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Comic Blog


Samstag, 06. Juni 2009

The Lone Ranger 1 – Für immer und ewig

Filed under: Abenteuer — Michael um 11:59

The Lone Ranger 1 - Für immer und ewigDie Männer sind die Mühen ihres Jobs gewöhnt. Ein langer Ritt, staubige Kehlen, brennende Sonne, aber irgendwann braucht auch ein Texas Ranger einmal eine Pause. Die Felsenformation inmitten der Einöde scheint die willkommene Gelegenheit für etwas Schatten zu sein. Doch sie ist noch mehr: Ein Hinterhalt! Seit 1835 sind die Texas Ranger bereits eine reguläre Organisation mit einer gefahrvollen Aufgabe. Zu ihrer Zeit ist der Westen noch wild und nahe der mexikanischen Grenze besonders gefahrvoll. Waren sie zu Beginn eher eine militärische Einheit für Kampf und bewaffnete Patrouillen, änderte sich ihr Auftrag mehr und mehr hin zu einer Zusatzpolizei.

Wir schreiben das Jahr 1869. Der Sezessionskrieg innerhalb der Vereinigten Staaten liegt erst vier Jahre zurück. Den Neuaufbau machen sich viele Ganoven zunutze, um ihre Pfründe zu sichern. John Reid reitet mit seinem Vater und seinem Bruder auf Patrouille, als es zu einem unerwarteten Schusswechsel kommt. Alle Gesetzeshüter sterben im Kugelhagel der Verbrecher. Alle? Nein, nicht alle. Der Jüngste, John, klammert sich mit aller Kraft ans Leben und will nicht sterben. Durchsiebt von Kugeln liegt er nun wehrlos auf dem Boden und erwartet den finalen Schuss durch einen der vermummten Gangster. Da fliegt von irgendwoher ein Pfeil heran und tötet den Pistolero im letzten Augenblick.

Das ist der Anfang. Der Anfang einer Männerfreundschaft und eines Rachefeldzuges, aber auch eines Mythos, wie er in der Vergangenheit häufiger entstand als heute, als die Auswahl an Unterhaltung noch geringer war und die Erfahrung der Unterhaltung noch viel intensiver war als heute. Am Anfang war das Radio. Der Lone Ranger hatte hier in einem Radiospiel sein Debüt. Von 1933 bis 1954 wurden beinahe 3.000 Episoden gesendet. Der einsame Rächer wechselte die Medien, trat im Fernsehen mit einer eigenen Serie auf, erschien in Comicstrips und seine Geschichte wurde in Romanen forterzählt. Mit Fug und Recht reiht er sich in die Schlange anderer Unterhaltungsmythen wie Zorro, Robin Hood oder auch Tarzan ein.

Hi-Yo, Silver! Der Ruf, mit dem der Ranger sein treues Pferd anspornt, ist beinahe so legendär wie Yihaa! Manchmal ruhen Legenden, manchmal werden sie aber auch aus ihrer Nostalgiepension erweckt und neu belebt. Brett Matthews war Assistant von Joss Whedon (Buffy, Angel, Firefly), schrieb mit an der Comic-Umsetzung von Serenity und bleibt als Autor der Verbindungslinie zwischen Film/Fernsehen und Comic treu. Matthews transportiert die Legende vor die Augen von Lesern mit anderen Leseeigenschaften, reduziert den Ranger auf seinen Kern und erfindet ihn neu, ohne den Rahmen zu vergessen.

Der Ranger, John Reid, ist noch ein junger Mann, der das Leben da draußen zwar von Anfang an kennen gelernt hat, aber urplötzlich und unerwartet mit dessen grausamster Härte konfrontiert wird. Alle, die er liebt, sind auf tot. Es bleibt nur noch die Rache, dabei kennt er den Feind nicht einmal. Matthews lässt die Figur erst vollkommen zu Boden gehen und durch einen merkwürdigen Fremden indianischer Abstammung, Tonto, wieder aufpäppeln. Für alles wird gesorgt: Das Auskommen des maskierten Helden wird geregelt, sein Training, sein Transportmittel und natürlich seine Feinde. Hier gibt es gleich zwei. Der erste ist der unaufhaltbare und gefühllose Handlanger, der zweite ist der geheimnisvolle Fremde im Hintergrund (den der Leser allerdings kennt).

Warum funktioniert es trotzdem? Schließlich kennt man derlei Konstellationen als Leser, Zuschauer oder Zuhörer doch? Weil es immer funktioniert! Außerdem funktioniert es durch einen Zeitenwechsel umso besser. Anders als bei anderen Vigilanten der Neuzeit wie Batman, Nemesis oder Quest, ist das Beiwerk im Wilden Westen begrenzt. Es gibt keine Ablenkung. Der Westen ist karg, das Überleben steht hier viel mehr an erster Stelle als sonst wo. Hier wird einer, der für Gerechtigkeit sorgt, herbeigesehnt. In einer Welt, in der Auftragsmörder kleine Kinder umbringen, braucht es einen aufrechten Kerl mit einer grundsoliden Verzweiflung im Herzen, der alles wieder ins Lot rückt. Das reißt mit, erzeugt Spannung und so soll eine Rächergeschichte auch sein. Brett Matthews hat sein Handwerk gelernt. Er kennt die Momente, wann die Wende, die Überraschung oder der Höhepunkt eingesetzt wird. Auch deshalb funktioniert es.

Aber es funktioniert auch durch die Arbeiten des grafischen Teams. Titelbild-Illustrator John Cassaday arbeitete mit Brauvor an den X-Men, zeichnete den Horror-Thriller Ich bin Legion und entwirft nun hier einen ungewohnt düsteren Rächer. Sergio Cariello: Wenn es um Western geht, wende dich an einen Italiener. Wer sich die alten Filme von Leone und Co anschaut, kann (muss nicht) eine optische Verwandtschaft zu jenen Leinwandepen feststellen. Großaufnahmen, ungewöhnliche Perspektiven, ruhige Momente und schnelle Schnitte lassen hier ebenfalls das Kino auf Papier entstehen. Cariello zeichnet beinahe so realistisch wie Cassaday, nur etwas skizzenhafter.

Für das rechte Licht (bzw. die Farben) sorgt Dean White und diese Farbgebung ist es, die den Spaghettiwesterneffekt ungeheuer stützt. Hier spielt die Natur mit. Feurige und düstere Himmel, brennend oder aufgerissen wie ein hungriges Maul. Stets wird etwas verwaschen koloriert, mit elektronischem Buntstift oder Pinsel, mit Airbrush, mal deckend, mal lasierend. Die typischen Computerkolorierungen mit ihren Glanzeffekten sucht man hier zumeist vergebens. White könnte aus der gleichen Schule wie Dave Stewart stammen, der ähnliche Ergebnisse zu Papier bringt.

Ein feiner Western: Der einsame Rächer, der Cowboy, ins Mark getroffen, wie er von unzähligen Schauspielern auf die Leinwand gebracht worden ist. Brett Matthews setzt auf Mitgefühl und Mitleid, um Sympathie für den jungen Mann zu wecken. Zeichner Sergio Cariello setzt auf bestens gelerntes Handwerk, um die Heldengeschichte zu illustrieren. Alles in allem optimal: Beste Westernunterhaltung. 🙂

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