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Comic Blog


Mittwoch, 30. Juni 2010

Aliens – Nekropolis

Filed under: SciFi — Michael um 20:00

Aliens - NekropolisDie junge Frau hält sich versteckt. Doch wie lange kann das noch gut gehen? Leise verständigt sie sich über Funk mit einem potentiellen Helfer und Retter. Doch der hat noch einen weiten Weg vor sich. Überall scheint es von Alien-Drohnen nur so zu wimmeln. Wie kann er da rechtzeitig bei ihr sein? Nicht nur Aliens sind eine Bedrohung auf dem Weg. Auch Menschen stehen ihm im Weg. Dabei sah es am Anfang nach einer einfachen Forschungsmission aus.

Der Krieg gegen die Aliens ist Vergangenheit. Dereinst wurde die Erde von den Aliens überrannt. Auch Bemühungen, die außerirdische Spezies mit eigens dressierten Aliens zu bekämpfen misslang. Nun da die Erde wieder den Menschen gehört, gibt es dennoch immer wieder Zusammentreffen von Mensch und Alien. Nekropolis handelt von einer dieser Begegnungen.

Aliens: Oder besser: Alien. Gibt es da sonst gar nichts mehr? Das ist nicht die Frage eines Mannes in seiner Lebensmitte, vielmehr die Frage der Menschheit, ob das Universum nicht doch noch etwas mit mehr Intelligenz hervorgebracht hat als die Aliens, vielleicht sogar mit mehr Intelligenz als die Menschen besitzen. Bislang war die Suche danach erfolglos. (Dem Wesen mit Elefantenrüssel geht man wohl demnächst erst auf den Grund.)

Aber endlich ist es immerhin in anderer Hinsicht soweit: Eine außerirdische Ruine wurde auf einem anderen Planeten gefunden. Leider, so hat es sich John Arcudi ausgedacht, sind die Schwingungen des Objekts alles andere als gesund für die Menschen in seiner nächsten Umgebung. Ähnlich wie die Menschen in Sphere hält der Wahnsinn Einzug. Großer Wahnsinn, denn hinter der menschlichen Maske hat sich das Böse breit gemacht, bereit, die außerirdischen Artefakte mit allen Mitteln zu verteidigen.

Die Aliens sind da! Arcudi hält sich nicht mit der Frage auf, wer die Außerirdischen waren. Eindeutig ist aber, dass sie über ihr Verschwinden hinaus noch Ärger machen. Die zweite Komponente ist das Alien. Die hoffnungslos unterlegenen menschlichen Helden sehen sich einer besonderen Spielart dieser Spezies gegenüber. Es mögen hier Ähnlichkeiten zu den königlichen Elitewachen bestehen. (Aliens 8 und 9, Reihe im Hethke Verlag). Die Zangen seitlich des Kopfes erinnern jedenfalls daran.

Grundsatz jedes Alien-Szenarios: Entkommen! Ebenfalls grundsätzlich: Die Chancen stehen schlecht. Wer wird überleben? Daraus beziehen die Geschichten um die Aliens ihre Spannung. John Arcudi dreht den Spieß herum, denn bevor es heraus geht, geht es erst einmal hinein auf eine Rettungsmission. Auch hier: Die Chancen stehen schlecht. Kurzum: Arcudi hat die Handlung fein verschachtelt und mit Hintergrundinformationen versehen, so dass die nötige Tiefe entsteht, während sich die Charaktere vordergründig um ihr Überleben bemühen.

Realistisch gezeichnet funktionieren Aliens am besten. Mit Zeichner Zach Howard ist ein Illustrator an der Arbeit, der sich mit Superhelden, Grusel, Phantastik allgemein auskennt und mit den hier abgelieferten Bildern eine sehr gute Wahl darstellt. Der grafische Stil ist kräftig, ein wenig Ed McGuinness, ein wenig Mike Wieringo und ein Schuss Berni Wrightson. Die Gestaltung erfolgt sehr offen, manchmal nur zwei bis drei Bilder auf einer Seite. Hin und wieder gibt es ein großes atmosphärisches Hintergrundbild mit einem oder zweien kleineren Handlungsbildern.

Durch die Farbgebung von Wes Dzioba besitzen die Bilder eine enorme Plastizität. Generell versucht Howard den Leser anzusehen, indem er die Protagonisten häufig herausschauen lässt. Das erinnert an Effekte von Zeichentrickfilmen, durch den ein Zuschauer ein Eckpunkt einer Szene wird, den Raum komplettiert. Dadurch kann selbst eine Dialogszene Action besitzen und wirkt sehr dynamisch.

Eine gelungene Aliens-Hatz: John Arcudi experimentiert wenig, dafür lässt er einige Fragen offen, die eine Grundlage für weitere Geschichten sein können. Spannend bis zum Schluss, mit einigen Überraschungen gespickt, hervorragend von Zach Howard gezeichnet, nicht immer blutarm. 🙂

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Links: zachhoward.com

Dienstag, 29. Juni 2010

Der Planwagen des Thespis 3 – Kathleen

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:56

Der Planwagen des Thespis 3 - KathleenIm Herbst des Jahres 1865 in Baxter Spring geht alles seinen gewohnten Gang. Deshalb fällt ein junger Mann, der ein Pferd in einer Scheune zurücklässt auch sofort auf. Drustan ist dies vollkommen gleich. Für ihn zählt nur noch, mit diesem Abschnitt seines Lebens abzuschließen. Das gilt auch für Kathleen, die in ihrer Kammer auf das Unvermeidliche wartet. Den Besuch, der sie als Frau in die Gemeinschaft einführen wird. Unter feiern die Männer diesen besonderen Tag. Kathleen wartet in einer Mischung aus Angst und Enttäuschung. Obwohl so aufgewachsen, lässt auch sie dieses Leben bald hinter sich.

