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Comic Blog


Freitag, 12. Juni 2009

Sonnenfinsternis

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:12

SonnenfinsternisFünf Freunde wollen das Ereignis einer Sonnenfinsterins für einen mehrtägigen Ausflug, etwas Ruhe und Frieden nutzen … Und sie bekommen alles andere als das. Jean-Pierre, meistens J.-P. genannt, möchte diese Tage dazu nutzen, ein sexuelles Verhältnis zu beginnen. Endlich lernt er seine Internetbekanntschaft Jan kennen. Zu Hause wartet seine Frau Claire mit zwei Kindern, aber J.-P. will nicht daran denken. Er will aus seinem bisherigen Leben ausbrechen. Dominique, kurz Dom genannt, ist mit seiner Frau Isabelle, für ihre Freunde Isa, vorausgefahren. Das Haus, das sie für diese Tage gemietet haben, ist ein Traum: Ländlich gelegen, wunderbar aufgeteilt und sogar mit einem Swimmingpool versehen.

Doch gleich zu Beginn der Fahrt kriselt es zwischen den beiden, so, wie es seit zwei Jahren kriselt, seit Isabelle ihren Mann mit Helena auf einer Sylvesterfeier erwischt hat. Und genau diese Helena befindet sich ebenfalls auf dem Weg in das Ferienhaus. Der einzige, der einigermaßen unbelastet in diese Urlaubstage fährt, ist Hubert. Er ist schwul, hat keine Affäre, findet auch keine, aber er ist wenigstens derjenige, der immer wieder versucht gute Stimmung zu machen. Das ist auch bitter nötig, denn von den Freunden haben, abgesehen von Jan mit ihren 19 Jahren, alle ein Alter erreicht, indem es nur noch einspurig weiter zu gehen scheint. Und jeder scheint das Ende der Straße für sich bereits zu sehen.

Menschen in der zweiten Hälfte der 30er haben es nicht leicht. Eigentlich haben sie es auch nicht schwer. Aber sie haben Gefühle. Deshalb haben sie es doch schwer. Es geht um das, was einer von sich preisgibt, was einer zurückhält, wie er Vertrauen gibt, wie er betrügt, was für den Einzelnen unter dem Strich der eigenen Abrechnung herauskommt. Keinem der Anwesenden gefällt das Ergebnis, nicht einmal Jan, dabei ist sie erst 19 Jahre alt.

Stephane Deteindre, kurz Fane, und Thierry Terrasson, kurz Jim (manchmal auch Tehy), haben sich zusammengetan, um eine auf den ersten Blick alltägliche Geschichte zu erzählen, die jedoch ein Generationenbild entwirft, ein kulturelles Bild, weit über den frankophonen geographischen Bereich Europas hinaus. Männer und Frauen sind ein altes Thema, das in verschiedenen Varianten immer wieder neu entsteht. In der Tradition von Filmen wie Der Eissturm oder auch dem Klassiker von 1983 Der große Frust versuchen die Freunde zu ergründen, wo sie eigentlich sind, als Mensch und in der Beziehung zu anderen.

J.-P. muss erkennen, dass Fremdgehen gar nicht so leicht ist, wenn man ein Gewissen hat. Dom muss erkennen, dass, selbst wenn einem verziehen wurde, die Rückkehr vom Fremdgehen alles andere als einfach ist, wenn man ein Gewissen hat. Keiner der Männer möchte den Frauen Schmerz zufügen, aber sie tun es. Keine der Frauen will sich das gefallen lassen, aber … Fane und Jim erzählen eine sehr menschliche Geschichte um menschliche Bedürfnisse, um Liebe und Sex, um Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit und über das Älterwerden. Alle, bis auf Jan natürlich, sind an einem Punkt angekommen, an dem es nicht mehr zurückgeht. Ein falscher Schritt kann jetzt alles kaputt machen. Fane und Jim zeigen Menschen, die, so oft es geht, um Vorsicht bemüht sind und dennoch wie Elefanten im Porzellanladen einen Scherbenhaufen produzieren.

Für den Leser lassen sich leicht Identifikationsfiguren finden. Selbst Dominique, das Raubein, die künstlerische Großschnauze, ist auf seine Art sympathisch. Ist er allein vergeht er vor Selbstzweifeln und Grüblereien. Er weiß um seine Fehler, er will … Ja, es wieder gut machen, das wollen alle. Es anders machen, bei nächsten Mal richtig machen … Es kommt zu vielen kleinen Ausbrüchen, aber der große Knall ist nicht dabei, bis die Gruppe der Heilerin begegnet. In einer Art Gruppensitzung geht sie den Problemen auf den Grund. Das ist, wie überhaupt ein Großteil der Geschichte komisch, zum Schmunzeln oder auch zum Kopfnicken (ja, klar, das ist genauso).

So ernsthaft die Handlung von den beiden erzählt wird, so abstrahieren sie doch ihre Figuren, vereinfachen dabei aber auch den Schaffensprozess, denn immerhin hat dieser Comic-Roman stolze 288 Seiten. Der Zeichenstil könnte von einem rebellischen Albert Udero stammen. Teilweise besitzt die Grafiken einen ähnlichen Charme, fühlen sich aber ein Stück mehr der Realität verpflichtet, rücken aber auch, so es die Situation erfordert, etwas mad davon ab. Die Zeichnungen sind schwarzweiß gehalten. Zu einem großen Teil sind sie sehr gut ausgearbeitet, aber immer mit etwas Freiraum für den Betrachter. Grautöne spielen mit Licht und Schatten. Hin und wieder wird in die grobe Skizze ausgebrochen, besonders dann, wenn die Phantasie des Betrachters gefragt ist, wenn eine Szene zwar wichtig ist, aber nicht der Vouyerismus des Betrachters befriedigt werden soll.

