Dienstag, 30. November 2010
Der Fremde hat einen Namen: Raido. Dem Mädchen, das er rettete, ist er nun auch zur Dankbarkeit verpflichtet. Meiki sieht zu dem Krieger auf, sieht auch den Mann in ihm, obwohl ihm der rechte Arm und das linke Auge fehlen. Mit der zurückgekehrten Erinnerung, dem vollen Bewusstsein und dem neuerlichen Besitz der Schwerter, die ihm einst im Kampf geraubt wurden, hat sich die Lage für die beiden ungewöhnlichen Freunde verschärft. Denn eigentlich können es sich beide nicht leisten, dass die Herrscherin von ihrem Aufenthaltsort erfährt. Yozeru, ein uralter Mann, wird derweil im Palast gefoltert, um herauszubekommen, wo sich Meiki befindet. Fudo, der Heerführer, kennt keine Gnade. Aber schließlich verhilft ein Trick zur gewünschten Information.
Wie Blätter im Wind: Dies ist nicht nur der Titel des zweiten Teils der Geschichte um den Krieger Raido, das Mädchen Meiki und mittlerweile auch den Jungen Ogi, sondern auch eine gute Umschreibung für den Widerstand, den sie fremden Kräften entgegenzusetzen haben. Nämlich gar keinen. Saverio Tenuta hat eine schicksalsträchtige Geschichte geschrieben und gestaltet. Unerbittlich führt er seine Helden auf einen Punkt zu, an dem sich der weitere Lebensweg der Figuren entscheiden oder auch enden wird. Während Raido, der Krieger, Meiki bei ihren Marionettenspielen zuschaut, deren Ende vorbestimmt ist, so kann auch der Leser dieser Kette von Ereignissen atemlos zuschauen, die sich immer mehr zu spitzen.
Magie, Schwertkampf, Wölfe, Schusswaffen: Saverio Tenuta bringt einige traditionelle Elemente von Schwertkampfepen wie auch Kung-Fu-Filmen zusammen. Als Anleihe an historische Figuren darf hier die Dame Ryin genommen werden. Als Mörderin ihres Vaters und Herrscherin über das Land erscheint sie ein wenig als eine asiatische Variante einer Gräfin Bathory. Ryin leidet an einer Krankheit, die sie entstellt, doch hat sie mittels junger Frauen einen Weg gefunden, der sie in vollkommener Schönheit und Jugend erstrahlen lässt. So brutal ihr Weg zur Erreichung dieser Ideale ist, so brutal gestaltet sich auch das Kampfgeschehen rund um Raido und ebenfalls die Folterresultate.
Spätestens seit Shogun weiß auch im Westen der Leser oder Zuschauer, dass im alten Japan ein Menschenleben kaum mehr als einen toten Fasan wert ist. Wer allein einen genauen Blick auf das Titelbild wirft, wird einen Eindruck der vorherrschenden Mentalität der Mächtigen in diesem Band bekommen. Mehr noch: Es zeigt auch den Gestaltungsspagat zwischen Schönheit und Grausamkeit. So konsequent sich die Charaktere danach verhalten (so ist die Dame Ryin eine Künstlerin der Kalligrafie und japanischer Bildkunst), so konsequent setzt Saverio Tenuta die Ansichten um. Hier geht es wahrhaftig Auge um Auge.
Grafisch setzt auch der zweite Teil der Reihe seinen Höhenflug fort. Die Szenen nutzen viele unterschiedliche Lichtaspekte. In der Nacht, in Zimmern mit schummriger Beleuchtung, in grellem Licht. Tenuta ist immer auf der Suche nach Stimmungen. Schleier und Nebelfetzen, kleine Accessoires sorgen für Hinweise, Akzente neben der erzählten Geschichte. Einiges hält er auf Abstand, anderes holt er nahe heran, hält es, wenn man so will, geradewegs in die Kamera. Das ist nicht immer für Zartbesaitete, aber es sieht auch bei aller Grausamkeit verteufelt gut gemacht aus. (Nimmt man es als großartiges Märchen, bleibt der nötige Abstand zur Betrachtung der Bilder.)
Weiterhin eine großartige grafische Technik und auch Charaktere, die den Leser sehr dicht heranlassen und mitziehen. Ein vorbildliches Epos, hinreißend, aber brutal. 🙂
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Ein Fremder findet sich einer kleinen Absteige wieder. Niemand kümmert sich um ihn. Vorne auf einer provisorischen Bühne wird ein Puppenspiel aufgeführt. Den Oberen dieses Landes scheint der Inhalt des Stücks nicht genehm zu sein. Schon drängen sich Soldaten nach vor, die das puppenspielende Mädchen festnehmen wollen. Der Fremde, zerlumpt gekleidet, wird immer noch nicht beachtet. Seit langem hört er die Stimmen nicht. Seit langem ist er zum ersten Mal wieder sehr konzentriert. Der tödlichste Jäger ist der, der Geduld hat. Und ein Jäger, der unsichtbar zu sein scheint. Als er sich in die Festnahme einmischt, hat niemand mit seinem Eingreifen gerechnet. Aber ein fliehendes Mädchen ist bald die geringste Sorge der Soldaten, denn die Izunas, Schneewölfe, greifen die Stadt an.
Saverio Tenuta hat eine Geschichte wie auch einen Comic-Auftakt geschaffen, der sich an eine japanische, mythologische Umgebung anlehnt und eine eigene Legende schafft, die mit einem äußerst westlichen Szenario beginnt.