In der dritten Folge der vorliegenden Comic-Reihe übernimmt ein neuer Szenarist den Handlungsfaden: Philippe Bonifay. Mit ihm wird sogleich eine weitere Figur in den Reigen der Hauptcharaktere eingeführt: Kathleen. Die junge Frau steht als Hoffnungsträger für den nun flüchtigen Drustan, der versucht, sich fernab des Planwagens des Thespis eine eigene, vollkommen neue Zukunft aufzubauen.

Zu Beginn macht die junge Frau auf Drustan einen recht unbeschwerten Eindruck, ein Umstand, der für den Leser schwer zu bewerten ist, bis sich schließlich doch Narben auf der Seele von Kathleen wieder öffnen und ihr Leid offenbaren. Drustan, der um Normalität in seinem Leben kämpft, oder wenigstens in diese zu fliehen versucht, wird von Philippe Bonifay nur wenig Zeit gegönnt, um einen Vorgeschmack eines Lebens in einer Kleinstadt im Westen zu bekommen.

Denn aus dem einstigen, wenn auch wahnsinnigen Helfer Hermes, ist ein nicht minder wahnsinniger Rachedämon geworden. Bereits in den ersten beiden Episoden war erkennbar, dass Hermes jenseits einer wirklichen Welt lebt und stets eine Flucht auf die Bühne antreten will. Sein Theaterplan, der mehr ein Theaterwahn ist, entbehrt jeder vernünftigen Argumentation. Er kommt mit diesem Wahnsinn nur solange durch, wie auch der Wahnsinn des Krieges das Land regiert. Doch danach steigt die Sehnsucht nach Frieden wieder. Und Normalität. Ein Wunsch, der Drustan fliehen lässt. Den jungen Mann, den Hermes als Schützling, als Sohnersatz auserkoren hatte.

Gefährlich: Der Leser weiß mehr, als die Charaktere nur ahnen können. So sieht der Leser die Gefahr kommen, muss miterleben, wie sich der Kreis immer enger zieht, bis es zum Aufprall kommt. Ganz nebenbei lässt Bonifay eine Liebe sich entwickeln und weitere Bedrohungen wachsen.

Christian Rossi, der sich nun ganz auf das Zeichnen konzentriert, macht wieder einen Schritt hin zu seinen ganz eigenen Zeichenstil. Kein Vergleich mehr zum ersten Band und selbst gegen den direkten Vorgänger wirken die Bilder noch einmal reduziert. Weniger Striche, mehr Ausdruck. Das ist das Geheimrezept, das später auch in den Ausgaben der Reihe W.E.S.T. zum Markenzeichen werden wird. Das Titelbild steht für den grafischen Stil des gesamten Bandes. Mit erstaunlich wenig, dafür sehr sicher gesetzten Strichen entstehen Figuren und Räume. Der Gesamteindruck einer Seite wird so viel größer, weiter und auch ruhiger.

Diese Ruhe, die sich selbst in Aktionsszenen niederschlägt, wird auch durch die stille Farbgebung begünstigt. Eine Mixtur aus blassen und leuchtenden Farben kontrastiert miteinander, hilft den Blick auf das Wesentliche lenken. Neben einem guten Blick auf das Geschehen kann der Leser auch den Gastauftritt einer bekannten Persönlichkeit des Wilden Westen in kurzer Aktion sehen.

Wie der Beginn eines neuen Aktes: Die Tragödie weitet sich immer mehr aus. Während Joe Adam etwas in den Hintergrund tritt, gewinnt die Figur des Hermes ein starkes Volumen, wird wuchtig, theatralisch überbordend. Der dritte Teil der Reihe präsentiert sich eher als Thriller denn als Western. Klasse. 🙂

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Montag, 28. Juni 2010

Der Planwagen des Thespis 2

Filed under: Abenteuer — Michael um 20:22

Der Planwagen des Thespis 2 - Der schwarze Indianer1865. Red River Station. Dies ist einfach kein Ort für Theater. Die Männer wollen ihren Whiskey. Sie wollen ein paar Frauenbeine tanzen sehen. Vielleicht ein wenig Geklimper von einem alten Klavier. Aber Kultur? Das brauchen sie nicht wirklich. Hermes, der selbsternannte Theaterdirektor über das traurigste Häuflein Schauspieler, das jemals eine Bühne bestiegen hat, treibt den jungen Drustan und den bärbeißigen Joe Adam weiter durch das Land. Regen und Matsch begleiten sie. Jeden Augenblick müssen sie fürchten, von Indianern überfallen zu werden. Doch zuvor gilt es bei aller Vorsicht vor dem, was sie erwarten mag, noch ein viel dringenderes Problem zu lösen: Hunger.

Christian Rossi führt den Leser in die Abgründe des Wilden Westens. Von Klassikern her weiß der Leser, auch der Western-Fan, dass die Eroberung des nordamerikanischen Kontinents mit vielen Gewalttaten verbunden war. Mit der Ausbreitung der weißen Einwanderer wurden die amerikanischen Ureinwohner an den Rand der Ausrottung gedrängt. Sklaverei begünstigte die Wirtschaft, ein scheinheiliger Bürgerkrieg trieb die junge Nation ebenfalls an den Rand, an den des Wahnsinns.