Da es um echte Menschen geht, braucht es auch echte Gesichter. Die Freunde haben allesamt Charakterköpfe. Nur Isabelle und Helena, die beiden Rivalinnen haben eine gewisse Ähnlichkeit, die aber durchaus auch Absicht sein kann. Wie gut die Bilder, der Aufbau, die Perspektiven und die dargestellten Emotionen funktionieren, zeigt sich spätestens dann, wenn Fane und Jim auf Text verzichten und nur die Bilder sprechen lassen.

Ein sehr feiner Comic-Roman über menschliche Gefühle, Wünsche und Träume, verpasste Gelegenheiten und Gewissensfragen, das eigene Selbstverständnis: Manchmal heiter, traurig, tragisch, dann wieder ein Brüller. Hier ist nichts geradlinig. Fane und Jim erzählen ausfallend, aber wohl durchdacht. Freunde des Comics mit realistischen Themen kommen hier sicherlich auf ihre Kosten. 🙂

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Donnerstag, 11. Juni 2009

World of Warcraft 6

Filed under: Abenteuer — Michael um 12:47

World of Warcraft 6Mit einer Rückkehr beginnt es: König Magni Bronzebart kehrt heim. Er ist nicht allein. An Bord des Luftschiffes reisen die Begleiter mit ihm, die so tapfer an seiner Seite gestritten haben und es nun verdienen, Freund genannt zu werden. Aber bei allem Erfolg ist eines der wichtigen Rätsel noch nicht gelöst worden: Das Schicksal von Lo’Gosh oder auch Varian, sein anderer Name, von dem nun bekannt ist, dass er einem König gehört. Die Lösung, soviel ist sicher, kann nur in Varians Königreich gefunden werden. Während die Gefährten noch darüber grübeln, wie sie Licht ins Dunkel bringen sollen, sieht Valeera, die Blutelfe in ihrer Gruppe, etwas Ungewöhnliches: Teufelsmagie.

Seit sie dieser arkanen Energie verfallen ist, ist sie süchtig danach. Gleichwohl erkennt sie diese auch als Bedrohung. Der Mensch, der hinter Lo’Gosh schreitet, verwandelt sich nach ihrem Angriff. Plötzlich stehen alle einem schwarzen Drachen gegenüber. Völlig unerwartet müssen die Freunde auf eigentlich sicherem Territorium um ihr Leben kämpfen.

Walter Simonson erzählt die Geschichte um den unschlagbaren Gladiator fort, der am Ufer eines Gewässers ohne Gedächtnis erwachte. Bevor Simonson für diese Welt schrieb, kannte er das Spiel, hatte sich aber nie näher damit beschäftigt. Davon ist zu keiner Zeit der Erzählung mehr etwas zu bemerken. Zu bemerken ist allerdings seine Begeisterung für das Genre als solches. Simonson ist mit Titeln der Großen der Fantasy aufgewachsen. Darüber hinaus kennt er die Comic-Szene. Zuvor arbeitete er an Titeln wie Alien, Superman, Batman, aber auch Thor oder Hawkgirl.

Nachdem er nun die erste Phase der Geschichte abgehandelt hat, Ruhe und Beständigkeit in die Charaktere (aber nicht in die Geschichte) eingekehrt sind und der Leser mit ihnen vertraut ist, nimmt die Handlung neue Fahrt auf. Valeera, bereits einmal von der Gruppe getrennt, muss nun zurückbleiben und entgiften. Während ihre Freunde einer echten Lebensgefahr gegenüberstehen, erliegt sie zeitweise ihre Wahnvorstellungen, die durch den Entzug der Teufelsmagie entstehen. Simonson erzählt einen Übergang, der geradewegs in eine Situation mündet, dessen Ursprung eher im Western zu suchen ist: Showdown.

Als Zeichner arbeitet hier Jon Buran. Sein Zeichenstil bleibt auf der gewohnt guten Linie. Er ist grafisch weiterhin innerhalb der Designvorgaben seines Vorgängers Ludo Lullabi unterwegs. Dabei ist er aber nicht ganz so expressiv, weniger zeichentrickartig. Ihn konventionell zu nennen, wäre aber auch falsch Seine Figuren entsprechen den gängigen und verlangten Fantasy-Richtlinien. Die Männer sind gigantisch trainierte Krieger, die auf wahnsinnig starken Schlachtrössern reiten. Die Frauen oder weiblichen Elfen sind ranke schlanke Geschöpfe, die bei WoW sucht den nächsten Topelf mitmachen könnten.

Die Tuschearbeit von Jerome K. Moore und Joe Weems wirkt manchmal unausgewogen. Zuweilen wird mit einer Vielzahl von kleinen Strichen gearbeitet, dann wieder werden Flächen, Innenstriche und Außenlinien auf das nötigste reduziert oder sind außerordentlich fett. Es lässt sich leider nicht sagen, wer den Stift auf einer jeweiligen Seite bewegt hat, da es auch innerhalb der Seiten zu stilistischen Unterschieden kommt.
Ohne Fehl und Tadel koloriert weiterhin Randy Mayor. Effektvoll und kraftvoll, knackig bunt, ballernd könnte man sagen.

Eine für die weitere Handlung wegweisende 6. Ausgabe. Endlich gibt es Drachen (für die Helden sogar mehr als ihnen lieb ist). WoW-Fans werden so manche Situation in dieser aktionsgeladenen Handlung wiedererkennen. 🙂

Dienstag, 09. Juni 2009

Hellboy – Fast ein Gigant

Filed under: Comics im Hörspiel — Michael um 20:02

Hellboy - Fast ein GigantLiz Sherman hat eine Kreatur gegen ihren Willen zum Leben erweckt. Nackt und nur mit einem seltsamen Schloss über den Lenden angetan, hat die Kreatur die Flucht ergriffen. Und er hat etwas mitgenommen. Die Lebenskraft von Liz scheint nicht mehr ausreichend zu sein. Für alle Beteiligten ist klar: Die Kreatur muss wieder her. Sie muss ihre Lebensenergie wieder hergeben, ansonsten muss Liz sterben. So finden sich Hellboy und Professor Corrigan bald in Rumänien auf einem Friedhof wieder, kein schönes, aber immerhin ein gewohntes Terrain. Gräber wurden geöffnet, Leichen gestohlen. Aber zu welchem Zweck? Und wohin wurden sie gebracht?

