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Comic Blog


Donnerstag, 30. Dezember 2010

Die Maxiausgabe der Minimenschen 9

Filed under: Cartoon — Michael um 15:48

Die Maxiausgabe der Minimenschen 9Ein Marmorblock versperrt den Weg. Ulysses und Aurora, beides Zentauren, blauhäutig und schnell unterwegs, stutzen einen Moment. Dann wird Ulysses ärgerlich und versetzt dem Stein einen Fausthieb. Das ist für ihn seltsamerweise weniger schmerzhaft als für Zeus, der sich in Gestalt des Steins zu erkennen gibt. Ein Auftrag wartet auf die zwei Freunde. Damit die damit einhergehende Reise schneller geht, steht ein Tor bereit, ein Dimensionstor, ein mythisches … jedenfalls haben die kleinen Torwächter einen Heidenspaß dabei. Während diese sich eins grinsen, kracht es bei den Minis in ihrer Stadt Eslapion 2 mit Posaunengetöse. Und was zunächst für den Teufel, im besten Fall für Halluzinationen gehalten wird, entpuppt sich als merkwürdige Gäste.

Die Minimenschen haben ungewöhnlichen Besuch: Zentauren. Ulysses und Aurora, so die Namen des Zentaurenpärchens, war nicht der gleiche Erfolg beschieden wie den Minimenschen, obwohl ihr Gastauftritt in der ungleich erfolgreicheren Serie sie einem breiteren Publikum bekannt machte. Umgekehrt hat ihr Auftritt der Geschichte Der Goldvulkan in keiner Weise geschadet. Es wird sehr mythologisch einerseits, andererseits treffen die Minis auch auf nur wenig größere Menschen: Pygmäen. Doch bei diesen hat die Größe wenigstens ihre Richtigkeit.

Die Geschichte lebt von ihren Gegensätzen. Plötzlich tauchen in der futuristischen Stadt der Minis Zentauren auf. Diese sind auch noch nackt. Folglich werden sie von auf die Moral bedachte Damen auch eingekleidet. Das ist zwar nicht anstößig, dafür aber umso komischer. Phantastisch geht es weiter und die Gruppe um den Abenteurer Renaud (den Mini schlechthin) landet im tiefen Afrika. Pierre Seron schaltet um auf ein klassisches Abenteuer. Gauner müssen bekämpft, Sklaven müssen befreit werden.

Ungewöhnlicher sind das erste und dritte Abenteuer dieses inzwischen 9. Sammelbandes der Gesamtausgabe. In Der Letzte der Minimenschen und Renaud geht in die Luft mag es dem Leser so vorkommen, als wolle der Autor und Zeichner Seron seinen Kreationen an den Kragen. Interessanterweise ist der Leser hier stellvertretend mit einer kleinen Figur vertreten, die ihren Unmut über die Entwicklung der Handlung gerne einwirft und auch nicht zimperlich ist.

Die Minis sterben, einer nach dem anderen. Und ein kleiner Mann sieht rot. Ein Pistölchen vermag gegen die Großen nicht viel auszurichten. Renaud geht mit der Panzerfaust gegen die bösen Buben vor. Da reißt nicht nur der stellvertretende Leser die Augen auf und wundert sich. Aber nach einer Weile ist klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht (zumal es ja Folgeabenteuer gibt) und auch die zwischendurch eingeblendete Werbung (auch mit Hinweisen auf Zentauren) zeugt von etwas sehr Seltsamen.

In Renaud geht in die Luft geht Seron anders vor. Renaud, zuvor noch der Letzte der Minis, wird zum Spielball der Willkür seines Herren, Seron nämlich. Helden müssen leiden, so heißt es, doch was Seron seinem Renaud hier antut, das ist Tortur pur. Oder, um es mit den Worten des immer wieder eingeblendeten kleinen Lesers zu sagen: Seron, du bist gemein!

Ungewöhnlich und ungewöhnlich gemein: Pierre Seron verlässt ein wenig angestammte Pfade. Er quält seine Hauptfiguren und parodiert das Abenteuer-Genre, indem er wirklich eine Falle, einen Fettnapf, eine gefährliche Situation nach der anderen kreiert. Einzig in der mittleren Episode geht es etwas beschaulicher, aber nicht weniger aufregend zu. 🙂

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Die Korsaren der Alkibiades 2 – Der Rivale

Filed under: Abenteuer — Michael um 15:45

Die Korsaren der Alkibiades 2 - Der RivaleEinen Menschen zu töten, das stand nicht auf dem Lehrplan. So ist den der leichthin ausgesprochene Befehl, eben dieses zu tun, zunächst erschütternd. Jenes kurze Zögern ermöglicht es den flüchtigen Dieben beinahe, mit der Beute zu verschwinden. Nach diesem Intermezzo, dass den Neulingen der Geheimorganisation bedeutet, dass Gehorchen in diesem System unbedingt verlangt wird, wartet eine Aufgabe. Helena, ein weiblicher Kapitän im Dienst der Geheimgesellschaft treibt ihre Schützlinge unnachgiebig an. Zu diesem Zeitpunkt kann keiner der jungen Leute ahnen, dass all diese Strapazen nichts im Vergleich zu jenen Ereignissen sein werden, die in naher Zukunft vor ihnen liegen.

