fäden und besitzt die Macht, weite Entfernungen mittels magisch anmutender Portale zu überwinden. Nur wenigen Menschen ist es vorbestimmt, im Rat dem Orden vorzusitzen. Einer von ihnen ist der berühmte DAVY CROCKETT. Nur besitzt der Trapper keinerlei Ambitionen, sich in die Geschicke dieser obskuren Gemeinschaft einzumischen.
Im unzugänglichen Gebiet der Anden hat er sein Versteck gefunden. Dennoch haben es sich verschiedene Agenten unterschiedlicher Seiten zur Aufgabe gemacht, den Waldläufer und amerikanischen Volkshelden zu finden. Der Überlebende der Schlacht um Alamo befindet sich im Besitz eines Idols, das den Inhaber als Mitglied des Rates ausweist. Jedem Kontinent wurde ein Idol zugewiesen. Atlantis verfügt ebenfalls über einen Vertreter. Die fortgesetzte Ausbreitung der Europäer bereitet den übrigen Mitgliedern Unbehagen. Ein Bündnis soll ihrer unkontrollierten Ausbreitung ein Ende setzen.
Komplexer als viele andere Comic-Reihen ist HAUTEVILLE HOUSE aus der Feder von Autor FRED DUVAL. Die weltumspannende Geschichte, die mit deutlichen Einflüssen von STEAMPUNK und Kreaturen begann, die der Fantasie eine H.P. LOVECRAFT entsprungen sein konnten, hat längst einen neuen Dreh erhalten. Agenten balancieren zwischen den Auseinandersetzungen dunkler Mächte hin und her und fanden einen ihrer gefährlichsten Angelpunkte im Bürgerkrieg auf dem nordamerikanischen Kontinent, den der Süden (entgegen aller echten historischen Begebenheiten) vorläufig für sich entscheiden konnte.
FRED DUVAL spielt weiterhin mit dem Begebenheiten und Charakteren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Welt ist seine Bühne, betrachtet man all die verschiedenen Schauplätze, immer sehr weit voneinander entfernt, oft unwegsam, exotisch, sehr heiß, sehr kalt, sehr hoch, sehr stürmisch. Kurzum, FRED DUVAL schickt seine Helden am liebsten in Gegenden, die es in sich haben und die Gefahr regelrecht ankündigen. Dennoch überrascht er den Leser. Eine Ahnung erfüllt sich nie, es kommt immer anders, als man denkt.
THIERRY GIOUX darf sich als Zeichner an Monstern austoben, die auch eher unter die Kategorie CTHULHU fallen. Die Auftritte solcher Wesen sind allerdings wohl gesetzt. Der Leser wird mit solchen Ansichten nicht überfüttert. Die wirklich besondere Atmosphäre in dieser 14. Folge mit dem Untertitel DER 37. BREITENGRAD erwächst aus einer Ansichten einer grandiosen und wilden Natur, Landschaften, die an anderer Stelle aus den Wanderschaften moderner Abenteurer her bekannt sind. Stürmische See, rasende Winde, von Eis und Schnee zerklüftete Berge werden hier zu Gegnern, die alles daran setzen, die Menschen aufzuhalten. Und wie es auch bei echten Natur der Fall ist, macht diese hier ebenfalls vor keiner Seite Halt.
Die Zeichnungen sind mit dünnen Strichen gemacht, einerseits fragil, andererseits eindeutig die Handschrift von THIERRY GIOUX. Die Arbeit ist gut und versiert, aber so richtig schön werden die Bilder durch die Kolorierung von NURIA SAYAGO. Der Gesamteindruck je Seite ist urwüchsig zu nennen. Als Thema zieht sich eine sehr starke, weitgehend unbelastete Natur durch das komplette Album. Medellin in Kolumbien ist die einzige Metropole, die einmal hervorsticht.