Auf der Spitze eines Berges hält sich das Ziel von Hellboys und Corrigans Bemühungen auf. Die Kreatur ist nicht allein. Ein Unbekannter hat keine Furcht sich ihr zu nähern. Eine tiefe Stimme dröhnt und erzählt eine unglaubliche Geschichte. Die Kreatur ist nicht allein: Sie hat einen Bruder.

Fast ein Gigant führt den Zuhörer in einen neuen Abschnitt im Hellboy-Universum. Das Intro mit der Stimme von Tilo Schmitz als Hellboy hat sich etabliert, aber Schmitz muss es sich diesmal gefallen lassen, dass ihm eine andere Reibeisenstimme den Rang abläuft.

Helmut Krauss dürfte so manchem aus dem Fernsehen bekannt. Der Nachbar von Peter Lustig in Löwenzahn wunderte sich nicht selten über den Mann mit der Latzhose aus dem Wohnwagen. Weitaus ernsthafter und gar nicht kindgerecht gerieten seine Synchronarbeiten für den Kinofilm. In Pulp Fiction lieh er Samuel L. Jackson seine Stimme und trug dazu bei, dass aus einem Gespräch über europäische und amerikanische Hamburger etwas besonderes wurde. Yaphett Koto wurde in seiner Rolle in Alien von Krauss gesprochen. John Goodman erwacht als Fred Feuerstein oder in The Big Lebowski als durchgeknallter Walter Sobchak durch Krauss’ Stimme erst so richtig zum Leben. Aber auch Krimi-Fans dürfte seine Stimme bekannt sein, sofern sie sich für Hörspiele begeistern. In der Serie Jerry Cotton begeisterte er durch verschiedene Charaktere. Es zeigt sich, dass er dort, wie auch im vorliegenden Hörspiel, als Bösewicht so richtig aufdrehen kann.

Allerdings gestaltet er seine Figuren nicht eindimensional. Umso mehr kommt es ihm entgegen, wenn der Böse ein echtes Motiv hat. Der von ihm gesprochene Bruder und später titelgebende Gigant ist eine gequälte Kreatur. Ähnlich wie das Monster von Frankenstein wurde sie nicht nur verstoßen, sondern wurde gleich von ihrem Schöpfer (beinahe) ermordet. Alleine der Lebensgeschichte, so wie Krauss sie beschreibt, könnte man stundenlang zuhören. Mit dieser Stimme ist er auch ein geborener Erzähler. Im weiteren Verlauf, wenn der Wahnsinn und die Rachsucht den Giganten übermannt, stören die Verzerrungen der Stimme, die eine Veränderung der Gestalt verdeutlichen sollen, keineswegs. Krauss dringt selbst hier noch mit aller Kraft durch, ein Umstand, der nicht jedem Sprecher immer gleichbleibend gelingt.

Weiterhin interessant sind die Stimmkonstellationen. Tilo Schmitz (Hellboy) hat neben Simone Ritscher (Professor Corrigan) einen sehr guten Klang. Es ist ein sehr schönes akustisches Nebeneinander, wenn sich dergleichen auf diese Art benennen lässt. Simone Ritscher ist eine erprobte Fernsehschauspielerin und kann hier auf eindrucksvolle Weise zeigen, wie allein durch die Stimme ein Gesicht, eine Mimik vor dem inneren Auge entstehen.

Die Geschichte selbst behandelt die Entstehung und das Schicksal eines Homunkulus. Hierzulande erschien die Episode, von Mike Mignola geschrieben und gezeichnet, in dem Band Sarg in Ketten. Der Einfallsreichtum von Mignola und auch die Anleihen, die er sich aus Mythen und Legenden holt, stellen die Macher eines Hörspiels vor schwierige Aufgaben. Wer sich in die Geschichte hineingehört hat und sich vor Augen führen muss, dass …
Nun, das soll nicht verraten werden. Soviel sei gesagt, so manche Szene wird wieder einmal zum Kino (oder besser: Comic) für die Ohren, da Effekte, Musik und Spielbuch perfekt Hand in Hand greifen.

Ein gruseliges Hörerlebnis mit dem rotesten paranormalen Ermittler der Welt: Der Aufbau des Teams der B.U.A.P. geht in eine neue Runde, mit wahnwitziger Phantasie erzählt, toll gesprochen und inszeniert. 🙂

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Sonntag, 07. Juni 2009

Kind des Blitzes 3 – Wohin die Ströme fließen

Filed under: Abenteuer — Michael um 17:13

Kind des Blitzes 3 - Wohin die Ströme fließenLaith hat Glück. Er kann seinen Freunden entkommen. Da er nicht die Absicht hat, sie weiterhin in Gefahr zu bringen, stiehlt er sich heimlich davon. Zwischenzeitlich gerät der Krieg um Medillum außer Kontrolle. Schwere Artillerie zertrümmert die stolzen Mauern der Stadt Schuss um Schuss. Der Feind hat die Lufthoheit errungen. Es scheint keinen Ausweg zu geben. Dennoch sind auch die Angreifer erschöpft. Der rasende Zorn ihres Präsidenten ist für sie nicht mehr nachvollziehbar. Doch hüte sich, wer auch nur ein Wort gegen den Staatsführer sagt, denn im Präsidenten schlummert nicht nur der Zorn, sondern auch Willkür und Wahnsinn. Ein Leutnant, der sich kritisch äußert, verliert ohne Vorwarnung durch einen Schwertstreich seinen Kopf.