Die Organisation Alkibiades, jene Geheimgesellschaft, die am Rande des Staates operiert, ist mysteriös, verschachtelt und uneinig. Mit Der Rivale wird offenbar, dass es im Verbund dieser Organisation, die sich wie ein Verband eines Kapitän Nemo ausnimmt, welche gibt, die nicht nach der Vermehrung von Wissen streben und sich den Wissenschaften verschrieben haben. Anderen geht es schlicht um die Vermehrung von Reichtum. So ist ein Splittergruppe entstanden, die den Neulingen an Bord der Alkibiades 2 ebenso feindlich gesonnen ist, wie die eigene einheimische Marine.

Willkomen an Bord! Aber es ist kein herzliches Willkommen. Wo in der Geheimgesellschaft gehobelt wird, fallen Späne und zwar nicht zu knapp. Das Individuum zählt nichts. Der Einzelne schenkt sich nichts und gönnt den anderen auch nichts. Die Neulinge, Curtis, Maryline, Mike, Lydia, Peter müssen das erst begreifen lernen. Und die Lektionen sind hart.

Schatzinseln und Kannibalen! Bevor Autor Denis Filippi seine Helden auf große Fahrt schickt, sorgt ein Verräter und Dieb aus den eigenen Reihen erst einmal für jede Menge Verwirrung. Diese könnte sich auch auf den Leser übertragen, da Filippi äußerst kühl erzählt und diese Kühle ein starker Bestandteil der bisherigen Ereignisse ist. Die jungen Helden, in gewisser Weise eine Gruppe von Analytikern, versuchen sich ein Herz zu bewahren in ihrer neuen Aufgabe. Leicht gemacht, wird ihnen das keineswegs. Als Filippi einen der ihren sogar sterben lässt, bleibt keine Zeit zum Trauern. Im Gegenteil, nun wird es erst richtig ernst.

Wer romantische Gefühle mit einer Schatzinsel verbindet, sollte diese beim Besuch dieser hier geschilderten Insel getrost vergessen. Bereits das Titelbild zegt einen monströsen Eingeborenenkopf. Der Aufbau erinnert eher an einen Neandertaler, das Furcht einflößende Gebiss, die Tätowierungen und die mit Holzsplittern ausgeführten Piercings sind nur eine Andeutung dessen, welche Grausamkeiten auf die Seefahrer warten. Dass die Geschichte funktioniert, ist vor allem Eric Liberge zu verdanken, der tolle Grafiken auch im zweiten Teil der Reihe abliefert.

Die farbliche Grundtendenz ist düster, die Figuren etwas statuettenhaft, doch die Ausstattung, die Hintergründe, die opulente Technik, mit der die Bilder zu Papier gebracht worden sind, erschaffen ein Zeitalter und ein Abenteuer, wie es optisch dichter kaum sein könnte. Ausgeklügelte Maschinen und Waffen, genauestens gezeichnete Kleidung, die später insbesondere bei eindrucksvollen Tauchanzügen zu Buche schlägt, sorgen für Hingucker. Feine, sehr dünne Striche sorgen für einen Radierungseffekt, manchmal konstruiert, auch zusammengesetzt wirkend, aber immer wohl überlegt, scheinbar auf den Millimeter genau passend gemacht.

Mit der Sequenz der Kannibalenhatz hat sich Liberge ein eigenes Meilensteinchen erarbeitet, enorm gruselig und dunkel, fast so, als hätten Bram Stoker und Jules Verne überlegt, wie sie ihren Leser besonders viel Angst einjagen könnten.

Spannend, unvorhersehbar, mit einer Erzählweise, die eigene Wege geht und vielleicht nicht jedermanns Sache ist. Wer sich allerdings darauf einlässt, erlebt an der Seite der Neulinge immer weitere Rätsel, deren Lösung bisher noch nicht ersichtlich ist, obwohl sich ein paar Hinweise ergeben. 🙂

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Montag, 27. Dezember 2010

Jeff Jordan Gesamtausgabe 4

Filed under: Cartoon — Michael um 18:48

Jeff Jordan Gesamtausgabe 4Die Anlage, aus sehr altem Beton, wirkt nicht, als ssei sie hier am rechten Ort. Teddy, Jeffs Detektivkollege, ist zum ersten Mal richtig sprachlos. Genauer: Er wird sprachlos gemacht. Jeff, der seinen Freund, bereits nach kurzer Zeit sucht, findet ihn nicht nur recht schnell, sondern er sieht auch noch gleich doppelt. Wenn auch nur kurz. Rätsel folgt auf Rätsel, bis sich Jeff Jordan in der Höhle des Löwen wiederfindet. Sodann steht sein Schicksal auf des Messers Schneide.

Neuer Zeichner, gleiches Herz. Durch Verlagsumstrukturierungen fehlte Maurice Tillieux schlicht die Zeit, um Jeff Jordan auch grafisch zu betreuen. Ein neuer Zeichner musste her, während Tillieux sich fortan nur noch als Szenarist betätigte. Gleichzeitig zeigte er aber hier nach wie vor einen solchen Ideereichtum, dass er ohne Zweifel als Meister der Kettenreaktion betitelt werden darf.

Mit gleich vier Alben verabschiedet sich Jeff Jordan. Das ist die schlechte Nachricht. Nach Band 4 der Gesamtausgabe gibt es kein weiteres Material über dem smarten Detektiven und seinen glatzköpfigen Freund Teddy mit dem überschäumenden Humor. Aber dafür, ein sehr großes Trostpflaster, haben es die letzten hier abgedruckten Episoden in sich. Diamanten! wartet nicht nur mit einer beeindruckenden Verfolgungsjagd über den Dächern von Paris auf, es nimmt auch ein paar Stunts, die der Cineast (und Fernsehzuschauer) erst in den letzten Jahren bestaunen durfte, um Jahrzehnte vorweg.