Ein Fremder taucht auf. Er weiß nichts mehr von seiner Vergangenheit. Stimmen verfolgen ihn wie Visionen. Er versteht es zu kämpfen, eine überaus wichtige Eigenschaft, da man ihm nach dem Leben trachtet. Verrat und Liebe sind im Spiel, der Wunsch nach Macht, dem ein ehemaliger loyaler Soldat nur im Wege stehen konnte.
Saverio Tenuta raubt seinem Helden aber nicht nur das Gedächtnis. Der rechte Arm des Mannes fehlt, auch hat ihm jemand im Kampf das linke Auge geraubt. Mit diesem Handicap hat er anderen Soldaten immer noch einiges voraus. Tenuta könnte an dieser Stelle fortfahren und eine reine Rachegeschichte erzählen, aber er schwenkt um und so gelingt ihm eine Mischung aus Thriller, Fantasy, ein wenig Märchen und großem Abenteuer. Fantasy hält sehr schnell mit dem Angriff der Izunas Einzug. Diese Schneewölfe dürften das schönste Untier sein, das seit langem im Fantasy-Genre geschaffen wurde. Seine Form wirkt äußerlich einfach, aber es ist die Einfachheit eines Raubtiers, wie sie auch in der Realität vorkommen. Schlank, kraftvoll, mit einem eindrucksvollen und toll entworfenen Kopf versehen, könnte man sie als eine Turboform der Warge bezeichnen.
Eis und Kälte ersticken diese Welt. Vor diesem Weiß kommen sämtliche andere Farben besonders klar zur Geltung. Tenuta liebt es in seinen samtweichen Bildern mit Rot zu spielen: Rote Blätter, rotes Blut, rote Zeichnungen. Es sind Bilder, bei denen es sich lohnt, einmal die Lupe darauf zu richten. Die feinen Strukturen sind in der Vergrößerung immer noch glasklar. In der Vergrößerung zeigt sich der Arbeitsaufwand der Grafiken sehr deutlich. Diese transportieren ein Epos. Ein völlig geschlagener Held muss sich dem Bösen seiner Vergangenheit stellen und somit auch den damit verbundenen Ängsten.
Der Gegner, der den fremden Krieger derart schlug, ist ein kleines Meisterwerk. Nicht selten ist dem Bösewicht eine besondere Gestaltung zuteil geworden. Das zeigt auch die Leistung, die es zu vollbringen gilt, will man diesen Giganten besiegen. Aber noch ist es nicht soweit. Vorerst kann sich der Leser an diesem finsteren Gesellen erfreuen, der in dieser leicht zeichentrickartigen Ausdrucksweise wie ein Schauspieler wirkt, der Stunden in der Maske verbringen musste, um so auszusehen.
Es gibt sicherlich Vergleichbares in der japanischen Mythologie wie auch in jüngeren Abenteuergeschichten, aber die Behutsamkeit der Erzählung wie auch das phantastische Artwork heben den Reihenauftakt sehr hoch aus der Masse von Comics heraus. Wer keine Mangas mag, sich dennoch für asiatische Geschichten begeistern kann, und technisch hochwertige Grafiken liebt, sollte einen Blick riskieren. 🙂
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Montag, 29. November 2010
Eigentlich macht es keinen großen Unterschied: Das Fluggerät hat es ohnehin hinter sich, aber ärgerlich sind diese kleinen Männchen schon, die sich mit aller Hingabe an das Ausschlachten der Maschine machen, obwohl ihre Besitzer noch an Bord und alles andere als erfreut sind. Storm, Rothaar und Nomad hätten es sehr gerne, dass ihr Leben gerettet wird. Die kleinen Männchen sind jedoch äußerst geschäftstüchtig. Lebensrettung ja, aber nur gegen eine angemessene Bezahlung. Storm und Rothaar sollen ein Ei von Pandarve beschaffen, eine haarsträubende und sehr schwierige Aufgabe. Damit sie ihren Teil der Abmachung auch einhalten, muss Nomad als Geisel zurückbleiben.
Das Ei von Pandarve: Wie soll ein mythisches Ei gefunden werden, solange man sich in einem Gleitsegler hängend über einer immensen See aus glühendem Gestein befindet? Das ist so gut wie unmöglich. Auch das Leben von Storm und Rothaar hängt am seidenen Faden. Doch plötzlich, vollkommen unerwartet in dieser Umgebung, als sie bereits auf einem mickrigen Felsen in dieser lebensfeindlichen Landschaft gestrandet sind, erscheint am Horizont ein gigantisches Schiff: Der Feuersegler Salamander. Storm und Rothaar sind vorläufig in Sicherheit. Aber auch gerettet? Weit gefehlt!
Der lebende Planet: So lautet der Titel der 15. Episode der Abenteuer um den Astronauten aus der Vergangenheit der Erde, den es nun auch noch in ein völlig anderes Universum verschlagen hat. Hier ist vieles anders. Der Kernplanet jenes Sternsystems ist, wie sie hier herausstellen soll, tatsächlich mit einer Intelligenz gesegnet. Marduk, der Theokrat, eine Art menschlicher Vertreter dieser überragenden Intelligenz, hatte bereits davon gesprochen, doch klang die Geschichte für einen rationalen Charakter wie Storm doch etwas seltsam. Hier meldet sich Pandarve endlich selbst zu Wort.