Laith weiß zu diesem Zeitpunkt von all diesen Ereignissen nichts. Es wäre ihm auch gleichgültig, wenn er es wüsste, denn er steckt mittlerweile in großen Schwierigkeiten. Er wird versklavt und muss unter Wasser Zwangsarbeit leisten. Doch im Augenblick höchster Not ist ein Freund zur Stelle.

Der erste Zyklus um das Kind des Blitzes ist mit dem vorliegenden dritten Teil beendet. Der Erzähler, Manuel Bichebois, hat den Bogen seiner Geschichte sehr weit gefasst. Krieg und Leid, Freunde, die zu Feinden werden, lasten auf Laith, der Hauptfigur. Deshalb spricht das Gesicht auf dem Titelbild Bände und stellt eine weitere Überschrift dar, die wahrhaft ohne Worte auskommt. An der Seite des Heranwachsenden lernt der Leser eine versinkende Kultur kennen. Neben Krieg wächst der Wahnsinn, gibt es Korruption, eine altbekannte Willkür, regiert das Unverständnis und die Unfähigkeit, einem Freund auch in den schlimmsten Stunden beizustehen. Laith will nicht, doch er zwingt sich wegen seiner unkontrollierbaren Fähigkeiten dazu, zum Einzelgänger zu werden. Seine Suche, die Licht in das Dunkel seiner Herkunft bringen soll, fördert ein Ergebnis zutage, dass zwar die Vergangenheit erhellt, aber keineswegs zur Heilung seiner Seele führt.

Man kann nicht behaupten, dass Manuel Bichebois Mitleid mit seiner Figur hätte. Mit Fug und recht lässt sich aber behaupten, dass er eine Figur geschaffen hat, der man als Leser jedes kleine Bisschen Glück gönnt, das ihr beschieden ist. Und viel ist das nicht.

Die Welt, in der sich Laith bewegt, spiegelt eine Epoche wider, wie sie die wirkliche Welt im 17. Jahrhundert gekannt hat. Modisch gibt es auch Anspielungen bis hinein in das 19. Jahrhundert. Die Kriegsmaschinerie setzt moderne Gerätschaften ein, das Schwert weicht dem Säbel. Es ist eine Mixtur, wie sie nicht einmal ungewöhnlich ist. Kulturell gibt es eine große Vielfalt, auch ein technologisches Gefälle. Dadurch wirkt diese von Bichebois entworfene Welt lebendig, immer in Bewegung, durchdrungen von Überraschungen (für Laith).

Didier Poli obliegt die Gestaltung der Welt und seiner Charaktere. Seine Bilder, ganz gleich welchen Bereich er gerade abdeckt, sind immer technisch einwandfrei. Sie hinterlassen (mehrfach als Vergleich angeführt) ein leichtes Disney-Gefühl, im besten Sinne. Eigentlich zeichnet Poli hier einen mehr als abendfüllenden Zeichentrickfilm, von dem es in dieser Form wahrscheinlich nie wieder welche geben wird. So schwingt bei der Ansicht der tollen Grafiken auch ein wenig Wehmut mit.

Die Figuren sind humanoid angelegt. Ihre Gesichter haben elfische Grundzüge, Katzennasen und spitze Ohren. Ihre Gesichter sind schmal, das Kinn ist meistens sehr ausgeprägt. Das Erscheinungsbild fällt so für Fantasy-Leser sehr gefällig aus, aber auch weniger im Genre bewanderte Leser finden sich sehr schnell ein. (Aber angesichts der Informationsfülle ist es angeraten bei Band 1 einzusteigen, ansonsten bleiben bei einem Einstieg in Band 3 zu viele Fragen offen.) Poli begnügt sich bei der Gestaltung hauptsächlich mit getuschten Außenlinien, Schattierungen werden nur über die Kolorierung angelegt. Hier wird auf Verläufe weitestgehend verzichtet. Lieber werden plane Flächen nachgedunkelt, wird mit unterschiedlich hellen gemusterten Flächen gearbeitet und natürlich wird der Farbauftrag eines Pinsels, Markers oder Buntstifts simuliert. So entsteht ein sehr organisches, natürliches Gesamtergebnis, in dem die Farbe immer etwas wolkig aufgetragen wirkt. Mit einem Wort: Schön.

Eine leichtfüßige Fantasy, liebevoll und detailreich erzählt. Die Optik der Geschichte macht aus dieser Erzählung, die sicherlich Jugendromancharakter hat, einen kleinen Höhepunkt des Genres, eben weil sie nicht opulent daher kommen will und sie sich mehr mit Geschehnissen abseits der großen Auseinandersetzungen dieser Fantasy-Welt beschäftigt. Es ist die erste Serie der beiden Macher. Dieser Auftakt lässt für die Zukunft noch viel erwarten. 🙂

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Samstag, 06. Juni 2009

The Lone Ranger 1 – Für immer und ewig

Filed under: Abenteuer — Michael um 11:59

The Lone Ranger 1 - Für immer und ewigDie Männer sind die Mühen ihres Jobs gewöhnt. Ein langer Ritt, staubige Kehlen, brennende Sonne, aber irgendwann braucht auch ein Texas Ranger einmal eine Pause. Die Felsenformation inmitten der Einöde scheint die willkommene Gelegenheit für etwas Schatten zu sein. Doch sie ist noch mehr: Ein Hinterhalt! Seit 1835 sind die Texas Ranger bereits eine reguläre Organisation mit einer gefahrvollen Aufgabe. Zu ihrer Zeit ist der Westen noch wild und nahe der mexikanischen Grenze besonders gefahrvoll. Waren sie zu Beginn eher eine militärische Einheit für Kampf und bewaffnete Patrouillen, änderte sich ihr Auftrag mehr und mehr hin zu einer Zusatzpolizei.