Die Falle, der Ausgangspunkt dieser spektakulären Angelegenheit, wird auf dem Parkdeck eines Hauses gestellt. Nachdem die Polizei den einzige Zugang blockiert, geht die folgende Jagd über die Dächer. Mit dem Auto! Das hat Rasanz allererster Güte und würde jedem Bond-Film zur Ehre gereichen (eine Szene erinnert stark an Der Morgen stirbt nie). Die Art und Weise, wie fast beiläufig der Humor eingebaut wird, betont das ungeheure Talent von Maurice Tillieux.

Dieser hat nun den Zeichenstift an Roland Goossens, kurz Gos, abgegeben. Der Leser bemerkt davon nichts. Variationen könnten auch eine minimale Weiterentwicklung von Tillieux sein. Tillieux und Gos müssen Autos geliebt haben, denn diese (und eine präzise abgebildete Architektur) sorgen dafür, dass Jeff Jordan auch zu einem Zeitdokument wird. Geht es in der ersten Episode (von 1970) noch sehr schnell voran, ist das Abenteuer um Die unheimlichen Doppelgänger gemächlicher, aber auch unheimlicher. In einem alten Bunker, auf einem Friedhof beschwören die beiden Comic-Macher seltsame Experimente, ein wenig trashig, doch stets humorvoll.

Dieser Humor steht in Jagd auf eine Schallplatte vollends im Vordergrund. Wieder schlägt der Meister der Kettenreaktion zu. Eine simple Vertauschung, ein beliebter Start in einer Slapstickkomödie, führt schließlich zu einer blendenden Hatz über einen Campingplatz. Sehr ausgefeilt gezeichnet, in kleinen Kreise angelegt, in denen immer eines zum nächsten führt, muss man hier einfach weiterlesen, da die Geschichte einen genialen Fluss besitzt.

Das verschwundene U-Boot ist ein klassischer Aufklärungsfall, wieder mehr auf Spannung bedacht, mit einigen unheimlichen Elementen und fast möchte man meinen, dass es Jeff Jordan hier an den Kragen hätte gehen sollen. Kurzgeschichten runden den vorliegenden letzten Band der Gesamtausgabe ab.

Ein tolles Team: Maurice Tillieux und Roland Goossens (Gos) ergänzen sich als Autor und Zeichner hervorragend. Ein gelungener Abschluss, ein hervorragender Cartoon, mit allem, was diese Sparte im Bereich Comic so anziehend und abwechslungsreich macht. Spitze. 🙂

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Donnerstag, 23. Dezember 2010

Ein Fall für Inspektor Canardo 19

Filed under: Cartoon — Michael um 12:27

Ein Fall für Inspektor Canardo 19 - Opas AscheDer alte Mann lässt halten. Es ist ein schöner Tag für einen Spaziergang. Einen letzten Spaziergang. Ein großes Erbe wartet. Als die Witwe bei der Testamentseröffnung an der Seite ihrer beiden Enkelkinder den Worten des Testamentsvollstreckers lauscht, ahnt sie vielleicht schon, was auf die beiden minderjährigen Racker zukommen wird. Die Kinder, ein Geschwisterpaar aus Mädchen und Junge, können mit diesem Land nichts anfangen. Aufgewachsen fern von Opas Heimat sollen sie diese wenigstens nach seinem Tode kennenlernen, denn sonst gibt es kein Erbe. Also machen sich die beiden missratenen Sprösslinge an Carnados Seite auf, um Opas Asche in Belgien zu verstreuen.

Der wilde Norden heißt Belgien. Und was für ein Land das ist: Gangster warten an jeder Ecke. Einige Gegenden sind völlig heruntergekommen. Der europäisch allseits bekannte inländische Streit kocht immer wieder hoch und über. Mittendrin soll Canardo zwei völlig hochnäsige und verzogene Gören über verschiedene Stationen zu ihrem Ziel bringen, allein, um das Testament eines alten Mannes zu erfüllen, der zu allem Überfluss ein erfolgreicher Gangster gewesen ist. Der Umstand, eine Nanny bei sich zu haben, die nicht nur auf die Kinder aufpasst, sondern auch eine gewisse Anziehungskraft an ihm entdeckt, macht es zeitweise angenehmer, aber nicht einfacher.

Sokal schickt seinen Inspektor Canardo, den ehemaligen Polizisten und jetzigen Detektiven, auf eine Horrortour sondergleichen. Diese ist nämlich mit einer solch großen Portion schwarzen Humors gewürzt, dass es auf jeder Seite nur so kracht. Sokal hat bisher gute Bände abgeliefert, nicht wenige davon waren auch sehr gut, doch dann kommt plötzlich einer, dessen Handlung noch eine Spur besser ist, noch komischer, noch gemeiner. Und das ist Opas Asche.

Canardo muss sich eher selten mit Kindern auseinandersetzen und jene, die er hier befördern muss, weil ihr Chauffeur bedauerlicherweise in die Luft geflogen ist, sind keine Zierde für ihr Alter. Eigentlich sind sie für gar nichts eine Zierde. In gewohnt tierischer Manier zeichnet Sokal seine fiesen Enten, deren Abgründe nur ein einziges Mal an anderer Stelle noch tiefer ausgeschachtet werden, als das Reisequartett nach Aussage der Nanny in einem Disneyland für Kinderschänder landet (eine Sorte Hinterwäldler, die der Leser sonst nur in besonders harten Horrorfilmen antrifft). Sokal arbeitet sich durch die Verbrecherszene, die seinen beiden kleinen Helden ein Angebot machen wollen, das diese nicht ablehnen können.