Mittendrin sind die drei Hauptcharaktere immer noch unterwegs. Der Wahnsinn ist ihr Begleiter. Hier bei Rossi zentriert er sich in der Figur des Hermes, der glaubt, in dem jungen Dustran einen Schutzbefohlenen zu haben. Mit dieser Figur ist Christian Rossi ein Charakter gelungen, der faszinierend und abstoßend zugleich ist. Noch faszinierender und bezeichnend für diese verrückte Zeitspanne ist der Umstand, dass kaum einer gewillt ist, Hermes diesen Wahnsinn einmal richtig und wahrhaftig vorzuwerfen.

Der schwarze Indianer ist ein Schwarzer, den es zu einem Indianerstamm verschlagen hat, die ihn freundlicherweise aufgenommen haben. Selbst in ihrer verzweifelten Situation, ohne Land und ohne nennenswerte Nahrung, beweisen sie noch Größe und Mitleid. Mitleid, das ihnen später nicht gewährt wird. Rossis Erzählung ist überaus konsequent, auch mitleidslos gegenüber seinen Akteuren.

Grafisch hat er seine Technik verbessert. Die Hand, die vorher schon sicher war, nimmt sich nun mehr Zeit für ein ausgefeilteres Ergebnis. Manche Seiten könnten ebenso von einem Jean Giraud gezeichnet worden sein. Derart starke Ähnlichkeit zum Zeichenstil des ursprünglichen Blueberry-Zeichners gab es bisher nicht. Gleichzeitig werden die späteren Stärken von Rossi sichtbar. Großer Ausdruck in Gesichtern, schönes Spiel mit hellen und dunklen Flächen und der sparsame Einsatz von Farben, der Verbleib innerhalb eines bestimmten Spektrums, um so eine Grundstimmung zu erzeugen.

Diese Grundstimmung lautet hier: Verzweiflung. Ein jeder hadert hier mit seinem Schicksal, mancher oder manche sogar auf sehr dramatische Weise. So bleibt Rossi auf seinem Planwagen des Thespis mit theatralischer Inszenierung, griechisch tragisch, insbesondere auch durch die Szene, die sich hier bereits über das Titelbild ankündigt.

Ein etwas anderer Western: Sehr düster, tiefsinnig, sehr gut erzählt und durch das Spiel seiner drei Hauptcharaktere überaus spannend wie auch mitreißend. 🙂

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Donnerstag, 24. Juni 2010

Arawn 1 – Bran der Verdammte

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:34

Arawn 1 - Bran der VerdammteEin Mensch kann in dieser Welt nur überleben, wenn er kämpfen kann. Sonst stirbt er. Oder endet als Mahlzeit. Siamh ist eine tapfere Kriegerin, doch Firbolg ist ein Gigant. Vielleicht war er einst ein Mensch. Über dieses Dasein hat er sich längst erhoben. Er ist nun nur noch eine Urgewalt, eine hungrige Urgewalt. Zunächst schlägt Siamh sich tapfer. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Riese seine Gelegenheit gegen die wendige junge Frau erhält. Da schlägt unerwartete Hilfe zu: Dag. Der Krieger mit der magischen Axt eilt der Kriegerin zu Hilfe, die sie, wie sie betont, eigentlich nicht nötig hatte. Eine Gefährte, ein starker noch dazu, kommt wie gerufen. Aus dem Paar wird eine Familie. Aus ihrer Geschichte entsteht eine Legende.

Denn es können die Guten nicht in Frieden leben, wenn es den Bösen nicht gefällt. So erscheint eines Tages ein Besucher, der um Obdach bittet. Obwohl Siamh misstrauisch ist, gewährt Dag dem Fremden Einlass.

Legenden, Mythen, Sagen. Wer einige davon aus dem nordischen Raum kennt, wird so manches wiedererkennen, in der Mixtur jedoch überrascht werden. Vier Nachkommen sind es schließlich, die von Autor Roman Le Breton in den Wettstreit um die Erfüllung einer Prophezeiung geschickt werden. Jeder hat eine ihm gemäße Aufgabe zu erfüllen. Hier wurden schöne Einfälle verarbeitet, die auch an andere mythologische Welten erinnern. So könnten auch Anleihen bei Sindbad und seinen Kollegen geholt worden sein.

Bran der Verdammte wirkt auf den ersten Blick wie eine Fantasy-Version von Lobo. Diese Figur bringt die Wende. Ihr Eingreifen ist kurz und entscheidend. Siamh agiert in bester Cimmerier-Tradition. Schwache Kinder können nicht zum Clan gehören, noch weniger können sie eine Prophezeiung erfüllen. Allerdings wird die Aussonderung für eines des Kinder zur Chance, denn eine Wölfin nimmt sich seiner an. Siamh ist nicht versöhnt mit den Umständen, verstößt den Jungen Arawn aber nicht völlig.

Man merkt, dass selbst in einem kurzen Eintauchen in die Geschichte eine Reihe von bekannten Elementen sichtbar wird. Der Grund, warum es zu keiner Zeit langweilig wird, liegt in der grafischen Umsetzung, die exzellent ist. Sebastien Grenier macht kein langes Federlesen. Die Zeichnungen und die Kolorierungen kommen bei ihm aus einer Hand. Ob im Gebirge, in dichten Wäldern, in den Höhen und den tiefen Wassern, phantastische Handlungsorte gibt es genug. Krieger und Monster sind ebenso reichlich vertreten. Grenier malt epische Bilder, sehr ausgefeilt, sehr fein, manchmal auch sehr klein auf das Blatt gebannt.

