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Comic Blog


Donnerstag, 04. Juni 2009

Yiu – Die Apokalypse 1: In der Hölle

Filed under: SciFi — Michael um 17:40

Yiu - Die Apokalypse 1: In der HölleEine Kirche. Ihr Turm ragt in den rotschwarzen Himmel hinein. Die Buntglasfenster spenden der Nacht die einzigen Farbtupfer. Plötzlich rasen Geschosse mit rotglühenden Schweifen über den Himmel. Zahlreich sind sie und sie verschonen auch die Kirche nicht. Der Turm sprengt getroffen in abertausende Splitter auseinander. Es ist Krieg, der Beginn der großen Rezession. Und es ist der Beginn eines gesellschaftlichen Niedergangs, eines Niedergangs, der ganze Kontinente mit sich reißt. Am Ende steht eine Wiedergeburt des Glaubens auf den Ruinen einer untergegangenen Welt. Dieser Glaube ist allerdings pervertiert und bringt nur neues Unheil.

Yiu ist zurück. Im heutzutage so genannten Prequel reisen die Macher der Ursprungssaga von Yiu zurück in der Zeit, dorthin, wo die unglaubliche und furchtbare Zukunft begann und Yiu ihre Bestimmung als Auftragskillerin fand. Mit Nicolas Guenet findet sich für Yiu ein neuer Zeichner. Hierzulande kennen Comic-Fans vielleicht schon seine Arbeiten zu Magika. Seinen Bildern liegt stets eine Stimmung zugrunde: Heavy Metal.

Guenet arbeitet mit einer milchigen, gemäldeartigen Technik. Darüber wirkt es, als habe er Flächen mit gröberen Kreidestrichen kontrastierend bearbeitet, um den organischen Effekt der Bilder zu verstärken. So stellt sich der Gesamteindruck der Bilder mit seinen Unschärfen, seiner grobheit, auch seinen gewollten Unreinheiten den allzu glatten Computerkolorierungen entgegen. Das wirkt kraftvoller, künstlerischer und auch näher am Betrachter. Denn durch sehr glatte Bilder gelingt auch ein größerer Abstand. Die vorliegende Technik zieht an, vereinnahmt den Leser sehr wirkungsvoll. Fast widerwillig wird man an das Geschehen herangebracht, den man angesichts seiner Gewalt eher fern bleiben möchte.

Neben einer handlungsgeladenen Bildfolge erhält Guenet außerordentlich oft die Gelegenheit auf ganzen Seiten zu gestalten oder sogar doppelseitige Grafiken zu schaffen. Das ist im übertragenen Sinne das Cinemanscope des Comics und erzeugt jedes Mal den gewünschten Effekt: Es ist bombastisch. (Manchmal sogar im wörtlichen Sinne.) Guenet unterscheidet nicht zwischen Titelbild- und Normalseitenqualität. Bei ihm wird jedes Bild mit dem gleichen Aufwand gestaltet.

Die Welt von Yiu ist komplex, ungewöhnlich, unglaublich, furchtbar und auch hier im besten Sinne: Heavy Metal. Wer allein zu dem Auftakt sich ziemlich harte Musik anhört (irgendwas in Richtung Industrialpunkgothicmonstershockrock) liegt goldrichtig. Untermalt von doppelseitigen Bildern beschreiben Tehy und Vee mit einem ziemlichen Spaß am Chaos den Niedergang der uns bekannten Welt. Immer mehr gleitet alles in den totalen Wahn, in den Fanatismus und die Perversion. Es gibt nichts lebenswertes mehr … Halt. Genau hier haken die Autoren nämlich ein. Es gibt einen letzten Funken wirklicher Liebe, der ausgerechnet von der brutal mordenden Hauptfigur, Yiu, transportiert wird.

Für ihren kleinen Bruder vollbringt Yiu ihre tödlichen Wunder und dringt in jene gesicherten Bereiche vor, die ansonsten kein Auftragskiller erreichen würde. Ihr Überleben ist nur wichtig, um das Überleben ihres Bruders zu gewährleisten. Dafür tötet sie jene, die der Meinung ihrer Auftraggeber nach auf irgendeine Weise den Tod verdient haben. (Nicht, dass sich Auftraggeber und Opfer irgendwie in irgendetwas nachstünden. Letztlich zählt, wer den besseren Killer hat.) Der Kick, auch für den Leser, liegt in der scheinbaren Unerfüllbarkeit des Auftrags. Yiu ist eine Einfrau-Mission Impossible-Einheit.

Der Leser, der bisher nichts über Yiu wusste, erfährt auch weiterhin durch diese Geschichte nicht viel über sie. Eines ist gewiss: Ihre Professionalität auf ihrem Arbeitsgebiet geht mit enormem Wagemut, einer hohen Risikobereitschaft und Selbstaufgabe einher. Für sie ist es keinesfalls sicher, ob sie einen Auftrag überlebt. Das steht im Gegensatz zu ihrer größten Sorge, für die ein Überleben unabdingbar ist. Yiu bleibt unnahbar. Sympathie ist für sie nur schwer aufzubringen, sie kann einzig die Faszination für sich verbuchen, die jeder Aktionsheld erhält, der gegen jede Chance agiert.

Grafisch absolut beeindruckend von Nicolas Guenet gestaltet, breitet sich die Vergangenheit Yius vor dem Leser aus. Vorwissen ist für dieses Prequel nicht nötig. Neueinsteiger in diese Welt können sich ebenso von der Atmosphäre gefangen nehmen lassen wie jene, die schon den ersten Fünfteiler gelesen haben. Knallharte Science Fiction, rasant wie ein Film mit Topstars oder ein Egoshooter. Nichts für schwache Nerven. 🙂

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