Die Linienführung ist straff und versiert, was kein Wunder ist, da die sehr erfolgreiche Serie nun in die 19. Folge geht. Canardos wulstiger Schnabel und sein gelangweilter Blick, der sich nur dann ändert, wenn ihn etwas vollkommen überrascht (was einige Male vorkommt) sind ein Markenzeichen und ein guter Transport von der allseits beliebten (wenn auch vergangenen) schwarzen Serie ins Medium Comic. Sokal benutzt Tiere und Körper, um Charaktere gleich offensichtlicher zu machen. Kinderschänder sind Schweine, Mafiosi sind ebenfalls Schweine, Bulldoggen, der Dorftrottel wird zum sabbernden Erpel.

Eine Grundtönung und eine Schattierung geben den Bildern zumeist Fülle. Mehr braucht es auch nicht. Bei der Jagd durch Belgien, zwischen Abraumhalden, Brüssel und Provinz zieht sehr oft die Geschwindigkeit an. Sokal macht aus Belgien ein Gangstertown, eher düster als bunt.

Schwankend zwischen Lachen und Schmunzeln zündet die 19. Folge von Canardo an jeder Ecke. Fans der Ente im Trenchcoat kommen an dieser Episode nicht vorbei. Wer Fan werden will, sollte einen Blick riskieren. Vorkenntnisse anderer Bände sind nicht erforderlich. 🙂

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Mittwoch, 22. Dezember 2010

PROMETHEUS 3 – Exogenesis

Filed under: SciFi — Michael um 13:21

PROMETHEUS 3 - ExogenesisWas immer hinter den Spiegel sein mag, es ist nicht gut für Menschen. Wo immer Menschen auf dieses Etwas trafen, hat es für einige Beteiligte einen unschönen Effekt zur Folge gehabt. Der daraus entstandene Schrecken hat leider nicht zur Lösung der weltweiten Vorfälle beigetragen. Ganz im Gegenteil. Es hat die Verwirrung nur verstärkt, allerdings zeigt sich, dass es möglicherweise jemanden (oder wie gesagt etwas) gibt, dem sich die Schuld für all die Todesopfer und Unfälle der letzten Zeit zuschieben lässt. Möglicherweise. Denn vielleicht handelt es sich doch nur um eine globale Paranoia.

Eine riesige Verschwörung oder nicht? Die Anzeichen häufen sich, dass es sich um echte Vorfälle unter außerirdischem Einfluss handelt. Doch ein Muster ist immer noch nicht erkennbar. Gemeinerweise streut Christophe Bec, der Autor, weitere Details ein, springt in den Jahrhunderten umher, von einem Land ins nächste, verwirrt einerseits, entwickelt aber auch eine Spur, die vom Leser verfolgt werden kann, wenn auch zaghaft. Nachdem der Leser der Handlung in einer nahen Zukunft folgt, beginnt die Geschichte diesmal ungewöhnlich früh, im Jahre 73000 vor Christus.

Sind es diese Sprünge, die manchmal kurios wirken, vielleicht auch ein wenig ärgern, weil sie ständig wie der sprichwörtliche Sprung ins kalte Wasser sind, so sind es auch diese Sprünge, die das Tempo bestimmen, es anziehen, verzögern und in den Bann der Geschichte ziehen. Denn Christophe Bec hat es geschafft, eine nächste Ebene zu erreichen, in der man an der Seite einer Figur wie Kellie Lambert oder Mr. Spaulding steht, die versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen. Das erfordert auch den Willen zum Lesen, denn Bec zählt eine Menge Fakten auf, die wie Puzzleteile ins Spiel gebracht werden. In anderen Science Fiction Szenarien würde allein eins dieser Puzzleteile Ausgangspunkt einer Handlung sein. Bec hält sich nicht mit einem Wenig ist mehr Gedanken auf.

Grafisch wird die Geschichte in glasklaren Bildern dargestellt. Durch den neuen Zeichnermitstreiter Alessandro Bocci an der Seite von Christophe Bec, der in den beiden ersten Episoden allein tätig war, sind die Bilder etwas weicher geworden. Zwar ist es immer noch ungeheuer klar konturiert, aber auch realistischer, weniger konstruiert, eine Eigenart, von der sich Bec bei allen Qualitäten auch nicht freisprechen kann. Der Leser darf sich auf, im wahrsten Sinne, großartige Augenblicke freuen.

Der Golfer, der nach einem Flugzeugabsturz das Wrack eines UFOs auf einer abgelegenen Insel fand, kann sich Zugang verschaffen. Dieser Moment, wie auch die erwähnten kleinen Momente, Puzzleteile, stellen stets etwas Besonderes dar, da sie auch raumgreifender sind. Bereits in der ersten Nebengeschichte erwartet den Leser eine Doppelseite, deren Eindruck ohne jegliche Erläuterung stehen bleiben kann. (Man würde sich wünschen, jemand würde es einmal wagen, eine komplette Geschichte in dieser Art zu erzählen. Auf Doppelseiten, mit diesem Aufwand, ohne Worte.)

So zwiespältig man den einzelnen Puzzleteilen auch gegenüber stehen mag, so faszinierend sind sie optisch, da der Leser wirklich etwas geboten bekommt. Steinzeit, die frühen Jahre der Eroberung des Weltraums oder Szenen, die geradewegs aus der Twilight Zone stammen könnten. Hier kann jeder für sich selbst entscheiden, welches ihm grafisch am besten gefällt. Toll sind sie, das lässt sich nicht anders sagen, alle.