Diese zeitweise auch sehr kleinen Bilder verwundern einerseits, andererseits nötigen sie auch Respekt ab, denn andere Zeichner hätten aus so mancher Szene ein Bombastbild über eine Doppelseite gemacht. Für Grenier sind sie gerade einmal eine Fußnote. Dank der Geschichte hat er viel zu zeigen und pickt sich die Rosinen für die größeren und umso beeindruckenderen Bilder heraus.

Ein sehr geradliniger Fantasy-Knaller, mit allem, was das Herz eines Fans von Schwertern und Phantastik begehrt: Mutige Krieger, furchtbare Kreaturen, wilde Länder, unheimliche Magie. Und ebenso phantastisch gemalt. 🙂

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Mittwoch, 23. Juni 2010

Die Reise mit Bill

Filed under: Abenteuer — Michael um 18:09

Die Reise mit BillEigentlich wollte Luke keinen Anhalter mitnehmen. Aber der Mann im Rollstuhl weckt etwas Mitleid. Er hat keine Beine mehr. Eine Nickelbrille verbirgt häufig seine Augen. Eine Baseballmütze mit kleinen Flügeln lässt ihn manchmal ein wenig absurd aussehen. Absurd findet Luke auch so manche Ideen des Mannes, der mit Namen Bill heißt. Bill möchte seine Beine wieder haben, genauer, er möchte neue Beine haben. Angeblich gibt es einen Mann, der ihm diese zurückgeben kann. Das weiß er. Irgendwo gibt es ihn. Doch zuvor heißt es die Zeichen zu deuten und den Weg zu finden. Das ist alles andere als leicht, denn Zeichen gibt es genug, aber sind es auch Zeichen, die wichtig sind. Luke glaubt nicht an Zeichen. Tweety, seine kleine Tochter, glaubt an Bill. Und irgendwo sind beide froh, dass er die Reise mit ihnen macht, weil ssie so endlich auch ein Ziel haben.

Reisen haben einen besonderen Stellenwert im Leben des Menschen. Luke und seine Tochter Tweety sind auf einer Reise. Er nimmt sie mit. Luke weiß einmal nicht so recht wohin eigentlich die Reise gehen soll. Die Straße entlang. So wie das Leben eben ist. Meistens. Die Straße entlang. Ziellos. Bis sie Bill treffen, den Mann ohne Beine. Der Mann, der seine Beine im Krieg durch einen Hubschrauberabsturz verlor und nun nur noch einen Wunsch hat: Den Schamanen finden, der ihm diese wieder zurückgeben kann.

Der Beginn der Geschichte mutet noch realistisch an. Drei Menschen ohne echtes Ziel, genauer gesagt zwei, denn Tweety ist darauf angewiesen, dorthin zu gehen, wohin auch ihr Vater geht, weil sie noch zu jung ist. Es entsteht ein Dreiergespann. Luke, der Pessimist, der Verneiner, der Sucher, der nur nicht weiß, wonach er sucht. Bill, der Optimist ohne Beine, der genau weiß, was er sucht, etwas, von dem Luke glaubt, dass es sowieso nicht existiert. Und Tweety, die als Kind den größten Glauben von allen hat, das meiste Vertrauen und die mit ihren Fragen, ihrem ganzen Wesen ein Lebensantrieb für die beiden Männer ist.

Ein Roadmovie: Menschen begegnen sich für eine Weile. Matthias Schultheiss, der nach vielen Jahren einen neuen Comic hierzulande veröffentlicht, wieder mit einem Umweg über Frankreich mit Erstveröffentlichung, lässt sich mit seiner Erzählung über diese drei normalen Menschen Zeit: 288 Seiten lang.

Zuerst ist es der allseits bekannte mittlere Westen der USA mit seinen langen staubigen Straßen. Das ist normaler als normal. Später ist es der Süden, heiß, immer noch rassistisch, zurückgeblieben, aber auch mit den ersten Spuren des Geheimnisvollen. Es folgt der noch heißere, aber bunte Westen, am Meer, das dreckig ist. Im einem leerstehenden Hotel wird es gruselig. Im Norden schließlich, in der eisigen Kälte, wird das Ziel erreicht. Poetisch erzählt, phantastisch beschrieben.

Worte und Bilder ergänzen sich. Beides wird mit leichter Hand zu Papier gebracht, ungezwungen, wie es scheint. Manchmal ein wenig zufällig, wie das Leben selbst. Matthias Schultheiss skizziert das Leben zuerst blass, später mit immer kräftiger werdenden Farben. Je weiter es nach Norden geht, desto eindrucksvoller wird das Szenario, desto ausschweifender werden die optischen Eindrücke. Die Natur steht sehr stark im Vordergrund. Die Landschaft im Süden, eine üppige Natur mit mächtigen Gewittern. Die brandende See im Westen, die Schneestürme, das Treibeis, das Meer mit seinen unendlichen Tiefen und gigantische Wale. Schultheiss versteht es, mit optischen Eindrücken zu spielen und Gefühle im Leser hervorzurufen.