Wir schreiben das Jahr 1869. Der Sezessionskrieg innerhalb der Vereinigten Staaten liegt erst vier Jahre zurück. Den Neuaufbau machen sich viele Ganoven zunutze, um ihre Pfründe zu sichern. John Reid reitet mit seinem Vater und seinem Bruder auf Patrouille, als es zu einem unerwarteten Schusswechsel kommt. Alle Gesetzeshüter sterben im Kugelhagel der Verbrecher. Alle? Nein, nicht alle. Der Jüngste, John, klammert sich mit aller Kraft ans Leben und will nicht sterben. Durchsiebt von Kugeln liegt er nun wehrlos auf dem Boden und erwartet den finalen Schuss durch einen der vermummten Gangster. Da fliegt von irgendwoher ein Pfeil heran und tötet den Pistolero im letzten Augenblick.

Das ist der Anfang. Der Anfang einer Männerfreundschaft und eines Rachefeldzuges, aber auch eines Mythos, wie er in der Vergangenheit häufiger entstand als heute, als die Auswahl an Unterhaltung noch geringer war und die Erfahrung der Unterhaltung noch viel intensiver war als heute. Am Anfang war das Radio. Der Lone Ranger hatte hier in einem Radiospiel sein Debüt. Von 1933 bis 1954 wurden beinahe 3.000 Episoden gesendet. Der einsame Rächer wechselte die Medien, trat im Fernsehen mit einer eigenen Serie auf, erschien in Comicstrips und seine Geschichte wurde in Romanen forterzählt. Mit Fug und Recht reiht er sich in die Schlange anderer Unterhaltungsmythen wie Zorro, Robin Hood oder auch Tarzan ein.

Hi-Yo, Silver! Der Ruf, mit dem der Ranger sein treues Pferd anspornt, ist beinahe so legendär wie Yihaa! Manchmal ruhen Legenden, manchmal werden sie aber auch aus ihrer Nostalgiepension erweckt und neu belebt. Brett Matthews war Assistant von Joss Whedon (Buffy, Angel, Firefly), schrieb mit an der Comic-Umsetzung von Serenity und bleibt als Autor der Verbindungslinie zwischen Film/Fernsehen und Comic treu. Matthews transportiert die Legende vor die Augen von Lesern mit anderen Leseeigenschaften, reduziert den Ranger auf seinen Kern und erfindet ihn neu, ohne den Rahmen zu vergessen.

Der Ranger, John Reid, ist noch ein junger Mann, der das Leben da draußen zwar von Anfang an kennen gelernt hat, aber urplötzlich und unerwartet mit dessen grausamster Härte konfrontiert wird. Alle, die er liebt, sind auf tot. Es bleibt nur noch die Rache, dabei kennt er den Feind nicht einmal. Matthews lässt die Figur erst vollkommen zu Boden gehen und durch einen merkwürdigen Fremden indianischer Abstammung, Tonto, wieder aufpäppeln. Für alles wird gesorgt: Das Auskommen des maskierten Helden wird geregelt, sein Training, sein Transportmittel und natürlich seine Feinde. Hier gibt es gleich zwei. Der erste ist der unaufhaltbare und gefühllose Handlanger, der zweite ist der geheimnisvolle Fremde im Hintergrund (den der Leser allerdings kennt).

Warum funktioniert es trotzdem? Schließlich kennt man derlei Konstellationen als Leser, Zuschauer oder Zuhörer doch? Weil es immer funktioniert! Außerdem funktioniert es durch einen Zeitenwechsel umso besser. Anders als bei anderen Vigilanten der Neuzeit wie Batman, Nemesis oder Quest, ist das Beiwerk im Wilden Westen begrenzt. Es gibt keine Ablenkung. Der Westen ist karg, das Überleben steht hier viel mehr an erster Stelle als sonst wo. Hier wird einer, der für Gerechtigkeit sorgt, herbeigesehnt. In einer Welt, in der Auftragsmörder kleine Kinder umbringen, braucht es einen aufrechten Kerl mit einer grundsoliden Verzweiflung im Herzen, der alles wieder ins Lot rückt. Das reißt mit, erzeugt Spannung und so soll eine Rächergeschichte auch sein. Brett Matthews hat sein Handwerk gelernt. Er kennt die Momente, wann die Wende, die Überraschung oder der Höhepunkt eingesetzt wird. Auch deshalb funktioniert es.

Aber es funktioniert auch durch die Arbeiten des grafischen Teams. Titelbild-Illustrator John Cassaday arbeitete mit Brauvor an den X-Men, zeichnete den Horror-Thriller Ich bin Legion und entwirft nun hier einen ungewohnt düsteren Rächer. Sergio Cariello: Wenn es um Western geht, wende dich an einen Italiener. Wer sich die alten Filme von Leone und Co anschaut, kann (muss nicht) eine optische Verwandtschaft zu jenen Leinwandepen feststellen. Großaufnahmen, ungewöhnliche Perspektiven, ruhige Momente und schnelle Schnitte lassen hier ebenfalls das Kino auf Papier entstehen. Cariello zeichnet beinahe so realistisch wie Cassaday, nur etwas skizzenhafter.

Für das rechte Licht (bzw. die Farben) sorgt Dean White und diese Farbgebung ist es, die den Spaghettiwesterneffekt ungeheuer stützt. Hier spielt die Natur mit. Feurige und düstere Himmel, brennend oder aufgerissen wie ein hungriges Maul. Stets wird etwas verwaschen koloriert, mit elektronischem Buntstift oder Pinsel, mit Airbrush, mal deckend, mal lasierend. Die typischen Computerkolorierungen mit ihren Glanzeffekten sucht man hier zumeist vergebens. White könnte aus der gleichen Schule wie Dave Stewart stammen, der ähnliche Ergebnisse zu Papier bringt.