Für Freunde von Geschichten über Verschwörungstheorien, über Götter aus dem All, all jene Theorien, die immer wieder die Phantasie anheizen. Christophe Bec hat eine neue Stufe seiner Geschichte erreicht, aber wie das Ende aussehen wird, ist immer noch ungewiss. Grafisch top. 🙂

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Dienstag, 21. Dezember 2010

Die Gefährten der Dämmerung 1

Filed under: Klassiker — Michael um 18:07

Die Gefährten der Dämmerung 1 - Im Zauber des NebelwaldesDiese Söldner führen nichts Gutes im Schilde. Trotzdem führt sie Mariotte, die eben noch von den anderen Gedemütigte, sie auf den rechten Weg und ebnet ihr Leben für das Verderben. In ihrer jugendlichen Einfalt mag sie nicht so recht begreifen, etwas Schlimmes getan zu haben. Das ändert sich, als sie das Dorf betritt. Die Söldner haben ganze Arbeit geleistet. Alles ist zerstört. Die Leute sind tot, regelrecht abgeschlachtet, die Frauen vorher vergewaltigt. Nur einer hat überlebt, einer, dem es Mariotte am wenigsten gönnt: Anicet. Und doch wird sie sich ausgerechnet mit ihm über eine lange Zeit hin zusammenraufen müssen.

Dieser Krieg, sagt man, dauerte hundert Jahre. Mit diesen Worten begann Francois Bourgeon (Reisende im Wind) eine der eindringlichsten Mittelaltererzählungen, die es im Bereich des Comics gibt. In 1. Band der Gefährten der Dämmerung finden sich die Leser zusammen mit den drei Hauptfiguren Im Zauber des Nebelwaldes wieder. Nach einer Einleitung, die es in sich hat, wird aus der doch recht realistischen Schilderung eines mittelalterlichen Kriegsschauplatzes ein mythisch anmutendes Fantasy-Abenteuer, das geschickt mit Legenden und Aberglauben spielt.

Doch vorab, vor der Hölle des Alptraums, steht die Hölle des Krieges. Soldaten, gelangweilt von der Vernichtung, mit grausamem Hass versehen und der Lust zum Quälen, ziehen durch die Lande und nehmen sich, was sie gerade brauchen. Das rothaarige Mädchen entgeht ihnen durch Glück und Dreistheit und legt damit gleichzeitig den Grundstein für ihr weiteres Leben. Francois Bourgeon stellt zwei Begegnungen einander gegenüber. Mariotte sah das Leben bisher spielerisch, ebenso ging Anicet, ein Dorfjunge, mit seinem Leben um. Ein Überfall ändert alles. Fast jedenfalls, denn Francois Bourgeon geht mit dem Ausbau seiner Helden-Konfiguration noch einen Schritt weiter. Er stellt ihnen einen Ritter an die Seite, der zunächst seinen Namen verschweigt. Dafür spricht sein entstelltes Gesicht Bände.

Gemäß des Sprichworts, das besagt, bei dreien seien einer zuviel, dauert es auch hier, bis die sehr ungleichen Reisegefährten sich einigermaßen zusammengerauft haben. Als es dann soweit ist, vollzieht Francois Bourgeon einen Schwenk. Die kleinen Kreaturen, auf die im Anhang ausführlicher eingegangen wird (und die von Bourgeon als Skulturenköpfe nachgebildet worden sind), sind von alten Quellen inspiriert. Es ist interessant, wie Bourgeon mit den Erwartungen spielt und diesen völlig zuwider handelt. Denn mit dem Abenteuer im Abenteuer, mit einer solchen Begegnung, konnte der Leser nach derart handfestem Mittelalterdrama nicht rechnen.

Grafisch überlässt Francois Bourgeon nichts dem Zufall, wie seine Entwurfszeichnungen aus dem Anhang beweisen. Wie bereits bei seiner Serie Reisende im Wind tüftelt er die Accessoires bis ins kleinste Detail aus. Selbst die Sättel der Pferde, das Zaumzeug, die Ausstattung erhalten ureigenes Äußeres. Insgesamt, das zeigt sich nicht nur im Anhang (versteht sich von selbst), präsentiert sich Die Gefährten der Dämmerung als die Arbeit eines Perfektionisten. Das wird bereits nach der ersten Folge klar (obwohl er diese mit der dritten Episode noch einmal in den Schatten stellt). Aber der Perfektionist Bourgeon ist auch ein knallharter Realist (den Romantiker gibt es auch, aber selten).

Die Rückblicke des Ritters lassen dem Auge genug Raum, um die eigene Phantasie anzuwerfen und die Schatten mit Licht zu füllen. Sofern man das will, denn eigentlich reicht das, was noch so zu sehen ist, vollkommen aus, um die Schrecken dieses Krieges (oder besser: dieses historischen Durcheinanders, das es war) zu begreifen. Bourgeon malt mit dünnen Strichen, markiert äußere Begrenzungen, konstruiert Frisuren und Faltenwürfe und füllt die Flächen mit sanften Farbaufträgen, stimmungsvoll und treffsicher. Eine Schönheit, die der Handlung manchmal entgegensteht.