Ein grafische Novelle im besten Sinne. Realität und Fiktion vermischen sich, nicht nur für den Leser, auch für die Hauptfiguren. Das ist eine durch und durch erwachsene Geschichte, die auch als reiner Roman funktioniert hätte, aber als Comic umso beeindruckender geworden ist. Menschlich. Magisch. Einfach toll! 🙂

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Dienstag, 22. Juni 2010

Götterdämmerung – Der Fluch des Rings

Filed under: Abenteuer — Michael um 18:16

Götterdämmerung - Der Fluch des RingsIn den Tiefen, jenseits von Midgard und Asgard, leben die Nibelungen. Zwist und Bruderkrieg ist Alltag. Eines Tages flieht Alberich, ein Nibelung, vor seinen Verfolgern nach Midgard und bricht damit ein strenges Tabu. Lange irrt er umher, bis er die Hüterinnen des Himmlischen Goldes trifft. Alberich ist zunächst von ihnen verzaubert. Als sie sich jedoch über ihn lustig machen, über seine so andersartige Gestalt, ihn hässlich nennen, nimmt der Wunsch nach dem Gold ihn in Besitz. Nur noch dieses Gold, dieses mächtige Metall will er haben. Und eines Nachts, als die Hüterinnen schlafen, taucht er hinab zum Versteck des Goldes und stiehlt es.

Mit diesem Diebstahl nimmt ein Verhängnis seinen Lauf, das sehr viel Unglück mit sich bringen wird, selbst für jene, die es zu diesem Zeitpunkt nicht einmal ahnen. In Deutschland kommt ein Heranwachsender kaum an den Sagen um Siegfried vor bei. Ob in älteren Erzählungen, in Neuauflagen oder auch in Fernsehserien lässt sich das Wissen um den blonden Recken, den Drachentöter mehr oder weniger erwerben. Götterdämmerung beschäftigt sich mit seiner Ausgabe 0, Der Fluch des Rings, mit der Vorgeschichte.

Der erste Eindruck erinnert an den Herrn der Ringe. Das ist so falsch nicht, denn J.R.R. Tolkien bediente sich auch großzügig in Sagen und Legenden, um seine eigene Geschichte zu entwerfen. Optisch ist der erste Eindruck grandios. Auch mag hier eine Ähnlichkeit zur Verfilmung diverser Szenen von HdR kein Zufall sein. Damit begnügt sich Gwendal Lemercier allerdings auch schon. Der weitere Fortgang ist ebenso opulent, sehr naturalistisch gezeichnet. Einige Höhepunkte sind die Eingangsszene, Alberichs Rückkehr und Machtergreifung, Alberichs Kampf gegen Wotan, aber auch die Entstehung des Fafnir.

Farblich nutzt Mouclier die technischen Möglichkeiten des Rechners zur natürlich aussehenden Kolorierung. Sicherlich ist erkennbar, dass hier der Computer im Einsatz war, doch soll es möglichst nach einem natürlichen Farbauftrag ausschauen. Das geschieht mit der gleichen Ausführlichkeit, die auch bei echter Kolorierung geschehen kann, allein durch das zufällige Zusammenfließen oder Durchscheinen von Farben. Der Eindruck ist plastisch, aber zurückgenommen, mit gedeckten Farben. Lichter und Schatten werden sorgsam arrangiert. Goldglanz, Feuerschein und auch das Blond von Wotan reißen helle Flecke in dieses Arrangement.

Jean-Luc Istin, ein Autor, der sich bereits durch phantastische Szenarien wie Herr der Finsternis und Das fünfte Evangelium hervortat, kann nicht verhehlen, dass er klassische Stoffe mag. Merlin und Lancelot sind nur zwei weitere Beispiele hierfür. Fast musste es auch zu dieser Arbeit am Nibelungenlied kommen. Szene für Szene wird gut aufeinander aufgebaut, so dass die Überraschung nicht in der Erzählung, sondern in der Optik zu suchen ist. Istin sorgt dafür, dass sich hierfür die besten Szenen finden. Groß soll es sein, eine Oper für das Auge.

Ein optischer Gaumenschmaus: Abgesehen von Siegfried wurden Abschnitte von Heldensagen und Göttererzählungen selten so schön und aufwändig zelebriert. Ein sorgfältiger Anhang verdeutlicht Zeichentechniken und stellt Details aus der nordischen Sagenwelt vor. 🙂

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Montag, 21. Juni 2010

Die Adler Roms 2

Filed under: Abenteuer — Michael um 18:36

Die Adler Roms 2Marcus Valerius Falco ist ein gestandener Soldat geworden. Kaum einer hätte diese Entwicklung für möglich gehalten. Am allerwenigsten hätte der alte Vater von Marcus dies einmal von seinen Sohn erwartet. Gewünscht sicherlich. Aber erwartet? Nein. Stehen die soldatischen Fähigkeiten, auch der Mut von Marcus außer Frage, gibt es doch Aspekte in seiner Kampfeswut, die zu denken geben. Marcus stürzt sich todesmutig ins Getümmel, als habe er keinerlei Angst, nicht zurückzukehren. Fakt ist: Marcus ist kein glücklicher Mensch. Die Liebe seines Lebens blieb ihm versagt. Wegen römischer Politik. Wegen Intrigen. Aus dem einstigen lebensfrohen Jungen ist ein verbitterter Mann geworden.

Arminius, der germanische Freund aus Jugendtagen, kann diese romantische Gefühlsduselei um eine einzige Frau nicht verstehen. Warum sich derart viel Ärger wegen einer Frau einhandeln wollen? Denn in Rom ist Liebe, wenigstens unter den Patriziern, den Politikern, den Rittern, eigentlich allen, die etwas zu sagen haben, nichts, dem man einen Wert beimisst. Allianzen werden unter Familien geschmiedet, auch unter Verbündeten. In solchen Fällen steht die Liebe nur im Weg. Marcus und Arminius, die beiden unterschiedlichen Kerle, die sich bei ihrer ersten Begegnung nicht leiden konnten und später enge Freunde wurden, droht der Streit um eine Frau nun zu entzweien. Oder ist es vielleicht schon geschehen?