Ein feiner Western: Der einsame Rächer, der Cowboy, ins Mark getroffen, wie er von unzähligen Schauspielern auf die Leinwand gebracht worden ist. Brett Matthews setzt auf Mitgefühl und Mitleid, um Sympathie für den jungen Mann zu wecken. Zeichner Sergio Cariello setzt auf bestens gelerntes Handwerk, um die Heldengeschichte zu illustrieren. Alles in allem optimal: Beste Westernunterhaltung. 🙂

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Donnerstag, 04. Juni 2009

Auf der Suche nach Peter Pan

Filed under: Klassiker — Michael um 19:44

Auf der Suche nach Peter PanMelvin Woodsworth, ein britischer Schriftsteller mit serbischen Wurzeln, keineswegs erfolglos, aber irgendwie von einer Art Schreibblockade und einer stillen Rebellion gegen seinen Verleger beherrscht, zieht sich auf der Suche nach Inspiration in die Schweizer Berge zurück. Die Welt hier, kurz vor dem zweiten Weltkrieg, hält den Atem an, verharrt in einer meditativen Ruhe, in ihrer Einsamkeit, aber auch in ihrer einzigartigen Menschlichkeit. Melvin muss aber auch feststellen, dass diese Welt nicht unschuldig ist. Gleich auf einer seiner Wanderungen wird er von zwei Gendarmen angehalten, die auf der Suche nach einem gewissen Baptistin sind. Melvin hat den Gesuchten bis dahin nie gesehen, was sich aber im nächsten Augenblick ändert. Er könnte Baptistin an die Polizisten verraten, aber er schweigt.

Ein altes Hotel hat es Melvin in dieser verschneiten Gegend besonders angetan. Und nicht nur ihm: Sobald er sich dort in der Nähe bewegt, fühlt er sich beobachtet. Melvin hat nicht nur einfach so hier gefunden. Sein Bruder, Dragan, gastierte vor Jahren in diesem Hotel und schrieb an seiner Musik. Doch nun scheint es, als habe sich ein Geist des alten Hotels bemächtigt. Eines Nachts, Melvin macht einen kleinen Spaziergang, da er nicht schlafen kann und seine Gedanken fortwährend um einen neuen Roman kreisen, hört er Klaviermusik aus dem Hotel. Als er nachschaut, ist niemand zu finden.

Auf der Suche nach Peter Pan ist keine neue Geschichte, gleichwohl kann sie bereits auf Jahrzehnte zurückblicken. Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts entstand eine Handlung, sehr erwachsen, die sich im wahrsten Sinne des Wortes als Grafische Novelle bezeichnen lässt. Der Begriff Comic Roman würde mir hier nicht gefallen, er wäre zu platt gewählt.

Cosey (Bernard Cosandey), Autor und Zeichner, ist Schweizer und bewegt sich hier optisch in seiner Heimat. Er macht aus dieser verschneiten Landschaft in den Bergen mit seinen leicht verschrobenen Menschen ein verwunschenes Schloss. Es ist eine Traumwelt, in der sich die Hauptfigur Melvin Woodsworth wiederfindet, ganz besonders dann, als die Warnung vor einer Lawine zur Evakuierung des Dorfes führt und Melvin beschließt, alleine zurückzubleiben. An diesem Punkt bewegt sich die Geschichte nur noch um sehr begrenzte Zentren, genauer um drei Figuren: Melvin, Baptistin und eine junge Frau.

Baptisitin wird zu einer Art Schlüssel für Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Wer in ihm allerdings einen besonders weisen Mann vermutet, bloß weil er alt ist und in den Bergen lebt (er ist kein Alm-Öhi), sieht sich getäuscht. Baptistin entpuppt sich als bodenständig und mit ausreichenden Schwächen behaftet, jedenfalls auch mit solchen, die ein Mensch haben kann, der immer am Rande des Existenzminimums und der Legalität lebt. Durch diese Figur lernt Melvin etwas über sich, seine Vergangenheit, sein Leben, seine Ziele. Sein Leben, das eines Autors, eines Schreibtischtäters, wird lebendiger, auch angesichts der Gefahr, die von oben, vom Gletscher her droht. Melvin hat diese Gefahr vorher schon gesucht, indem er die Mahnungen seines Verlegers stoisch in den Wind geblasen hat. Durch den Gletscher und das Abenteuer, in dem er sich plötzlich wiederfindet, wird er noch viel mehr gefordert.

Cosey zeichnet diese Bergwelt in einfachen Strichen. Er skizziert wie ein Reisereporter, der ohne Kamera arbeiten muss. Cosey bildet diese Nische, die auch eine Grenzwelt ist, auch mit Liebe zu seiner Geschichte ab. Anders lässt sich die leichte Hand, die in seinen Grafiken (wie auch in den Skizzen im Begleitmaterial) erkennbar ist, nicht erklären. Die Suche nach Peter Pan ist wie ein Märchen entworfen, einem Märchen, mit sich Erwachsene ein Stück ihrer Kindheit zurückholen, mit einer Geschichte, die ein sicheres Fundament bietet, eine Rückzugsmöglichkeit, aber auch die Aussicht auf ein gepflegtes Abenteuer mit sehr viel Ungewissheit. Die Bilder strahlen eine beondere Ruhe aus. Strahlen ist darüber hinaus der richtige Begriff, da die Farben regelrecht leuchten. Nur sparsam angelegt, nie sind vielfache Farbtöne beieinander versammelt, setzen sie Schwerpunkte in kühlem Blau, warmem gelb oder heimeligem dunklen Rot und Braun.