Martin Lodewijk (Autor) und Don Lawrence (Künstler) präsentieren hier eine zweigeteilte Handlung. Auf dem Feuersee darf sich der Leser sehr wohl an einen Wüsentplaneten erinnert fühlen. In der zweiten Hälfte allerdings liegen Parallelen zu einer Alice im Wunderland nicht zufällig auf der Hand. Es ist eine Handlung, die mit wunderbarer Geschicklichkeit verschiedenste Themen miteinander verwebt und einen tollen und abwechslungsreichen Querschnitt dessen liefert, was Science Fiction und Fantasy zu bieten haben.
Dabei lassen beide Künstler ihrer Phantasie freien Lauf. Das Feuerschiff ist bereits ein genialer Streich und optisch ein Hochgenuss, von dem man sich als Leser wünscht, man möge es wirklich in Bewegung sehen. Insbesondere in jener Sequenz, in der dieses gigantische Schiff (hinter dem sich ein echtes, modernes Kreuzfahrtschiff verstecken kann) in einen Kampf gerät, der eine Mixtur aus Wüstenplanet-Szenario und Moby Dick sein könnte. Eigentlich könnte nach dieser Sequenz die Geschichte zu Ende sein. Eigentlich, denn das Ei von Pandarve fehlt noch.
Hier nimmt die Handlung eine vollkommen neue Wendung. Der Handlungsort verschiebt sich, hin zum erwähnten Marduk, der Storm immer noch fangen will. Und dann erscheint sie! Martin Lodewijk wählt keine Erscheinung, die einem riesigen Planeten passenderweise zu Gesicht stehen würde, vielmehr entscheidet er sich für Alice aus besagtem Wunderland. Und gleichzeitig entsteht so die Möglichkeit, Pandarve zeigen zu lassen, was sie sonst noch so drauf hat.
Wie stets (es ist fast unheimlich) kann sich Don Lawrence hier weiter steigern. Wie seine Fähigkeiten, auch seine Experimentierfreudigkeit von Ausgabe zu Ausgabe zugenommen haben und nie eine Stagnation einsetzte, ist bewundernswert. Der Kampf mit dem Feuerwurm ist eine der eindrucksvollsten Sequenzen der Reihe, während die Begegnung mit Pandarve zu einer der stimmungsvollsten gehört. Seine feine Arbeitsweise, die immer mehr verfeinerte Technik des Farbauftrags und die gelungenen Veränderungen zu noch höherer Realistik machen ihn zu einem ganz Großen des Comics und der Phantastik. (Viel Lob sicher, aber für mich ist das schlicht mein Lieblingsband der Reihe.)
Der vorliegende Band fängt den Geist der Storm-Reihe perfekt ein: Tolle Phantastik, schöner Humor, hohe Ideenvielfalt und dazu noch die Kunst von Don Lawrence. Klasse! 🙂
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Freitag, 26. November 2010
Nur der alte Indianer hält sich bei den brüchigen Hütten auf. Schutz vor dem Regen, mehr haben sie nicht mehr zu bieten. Für Blueberry und seinen Begleiter ist das besser als nichts. Kurz darauf tauchen mehrere Unions-Soldaten bei den Baracken auf. Und schon ist Blueberry wieder in Lebensgefahr. Dabei weiß niemand, warum er an diesen Ort gekommen ist. Er hat einfach das Pech zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Zwar sind er und sein indianischer Freund fleißig bemüht, das Beste aus der Situation zu machen, aber leider schießt der alte Indianer, der sich bereits im Lager befunden hatte, dazwischen. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Hinter den Kulissen ziehen andere an den Strippen. Offiziell liegen die Unionsstaaten mit den Konföderierten im Krieg. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass nicht beide Seiten auch gemeinsame Interessen verfolgen können. Eines dieser Interessen lautet: Geld. Das brauchen beide. Ein nicht bezahlter Soldat ist ein schlechter Soldat. Möglicherweise ist er auch gar keiner mehr, wenn er desertiert. So wartet jenseits der kanadischen Grenze ein Zug mit Geld auf die rechtmäßigen Besitzer, während andere mit aller Energie das Ziel verfolgen, diese ganz besondere Lieferung an sich zu bringen.
Francois Corteggiani nimmt sich ein weiteres Mal der Jugend von Blueberry an und schickt den Soldaten der Unionstruppen auf eine Mission, in der er wahrlich an allen Fronten kämpfen muss und scheinbar niemanden auf seiner Seite wähnen darf. Ein Held auf verlorenem Posten ist immer eine spannende Angelegenheit und der Charakter des Blueberry lebt genau wegen solcher schier verfahrenen Situationen, aus denen es für einen normalen Cowboy kaum ein Entkommen geben mag.
Corteggiani hat sich diese Lehre aus den alten Geschichten von Jean-Michel Charlier zu Herzen genommen. Außerdem ist oftmals nicht alles so, wie es gerade scheint. Die Weißen praktizieren ihr eigenes Gemetzel, ausgetragen auf dem Rücken der Frage der Sklaverei. Mitten drin und nebenbei die indianischen Ureinwohner. Die einen trauern alten Zeiten vor dem Niedergang ihrer Kultur nach und fordern Rache, die anderen schlagen sich auf eine weiße Seite und versuchen ihren Teil des Kuchens abzubekommen, um so zu retten, was doch nicht mehr zu retten ist. Und über diesen Hintergrund legt Corteggiani Bluberrys Doppelabenteuer mit den Folgen 100 Dollar für den Tod und Der Pfad der Tränen.