Großes Kino! Der Film Gladiator machte das alte Rom in der Unterhaltung wieder interessant. Die Fernsehserie Rom, aufwändig produziert, nutzte die neue Popularität des Themas. Zeitlich betrachtet ist Die Adler Roms nach der Fernsehserie einzuordnen, als Kaiser Augustus all seine Widersacher beseitigt und seine Macht in Rom seit Jahrzehnten gefestigt hat. Es ist keine friedliche, so doch für das römische Reich immerhin eine relativ stabile Zeitspanne.

Enrico Marini schickt seine beiden Helden, Marcus und Arminius, in eine Zeit, in der Augustus alle seine Feinde zwar mundtot gemacht hat, aber nicht alle haben seine Säuberungen vergessen. So brodelt es regelrecht hinter den Kulissen. Augustus persönlich zeigt auch, dass er nicht bereit ist, von alten Methoden zu lassen. Ein Umstand, der die beiden Freunde auch persönlich betrifft. Enrico Marini, der hier nicht nur erzählt und zeichnet, sondern auch noch koloriert, schafft ein aus heutiger Sicht modernes Rom-Bild.

Marini ist ein Perfektionist. Optisch zeichnet er mit höchstmöglichem Realismus. Es gibt zwar einige Stereotypen in seinen Bilder, das ist jedoch wegen der Fülle der Figuren, der reichen Detailfreude und der vielen liebevoll gezeichneten Handlungsorte absolut vernachlässigbar. In seinem Realismus spart Marini nichts aus. Sex und Gewalt gehören zu Rom. Brutalität auf dem Schlachtfeld, Orgien hinter den Kulissen der Macht. Manchmal genügt die Andeutung, zeitweilig muss die Phantasie nicht mehr herangezogen werden.

Feine Linien und plastische Kolorierung zeigen ein Rom bei Tag und Nacht, Paläste, innen wie außen, die verkommenen Gassen. Der Wechsel zwischen den Gärten am Tiber, den Wagenrennen im Zirkus, den Schlachtengemälden, den Anschlägen und vielen anderen dargebotenen Szenarien wird für historisch Interessierte oder auch für Fans von Historien-Comics packend präsentiert. Auch in der zweiten Ausgabe der Reihe nimmt Marini den Leser auf eine spannende Reise und erzählt derart geschickt, dass das Ende überaus gemein ist und die Frage, wie es letztlich für die Freunde weitergehen wird, einfach beantwortet werden muss.

Freunde, Römer, Landsleute: Ein tolles Drama um zwei Jugendfreunde im alten Rom zur Zeit von Kaiser Augustus. Ein Rom, von der Welt gefürchtet. Ein degeneriertes Rom, ein dekadentes Rom. Aber auch ein starkes Rom. Vor allem eines, das ein Enrico Marini wunderbar aus den Geschichtsbüchern in den Comic holt. Authentisch. Düster. Spektakulär. 🙂

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Freitag, 18. Juni 2010

Bravesland 1 – Constant

Filed under: Abenteuer — Michael um 16:28

Bravesland 1 - ConstantAls auf dem nordamerikanischen Kontinent noch die Konflikte zwischen Engländern und Franzosen ausgetragen wurden, stellten sich auch verschiedene Indianerstämme auf die Seiten der Weißen. Aber es gab auch Fremde in diesem Land, die sich keiner Seite zugehörig fühlten. Einer dieser Männer ist Constant, ein Akadier, Nachkomme französischer Siedler. Constant hat nicht allein durch seine Abstammung Schwierigkeiten. Als Schwerenöter, ein französisches Erbe, das er nicht leugnen kann, musste er ein Verhältnis mit der Tochter eines englischen Colonels beginnen. Der hochrangige Offizier ist alles andere als begeistert über diese Liaison und hetzt seine Soldaten auf Constant. Kurz darauf ist der junge Mann auf der Flucht und noch ein wenig später hat sich sein Leben vollkommen auf den Kopf gestellt.

Als Späher einer Armeeeinheit geht er zusammen mit einem Huronen der Truppe voraus. Die beiden ungleichen Männer freunden sich an. Gegenseitiges Vertrauen werden sie auch bald nötig haben, denn aus einer einfachen Reise zu einem neuen Truppenquartier wird eine Begegnung mit Wesen, die direkt aus der Hölle zu kommen scheinen.

Jene, die keine Weißen auf ihrem Land dulden, haben einen Weg gefunden, den Eindringlingen zu widerstehen. Mit purem Schrecken. Aus einer Situation, die Freunde der klassischen Erzählung aus dem amerikanischen Osten her kennen, siehe Der letzte Mohikaner, wird eine spannungsgeladene Handlung, die Einflüsse des 13. Kriegers nicht leugnen kann. Das Autorenduo Fabrice David und Gregory Lassabliere wechseln von der Abenteuerhandlung hin zu einem Szenario mit Horrorelementen. Infolge der überraschenden Wendungen auch im ersten Teil der Geschichte entsteht eine sehr ungewöhnliche Handlung aus den Anfangstagen der Besiedlung des nordamerikanischen Kontinents.