Eine tolle, stimmige Atmosphäre ist bezeichnend für die 14. Folge von HAUTEVILLE HOUSE. Die Kämpfe der Menschen gegeneinander, auch die Bündnisse mit Kreaturen gänzlich anderer Art, verblassen vor den Kräften der irdischen Urgewalten. FRED DUVAL und sein ganzes Team (auch MANCHU nicht zu vergessen, der wieder einmal an einem großartigen Titelbild beteiligt ist) liefern eine prima Episode aus diesem Alternativweltuniversum ab. Top! 🙂
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Montag, 17. April 2017
Ein Schlachtfeld ist ein unpassender Ort für eine Geburt. Inmitten des Hauens und Stechens von Menschen und Orks kommt ein Kind auf die Welt. Während der Vater gegen einen gigantischen Ork kämpft, diesen mit einem gewaltigen Schwertstreich niederringt, erblickt der Junge die Dunkelheit eines von der Nacht bedeckten Tempels. Der Ork fällt und verliert sein Schwert. Die Waffen des Feindes durchtrennt die Nabelschnur. Ein göttliches Leuchten erfüllt im selben Moment das Rund. Mehr als ein Kind wird in diesem Augenblick geboren, nämlich eine Legende.
Wilhelm von Sysigien ist der Vater des Knaben. Mit der Geburt findet nicht nur das Leben eines Kindes einen Anfang, die Wanderschaft eines Volkes findet auch ihr Ende. Der Herrscher führt sein Volk zu einer Insel, wo die Stadt Morgenrot gebaut werden wird. Wenngleich die Kämpfe noch längst nicht vorüber sind, immer wieder Gefahr droht, wächst Parsifal zu einem jungen Mann heran. Bald schon zeigt sich die Segnung, die ihn zu einem besonderen Helden reifen lassen wird.
F. M. FROIDEVAL lässt seinen Helden PARSIFAL einem märchenhaften Szenario entwachsen. Der klassische Held wird von Gott geleitet, vom Bösen hereingelegt. PARSIFAL will ein Paladin werden. Ihn verlangt es schier nach einem Dienst für das Gute. Wie einst der christliche St. Martin hören seine Ambitionen bei Kämpfen nicht auf. Wo er kann, steht er den Hilflosen an erster Stelle zur Seite, auch den Armen und Sterbenden. Umso schlimmer, umso tiefer der Fall, die Niederlage, die bittere Erkenntnis im Angesicht des Bösen.
Die Grafiken des diesmaligen Comic-Künstlers FRANCK TACITO haben im Gegensatz zum Kollegen OLIVIER LEDROIT, der den ersten Band SCHWARZEN-MOND-SPIN-OFF, DIE GEHEIMNISSE DES SCHWARZEN MONDES, zeichnete, einen viel stärkeren Bilderbuchcharakter, der durch den sehr weichen Kolorierungsstil von NICOLAS GUENET sehr plastisch wirkt und eine einfühlsame, sehr greifbare Atmosphäre, passend zur Hauptfigur, transportiert.
Stimmungsvoll ist der Bau der Stadt unter Mithilfe der Riesen, der Kampf gegen ein geisterhaftes Totenheer und schön eingebaut ist die kleine Episode, in der PARSIFAL den Riesen zur Flucht verhilft. Episode ist überhaupt das Stichwort. Viele der kleinen Kapitel verdienten eine größere Ausschmückung und in jeder anderen Saga um einen solchen Helden bliebe dafür auch mehr Platz. Hier ist der Zeitraffer viel stärker vorhanden und spürbar als in den beiden anderen Bänden der GEHEIMNISSE DES SCHWARZEN MONDES. (1. GHORGHOR BEY, 3. PILOU).
Eine christlich orientierte Heldensaga, in der Nähe der bekannten Legenden um König Artus, ohne hier das Umfeld des sagenumwobenen Monarchen näher zu berühren. Bildlich märchenhaft ausgeführt von FRANCK TACITO. Gut alleine, abseits der Serie lesbar, aber besser als Hintergrundinformation zu den CHRONIKEN DES SCHWARZEN MONDES. 🙂
Die Geheimnisse des schwarzen Mondes 3, PARSIFAL: Bei Amazon bestellen
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Sonntag, 16. April 2017
Oger machen keine Gefangenen. Sie kommen ohne Vorwarnung aus den eisigen Höhen der Berge hinab ins Tal und greifen erbarmungslos an. Kleine Dörfer sind ihnen schutzlos ausgeliefert. Menschen sind nicht mehr als Nahrung für die Bestien. Nur manchmal gibt es Ausnahmen. Neun Monate nach einem Überfall kommt ein ungewöhnliches Baby auf die Welt, geliebt von seiner menschlichen Mutter, gehasst von allen anderen des Dorfes.