Diejenigen, die hier als Gauner unterwegs sind, muss man nicht mögen. Ihre Motivation aber stellt Corteggiani an verschiedenen Stellen klar. Rückblicke auf die langen Märsche in die Reservate und das damit verbundene unsägliche Leid machen deutlich, wie ungerecht die Indianer behandelt wurden, so dass es bis heute ein schwarzer Fleck auf dem amerikanischen Gewissen sein muss.
Michel Blanc-Dumont ist ein Zeichner, der nichts dem Zufall überlasst. Seine Figuren wirken wie gemeißelt, sehr genau und in jeder Pose überlegt. Seine Bilder könnten genau choreographierte Momentaufnahmen sein, wie sie z.B. im Vorfeld von Theateraufführungen entstehen, um mit einzelnen Szenen werben zu können. Im Zuge einer hier geschilderten gnadenlosen Jagd hat Blanc-Dumont eine Action-Szene nach der anderen zu gestalten. Die Gruppe der Gejagten wird immer mehr dezimiert. Durch eine Spur Mystik wird das Finale zu einem echten Hingucker.
Eine ungewöhnliche Jagd mit viel Dramatik und Tragik: Blueberry und Sergeant Grayson geben ihr Bestes, aber sie sind zum Spielball verdammt. Eine spannende Jugend-Episode aus Blueberrys Leben, für Western-Fans auch ohne Vorkenntnisse der Reihe geeignet. 🙂
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Donnerstag, 25. November 2010
Red Dust kehrt seinem Job den Rücken. Er lässt die Farm hinter sich. Kurz und gut, Red will sein altes Leben gänzlich vergessen und macht sich wieder auf den Weg. Allein mit seinem Pferd, dorthin, wo vielleicht die Welt noch ein wenig besser ist: Das ist ein Trugschluss, wie es sich sehr bald herausstellen wird. Kaum hat er sich wieder an das Leben in der freien Natur gewöhnt, tappt er auch gleich in die nächsten Schwierigkeiten. Zwei Männer werden vor seinen Augen von drei weiteren, so genannten Wachmännern, abgeführt. Die ganze Prozedur sind sehr seltsam für ihn aus, so erbittet er eine Erklärung. Die drei Wachmänner halten den Fremden, der gerade dabei war, sich zu rasieren und nun mit nacktem Oberkörper und einem Colt in Hand vor ihnen steht, für einen Aufschneider. Wie es sich zeigt: Red Dust ist nicht der einzige, der Fehler macht.
Greg und Hermann erzählen ihre Geschichte um Comanche, Red Dust, Ten Gallons und den anderen Charakteren vor einer Zeit des Umbruchs. Die Eisenbahn brachte Veränderungen. Die Einzäunung von Weiden und Farmen drückte dem Land ein künstliches Korsett auf. Plötzlich wird in Greenstone Falls, der kleinen Stadt in Wyoming eine Wahlkampfveranstaltung abgehalten. Zeitungen, Nachrichten, Versicherungen, viele Kleinigkeiten künden von einer unwiderruflichen Veränderung, dem Verlust von Freiheit und auch Einfachheit. Dust will diesen Veränderungen entkommen und gerät in ein Bergbaugebiet, in dem die Jagd nach Kupfer nur Vorläufer der Industrialisierung darstellt.
Damit kennt sich Dust nicht aus. Mit Mord und Totschlag aber schon. Denn vor der neuen Form der Zivilisation steht in diesem Land immer noch der alte Weg, der Weg des Stärkeren. In Dusts Fall bedeutet das: Der Weg dessen, der schneller den Revolver zieht und schießt. Greg erzählt die Geschichte mit einem gewissen Augenzwinkern. Dust, der dem neuen Leben entkommen wollte, trifft auf jemanden, der ebenfalls einen Schnitt machen wollte und ebenso wenig dem entkommen kann, was sich ihm in den Weg stellt. Der Mann mit dem Teufelsfinger ist eine Legende und Legenden haben von jeher im Wilden Westen den Nachteil, dass sich kommende Legenden an ihnen messen wollen.
Greg und Hermann zelebrieren diesen Wendepunkt in Red Dusts Leben wie einen alternativen Anfang der gesamten Reihe. Die Ähnlichkeiten zum tatsächlichen Anfang, wie Dust auf die Triple Six Ranch kam, sind nicht wegzuleugnen. Dust stellt sie selber im vorliegenden Band fest. Aber was wäre gewesen, hätte es sich bei Comanche um einen ehemaligen Pistolero gehandelt?
Die Beantwortung dieser Frage gipfelt in einer handfesten Auseinandersetzung, nicht ganz so spannend wie jene Jagd und Selbstjustiz, die Dust ins Gefängnis brachte, aber Dank Gregs versierter Erzähltechnik immer noch verdammt gut. (Eine Schießerei um das Vorrecht, sich mit jemandem zu duellieren! Lange bevor Filme wie Schneller als der Tod dieses Thema aufs Korn nahmen.) Hermann zeigt dem Leser hier optisch einen anderen Red Dust als noch zu Beginn der Reihe. Die Gesichter haben sich ein wenig gewandelt. Sie sind individueller geworden. Aber der alte Dust wirkte auch verwegener, weniger lieb. Es mag ein weder Leser selbst entscheiden, welcher besser gefällt.