Ein wunderbarer Auftakt einer Trilogie, sehr intensiv erzählt, mit einem ungewöhnlichen Trio im Mittelpunkt und einer Handlung, die im Verlauf immer magischer wird. 🙂

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Donnerstag, 16. Dezember 2010

Largo Winch 17 – Schwarzmeer

Filed under: Thriller — Michael um 20:34

Largo Winch 17 - SchwarzmeerGeheimnisvoll: Loyalität hält nur bis zu einem gewissen Grad. Der Mann, der sich entscheidet gegen seine Prinzipien zu handeln, tut dies nur aus einem Grund. Er will das Leben seiner Tochter retten. Der Leidtragende ist Largo Winch, doch zunächst weiß er davon nichts. Im November 2008 noch hat sich Largo mit der internationalen Wirtschaftskrise beschäftig, aus der die Gruppe W relativ unbeschadet hervorgegangen ist. Largo hat die Zügel angezogen, allerdings dort, wo es keiner vorhergesehen hat. Die Gehälter der Direktoren wurden um Millionen gekürzt, um anderswo Gewinn versprechende Projekte zu fördern. Sehr gern gibt er den Journalisten darüber Auskunft. Der Milliardär in Jeans schwimmt weiterhin obenauf, lässig, freundlich, sympathisch.

Aber wie der Leser weiß: Für Largo Winch sind Freudenphasen nur die Ruhe vor dem Sturm. Und der kommt! Eine Hochzeit wiegt den Leser und natürlich Largo zunächst noch in Sicherheit. Der Hafen der Ehe, den Largo sich noch standhaft weigert einzulaufen, ist das freudige Ereignis, das einer Mitarbeiterverabschiedung vorausgeht, die in einem furchtbaren Desaster endet. Ein Mord geschieht und Largo gerät wieder einmal in die sprichwörtliche Schusslinie.

Unerschöpfliche Ideen: Gespeist von der Fülle realer Ereignisse, findet Jean van Hamme immer neue Themen in den Bereichen Thriller und Wirtschaftskrimi, um seinen Helden, den erwachsen gewordenen Sonnyboy mit dem jungenhaften Charme, Largo Winch um die Welt zu schicken. Unterschiedliche Orte in den USA, Schweiz und der Türkei nehmen den Leser mit auf eine Reise rund um den Globus. Doch zuerst: Lesen. Die Geschichte mit beginnt mit einem einseitigen Schreiben an die Mitarbeiter der Gruppe W. In aller Kürze wird das Zerplatzen der Immobilienblase erläutert und somit der Startschuss der weltweiten Wirtschaftskrise und die Vernetzung der Unternehmen bis in den hintersten Winkel der Welt.

Aus dem Abenteurer ist ein verantwortungsbewusster Unternehmer geworden. Meistens. Sein Interview mit den Journalisten von Newsweek ist die nächste Überraschung in einem Comic. Auf drei Seiten darf der Leser über die Gruppe W Einzelheiten erfahren, weniger aus dem Privatleben von Largo selbst, obwohl die Journalisten natürlich hier nachbohren. So lässt sich sagen, dass innerhalb von vier Seiten der Leser am Start ist und so auch Neueinsteiger ohne Probleme der Handlung folgen und spannend unterhalten werden können. Allerdings ist die Kenntnis der ersten 16 Bände absolut empfehlenswert, denn der vorliegende Band ist ein sehr gutes Beispiel für die konsequente Erzählweise van Hammes.

Philippe Francq hat diesmal nicht ganz so exotische Orte zu zeichnen, wie es schon der Fall war. Dafür ist es jedoch abwechslungsreich. Die amerikanischen Oberen Zehntausend geraten ins Blickfeld, ebenso wie die Schweizer Unterwelt und die nächtlichen Gassen der türkischen Stadt Trabzon. Francq, ein Vertreter der hoch realistischen Zeichnungen, überzeugt weiterhin mit seinen kantigen Charakteren, die er aus dem FF beherrscht. Fans der Reihe können sich auf Ovronnaz freuen, einen wunderbaren Nebencharakter, wie auch auf ein Bild einer bis über beide Wangen strahlenden Silky. Ein Gefühlsausbruch, der in dieser Intensität bei der sonst so coolen Asiatin selten zu sehen ist.

Ein neuer Versuch den smarten Milliardär mit dem großen Herzen zu hintergehen: Jean van Hamme erspart seinem Helden nichts und findet immer neue Wege, den Leser mit einem spannenden Thriller zu unterhalten. Philippe Francq weiß besonders durch die schönen Kontraste zu begeistern (knuddelige Bergwelt, saubere Schweiz, finstere Hafenstadt) und verschafft dem Leser einen filmischen Eindruck.

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Link: Ein Einblick in die Reihe. Band 1 von Largo Winch online.

Maries Drachen 2 – Rache

Filed under: Mystery — Michael um 16:28

Maries Drachen 2 - RacheDie Kinder sollen lernen, aber bitte etwas vernünftiges. Der Mönch kommt dazu eigens in das Haus der Familie und gibt ihnen Unterricht. Marie unterdessen erhält bereits Unterricht von ihrem Patenonkel, allerdings im Fechten. Die Mutter hat ihre Probleme damit, doch soll sich dereinst zeigen, dass nicht nur Lesen und Schreiben Marie weiterhelfen werden, sondern auch Fähigkeit ein Schwert zu führen. Viele Jahre später: Die Spur führt nach Mailand. Oberflächlich betrachtet, ist es eine heitere Stadt. Ein Maskenball lockt. Doch hinter den Kulissen gärt es. Die Macht Frankreichs hat Italien brüskiert. Franzosen sind ein Ärgernis für die Bevölkerung. Wie gut, dass Marie und ihr Begleiter William, sich bestens zu behaupten wissen.

