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Comic Blog


Montag, 07. September 2009

Fables – 1001 schneeweiße Nächte

Filed under: Abenteuer — Michael um 18:48

Fables - 1001 schneeweiße NächteAlle haben sie sich in der Höhle versteckt: Mama Bär und Papa Bär. Die drei blinden Mäuse ebenso wie der gestiefelte Kater. Der Dachs, der Maulwurf und der Kröterich. Eines Tages gehen ihnen die Vorräte aus. Was sollen sie machen? Draußen mag es vielleicht noch Nahrung geben, aber dort treiben sich auch die Patrouillen des Feindes herum, Kobolde, die jeden Flüchtling töten. Die Tiere haben keine Wahl. Still und heimlich machen sie sich an ihre lebensgefährliche Aufgabe.

Der große böse Wolf soll ein Schwächling gewesen sein? Autor Bill Willingham macht sich so seine Gedanken darüber, was hinter den Kulissen der Fables-Welt vor sich gegangen sein könnte. Warum verhalten sich manche so und nicht anders? Warum ist zum Beispiel Bigby, der Wolf, tatsächlich (wirklich) groß und mehr als nur böse? Willingham lüftet viele Geheimnisse der Fables, eingebunden in eine Rahmenhandlung aus 1001 Nacht, die wir so noch nicht kannten.

Snow White, oder wie wir sagen würden: Schneewittchen, logiert als Gast eines Sultans, der allerdings keinerlei Wert auf seinen Gast zu legen scheint. Snow White wird nicht empfangen, auch nicht, nachdem sie sich sehr über dieses Verhalten beschwert hat. Selbst ihr Status als offizielle Abgesandte von Fabletown hilft ihr nicht weiter. Das Gegenteil ist der Fall: Frauen als Gesandte auszuwählen ist am Ort ihres Besuches nicht nur unschicklich, sondern wird vielmehr als Beleidigung aufgefasst.

Kann ein kopfloser Körper sprechen?

Snow White gerät in eine Geschichte hinein, die aus 1001 Nacht hinlänglich bekannt ist. Es geht fortan um Schneewittchens Kopf. Nach einer rundum bezaubernd illustrierten Einleitung geht es an die erste Kurzgeschichte mit dem Titel Fechtstunden. In einer von John Bolton ungewöhnlich schön und im wahrsten Sinne des Wortes märchenhaft gestalteten Episode, erhält eine junge Braut von ihrem Prinzgemahl Fechtstunden. Ausdrucksstark und kräftig koloriert haben die Bilder von Bolton auch etwas reliefartiges. Die Ausstattung der einzelnen Figuren, ihre Bekleidung und ihre jeweilige Haltung wirken wie alte Gemälde, die ein Stück natürlichen Lebens der damaligen Zeit zeigen. Aber sie bilden auch die Pracht jener Tage ab, die rein gar nichts mit dem Leben der gewöhnlichen Bürger zu tun hatte.

In weiteren Abenteuern und hintergründigen Episoden erfährt nicht nur der Sultan nach und nach mehr aus der Vergangenheit der Fables. Auch der Leser lernt mehr über die skurrilen Begebenheiten, die den Charme dieser Reihe ausmachen und einen schier unergründlichen Topf für Ideen bieten. Willingham weiß die Möglichkeiten nicht nur für lange heftübergreifende Spannungsbögen zu nutzen, er schafft auch den Trick, auf vier Seiten eine pointierte Handlung zu erzielen, die einerseits Fürchterliches beschreibt, andererseits mit einem Augenzwinkern endet.

Beispielhaft hierfür ist die Geschichte über den Kampf der Kaninchen gegen einen Kobold. Willingham überlässt hier vieles der Phantasie des Lesers, nur den Witz zum Schluss, den lässt er sich nicht nehmen. Einiges zündet erst auf den zweiten Blick so richtig (so wie dieser Witz). Manches wie die Geschichte um den bösen Wolf, der schließlich sogar seinen Vater verschlingen will, ist wie das Anrennen gegen Windmühlen. Willingham macht keinen Hehl aus dem kommenden Ende, nur der Weg hält Überraschungen bereit.

Die grafische Umsetzung, für die eine Vielzahl von Künstlern gewonnen werden konnte, schwankt zwischen fein und knuffig, ein wenig Jugendstil, Pastellmalerei, Kreidetechnik, Öl und Aquarell. Insgesamt findet sich hier eine Bandbreite von Techniken, die eher selten im herkömmlichen Comicgeschehen sind und daher schon einen Blick wert sind. Wer Märchen mag und einige besondere Maltechniken zu schätzen weiß, die der Fan eher im Albenformat vorzufinden wähnt, wird hier sehr positiv überrascht werden, zumal die Qualität der Bilder sehr gut ist.

Wunderbar kurzweilig, toll erzählt auch für jene, die mit den Fables bislang noch nichts anfangen konnten. Die Illustrationen sind über das Normalmaß hinaus gelungen und ein echter Blickfang. Klasse. 🙂

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Link: www.johnbolton.com

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