Der zweite, sehr ausführliche Teil der Greg Biographie rundet den vorliegenden Band ab. In einem Einseiter darf Comanche außerdem zeigen, dass sie sich gegen ein Großmaul durchaus zu wehren weiß, so es denn nötig sein sollte.
Ein Umbruch der Serie wie auch ein Umbruch in der Stimmung des Wilden Westens: Greg und Hermann bilden ein Top-Team. Red Dust ist ein Western-Charakter zum Mitfiebern. Immer noch! 🙂
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Montag, 22. November 2010
Die Frau ist allein. Die Geburt lässt sich nicht aufhalten. Hikosaburo hatte mit seinem Freund Manzo eigentlich Gold finden wollen. Stattdessen retten sie die indianische Frau und geraten dadurch in noch größere Schwierigkeiten. Kurz darauf erscheinen Weiße, die auf der Suche nach der Frau und nicht zimperlich in der Wahl ihrer Mittel sind. Sie glauben mit den beiden Goldsuchern leichtes Spiel zu haben. Eine falsche Annahme, denn die beiden Japaner sind ehemalige Samurai. Ihren Kampftechniken haben die weißen Ganoven nichts entgegenzusetzen. Machen sie sich hier ihre ersten Feinde auf dem neuen Kontinent, gewinnen sie durch die Verteidigung der Frau auch neue Freunde. Crazy Horse, Häuptling vom Stamm der Oglala, lädt sie in sein Dorf ein und eine außergewöhnliche Freundschaft beginnt.
Eastern trifft Western: Es ist nicht die erste Begegnung dieser beiden Genres, aber sicherlich eine der schönsten, sofern bei der dramatischen Entwicklung des vorliegenden Stoffes von schön gesprochen werden darf. Waren es in älterer Vergangenheit ein Toshiro Mifune (in Rivalen unter roter Sonne), in jüngerer Vergangenheit ein Jackie Chan (in Shanghai Noon und kein Japaner, ich weiß), die asiatisches Flair in den Wilden Westen brachten, sind es in der Geschichte von Jiro Taniguchi die beiden Samurai Hikosaburo, kurz Hiko, und Manzo, die als Auswanderer nach Nordamerika kommen und dort den Niedergang der indianischen Kultur miterleben müssen.
Jiro Taniguchi kann den Gang der Historie nicht ändern. So geraten die beiden Samurai, die Japan verlassen mussten, erneut auf einen Weg des Kampfes, der keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Geschichte zeigt, wenn auch in gewohnten Schwarzweiß, ein noch in weiten Teilen unberührtes Nordamerika. Die beiden Japaner werden von der Schönheit des Landes berührt, auch lernen sie dieses Gefühl mit den Indianern zu teilen, die nichts, was ihnen dieses Land gibt, als selbstverständlich erachten. Demgegenüber steht eine Gnadenlosigkeit der Weißen, die einen Krieg mit Mitteln führen, der selbst für verfeindete Indianerstämme undenkbar ist. Die Bisons, Lebensgrundlage der Indianer, werden rigoros abgeschlachtet, eine Art Kriegsführung der verbrannten Erde.
Den tatsächlichen Gegebenheiten, der Machtlosigkeit der indianischen Stämme gegen die fortwährenden Vertragsbrüche von weißer Seite, steht die Annäherung der Japaner an die indianischen Lebensweise gegenüber. Außerdem können die beiden Samurai die Krieger vom Stamme der Oglala mit ihrer Art des waffenlosen Kampfes begeistern. Der Bogen, den Hiko, mit sich führt, meisterhaft zu benutzen weiß und viel weiter trägt als die Gewehre der Soldaten, ist auch Grundlage eines kleinen erzählerischen Schnitzers. Zwar erhalten die Indianer Unterricht in Bau und Benutzung dieser Waffe, der weitaus besser ist als die üblichen Bogen indianischer Bauart. Allerdings erfolgt die Unterweisung viel zu spät, um wirklich noch entscheidend für eine Wende im Kampf gegen den Untergang zu sein (obwohl die Wichtigkeit der Waffe schnell erwiesen ist). Jiro Taniguchi konnte aber nicht anders verfahren, hätte er nicht Erfolge erfinden wollen, die es so nicht gegeben hat.
Die Schlacht am Little Big Horn: Dieser Erfolg der Oglala, Cheyenne, der Hunkpapa im Kampf gegen die weißen Invasoren ist historisch und die wichtige Station, auf die alles hinsteuert. Nachdem die Samurai in den Stamm aufgenommen wurden, sogar indianischen Namen erhalten haben, ziehen sie auch Seite an Seite mit ihnen in den Kampf. Nicht nur ihrer eigenen Stärke haben sie diesen Sieg zu verdanken. Die Niederlage haben die Weißen auch ihrer Selbstüberschätzung unter der Führung von Gelbhaar Lieutenant Colonel George Armstrong Custer zu verdanken. Jiro Taniguchi ergreift hier klar Partei. Die Weißen sind zur Gänze schlecht oder feige. Sich für die Belange der Indianer einzusetzen, kommt zu keiner Zeit in Frage.
