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Comic Blog


Sonntag, 04. Juli 2010

Der letzte Mohikaner

Filed under: Klassiker — Michael um 19:00

Der letzte MohikanerDas Wild steht am Ufer des Flusses. Sein Schicksal ist besiegelt, als der Jäger mit Pfeil und Bogen auf es anlegt, bevor der Hund, sein treuer Begleiter, einen Sprung macht und die Beute mit einem Biss niederringt. Tief in den Wäldern ist die Welt noch heil und in Ordnung. Die Gefahren sind bekannt. Ein Jäger kann sich auf sie einstellen. Mit dem Vordringen der Rotröcke ändert sich dies. Unnötiger Krieg hält Einzug und fesselt jene an sich, deren Charakter es verbietet, einfach wegzuschauen.

Lederstrumpf. Es gab eine Zeit, als ein Heranwachsender an verschiedenen Figuren der Literatur nicht vorbeikam: Ivanhoe, Robin Hood, Robinson Crusoe und Lederstrumpf. Ob als Roman, als Hörspiel oder als Film, die Geschichte fesselte als Kind und unterhielt Erwachsene. Auf der Basis des Romans von James Fenimore Cooper ist nun ein Comic entstanden. Allerdings ist der Begriff Comic hierfür zu kurz gefasst. Jede Seite ist ein kleines Gemälde und bündelt seine Informationen in bewegenden Bildeindrücken.

Ganz gleich welche Farbe eine Seite oder eine Szene dominiert, Licht und Schatten stehen in starkem Kontrast zueinander. Aus dem abenteuerlichen Szenario, dem Drama in den Wäldern, dem Kampf Gut gegen Böse und der literarischen Befreiungsaktion ist eine wahrhaft düstere Geschichte geworden, die gleich zu Beginn ihr bitteres Ende herausschreit: Jemand wird sterben.

Didier David alias Cromwell hat hierzulande kurz mit Anita Bomba auf sich aufmerksam gemacht. Etwas anarchisch, gegen den Strich steht es in keinem Vergleich zur Interpretation dieses Klassikers. Die vorliegende Graphic Novel holt die Geschichte aus der Ecke der Kinder-Literatur (wo sie zu Unrecht steht, da sie für jedes Alter geeignet ist) und hebt sie auf ein fast schon philosophisch angehauchtes Podest.

Der Bösewicht: Magua. Dieser Indianer, der sich den Weißen als Kundschafter und Führer anbietet, spielt ein falsches Spiel. Allein auf diese Erzählung gestützt, erfährt der Leser nicht viel über den Mann. Er ist finster, hinterlistig, besitzt aber auch einen gewissen Stolz. Weiße zählen nichts, andere Indianerstämme ebenso wenig. Magua ist stark. Der Starke tötet. Magua ist ein wenig wie die Wildnis, das Land, in dem die Weißen nichts verloren haben. Der Schluss spiegelt ein wenig die Tragik der Ureinwohner wider.

Cromell hat die Geschichte zusammen mit der Co-Autorin Catmalou erarbeitet. Den einzelnen Abschnitten werden Zitaten vorangestellt, die jeweils den Kern einer kommenden Szene, auch einer Figur erfassen. Das reduziert zwar einen Charakter oder eine Stufe innerhalb der Handlung, doch macht diese Umsetzung auch deutlich, wie wenig es eigentlich zur Erzählung einer Geschichte benötigt. Störendes Beiwerk wird hier komplett vernachlässigt. Allerdings findet auch ein Wandel statt. Nach der ersten Hälte finden sich deutlich textlastigere Stellen und es entsteht der Eindruck, als habe man sich zu Beginn zu viel Zeit gelassen, um am Ende etwas hastig werden zu müssen.

Graphic Novel mit fast fühlbarer Atmosphäre. Die mit harten Pinselstrichen gemalten Bilder wirken theatralisch, mit einer Ausleuchtung wie aus einem Stummfilm. Eine ganz eigene Erzählweise und sehr dicht angelegt. Die Lektüre ist nichts für zwischendurch, aber auch nicht für jedermann. Dennoch: Beeindruckend. 🙂

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