Eine leise, aber auch sehr intensive Geschichte, mit viel Gefühl erzählt und gezeichnet, märchenhaft, abenteuerlich, schön. Beste Unterhaltung. Jene, die bisher nichts mit Comics anzufangen wussten, sollten einen Blick in dieses neu aufgelegte Kleinod werfen. Vielleicht können sie eines Besseren belehrt werden. 🙂

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Yiu – Die Apokalypse 1: In der Hölle

Filed under: SciFi — Michael um 17:40

Yiu - Die Apokalypse 1: In der HölleEine Kirche. Ihr Turm ragt in den rotschwarzen Himmel hinein. Die Buntglasfenster spenden der Nacht die einzigen Farbtupfer. Plötzlich rasen Geschosse mit rotglühenden Schweifen über den Himmel. Zahlreich sind sie und sie verschonen auch die Kirche nicht. Der Turm sprengt getroffen in abertausende Splitter auseinander. Es ist Krieg, der Beginn der großen Rezession. Und es ist der Beginn eines gesellschaftlichen Niedergangs, eines Niedergangs, der ganze Kontinente mit sich reißt. Am Ende steht eine Wiedergeburt des Glaubens auf den Ruinen einer untergegangenen Welt. Dieser Glaube ist allerdings pervertiert und bringt nur neues Unheil.

Yiu ist zurück. Im heutzutage so genannten Prequel reisen die Macher der Ursprungssaga von Yiu zurück in der Zeit, dorthin, wo die unglaubliche und furchtbare Zukunft begann und Yiu ihre Bestimmung als Auftragskillerin fand. Mit Nicolas Guenet findet sich für Yiu ein neuer Zeichner. Hierzulande kennen Comic-Fans vielleicht schon seine Arbeiten zu Magika. Seinen Bildern liegt stets eine Stimmung zugrunde: Heavy Metal.

Guenet arbeitet mit einer milchigen, gemäldeartigen Technik. Darüber wirkt es, als habe er Flächen mit gröberen Kreidestrichen kontrastierend bearbeitet, um den organischen Effekt der Bilder zu verstärken. So stellt sich der Gesamteindruck der Bilder mit seinen Unschärfen, seiner grobheit, auch seinen gewollten Unreinheiten den allzu glatten Computerkolorierungen entgegen. Das wirkt kraftvoller, künstlerischer und auch näher am Betrachter. Denn durch sehr glatte Bilder gelingt auch ein größerer Abstand. Die vorliegende Technik zieht an, vereinnahmt den Leser sehr wirkungsvoll. Fast widerwillig wird man an das Geschehen herangebracht, den man angesichts seiner Gewalt eher fern bleiben möchte.

Neben einer handlungsgeladenen Bildfolge erhält Guenet außerordentlich oft die Gelegenheit auf ganzen Seiten zu gestalten oder sogar doppelseitige Grafiken zu schaffen. Das ist im übertragenen Sinne das Cinemanscope des Comics und erzeugt jedes Mal den gewünschten Effekt: Es ist bombastisch. (Manchmal sogar im wörtlichen Sinne.) Guenet unterscheidet nicht zwischen Titelbild- und Normalseitenqualität. Bei ihm wird jedes Bild mit dem gleichen Aufwand gestaltet.

Die Welt von Yiu ist komplex, ungewöhnlich, unglaublich, furchtbar und auch hier im besten Sinne: Heavy Metal. Wer allein zu dem Auftakt sich ziemlich harte Musik anhört (irgendwas in Richtung Industrialpunkgothicmonstershockrock) liegt goldrichtig. Untermalt von doppelseitigen Bildern beschreiben Tehy und Vee mit einem ziemlichen Spaß am Chaos den Niedergang der uns bekannten Welt. Immer mehr gleitet alles in den totalen Wahn, in den Fanatismus und die Perversion. Es gibt nichts lebenswertes mehr … Halt. Genau hier haken die Autoren nämlich ein. Es gibt einen letzten Funken wirklicher Liebe, der ausgerechnet von der brutal mordenden Hauptfigur, Yiu, transportiert wird.

Für ihren kleinen Bruder vollbringt Yiu ihre tödlichen Wunder und dringt in jene gesicherten Bereiche vor, die ansonsten kein Auftragskiller erreichen würde. Ihr Überleben ist nur wichtig, um das Überleben ihres Bruders zu gewährleisten. Dafür tötet sie jene, die der Meinung ihrer Auftraggeber nach auf irgendeine Weise den Tod verdient haben. (Nicht, dass sich Auftraggeber und Opfer irgendwie in irgendetwas nachstünden. Letztlich zählt, wer den besseren Killer hat.) Der Kick, auch für den Leser, liegt in der scheinbaren Unerfüllbarkeit des Auftrags. Yiu ist eine Einfrau-Mission Impossible-Einheit.

Der Leser, der bisher nichts über Yiu wusste, erfährt auch weiterhin durch diese Geschichte nicht viel über sie. Eines ist gewiss: Ihre Professionalität auf ihrem Arbeitsgebiet geht mit enormem Wagemut, einer hohen Risikobereitschaft und Selbstaufgabe einher. Für sie ist es keinesfalls sicher, ob sie einen Auftrag überlebt. Das steht im Gegensatz zu ihrer größten Sorge, für die ein Überleben unabdingbar ist. Yiu bleibt unnahbar. Sympathie ist für sie nur schwer aufzubringen, sie kann einzig die Faszination für sich verbuchen, die jeder Aktionsheld erhält, der gegen jede Chance agiert.

Grafisch absolut beeindruckend von Nicolas Guenet gestaltet, breitet sich die Vergangenheit Yius vor dem Leser aus. Vorwissen ist für dieses Prequel nicht nötig. Neueinsteiger in diese Welt können sich ebenso von der Atmosphäre gefangen nehmen lassen wie jene, die schon den ersten Fünfteiler gelesen haben. Knallharte Science Fiction, rasant wie ein Film mit Topstars oder ein Egoshooter. Nichts für schwache Nerven. 🙂

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Dienstag, 02. Juni 2009

Die Legende vom Changeling 1 – Die Missgeburt

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:00

Die Legende vom Changeling 1 - Die MissgeburtEs ist eine heitere Zeit, als der kleine Peter zur Welt kommt. Alles ist grün, die Natur ist milde zu den Menschen. Sheila freut sich über den kleinen Bruder, doch sie hätte nicht dazu ausgewählt werden dürfen, ihn zu betreuen. Sie ist selbst noch ein kleines Kind und so legt sie ihren Bruder mit seinem Körbchen ahnungslos unter einem Feenbaum ab. Kurz darauf ist der kleine Junge verschwunden. Seine Mutter ist verzweifelt. Sie bittet in alter Tradition um die Rückgabe des Jungen. Schließlich wird sie erhört. Der Junge jedoch ist anders als in der Erinnerung, seine Augen leuchten nun grün.