Die Bilder fangen diese Handlung ein, indem sie das Land in seiner ganzen Schönheit zeigen, ein Umstand, der sogar im Schwarzweiß der Manga-Technik gelingt. Bisonjagd, Heiterkeit, alltägliches einfaches Leben der Indianer ist aus heutiger Sicht (oder auch dieser Comic-Sicht) fast ein Utopia. Jiro Taniguchi beherrscht einen unglaublich feinen Strich. Er kennt seinen Western und Fans des Genres werden sich bestimmt auch an einen Der mit dem Wolf tanzt erinnert fühlen. Einige Kompositionen sind tolle Kameraeinstellungen, ein naheliegendes Beispiel, die sich besonders in der Rasanz der Action-Szenen widerspiegelt.
Western-Freunde aufgepasst: Wer eine Western-Begegnung der besonderen Art lesen möchte, trefflich erzählt und einmal aus der Sicht der amerikanischen Ureinwohner und zweier Samurai erzählt, der findet mit Sky Hawk ein spannendes, aber an manchen Stellen auch trauriges Abenteuer. Jiro Taniguchi wandelt sicher auf den Spuren seiner Vorbilder wie Blueberry, Comanche und Jonathan Cartland. So soll Western-Unterhaltung sein. 🙂
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Oder bei Schreiber und Leser.
Samstag, 20. November 2010
Fremde in der Nacht: Im Wilden Westen muss ein Reisender aufpassen. Ein Lagerfeuer mag anziehend wirken, trotzdem sollte man sich nicht jedem vorbehaltlos vorstellen. Mit dem Mexikaner, dem Jerry Spring hier begegnet, verhält es sich anders. Mit Pancho wird ihn eine echte Männerfreundschaft verbinden. Aber zuvor stiehlt Pancho ihm erst einmal das Pferd. Sicher ist die Tat aus der Not geboren, dennoch ist ihr Kennenlernen zunächst nicht sehr herzlich. Ihr Verhältnis ändert sich jedoch bald. Im Grenzgebiet sind die Zeiten hart. Die Lage zwischen Amerikanern und Mexikanern ist überaus angespannt. Spitzbuben, die diese Situation zum Viehdiebstahl und Pferderaub nutzen, verschlimmern die Lage zusätzlich.
Jerry Spring springt bei seinem Auftauchen in der Gegend geradewegs in ein Wespennest, so scheint es. Diesen Charakterzug muss er von seinem Vater, einem Richter und hoch geehrten Mann geerbt haben. Leider steht sein Leben dadurch auch allzu oft auf des Messers Schneide. Viehdiebe, Waffenschmuggler, Goldräuber, Indianer, Revolutionäre sind nur ein paar Feinde, die ihm im Laufe der Zeit gefährlich werden. Aber da ist noch Pancho, auch El Panchito genannt, der mehr als einmal zur Seite steht.
Jije (Joseph Gillain) schuf einen Western, der auch noch nach 56 Jahren zu begeistern weiß. In kraftvollen Zeichnungen, rein schwarzweiß ausgeführt, entfaltet Jije hier blitzschnell den Charme einer Westernserie, wie sie Generationen an den Bildschirm bannte, seien es Rauchende Colts, Die Leute von der Shiloh Ranch oder natürlich Bonanza. Ein guter Held kommt niemals allein. Seine Herkunft ist eher edel, aber er geht seinen eigenen Weg. Aber ein Held (oder auch ein Sheriff, wie man weiß) braucht auch mal Hilfe. So hat Jerry Spring Pancho und andere Freunde, die eher sporadisch auftreten.
Nach eigener Aussage zieht Jije die Schwarzweißzeichnung einer kolorierten Fassung vor. Tatsächlich stehen die Bilder in Schwarzweiß vollkommen für sich allein. Einerseits ist Jije ein Meister darin, mit Schatten Tiefe und Atmosphäre zu erzeugen. Andererseits schafft er derart ausgewogene Bilder, dass selbst bei einer stets gleichen Seiteneinteilung das Auge immer viel Abwechslung vorfindet. Er führt vom Hellen ins Dunkle, löst Nahaufnahmen und Totalen ab.
In den Gesichtern findet sich grundsätzlich eine gewisse Einzigartigkeit. Zwar nimmt Jije auch eine Typisierung vor. Die Figuren sind äußerlich nie gegen den Strich besetzt. Niemand mit dem Äußeren eine Jerry Spring selbst taucht hier als Gauner auf, aber das gehört auch zum Medium. Jije bleibt auch nicht ewig Zeit, um seine Geschichte zu entfalten. Ihm gelingen tolle Augenblicke und Schwerpunkte sollten für jeden Leser auszumachen sein. In Yucca Ranch, dem zweiten Album der hier vereinten vier Stück, finden sich mit die schönsten Zeichnungen (sicherlich immer im Auge des Betrachters). Im Vergleich zum ersten Album scheint er sich mehr Zeit gelassen zu haben, fallen doch die einzelnen Bilder viel feiner ausgeführt aus: Mit kleineren Ansichten und wundervollen Visagen.
Besonders spannungsgeladen ist die vierte Episode: Waffenschmuggler. Jerry Spring gerät in die Wirren einer Revolution. Nicht nur, dass er sich hereinlegen lässt und gefangen genommen wird, auch kann sich die Lage von einem Augenblick zum nächsten ändern. Das hat ein wenig etwas von einer Bananenrepublik und Jije weist darauf hin, dass die Gegenspieler miteinander aufgewachsen sind und abseits aller tödlichen Auseinandersetzungen Schach miteinander spielen. Jijes Humor ist ein Humor der Untertöne, aber auch stets respektvoll vor dem Genre selbst.