Verborgen hinter Masken versuchen die beiden Freunde ihrem Ziel ein Stück näher zu kommen. Aber auch das ist wieder einmal leichter gesagt, als getan. Denn aus einem heiteren Maskenball wird schnell eine Situation, die keiner von beiden vorausgesehen hat.

Überraschungen: Das Autorenduo AnGe und der Zeichner Thierry Demarez können auch in der zweiten Folge von Maries Drachen begeistern. Mit dem Szenario in Mailand und der darauf folgenden Flucht (das darf ruhig verraten werden, denn die beiden Helden machen sich nie beliebt genug, um irgendwo lange zu bleiben) entsteht bereits ein sehr dichter erster Handlungsteil. Das Fest und seine Nebenschauplätze sind prachtvoll gestaltet. Der Wechsel zwischen Heiterkeit und den anschließenden Grauen, auch der kleine eingeflochtene Flirt sind nicht nur hervorragend gezeichnet, sondern auch mit dem richtigen Tempo erzählt und ausgewogen. Der Abschluss der Sequenz stellt eine ziemliche (wenn auch brutale) überraschung dar, die man als Leser aus einem Finale her gewohnt ist.

Der zweite Teil der Handlung, erzählt vor einer herbstlich leuchtenden Landschaft, wirkt nur auf den ersten Blick friedvoller. Das Drama ist mehr nach innen gekehrt. Das Furchtbare geschieht, obwohl vorher noch gesagt wurde, es werde nicht geschehen. Dem Leser, der hier mehr weiß als Marie, bleibt es erspart, dabei zuzuschauen. Die Szene wird rechtzeitig beendet. Härte ja, mittelalterlich eben, als ein Leben nicht sehr viel galt, aber nicht unbedingt in letzter Konsequenz. AnGe wissen, was sie dem Leser zumuten dürfen und wollen, wo Grenzen liegen und wo die Phantasie des Lesers den Rest erledigt.

Thierry Demarez zeichnet ultrafein, eine Fähigkeit, die ihm besonders in der zweiten Hälfte zugute kommt, da die Dichte der Handlung auch eine Verkleinerung der Bilder mit sich bringt. Demarez beherrscht das Surreale des ersten Teils sehr schön. Wenn Marie und William in Verkleidung gegen fremde Wesen antreten, Zeugen eines grausamen Rituals werden, hat das vor der Kulisse eines mittelalterlichen Mailands, vor und in Palästen etwas von der Inszenierung einer Edgar Allen Poe Geschichte

Die Kreaturen selbst, mit denen sich Marie immer wieder herumschlagen muss, zeigen einen interessanten Gegensatz. Wölfisch einerseits, an Grimmsche Märchen erinnernd, furchtbar missgestaltet, schleimig, eher der Schaffenskraft eines H.R. Giger entsprungen.

Weiterhin sehr spannend, eine gelungene Mischung aus Mittelalterabenteuer und Mystery-Thriller, sehr ausgewogen erzählt, dank schöner Handlungsorte abwechslungsreich gestaltet. Auf die Fortsetzung darf man sehr gespannt sein. 🙂

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Dienstag, 14. Dezember 2010

Maries Drachen 1 – Armance

Filed under: Mystery — Michael um 17:27

Maries Drachen 1 - ArmanceDer Gang in den Wald ist für die zwölfjährige Marie bis zu jenem Moment ein schöner Tag, in dem sie die Schatten der Bäume betritt. Zuvor wurde noch gefeiert. Ein ganzes Dorf war auf den Beinen. Als Marie, allein mit einem großen Schwert bewaffnet, die Wildnis betritt, ändert sich alles. Wahrhaftig alles. Viele Jahre später ist aus Marie eine kämpferische junge Frau geworden, die es meisterhaft versteht, sich ihrer Haut zu erwehren. Mit diesen Fertigkeiten ist es denn auch kein Wunder, dass sie sich als Söldnerin, Kundschafterin, als begleitende Kriegerin verkauft, aber immer auch von dem Gedanken beseelt, vielleicht doch noch eines Tages ihre lange verschollenen Geschwister wiederzufinden.

AnGe, das Autorenduo, gehören zweifellos zu den Vielschaffenden auf dem Comic-Sektor. Die langlebige, wie auch inzwischen umfangreiche Reihe Die Legende der Drachenritter stammt aus ihrer Feder. Der Vierteiler Das verlorene Paradies war mystisch fantastisch, die Trilogie um Belladonna entführte auf sehr unterhaltsame Art in das Zeitalter der Musketiere. Hier entführen die beiden Autoren den Leser in eine Welt, die bekannt erscheint, aber dennoch anders ist. Ein Kaiser herrscht über Frankreich, dabei lautet eine seltsame Aussage eines Mönchs: Es gibt kein französisches Reich.

Auch die Namen, die ein ganzer Kreis von Mönchen ruft, sind unbekannt. Trotzdem klingen sie nicht richtig fremd. Dieses Geheimnis bildet den Sockel der Geschichte, in der sich vordergründig eine junge Frau mit aller Macht auf der Suche nach den wenigen Verbliebenen ihrer Familie befindet. AnGe haben aus Marie eine starke Frau, gemacht, die sich vom Leben nimmt, was sie braucht, in jeder Beziehung. Einen Freund lässt sie zu, eine tiefe Freundschaft, die sie nicht durch Liebe oder gar Leidenschaft zerstören will.