Im ersten Band der GEHEIMNISSE DES SCHWARZEN MONDES erzählt F. M. FROIDEVAL die Herkunftsgeschichte von GHORGHOR BEY, jenem Halboger, dessen Schicksal in der Welt der Menschen in jahrelanger Unterdrückung und Qual beginnt, bis er in die Welt hinausgetrieben wird und dort ein kleines Glück findet. F. M. FROIDEVAL findet mit diesem kleinen Glück den richtigen Dreh, denn hier handelt es sich um einen besonderen Zirkus, in dem sich all jene zusammengefunden haben, die von der Gesellschaft wegen ihres Aussehens oder ihrer Fähigkeiten ausgeschlossen worden sind. Für GHORGHOR BEY wird es nicht nur ein Zuhause, hier findet er auch noch die Liebe.
Comic-Zeichner OLIVIER LEDROIT arbeitet mit einem skizzenhaften, rohen Strich, der einer harten, ungehobelten Figur wie GHORGHOR BEY sehr entgegenkommt. Aber es gelingt ihm außerdem ein tolles Kunststück! Selten ist eine Zirkusmannschaft so liebevoll in einer Geschichte präsentiert worden und ebenso selten ist sie derart sympathisch gewesen. Innerhalb der Jugendbeschreibung des Halbogers nimmt der Aufenthalt bei den Zirkusleuten einen langen und wichtigen Abschnitt ein, der angesichts seines Abwechslungsreichtums ruhig hätte etwas länger ausfallen dürfen.
Aber es ist eben ein Fantasy-Drama und keine Komödie. Es darf gelacht werden, doch ohne Leid, die Härte und die Widrigkeiten des Lebens entsteht später nicht ein solch furchtbarer Heerführer wie GHORGHOR BEY. Also müssen Verluste her, die den guten Charakter des Heranwachsenden in die tiefsten Tiefen allen Elends führen. Das Elend beginnt mit einer Flucht. Aus dem HERRN DER RINGE, CONAN-Abenteuern und so manchem Rollenspiel weiß der Fantasy-Enthusiast, dass das Betreten eines düsteren Sumpfgebietes nichts Gutes mit sich bringt. Obwohl GHORGHOR BEY hier erstmals ernsthaft seine Kampfkraft unter Beweis stellt. Und er stellt diesen Beweis nicht zum letzten Mal an.
Die Bilder von OLIVIER LEDROIT, nicht einfach nur koloriert von YVES LENCOT, eingebuntet könnte man sagen, lassen die Seiten vor grafischer Wucht schlichtweg überlaufen. Das Leben von GHORGHOR BEY explodiert in prallen Bilderfolgen und Collagen. Und es passt hervorragend. Mit den sehr stark ausgelebten Emotionen des Halbogers fließen Blut, Schweiß und Tränen. Eine Figur wächst und wandelt sich ins Riesenhafte. Schön zu sehen, dass GHORGHOR BEY seine glücklichen Tage nicht vergisst, bevor er endgültig zum Schrecken seiner Feinde wird und es kein Zurück mehr gibt.