Ein vielfältiger und kurzweiliger Auftakt: Jije, der diese Abenteuer schuf, als er bereits viele Jahre mit Comics arbeitete, kennt das Genre perfekt und er weiß, wie eine spannende Geschichte zu erzählen ist. Dass er darüber hinaus auch noch hinreißend zu zeichnen verstand, ist einer der wenigen Glücksfälle, an denen sich der Comic-Fan immer wieder erfreuen darf. Top! 🙂
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Freitag, 19. November 2010
Das Gewitter ist da! Endlich. Ein starkes Gewitter mit ausreichender Energie, um das Experiment zu einem Erfolg werden zu lassen. Das kleine Mädchen soll leben. Heimlich beobachten die Jungen den Fortgang des Experiments. Der Blitz schlägt ein. Es wird taghell. Dann ist es vollbracht. Die Jungen, eben noch fasziniert, müssen bald feststellen, dass sie nicht die einzigen sind, die das Experiment interessiert. Ihr Verfolger, der Vampir und seine Brut, haben zum Baron gefunden. Und so ist die kommende Idee kein Wunder: Warum von kleinen Jungen trinken, wenn sich die Essenz Gottes direkt anzapfen lässt?
Und Frankenstein schuf ein kleines Weib: So ähnlich könnte man einen bekannten Genre-Filmtitel umschreiben, betrachtet man die vorliegende zweite Ausgabe der Bruderschaft der Krabbe. Zugegeben, der Titel ist merkwürdig und ungewöhnlich. Fünf Jungen sollen Krabben in sich tragen, die operativ entfernt werden sollen. Sie sind nicht die ersten, mit denen so verfahren wird. Allerdings: Die Krabbenteile werden gesammelt. Die Jungen sind überzeugt, mit diesen Teilen soll das ultimative Monster geschaffen werden. Das wollen sie verhindern.
In Narkose erwachen die Jungen an einem Ort, der nicht nur völlig anders ist als die so genannte Realität (die auch einen gewissen Irrsinn mit sich führt), er ist auch in höchstem Maße gefährlich. Warteten in der ersten Folge eine Vampir nebst Bräuten auf die Jungen, wollte ein Werwolf sie sogar fressen, machen sie nun Bekanntschaft mit einem Wissenschaftler und seinem getreuen Diener, der es sich zu Aufgabe gemacht hat, Leben zu erschaffen. Man muss kein Genre-Fan sein, um zu erahnen, dass es sich dabei um Dr. Frankenstein handelt (dem Ur-Frankenstein Colin Clive nachempfunden). Damit nicht genug: Auch ein gewisser Imhotep hat einen Gastauftritt. Und irgendwie gibt es sogar Geister und Untote.
Das verrät noch gar nichts über die sehr schöne, im besten Sinne gruselig romantische Handlung. Es ist eine Geschichte über eine Freundschaft, einen Bund, ein Zusammenraufen. Es geht um die Bewältigung von Ängsten. Es geht darum sich beizustehen. Es ist eine Art phantastischer Stand by me, das sich trotz seiner bekannten Zutaten völlig von diesen löst und etwas vollkommen eigenes kreiert. Ein besonderes Element, das diese Bestandteile auf ungewöhnliche, interessante, auch amüsante Weise verknüpft ist sie. Der aufmerksame Betrachter entdeckt sie gleich auf dem Titelbild, keine Elsa Lanchaster, eher eine kindliche Helena Bonham Carter.
Die Grafik: Eindruckvoll! Unterteilt man nach Sequenzen, lässt sich schwer sagen, welcher Abschnitt wohl der schönste ist. Das mag jeder für sich selbst entscheiden. Die in einer sehr leicht wirkenden Aquarelltechnik kolorierten Bilder entführen den Leser zunächst in das Allerheiligste von Frankenstein. Verschiedene Farbeindrücke sorgen für atmosphärische Stimmung. Ein feuerroter Ausreißer in das Reich der Pharaonen ist inklusive. Schließlich kippt die Stimmung hinein ins Reich der Kinder, eine Art Spielzeugland, bunt und heimelig, bevor es sehr, sehr düster wird: Eine tolle Achterbahnfahrt!
Die Kirche schließlich, in der der Showdown eingeläutet wird, bildet einen hervorragenden (vorbereitenden) Abschluss. Die Stimmungen, die Jean-Baptiste Andreae zu übertragen weiß, schwanken zwischen höllischer Spannung und tiefer Traurigkeit. Das ist in dieser Technik und den vielen Ansichten vorbildlich.
Faszinierend, eigenständig: Toll erzählt, melancholisch, spannend, technisch versiert. Wunderschön gemalt, mit hervorragenden Farbspielen. Ein nur auf den ersten Blick kindliches Abenteuer, auf den zweiten Blick hervorragender Grusel! 🙂
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Donnerstag, 18. November 2010
Gefangen: Selbstverständlich versuchen die Männer an Bord des U-Boots immer noch der Falle zu entkommen. Ebenso sind die Überlebenden in dem riesigen Gewölbe auf der Suche nach einem Ausweg. Das stellt sich als sehr schwierig heraus. Denn die Suche nach einem Ausweg ist längst nicht mehr die einzige Sorge für die Männer: Sie werden verfolgt! Vielleicht sogar gejagt. Keiner spricht es aus, aber das Gefühl ist da. Nicht nur das: Die Männer vertrauen sich untereinander nicht mehr. Ihre Ängste plagen sie, verwirren sie. Da ist es zum Misstrauen nur ein kurzer Schritt. Dem Misstrauen folgt die Verteidigung, die Attacke, bevor der andere angreifen kann.