Constant ist eine klassische Abenteuerfigur. Sie hat alles verloren und kann eigentlich nur gewinnen: Falsch gedacht. Bevor es für Constant besser werden kann, muss es erst noch schlimmer werden. Viel schlimmer. In Boston, im Jahre 1756, versuchen diejenigen, die sich in Nordamerika eingerichtet haben, ein europäisches Leben auf dem neuen Kontinent zu führen. Das ist nicht einfach, denn hinter den zivilisierten Behausungen ist das Land wild. Außerdem haben auch Gauner ihren Weg in dieses Land gefunden, auch solche, die sich hinter ehrbaren Masken verstecken.

Durch die hervorragenden Bilder von Federico Carlo Ferniani erwacht diese vergangene Zeit zum Leben. Angesichts der Qualität der Bilder muss sich die Frage gestellt werden, warum man nicht schon eher von Ferniani gehört hat. Dies ist seine erste Serie. Ferniani arbeitet naturalistisch und verleiht der Zeit ein authentisches Abbild. Manche Szenen könnten als Illustrationen zu historischen Dokumentationen herhalten. Ferniani zeichnet mit sehr feinen schmalen Strichen und erschafft viele Figuren mit starkem äußerlichem Charakter.

Constants Wandel vom Tunichtgut zum verzweifelten Soldaten ist gut getroffen. Die Orte in den Wäldern, die Indianer, die alles andere als edle Wilde sind, wie auch die überfallene kleine Siedlung erhöhen die stimmige und zunehmend gruselige Atmosphäre der Geschichte.

Hat man die Lektüre beendet, empfiehlt es sich, noch einen Blick auf den Anfang zu werfen, denn einiges wird dann klarer, vielleicht sogar unheimlicher.

Ein starkes Debüt eines sehr talentierten und technisch versierten Zeichners. Der Auftakt baut eine sehr hohe Spannung auf und endet mit einem sehr gemeinen Cliffhanger. Die Autoren vermischen geschickt Abenteuer und Horrorgeschichte. 🙂

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Hellboy – Baba Jaga, Sarg in Ketten, Köpfe

Filed under: Comics im Hörspiel — Michael um 10:22

Hellboy - Baba Jaga, Sarg in Ketten, KöpfeHellboy mag es nicht, wenn Kindern ein Leid geschieht. Die Legende um die Baba Jaga, die Hexe, die nächtens über die Friedhöfe streift und die Ruhe verstorbener Kinder stört, passt nicht in sein Konzept eines friedlichen Miteinanders. Sein Eingreifen zieht aber nicht nur Gutes nach sich. Anders in Japan: Hellboy hörte von Dämonen, die in einem finsteren und einsam gelegenen Haus ihr Unwesen treiben. Als sich der Welt bester paranormaler Ermittler auf den Weg macht, um diesem Spuk eine Ende zu bereiten, findet er allerdings nur ein Gasthaus vor, dessen Wirt ihn mit der üblichen japanischen Höflichkeit empfängt. Auch die anderen Gäste freuen sich über seine Ankunft. Vielleicht sogar ein wenig zu sehr …

Auf den Hellboy-Fan warten gleich drei Kurzgeschichten, gewohnt gut umgesetzt. Hellboy, der weltbeste paranormale Ermittler hat wieder alle Hände, auch die steinerne, voll zu tun. Die Geschichten um Hellboy haben den Charme der Unterschiedlichkeit. Mike Mignola macht immer wieder Ausflüge in mystische Gefilde, die von anderen Gruselautoren vernachlässigt oder komplett übergangen wurden. Russland, Japan, England. Länder, deren Mystik verschiedener nicht sein könnte. Ein anderer Autor hätte von der Baba Jaga die Finger gelassen, jener Hexengestalt, die in einem überdimensionalen Mörser durch die Luft reitet und sich mit einem Stößel abstößt.

Dergleichen könnte sich nicht nur völlig verrückt lesen, sondern auch anhören. Das geschieht jedoch in beiden Fällen nicht, denn die Inszenierung um die Baba Jaga besitzt einerseits das wunderbar Skurrile, andererseits besitzt es auch genug Action und das besondere Unheimliche, das der Welt von Hellboy anhaftet. Tilo Schmitz, Sprecher des Hellboy, hat die nötige Tiefe in seiner Stimme, um einen 2,13 Meter großen paranormalen Ermittler zu sprechen. Er kann aber auch das ebenso große Herz, den Übermut, die ebenso große Klappe und den noch viel größeren Humor von Hellboy ausgezeichnet spielen.

Das beweist er mit der Folge um die japanischen Dämonen. Seltsamer könnte ein Fall kaum sein (und Hellboy hat viele seltsame Fälle erlebt): Köpfe. Das ist eigentlich unmissverständlich und trotzdem eine Überraschung. Da die einzelnen Episoden relativ kurz sind in diesem Hörspiel, eine Umsetzung eines Teils einer hierzulande erschienenen Comic-Ausgabe, soll hier nicht zu viel verraten werden. Wichtig allerdings zu erwähnen, ist die Spiellaune der japanischen Dämonen. John Ment, Bernd Hölscher, Philipp Otto und Uwe Hügle können hier so richtig über die Stränge schlagen. Es ist herrlich zu hören, wenn Schauspieler einmal abseits aller Realität in Figuren eintauchen dürfen.

Bernd Hölscher und Uwe Hügle dürften Fantasy-Fans als Wulfgar und Bruenor aus Drizzt bekannt sein, entsprechend dürfte der Unterschied in den Stimmen auffallen.

