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Comic Blog


Donnerstag, 04. September 2008

Loveless 1 – Blutrache

Filed under: Abenteuer — Michael um 12:36

Loveless 1 - BlutracheWes hat den kleinen Ort Blackwater noch nicht ganz erreicht, da gibt es bereits Ärger. Aus der Schießerei geht er als Sieger hervor, aber es ist nur ein Vorgeschmack auf weitere Ereignisse. Die Heimkehr ruft Erinnerungen wach. Brutale Szenen werden an die Oberfläche gespült. Die Zeit für die Rache ist gekommen, doch sie muss langsam erfolgen, heimlich, niemand darf wissen, aus welcher Richtung der Schuss kommen kann. – Willkommen in Shitwater!

Der Western lebt. Die Folgen des amerikanischen Bürgerkriegs sind der Ausgangspunkt für diese Geschichte von Brian Azzarello, der beweist, dass diese halbwilde Zeit in den Vereinigten Staaten viel Platz für spannende Geschichten lässt. Vagabunden, entwurzelt durch den Krieg, ziehen umher, auf der Suche nach einem neuen Platz. Einige hatten nie einen, so wie die ehemaligen Sklaven, andere haben alles verloren und für sie wird es auch nie so sein, wie es einmal war.

Der Norden will die Ordnung im Süden wieder herstellen, obwohl für so manchen Südstaatler der Krieg noch gar nicht vorbei ist. Einige haben noch eigene Rechnungen zu begleichen. Washington, die Hauptstadt, ist weit weg und erfährt nicht alles. Zum Ende des Krieges gründet sich der Ku-Klux-Klan, bestehend aus Männern, die den nun freien Schwarzen das Leben zur Hölle machen wollen. Mit roten Masken angetan verbreiten sie Terror in der Nacht.
Im Süden sind die Menschen zwei Jahre nach dem Krieg durchweg mürrisch. Alle geschlagenen Wunden sind noch zu frisch. Der Anblick von Blauröcken schmerzt weiterhin.

In diese Atmosphäre hinein kommt einer der vielen Heimkehrer, einer der Entwurzelten, einer, der im Krieg auf der falschen Seite stand. Sein Land gehört nun der Union, seine Frau ist verschwunden. Keiner weiß, was von diesem Mann, Wes Cutter zu halten ist. Der Krieg hat aus ihm einen einzelgängerischen Zyniker gemacht. Gekleidet wie ein Gesetzloser, mit einem zerlumpten Poncho, grinst er dieser neuen Gesellschaft frech ins Gesicht, fest entschlossen, ihre Schwächen zu seinem Vorteil auszunutzen. Brian Azzarello, der schon mit Johnny Double, 100 Bullets, Hellblazer, Batman/Deathblow: Nach dem Feuer und Die Rückkehr von Superman auf sich aufmerksam machte, schafft hier einen Helden, der in den Fußstapfen bekannter Outlaws daher kommt, aber nicht so auf den Mund gefallen ist.

Marcelo Frusin frönt dem neuen Minimalismus, mit dem auch Mike Mignola, Peter Bergting, Scott Kolins oder Sean Philips arbeiten. Die Strichführung ist höchst einfach gewählt und es entsteht eine Darstellung, die ausschaut, als habe der Künstler Fotografien auf möglichst simple Weise nachgezeichnet. Anhand der erwähnten Zeichner ist ersichtlich, dass dieser Zeichenstil in vielen Genres Anwendung findet, vom Horror über Fantasy weiter zu Superhelden und hin zu Krimis. Zum Western passt er auch. Sicher gibt es Abwandlungen. Die Handschrift der einzelnen Zeichner lässt sich nicht über einen Kamm scheren.

Die einen bevorzugen noch diverse Schattierungen, andere arbeiten besonders gerne mit ausdrucksstarken Schwarzflächen, der nächste bedient sich nur der wichtigsten Linien, die alles zusammenhalten. Die Strichführung bleibt immer dünn, wie mit dem Tuschestift gezogen, sogar ein wenig krakelig.
Retter in dieser minimalistischen Not sind häufig die Koloristen, denen in solchen Bildern eine wichtige Rolle zukommt. Ihre Farbgebung erzeugt weitere Stimmung, nur etwas Tiefe und auch sie kommt zumeist ohne aufwändige Schattierungen aus. Das Erschreckende mag für so manch anderen Künstler darin liegen, dass es funktioniert. Als Leser vermisst man nichts. Der Aufwand, den Leute wie Jim Lee, Cary Nord oder John Romita Jr. betreiben, fehlt hier vollkommen. Daraus entsteht eine neue Sehgewohnheit, die einen als Leser schneller lesen lässt, filmischer, da auch Texte auf ein Minimum beschränkt werden.

Der gelungenste Kniff im vorliegenden Band dürfte die Zusammenfassung von zwei Szenen in einem Bild oder einer Seite sein. Gegenwart und Erinnerungen überschneiden sich in einem sehr gut konstruierten Aufbau. Unterschiedliche Farbschemata helfen bei der Erkennung der einzelnen Begebenheiten oder verhelfen zu einer Verschmelzung, wenn die Erinnerungen zu übermächtig werden und die Gegenwart zu verdrängen drohen.

Western trifft Thriller. Hier ist fast jeder ein Halunke. Die meisten haben sich im Krieg etwas zuschulden kommen lassen. Brian Azzarello fädelt die vielen Facetten der amerikanischen Nachbürgerkriegszeit auf eine Schnur auf und reißt den Leser daran mit. Die Erzählung ist hart und kompromisslos, ebenso wie die grafische Darstellung der Ereignisse. Wer einen Western im neuen Gewand erleben will, einen, der dem Italo-Western nacheifert, ihn aber nicht kopiert, sollte einen Blick riskieren.

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