Gut aufgepasst: Christophe Bec hat wieder jemanden versteckt. Diesmal ist es Ron Ely in seiner Pose als Doc Savage, Der Mann aus Bronze. Der Archäologe Kämper, im Auftrag des Deutschen Reichs unterwegs, hat einen Auftritt in einem interessanten Rückblick, der ein wenig auf den Pfaden eines Indiana Jones wandelt. Christophe Bec kann aber noch mehr, als Schauspieler für seinen Comic zu verpflichten. Wir befinden uns im abschließenden dritten Teil der Mixtur aus Abyss, Indiana Jones und vielleicht Das Relikt. Das Stichwort lautet: Groß. Und groß ist hier alles. Das Unterwasserszenario vermittelt Weite und Tiefe, gleichzeitig ein Gefühl der Verlorenheit. Im Gewölbe, dem Heiligtum selbst, lauert eine endlose Dunkelheit unter wahnsinnig hohen Decken und eingemeißeltem Irrsinn.
Die letzten U-Boot-Leute, die noch überlebt haben (dem Aussehen nach Bruce Willis, Scott Glenn und Liev Schreiber), stolpern durch dieses Heiligtum, das einen Eindruck von Enge und Weite vermittelt, klaustrophobische und agoraphobische Ängste gleichermaßen auslösend. Aber mehr noch: Die drei Männer sind nicht allein. Die Geschichte, geschrieben von Xavier Dorison, spielt mit Techniken, die auch schon von Michael Chrichton in Sphere verwendet wurden. Cineasten werden dergleichen aber auch früh in Wenn das Blut gefriert entdeckt haben. Das Böse ist da. Wirklich? Existiert es? Oder ist es nur Einbildung.
Der Leser weiß an dieser Stelle längst mehr. Es ist keine Einbildung, die die Männer meuchelt. Und es ist auch keine Einbildung, dass sie sich an deren Ängsten labt und diese nutzt, um sie vorher ein wenig in den Wahnsinn zu treiben. Das Böse selbst bleibt schemenhaft, eine Fratze in der Dunkelheit. Wie groß die Angst war, die zur Schöpfung dieses Heiligtums führte, wird durch die Auflösung der Geschichte auf zwei Arten gezeigt. Das soll hier aber nicht verraten werden.
Kinobilder inszenieren den Untergang. Das macht Spaß, einfach gesagt. Einzeln betrachtet sind die Bände manchmal etwas schwierig, in ihrer Gesamtheit (und den Fragen, die nach und nach aufgeklärt werden) passt es hervorragend. Heiligtum ist keine Geschichte, die Wartezeiten zwischen den einzelnen Abschnitten verträgt. Diese Geschichte verlangt es nicht nur, in einem Durchgang gelesen zu werden, sie verlangt auch Aufmerksamkeit. Durch die Inszenierung, anfänglich sehr kühl empfunden, erhält sie diese auch. Die Düsternis hält auf Abstand, der für den nötigen Blickwinkel sorgt. Bec zeichnet fast schon klinisch. Demgegenüber stehen die zeitweilig (wenn auch nicht häufigen) warmen Farben. Feuer blitzt gegenüber kaltem Stein und Tiefsee auf.
Atmosphärisch dicht, nicht einfach, nicht für jedermann, aber für jene, die eine Verbindung zwischen Science Fiction und Horror mögen. Etwas für Fans, die den ersten Alien-Film hochhalten. Keine Massenware, in seiner Gesamtheit verdammt spannend. 🙂
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Endlich fliegt Ryan Reynolds. Gerade erst zum Sexiest Man Alive gewählt und schon als nächster Comic-Held auf der Leinwand unterwegs. Einen Auftritt neben Wolverine (Deadpool) und Blade (Hannibal King) durfte er schon absolvieren. Als Deadpool wird er soagr zurückkehren. Und mit R.I.P.D. wartet bereits die nächste Comic-Verfilmung. Neben Komödien, Action-Filmen, auch Dramen (Gerade erst: Lebend begraben) etabliert sich Reynolds als interessantes Gesicht für Comic-Fans.
Worte zum Trailer: Lang erwartet (auch nach einem sehr guten Fake-Trailer, den es auf Youtube zu bestaunen gibt) und nun endlich da! Wer nur die alten Grüne Leuchten Geschichten kennt, wird sich direkt zuhause fühlen. Alles ist wiederzuerkennen. Außerdem scheint Reynolds eine gute Wahl für Hal Jordan alias Green Lantern gewesen zu sein. Die ersten Ansichten der anderen Lanterns wissen mehr als nur zu überzeugen. Dass hier ein Effekte-Feuerwerk anrollt, steht außer Frage. Wenn die Handlung nur dramatisch genug verläuft, kann die Verfilmung nur gut werden. Wie gut, das wird man im Sommer 2012 wissen.
Zum Trailer auf imdb.com: http://www.imdb.com/rg/VIDEO_PLAY/LINK//video/imdb/vi1279301913/ 🙂