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Comic Blog


Mittwoch, 26. März 2008

Luuna – Die Dämmerung des Luchses

Filed under: Abenteuer — Michael um 20:30

Luuna 2 - Die Dämmerung des LuchsesLuunas Weg ist noch weit. In Begleitung der kleinen Pipintus, jener vorwitzigen Waldgeister, hat sie sich in die kalten Regionen vorgewagt. Der Schnee liegt knietief. Die junge Kriegerin und ihre drei Begleiter kommen nur sehr beschwerlich voran.
Die kleinen Geister tragen durch ihre vielfältigen Beschwerden nicht dazu bei, Luuna zu beruhigen. Dabei gibt es für keinerlei dieser Beschwerden einen Grund. Denn Pipintus besitzen kein Gespür für Temperatur, noch empfinden sie Hunger oder Durst. Aber, wie es sich für sie gehört, wollen sie bei allem ein Wörtchen mitreden.

Geister haben es nicht leicht. Das Gespenst von Canterville oder auch Hui Buh können ein Lied davon singen. Die Motive der Geister des Abendlandes sind allerdings nicht so verschieden von denen anderer Kulturen. In der Dämmerung des Luchses hat ein einsamer Mann noch eine Aufgabe zu erfüllen, hat er Reue zu zeigen, muss er an den Ursprung zurückkehren. Aber alleine kann er das nicht bewerkstelligen.

Auf ganz eigene Weise entwirft Didier Crisse eine märchenhafte Welt innerhalb der indianischen Mythologie, kindlich, witzig, geheimnisvoll. Die Welt der amerikanischen Ureinwohner ist eine kräftige Welt mit vielen Ideen, Geistern, Natur und großer Phantasie. Die verschiedenen Entwicklungen und Ansichten, der Reichtum der Landschaft innerhalb eines einzigen Kontinents prädestiniert geradezu zu einer langen Wanderung, zu der Luuna durch ihre beiden völlig gegensätzlichen Totems gezwungen ist.

Gleich nach Beginn der Geschichte stößt Luuna auf eine Grabstätte. In zahlreichen Kulturen ist die Form der Hochbettung (auch mit anschließender Verbrennung) verbreitet. Crisse vermeidet es allerdings, die Geschichte allzu traurig oder düster anmuten zu lassen. Zu diesem Zweck helfen ihm die Pipintus bei vielen Gelegenheiten aus. So auch hier. Die Grabesstimme, die von dem Lager ertönt, gehört keinem Toten, sondern einem dieser kleinen Waldgeister. Die Situation wird durch ein Lachen entschärft, bis …
Die Erzählung balanciert zwischen Abenteuer, Komödie und einem weiteren Genre. Nicht nur die kleinen Pipintus reizen zum Lachen. Auch der weise alte Mann trägt zum Humor bei. Von anderen alten Männern weiß der Leser um all die Weisheiten, die sie verbreiten. Dieser weise Mann ist nicht so leicht zu verstehen. Da auch Luuna zugibt, die Moral seiner kleinen Episoden nicht gleich zu begreifen, atmet man an ihrer Seite auf.
Und wer an dieser Stelle glaubt, er befinde sich nun wirklich nur in einer Komödie, wird sehr zügig eines besseren belehrt.

Das Schicksal des alten Mannes ist alles andere als lustig, sondern sehr ernsthaft einerseits und auch sehr traurig andererseits.
Und damit nicht genug: Bald wird der Vollmond wieder am Himmel zu sehen sein. Luunas dunkle Seite wird die Oberhand gewinnen. Urplötzlich schwenkt die Geschichte erneut. Das geheimnisvolle Abenteuer bekommt Züge einer Gruselgeschichte, was nicht ausbleibt, wenn Luuna eine Art von Werwolf wird.
Didier Crisse lässt sich nicht einengen. Er erzählt, wie es ihm gefällt. Das macht die Geschichte frisch, unverbraucht und für den Leser besonders wichtig: unerwartet.

Nicolas Keramidas kann den Vergleich mit einer Disney Produktion immer noch nicht von sich weisen. Qualitativ bewegt er sich mit Pocahontas auf Augenhöhe, pflegt aber seinen eigenen Stil. Die breiten Nasenrücken der Gesichter sind ein Markenzeichen dieser Produktion. Dieser Ausgefallenheit stellt Keramidas eher normale Körper gegenüber. Diese sind zwar immer noch in einem gängigen Comic-Stil abstrahiert, wirken aber nicht vollkommen anders.

Grafisch für den Leser interessant und auch spannend ist der Wechsel zwischen der eigentlichen Handlung und den Erzählungen in der Erzählung.
Für die moralischen Geschichten, die der alte Unsichtbare Luchs erzählt, wählte Kolorist Bruno Garcia eine etwas andere Technik, die wirkt, als sei man mit Buntstift bei der Arbeit gewesen. Das ist bei der Ansicht der sonstigen Computer-Kolorierung nicht anzunehmen, aber so liegt doch wenigstens der Verdacht nahe, dass hier der Einsatz des Buntstifts simuliert wurde. Auch dieser Effekt, die optische Trennung der Erzählstränge, wirkt sehr gut und gibt den Weisheiten des Luchses Bilderbuchcharakter.
Sehr gut gelungen ist die farbliche Grundstimmung. Zu Beginn ist es schon durch die winterliche Atmosphäre düster, dann wird es kurz aufgerissen durch einen Sonnenaufgang, bis eine lilafarbene Dämmerung Einzug hält und schließlich von der amerikanischen Nacht abgelöst wird.

Eine märchenhafte Abenteuergeschichte mit einer sehr ausgewogenen Mischung der Hauptcharaktere. Didier Crisse zeigt, wie gut er sich in neue Erzählstränge mit mythologischem Hintergrund einfinden kann. Nicolas Keramidas beweist, wie fein er Crisse’ Geschichte umzusetzen weiß. Flüchtig betrachtet, könnten die Bilder einem Zeichentrickfilm entnommen sein und wissen noch mehr als im ersten Teil zu gefallen.

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