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Comic Blog


Sonntag, 29. August 2010

Yoko Tsuno – Maschinenwesen

Filed under: SciFi — Michael um 18:49

Yoko Tsuno Gesamtausgabe 6 - MaschinenwesenEin kleiner Ausflug mit dem Motorrad. Yoko hat zwar keine Schwierigkeiten, ihrem Freund Knut zu folgen, doch ist seine Maschine deutlich höher motorisiert. Er ist kein schlechter Fahrer, aber er ist auch nicht sehr vorausschauend. Auf der Spitze des Hügels sind Bienenkästen aufgestellt. Im nächsten Moment fliegen die Bienen, die Kästen und Knut auf seinem Motorrad gleich mit. Da die Warnung an die nachfolgende Yoko beinahe zu spät erfolgt, kann sie den Bienen so gerade noch ausweichen. Die beiden machen sich trotz stacheliger Gegenwehr daran, das Malheur zu beheben und geraten prompt in ein kleines Abenteuer.

Wie alles begann: In den ersten Kurzgeschichten um Yoko Tsuno, veröffentlicht im Album Unter Hochspannung, finden sich bereits viele Elemente der späteren Gesamtreihe, die einen hohen Reiz der Serie ausmachen. Technik, auch technische Spielereien (ein leichtes Bond-Flair), ein gewisses Maß an unheimlicher Atmosphäre und viel Herz. Die japanische Elektronikerin Yoko Tsuno wird entsprechend vorgestellt. Bereits in der Geschichte Überfall in Dolby-Stereo kommt Yoko einem Kriminalfall auf die Spur.

Aus heutiger Sicht ist diese Geschichte auch ein kleines Zeitdokument, präsentiert Autor und Zeichner Roger Leloup doch auch das Straßenbild jener Zeit und einen Stand der Technik der einen Meilenstein auf dem langen Weg bis zur heutigen technologischen Spitze aufzeigt. So sind die Versuche der deutschen und österreichischen Post, Briefe mit Raketen über die Alpen zu befördern, aus aktueller Sicht eine kuriose Idee.

Unheimlicher wird es mit dem Fall Die Schöne und das Ungeheuer, der die Begegnung mit einer Art technischem Yeti mitten in der Großstadt erzählt. Die gruselige Unterstimmung findet sich in vielen von Leloups Geschichten. Teils hat er sie sehr stark in bekannten Umgebungen eingesetzt (wie in Die Orgel des Teufels), teils entführte er den Leser mit ihnen auch ins Weltall. Maschinenwesen lautet der Titel dieses Sammelbandes, der neben Unter Hochspannung (Kurzgeschichten, die rein irdisch angesiedelt sind) auch die beiden Geschichten Die Stadt der Verbannten und Ethera aus dem Vinea-Erzählraum enthält. Letztere verwenden ebenfalls die perfekte Mixtur aus Rätseln, Abenteuer, sehr viel Technik und auch Gruselstimmung, die mit aufsässigen und lebensbedrohenden Maschinenwesen ganz von alleine entsteht.

Optisch darf der Leser hier einen direkten Vergleich zwischen dem Anfangsstadium einer Comic-Figur und seinem späteren Aussehen anstellen. In den frühen Auftritten ist Yoko mehr Mädchen als Frau, auch comichafter angelegt. In der späteren Ausarbeitung legt Roger Leloup seine Heldin weiblicher an. Der Wandel zeigt sich bereits in der Kurzgeschichte Der Trick mit den Bienen. Aber da es hier um Maschinen geht, muss auch diese Stärke Leloups hervorgehoben werden. Die Maschinenwesen, Roboter, sind teilweise niedlich, teilweise auch Furcht einflößend.

In den Wesenheiten wählt Leloup ein leichteres Aussehen als bei seinen übrigen Maschinen und Konstruktionen. Leloup liebt eindeutige Gestaltungen. Ungeordnete, sehr verschnörkelte Konstruktionen findet man bei Leloup nicht. Er ist ein Pragmatiker, sieht seine Raumschiffe, Weltraumstationen immer auch vom Standpunkt eines Benutzers. Ein ordentlicher Aufbau, Stromlinienformen ziehen sich konzeptionell durch seine Entwürfe für alles, das mit der außerirdischen Kultur Vinea zu tun hat. Die glatten und exakten Zeichnungen sorgen auch für eine gute Lesbarkeit, das Auge findet Ruhepunkte im Aufbau, der Genuss stellt sich für den Leser ganz von selbst ein. Anders gesagt: Leloup ist von der alten Schule, immer noch eine der besten, die es im Comic gibt.

Einmal Erde, zweimal Vinea hin und zurück: Wer Fan von Yoko Tsuno ist, kommt an diesen Geschichten nicht vorbei. Neulinge können durch die Vinea-Geschichten etwas verwirrt sein. Der Lesegenuss ist binnen kurzem auf jeden Fall gegeben, denn Roger Leloup hat einen Klassiker gestaltet, dessen Einfallsreichtum und Ausarbeitung zu den besten seines Genres gehört. 🙂

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