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Comic Blog


Freitag, 17. Februar 2012

Canardo 20 – Entspiel

Filed under: Thriller — Michael um 10:14

Canardo 20 - EntspielGarenni soll auf einen Kollegen geschossen haben: Für einen Mann wie den Kommissar eigentlich eine undenkbare Tat. Doch Garenni war vor Ort, allerdings auch sturzbetrunken. Er kann sich an nichts mehr erinnern. So ist die Tat, die ihm angelastet wird, für ihn umso furchtbarer. Ein Fall für Canardo, denn Frau Garenni will ihren Mann nicht an den Pranger gestellt sehen. Sie weiß es, Canardo weiß es, eigentlich muss es jeder wissen, der Garenni einmal kennengelernt hat, dass der Kommissar mit den Hasenohren zu einer solchen Tat nicht fähig ist. Nicht einmal unter Alkoholeinfluss. Und so macht sich Canardo ans Werk und sticht in ein Wespennest.

Ein guter Erpel: Der private Ermittler mit dem müden Blick und der doch sehr pessimistischen Lebenseinstellung hat unter seiner sehr rauen Schale einen weichen Kern, der ihn empfänglich macht für den Schmerz seiner Freunde. Diese sind nicht sehr zahlreich. Kommissar Garenni, der über eine weiche Schale verfügt und einen weichen Kern, der darüber hinaus daheim ein Pantoffelheld ist, darf als solcher Freund bezeichnet werden. Canardo selbst unterstreicht diese Tatsache mit Nachdruck. Sokal, in Zusammenarbeit mit Pascal Regnauld, schickt seinen Canardo in der 20. Ausgabe mit dem Titel Entspiel mitten hinein in den Sumpf aus Korruption und Habgier, die in der Polizei von Belgien in der Welt von Canardo regieren.

Armer Garenni: Zu gut für diese Comic-Welt. Sokal lässt den Polizisten, der längst an sich, an der Polizei, seinem Job, seinem Leben, einfach allem zweifelt, in eine typische, aber bei weitem nicht alltägliche Polizeisituation tappen. Ein Bankraub wird zu einem Fiasko und zu Garennis ganz persönlicher Tragödie. Der erste Abschnitt ist sehr krimiklassisch. Sicherlich blitzt in der Ausgangssituation der schwarze Humor von Sokal durch, sein Mitleid für diesen Polizisten ist eindeutig größer. Stellvertretend für den Autor darf Canardo dieses Mitleid äußern.

Garenni ist ein armer Tropf. Ein mittelmäßiger Polizist, aber herzensgut.

Canardo reiht sich ein in die klassischen Vorgänger der Detektive: Sam Spade, Mike Hammer oder auch Shaft. Es gibt keine Regeln, außer sie stammen von ihm selbst. Der Erpel hat von Sokal diesen manchmal müden, manchmal gleichgültigen Blick erhalten, der schon alles gesehen hat oder gesehen zu haben glaubt. Der Trenchcoat und die Handschuhe komplettieren das klassische wie auch leicht schlampige Erscheinungsbild. Interessant ist das Augenspiel Canardos.

Absolutes Staunen liegt nicht nur im Moment größter Überraschung darin, auch in solchen Situationen, in denen sich ihm eine Frau an den Hals wirft. Auch ein Moment größter Überraschung. Bissige Entschlossenheit findet sich besonders in einer Situation von Lebensgefahr. Sokal lässt Canardo mit entsprechender Kaltblütigkeit agieren. Nur ein toter Feind ist ein guter Feind. In solchen Momenten ist Action angesagt, da hört der Spaß auch auf. Mit breitem Strich werden die Figuren in kameragerechten Posen auf das Papier gebannt. Zeitweilig ist der Leser bis auf die Nasenspitze heran. Bei Schießereien wird gnädiger Abstand gehalten, doch ähnlich wie in Action-Filmen werden dem Leser auch hier Resultate gezeigt. Bei allem schwarzen Humor ist Canardo auch (oder trotzdem, eine Frage der Sichtweise) ein Krimi.

Der bewusste Comic-Look, die Arbeit mit Tiercharakteren, steht nicht nur der sehr erwachsenen Handlung gegenüber. Neben der düsteren Sichtweise auf eine Gesellschaft legt Sokal auch eine große Portion Pessimismus in seine Figuren hinein. Darüber hinaus scheut er das Fabulieren: Ein Schwein ist hier nicht automatisch ein Schwein. Welcher Charakter sich hinter welchem Tier verbirgt, muss der Leser selbst herausfinden. Am Beispiel von Frau Garenni wird deutlich, dass nicht hinter jedem Hasen auch automatisch ein Hasenfuß steht.

Dunkel, düster, Canardo: Das Comic-Universum des privaten Ermittlers bringt manchmal einen guten Charakter hervor. Grund genug für Canardo für diesen ins Feld zu ziehen. Etwas härter, etwas krimilastiger als bisherige Geschichten. 🙂

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