Die Frau ist allein. Die Geburt lässt sich nicht aufhalten. Hikosaburo hatte mit seinem Freund Manzo eigentlich Gold finden wollen. Stattdessen retten sie die indianische Frau und geraten dadurch in noch größere Schwierigkeiten. Kurz darauf erscheinen Weiße, die auf der Suche nach der Frau und nicht zimperlich in der Wahl ihrer Mittel sind. Sie glauben mit den beiden Goldsuchern leichtes Spiel zu haben. Eine falsche Annahme, denn die beiden Japaner sind ehemalige Samurai. Ihren Kampftechniken haben die weißen Ganoven nichts entgegenzusetzen. Machen sie sich hier ihre ersten Feinde auf dem neuen Kontinent, gewinnen sie durch die Verteidigung der Frau auch neue Freunde. Crazy Horse, Häuptling vom Stamm der Oglala, lädt sie in sein Dorf ein und eine außergewöhnliche Freundschaft beginnt.
Eastern trifft Western: Es ist nicht die erste Begegnung dieser beiden Genres, aber sicherlich eine der schönsten, sofern bei der dramatischen Entwicklung des vorliegenden Stoffes von schön gesprochen werden darf. Waren es in älterer Vergangenheit ein Toshiro Mifune (in Rivalen unter roter Sonne), in jüngerer Vergangenheit ein Jackie Chan (in Shanghai Noon und kein Japaner, ich weiß), die asiatisches Flair in den Wilden Westen brachten, sind es in der Geschichte von Jiro Taniguchi die beiden Samurai Hikosaburo, kurz Hiko, und Manzo, die als Auswanderer nach Nordamerika kommen und dort den Niedergang der indianischen Kultur miterleben müssen.
Jiro Taniguchi kann den Gang der Historie nicht ändern. So geraten die beiden Samurai, die Japan verlassen mussten, erneut auf einen Weg des Kampfes, der keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Geschichte zeigt, wenn auch in gewohnten Schwarzweiß, ein noch in weiten Teilen unberührtes Nordamerika. Die beiden Japaner werden von der Schönheit des Landes berührt, auch lernen sie dieses Gefühl mit den Indianern zu teilen, die nichts, was ihnen dieses Land gibt, als selbstverständlich erachten. Demgegenüber steht eine Gnadenlosigkeit der Weißen, die einen Krieg mit Mitteln führen, der selbst für verfeindete Indianerstämme undenkbar ist. Die Bisons, Lebensgrundlage der Indianer, werden rigoros abgeschlachtet, eine Art Kriegsführung der verbrannten Erde.
Den tatsächlichen Gegebenheiten, der Machtlosigkeit der indianischen Stämme gegen die fortwährenden Vertragsbrüche von weißer Seite, steht die Annäherung der Japaner an die indianischen Lebensweise gegenüber. Außerdem können die beiden Samurai die Krieger vom Stamme der Oglala mit ihrer Art des waffenlosen Kampfes begeistern. Der Bogen, den Hiko, mit sich führt, meisterhaft zu benutzen weiß und viel weiter trägt als die Gewehre der Soldaten, ist auch Grundlage eines kleinen erzählerischen Schnitzers. Zwar erhalten die Indianer Unterricht in Bau und Benutzung dieser Waffe, der weitaus besser ist als die üblichen Bogen indianischer Bauart. Allerdings erfolgt die Unterweisung viel zu spät, um wirklich noch entscheidend für eine Wende im Kampf gegen den Untergang zu sein (obwohl die Wichtigkeit der Waffe schnell erwiesen ist). Jiro Taniguchi konnte aber nicht anders verfahren, hätte er nicht Erfolge erfinden wollen, die es so nicht gegeben hat.
Die Schlacht am Little Big Horn: Dieser Erfolg der Oglala, Cheyenne, der Hunkpapa im Kampf gegen die weißen Invasoren ist historisch und die wichtige Station, auf die alles hinsteuert. Nachdem die Samurai in den Stamm aufgenommen wurden, sogar indianischen Namen erhalten haben, ziehen sie auch Seite an Seite mit ihnen in den Kampf. Nicht nur ihrer eigenen Stärke haben sie diesen Sieg zu verdanken. Die Niederlage haben die Weißen auch ihrer Selbstüberschätzung unter der Führung von Gelbhaar Lieutenant Colonel George Armstrong Custer zu verdanken. Jiro Taniguchi ergreift hier klar Partei. Die Weißen sind zur Gänze schlecht oder feige. Sich für die Belange der Indianer einzusetzen, kommt zu keiner Zeit in Frage.
Die Bilder fangen diese Handlung ein, indem sie das Land in seiner ganzen Schönheit zeigen, ein Umstand, der sogar im Schwarzweiß der Manga-Technik gelingt. Bisonjagd, Heiterkeit, alltägliches einfaches Leben der Indianer ist aus heutiger Sicht (oder auch dieser Comic-Sicht) fast ein Utopia. Jiro Taniguchi beherrscht einen unglaublich feinen Strich. Er kennt seinen Western und Fans des Genres werden sich bestimmt auch an einen Der mit dem Wolf tanzt erinnert fühlen. Einige Kompositionen sind tolle Kameraeinstellungen, ein naheliegendes Beispiel, die sich besonders in der Rasanz der Action-Szenen widerspiegelt.
Western-Freunde aufgepasst: Wer eine Western-Begegnung der besonderen Art lesen möchte, trefflich erzählt und einmal aus der Sicht der amerikanischen Ureinwohner und zweier Samurai erzählt, der findet mit Sky Hawk ein spannendes, aber an manchen Stellen auch trauriges Abenteuer. Jiro Taniguchi wandelt sicher auf den Spuren seiner Vorbilder wie Blueberry, Comanche und Jonathan Cartland. So soll Western-Unterhaltung sein. 🙂
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