Der Junge ist tatsächlich anders. Er hat eine besondere Beziehung zu diesem Land. Ersieht und hört mehr als andere. Und er hat andere Freunde, seltsame Freunde, wie sie sich nur in Wistman’s Wood finden lassen. Inmitten uralter Bäume stößt er auf einem scheinbar noch älteren Mann, der ihm viel von den alten Mythologien und Weisheiten erzählt. Aber Scrubby, wie Peter seit seiner Rückkehr genannt wird, kann nicht bleiben, denn seine Familie muss in der Stadt Arbeit suchen.

Es gibt eine Welt neben der Welt, doch die wenigsten Menschen gewinnen einen Einblick in beide Wirklichkeiten. Es ist eine ganz normale Familie in einer Zeit des Wandels, wie sie Pierre Dubois hier beschreibt. Das Land hat die Bevölkerung lange ernährt, sie haben sich mit ihm verbunden gefühlt, doch nun ändert sich alles. Wo vorher eine Idylle herrschte, ernährt das Land die Menschen nicht mehr und sie ziehen in die Stadt, wo es Arbeit geben soll. Viele denken so. Dubois führt den Leser auf eine gemächliche Reise in diese vergangene Zeit, zeigt wie schön das Leben auf dem Land war, auch wie geheimnisvoll, nur um die Grausamkeit und die Willkür des städtischen Lebens umso schärfer abheben zu können.

Am Beispiel des kleinen Scrubby (der durchaus auch ein ganz normaler Junge in diesen Zeiten hätte sein können, um den Leser mitzureißen) taucht der Leser (in diesem Falle ich) tief in diese Welt ein, unbewusst und an leichter Hand geführt. Der Beginn ist unheimlich, auch phantastisch, erinnert an alte Verse, in denen sich drei Hexen treffen, nur dass es hier ein Druide, ein Zwerg, ein Krieger und eine Fee sind. Und bezaubernd ist auch der Fortgang der Geschichte. Sheila, die Schwester von Scrubby, sitzt eines Abends auf der Stufe des Hauses, schaut und horcht in die Dunkelheit und ein Lächeln strahlt über ihr Gesicht. Xavier Dubois gelingt es, genau diese Atmosphäre über die gesamte Strecke der Handlung einzufangen, selbst dann, als sich die Geschichte in die Stadt hineinverlagert und das Grün der Natur dem Grau der Stadt weichen muss.

Hier liegt das Zauberhafte in Gesten verborgen, in Begegnungen. Allerdings, auch das muss festgehalten werden, sind ehrliche und uneigennützige Begegnungen in der Stadt für Scrubby weitaus seltener als auf dem Land. Dachte man als Leser zuvor, der Verzweiflung von Scrubbys Mutter wäre das Schlimmste, was dem Jungen passieren kann, sieht man sich schnell getäuscht. Der verzweifelten Person wir Platz gemacht für eine verzweifelte Stadt, die ihre Menschen quält. Und auch diese Qual, am weiteren Beispiel von Scrubby, überträgt sich auf den Leser.

Der Transport dieser Gefühle funktioniert natürlich auch dank der tollen Leistungen des illustrierenden Xavier Fourquemin. Fourquemin bildet die Realität ab, aber er zeichnet sie nicht bis ins kleinste Detail. Er gibt seinen Menschen ein eigenes Gesicht, verformt, legt Schwerpunkte und arbeitet sehr gerne mit den Ausdrücken von Augen. Zentral sind die Augen von Scrubby, der sehr groß in die Welt blickt, der immer etwas Neues entdeckt und für den alles ein Wunder zu sein scheint, ganz besonders dann, wenn er tatsächlich so etwas wie ein Wunder sieht. Dies wird deutlich, wenn Scrubby einen Blick in die andere Welt wirft. Eine sehr schöne Szene, von Fourquemin sehr liebevoll gestaltet, findet sich mit dem Tanz von Scrubbys Schwester Sheila.

In ihrer natürlichen Heiterkeit tanzt sie im Wald, ohne zu bemerken, dass sie sehr viel Gesellschaft in Form von mythischen Wesen, hat, die allesamt mit ihr feiern. Scrubby kann diese Wesen sehen, sie hingegen nicht. Fourquemin gestaltet seine Dryaden, die Nixen, die Feen, Kobolde, Leprechauns, Knockers und viele andere mit Hingabe. Ebenso verfährt er mit der realen Welt, der Stadt, ihrem Dreck, ihren Aufstanden und ihrer Gewalt. Und mit dem schwarzen Mann mit den roten Augen. Wo das Wunderbare aufhört, beginnt der Grusel, der immer stärker wird, je mehr sich Scrubby in die Kälte dieser Welt verirrt.

Auch das Farbenspiel von Scarlett Smulkowski passt sich dieser Veränderung an. Aus warmen Grün und Braun wird kaltes Grau und Blau, durchbrochen von dem Rot der Uniformen der Soldaten, einem Farbton, der wahrhaftig zu einer Warnfarbe wird.

Eine schöne und beeindruckende Geschichte, mit einem Wort: Zauberhaft. Sanft und spannend erzählt von Pierre Dubois, mit dem nötigen Feingefühl illustriert von Xavier Fourquemin. 🙂

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