Fantasy pur, ohne Wenn und Aber. Für jeden Fan des SCHWARZEN MONDES finden sich gelungene Hintergrundinformationen und pralle Bilder, insgesamt eine mächtiges Lebensabenteuer. 🙂
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Samstag, 11. März 2017
Vasco hätte auf eine Begegnung mit seinem Bruder durchaus verzichten können. Aber es geht um Familie und die Familie hat Vorrang, der Wille des Vaters ist Befehl. Siena im April 1367, Vascos Vater Tolomeo möchte den seit achtzehn Jahren verschwundenen Sohn Lorenzo heim in den Schoß der Familie holen, da er gesundheitlich schwer angeschlagen ist und jemand, der versiert in finanziellen Angelegenheiten ist, die Familiengeschäfte übernehmen soll. Vasco, der jüngere Sohn, wurde ausgeschickt, um Lorenzo zu finden. Ein schwieriges und überaus gefährliches Unterfangen …
Und noch mehr als das. Autor Luc Revillon und seine Co-Autorin und Koloristin Chantal Chaillet schicken den Serienhelden VASCO auf eine sehr, sehr lange Reise, in jenen Tagen fast eine Weltreise zu nennen. Den jungen Abenteurer, der mit Fug und Recht behaupten kann, nach nunmehr 26 Folgen eine ganze Reihe erlebt zu haben, verschlägt es Richtung Marrakesch. Über das Meer, durch die Wüste im Tross einer Händlerkarawane versucht er seinen Bruder zu erreichen. Aber es dauert nicht lange, da bekommt er es schon mit Banditen zu tun.
Luc Revillon (und natürlich Chantal Chaillet) erzählen sehr zügig, sehr geradeaus, ohne allzu viele Haken zu schlagen und beleben so das historische Abenteuergenre auf erfrischende Weise. DIE ZITADELLE IM SAND ist die 27 . Folge und dennoch lässt sich die Geschichte ohne jegliche Vorkenntnis von Ereignissen oder Konstellationen lesen. VASCO wird in ein neues Szenario, eine neue Umgebung gestellt, feindliche Figuren neu eingeführt und alte Charaktere werden flugs beschrieben, ohne dass der Eindruck entsteht, etwas würde fehlen.
Abu Abdullah Muhamad Ibn Battuta, ein historisch überlieferter Gelehrter und Forschungsreisender, macht Vascos Bekanntschaft. In einem spannungsgeladenen Abenteuer, in dem Vasco durch die Wüste wandert und ständig um sein Leben fürchten muss, ist dies eine der ruhigeren und schönsten Szenen. Hier kommen großer gegenseitiger Respekt zum Ausdruck, abseits von religiösen Unterschieden treffen sich hier zwei Menschen, die das Wissen, gespeichert in Büchern auf das Höchste verehren.
Dominique Rousseau, Zeichner dieser Folge, nimmt den Leser mit in besagte Wüste, Felsenverstecke, mitten hinein ins Getümmel der Überfälle durch Tuareg, vorbei an Ruinen, hinein in die Paläste, die Herrschersäle und die Gemächer der Frauen. Er zeigt neben wenigen Oasen ein Land, das in seiner Kargheit eine ganz eigene Schönheit entwickelt hat, ganz einfach, in dem es Formen schuf, die sehr fantasieanregend sind. Das Titelbild gibt einen kleinen Eindruck. In die Oberflächenstruktur der Felsformationen lässt sich fast ebenso viel hineininterpretieren wie in ein Wolkenband.
Darüber hinaus schafft Daniel Rousseau eine über aus lebendig agierendes Personal. Sehr genau, sehr realistisch, sehr detailverliebt ist DIE ZITADELLE IM SAND auch ein Bilderbuch in Sachen Mode und Lebensart jener vergangenen Tage. Chantal Chaillet, die Revillon textlich zur Seite stand, übernahm auch die Kolorierung dieser Ausgabe. Im Ergebnis sieht der Leser eine weiche, eher gedeckte, plastische Farbgebung, die Übertreibungen scheut, obwohl es in einer Landschaft spielt, in der Licht vieles grell überstrahlt, lieber kräftigen Farbtönen den Vorzug gibt.
Ein feines Abenteuer, in dem man sofort dem Helden VASCO folgen möchte. Tapfer, mutig, neugierig trifft die Figur auch im 27. Band einen Nerv. Wer historische Erzählungen mag, Tiefgang, wohl geschilderte Verhältnisse von Land und Leuten im 14. Jahrhundert, wird hier fündig. Wer mit diesem Band den Einstieg macht, kann nicht anders, als neugierig auf den Rest der Reihe zu werden. 🙂
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