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Comic Blog


Donnerstag, 18. September 2008

Der Feind 2 – Die Hexe

Filed under: Mystery — Michael um 11:57

Der Feind 2 - Die HexeDer alte Feind, der, der diesen Namen auch verdient, spinnt sein Netz und Yasmine Giggs scheint keine andere Möglichkeit zu haben, als mit großen Schritten hineinzutappen. In ihrer Erinnerung ist es nicht besser als in der Gegenwart. Nur von einer kleinen Puppe beschützt sieht sich die nur unwesentlich größere Yasmine ihrem Vater gegenüber, der einen riesigen Schatten über sie wirft. Überall ist Blut, alles ist rot. Die Ängste der jungen Frau sind nicht unbegründet, denn die Polizei glaubt, dass ihr Vater für Ritualmorde verantwortlich ist.

Die Spur führt nach Julesburgh in Texas. Dort haben weitere Ritualmorde stattgefunden. Ein Fernsehsender hat Aufnahmen gemacht, auf denen der Abtransport der Leichen durch die Behörden zu sehen ist. Außerdem – und das ist für Yasmine der weitaus wichtigere Teil – ist unter den erschütterten Schaulustigen ganz kurz Yasmines Mutter zu erkennen.

Wenig später trifft Yasmine in Julesburgh ein und wünscht sich bald, sie wäre nicht hergekommen.

Der alte Feind ist wieder da! In den letzten Jahren las und hörte der Leser und Zuschauer diesen Begriff eher selten. Werke über Satanismus, Ritualmorde und Besessenheit haben nicht den reißerischen Effekt, den Vampire haben und weswegen sie entsprechend beliebt sind. Interessante Werke zu Ritualmorden und Auftritten des Teufels waren Dust Devil oder auch Das Ritual, mit Martin Sheen glänzend besetzt. In Produktionen wie End Of Days fragt man sich unwillkürlich, warum der Teufel höchstpersönlich sich selbst so sehr ins Geschehen stürzen muss.

Der Feind, erzählt von Thierry Robberecht, verfährt weitaus eleganter. Der Feind ist der Gentleman im Hintergrund. Er ist ein Aufblitzen, ein Erkennen, ein Schattenriss, manchmal auch nur ein Befehl. Das Endresultat findet sich dann in Form von blutigen Lettern an der Wand.
Träume, Visionen, kurze Momente des Sehens verzerren für die Akteure die Realität, schaffen eine Art teuflischen Stasi, der allgegenwärtig zu sein scheint und von dem man auch als Leser nicht weiß, wer es eigentlich ist. Der Leser weiß mehr als Yasmine, aber er tappt in mancherlei Hinsicht auch im Dunkeln.

Mit Julesburgh hat Robberecht einen Ort in den USA geschaffen, der die uramerikanischen Eigenschaften besitzt, wie sie auch schon Rambo zu schaffen machten. Mit Misstrauen, Kleingeist und der Bereitschaft versehen, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen, ist Julesburgh der Alptraum für jeden, der sich auch nur das kleinste Vergehen zuschulden kommen lässt. – Sollte man meinen.
In Wahrheit brodelt es hinter den Fassaden. Bereits vor Unzeiten wurde eine Vorfahrin Yasmines wegen Hexerei in Julesburgh verbrannt. Ein furchtbarer Mord und ein Verdacht auf Inzest werfen zusätzlich Holz ins Feuer der Bürgerseele. Der Feind weiß, wie er das Volk aufzuwiegeln hat. Zusätzlich findet er immer neue Getreue.

Die Atmosphäre, dargestellt durch den Zeichner Alberto Pagliaro und den Koloristen Cosimo Lorenzo Pancini, ist in jedem Moment bedrohlich. Die gewählten Grundtöne bestehen aus dunkelgrau, braun, dunkelrot, manchmal durchschossen von einem Orange oder einem blassen Gelb. Hautfarbe, Haut überhaupt, repräsentiert stets die Versuchung, eine Abkehr vom Weg, ein Umstand, der in Yasmines Gedanken immer wiederkehrt.

Es schaut so aus, als seien die Zeichnungen komplett am Rechner eingefärbt worden. Die Tuschestriche müssten so ebenfalls in bewährten Grafikprogrammen entstanden sein, wie die Farbaufträge es sind. Manche Striche haben die typische Ausfransung und zuweilen leicht krumme Linienführung, ein Merkmal einer Arbeit mit dem Zeichentablett. Das stört nicht weiter und kann durchaus auch als kreativer Ausdruck verstanden werden.
Für die Kolorierung wurden sehr weich ineinander übergehende Farbtöne gewählt, manchmal auch verstärkt durch den einen oder anderen Filtereffekt eines Grafikprogramms (ich sag’ nicht welches, aber die Auswahl hierfür ist nicht allzu groß).

Insgesamt gehen die Geschichte und die Bilder sehr schön ineinander auf, bilden eine Einheit. Es entsteht der Eindruck eines Bausteingeflechts, der nicht zuletzt durch die kleinen Einschübe in die Haupthandlung verstärkt werden, die so wie Mosaiksteinchen wirken. Das Ziel der Geschichte ist kaum zu erkennen. Was Satan bezwecken mag, ist nur undeutlich zu erkennen. Längst hat der Feind die Fäden in der Hand. Im Verlauf dirigiert er so immer stärker, vehementer über mehr Leichen gehend, bis ein gemeiner Cliffhanger den Leser neugierig zurücklässt.

Der Teufel schlägt zu, nicht weit oben als Drahtzieher, sondern mitten unter den Menschen, in einer Kleinstadt. Des Teufels Pläne wirken wie ein Experiment, aber mit Bedacht ausgeführt. Thierry Robberecht zieht den Leser unmerklich hinein in den Wahn, der sich um die Hauptfigur Yasmine ausbreitet. Düster, auch makaber, ein wenig zynisch an manchen Stellen, etwas erotisierend – der Teufel kommt nicht ohne aus – und auf jeder Seite spannend. Wer Horrorgeschichten mag, die mit sehr viel Fingerspitzengefühl erzählt sind, kann Gefallen an dieser Fortsetzung finden. 🙂

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