Es ist eine klassische Quest, nicht nur für die handelnden Charaktere, sondern ebenso für den Leser, der den Hauptfiguren nur um Haaresbreite voraus ist. Handlungsorte, Ausstattung und die Entwürfe der verschiedenen Figuren wirken dank der Fertigkeiten von Künstler Thierry Demarez stets einzigartig und prägnant (und sicherlich nicht gänzlich uninspiriert, betrachtet man das tragische Ereignis in Maries Leben und vergleicht es mit der ersten Verfilmung von Conan). Demarez arbeitet mit höchst feinen Strichen. Müssen schwarze Flächen größer sein, wird gerne und viel schraffiert, denn eine andere Strichstärke setzt Demarez nicht ein.

Der Zeichner ist ein Vertreter des Realismus. Die hier auftauchenden Figuren könnten reale Vorbilder haben und bestechen durch ihre Unterschiedlichkeit, ein Umstand, mit dem nicht jeder Zeichner aufwarten kann. Nur selten verrutscht ein Strich, die Seiten sind meistens in ihrer Gesamtheit brillant und wunderbar zu betrachten. Sie vermitteln die notwendige Atmosphäre sehr intensiv und schaffen so ein tolles mittelalterliches Lesevergnügen.

Nah an der Fantasy, aber nur mit einem Schritt die Grenze zwischen Mittelalterepos und Phantastik überschreitend. Technisch versiert und optisch höchst ansprechend gestaltet ist der Auftakt von Maries Drachen mit einer Spur Mystik, nicht wenig Aktion und schönen Schauplätzen eine sehr dich erzählte Geschichte, in der AnGe eine ihrer bislang besten Geschichten vorlegen. 🙂

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Sinbad 3 – Im Schatten des Harems

Filed under: Abenteuer — Michael um 17:25

Sinbad 3 - Im Schatten des HaremsDie Zauberin Turabah richtete vor vielen, vielen Jahren einen Wunsch an einen Djinn: Sie wollte ihre Jugend zurück. Sie, die sie nun alles besaß, Reichtum und Macht, wollte wieder jung und schön sein. Gesagt, getan, doch ein Wunsch an einen Djinn will wohlüberlegt sein. Und so wurde Turabah jünger, sehr langsam zwar, aber jünger. Bis sie ihr Wunschalter erreichte. Und sie wurde jünger. Und jünger. Als sie ihr Mädchenalter zurückhatte, musste sie erkennen, von dem Djinn hereingelegt worden zu sein. Und so zeigte sich eine der vielen Weisheiten des Morgenlands: Es ist nie gut, eine Zauberin hereinzulegen. Das gilt auch für einen Djinn.

Sinbad hat erst einmal ganz andere Dinge im Kopf. Immer noch treibt ihn seine Suche nach seiner Herkunft um. Allein aus diesem Grund geht er einen Handel mit dem berühmten Gauner Ali-Baba, einem Zyklopen, ein, dessen einziger Lebenszweck die Füllung seiner nicht minder berühmten Schatzhöhle ist. Für Sinbad wird dieses Abenteuer zu einem Kesseltreiben. Allseits warten nur Feinde und Verrat auf ihn, einzig auf seine getreue Azna, eine weiße Pantherdame, die sich zuweilen in eine Menschenfrau verwandelt, kann er sich uneingeschränkt verlassen.

Sinbad, der Tausendsassa: Schon oft trieb der Abenteurer und Seefahrer sein Unwesen, aber selten war es so schön wie hier. Den Autoren, allen voran Christophe Arleston (in Koopartion mit Audrey Alwett), mag vorgeworfen werden, sich an eine Figur zu wagen, bekannte Versatzstücke zu nehmen und diese neu zu mischen. Völlig falsch. Arleston und Alwett haben ihren Sinbad neu erfunden und aus ihm einen höchst liebenswerten, wie auch sehr einfallsreichen Gauner gemacht.

An dieser Stelle findet sich bereits das Geheimrezept: Selten war ein Tausendsassa (und in gewisser Weise auch Tunichtgut) sympathischer als hier. Sinbad wurschtelt sich durch, muss sehr viel einstecken, gibt aber nie auf und hat eine gehörige Doppelportion Humor, um alle Widrigkeiten zu überstehen. Pierre Alary hat einen schlanken Seemann gestaltet, mit länglichem Gesicht, ein wenig verschlagen wirkend, aber mit disneyschem Charme grinsend. Sein Auftritt als Haremsfriseur ist Slapstick pur und von Alary auch mit der entsprechenden Geschwindigkeit gestaltet.

Spaß: Ja! Aber nicht ohne die ebenso große Portion Spannung in der anderen Waagschale. Gaunereien machen erst mit Humor so richtig Spaß. Aber ohne die Spannung, auch ohne die Möglichkeit, dass es den Hauptfiguren vielleicht doch noch an den Kragen geht, ist es auch nur halb so unterhaltend. Arleston, Alwett und Alary (allein schon namentlich ein gutes Team, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen) halten hier die perfekte Balance.

Pierre Alary zeichnet schmissig, hier dürfen Pinsel und Feder tanzen, mit feinen und mit satten Strichen, auf dem Punkt, aber auch ein wenig improvisiert wirkend, künstlerisch statt künstlich. Mittels kräftigen, poppigen Farben entsteht so ein tolles Abenteuer aus 1001 Nacht.

Das passt von Anfang bis Ende: Wer die ersten Teile verpasst hat und richtig schöne Comic-Abenteuer mag, mit französischem Slapstick-Humor, mit Spannung, Zaubereien und extra fiesen Bösewichtern und einem Djinn, der so ganz anders als ein Dschinni ist, sollte einen Blick in diesen nun abgeschlossenen Dreiteiler werfen. 🙂

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