Abschließend heißt es: Sarg in Ketten. In England ist es eindeutig gruseliger als anderswo. Das liegt nicht nur am Land selbst, sondern auch an Hellboys Vergangenheit. Ganz in der Nähe kam er auf die Welt, aber die letzten Geheimnisse um seine Herkunft sind immer noch nicht geklärt. Diese Episode von der Gruselstimmung her die stärkste, für einen nichteingeweihten Neuhörer aber auch bestimmt die unverständlichste. Sarg in Ketten beweist, dass Hellboy eine Serie zum Dranbleiben ist, egal ob als Comic oder Hörspiel.

Ein schönes Zwischenspiel für Gruselfreunde, insbesondere aber für Fans von Hellboy, der es hier wieder einmal krachen lässt. Wie in den bisherigen Folgen auch stimmt wieder das Kino-im-Kopf-Gefühl, eine Vorkenntnis vorheriger Ereignisse und Charaktere ist jedoch wichtig, um das richtige Hellboy-Gefühl zu bekommen. 🙂

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Donnerstag, 17. Juni 2010

War And Dreams

Filed under: Abenteuer — Michael um 17:43

War And DreamsMit einem Friedensvertrag ist ein Krieg noch lange nicht vorbei. Viele Veteranen werden immer noch von ihren Erinnerungen verfolgt. Ehemalige Soldaten machten Fehler, töteten Menschen, verliebten sich sogar. Ihr Glück fanden sie dennoch nicht. Archie verlor ein Bein. Den Krieg wollte er trotzdem nicht aufgeben. So wurde er so etwas wie ein Geheimagent. Was sollte ein Einbeiniger in den Augen der Feinde schon noch ausrichten können? Doch auch im Geheimen fallen Entscheidungen, die das Leben von Menschen beeinflussen können. Die Menschen das Leben kosten können. Andere Soldaten wie Joe sehen den großen Spaß. Krauts töten. Das macht Spaß. Solange das Glück einem hold ist. Und Joe hat Glück für zehn.

Erwin verliebt sich an der Atlantikküste in die junge Opal. Es ist eine Liebe ohne Zukunft. Alsbald überschlagen sich die Ereignisse. Die Alliierten landen in der Normandie und beginnen ihren unaufhaltsamen Siegeszug bis nach Berlin. Julien, Franzose und ehemaliger Zwangsarbeiter, glaubte auch an die Liebe und musste auf seine Art die Erfahrung machen, dass der Krieg Liebe nicht nur zerstört, sondern auch auf Wege schickt, die einer in Friedenszeiten niemals beschreiten würde.

Maryse und J.F. Charles vereinen in ihrer Geschichte War And Dreams verschiedene Einzelschicksale unterschiedlicher Nationalitäten und Menschenschläge. Ein deutscher Romantiker, ein Maler, verliebt sich in eine junge Frau, wunderschön und mit dem Verstand eines kleinen Kindes behaftet. Der amerikanische Cowboy vertauscht im Krieg seinen bisherigen Job eines Motorradartisten mit dem eines MG-Schützen in einem Bomber. Der Engländer kämpft im nahen Osten gegen die Deutschen, die Wüste und später mit den Widrigkeiten der Liebe. Während der Franzose, aktiv im Widerstand tätig, an dem Verlust seiner Liebe zerbricht.

Sie werden zum Mörder und zum Verräter. Sie suchen nach Vergebung, fragen sich, was eigentlich passiert ist, erkennen auch ihre Schuld, vergraben sich in der Erinnerung. In verschachtelten Episoden, Leben, die getrennt voneinander verlaufen und doch durch bestimmte Ereignisse zusammenhängen, verfolgt der Leser die anfangs leisen Erlebnisse, deren Dramatik immer mehr zunimmt.

Maryse Charles hat einen Comic-Roman über vier Männer geschrieben, deren Lebensabschnitt in einen furchtbaren Krieg fiel. Sie weist keine Schuld aus Erzählersicht zu. Vielmehr leidet jeder einzelne unter seiner Schuld. Jeder für sich versucht die Vergangenheit abzuschütteln. Aber es gelingt keinem. Erst wenn die Vergangenheit als Teil des Lebens angenommen wird, indem auch akzeptiert wird, dass eine Flucht vor derselben nicht möglich ist, kehrt wieder etwas Ruhe ein. Maryse Charles arbeitet allerdings nicht derart theoretisch, sondern erzählt mit sanfter Stimme, zielbewusst, Sprosse für Sprosse.

Abschließend wechselt die Form vom Comic in die illustrierte Kurzgeschichte. Einige Lücken werden beseitigt. Man könnte es einen ausführlichen Epilog nennen, der auch den Leser milde stimmt, sollte er ein Urteil über die einzelnen Charaktere gefällt haben. J.F. Charles malt in feinen und sehr schönen Bildern, die den Effekt alter Postkarten haben und wie Fenster in die Vergangenheit wirken. Die Grafiken, aquarelliert, vielleicht mit Goache oder auch Mischtechniken ausgeführt, sehen allesamt liebevoll und zeitintensiv auf das Papier aufgebracht aus. Jede Seite ist für sich sehenswert durch vorbildliche Illustrationen.

Ein tolles Beiblatt im Stile alter Zeitungen wie LIVE oder Signal runden dieses faszinierende und auf seine Art außergewöhnliche Comic-Projekt ab.

Eine Entführung in die Vergangenheit des Zweiten Weltkriegs. Liebe in der Zeit des Schreckens. Die Unmöglichkeit der Liebe in diesen Zeiten, aber auch die Möglichkeit von Menschlichkeit. Eine ruhige Erzählung, zunehmend dramatischer von Episode zu Episode, ohne reißerisch zu sein. Optisch sehenswert. Insgesamt ein toller Comic-Roman. 🙂

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