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Comic Blog


Montag, 24. März 2008

Rubine – Modellstadt

Filed under: Cartoon — Michael um 19:00

Rubine 9 - ModellstadtParadise Valley im amerikanischen Bundesstaat Wisconsin. Ein traumhafter kleiner Ort, alles ist wunderbar sicher. Dennoch wirkt der Mann gehetzt, abgespannt. Sorgenvoll schließt er die Tür hinter seiner Frau. Eindeutig aggressive Nachrichten lassen für das Ehepaar nur einen Schluss zu. Ihr Leben ist in Gefahr. Was bleibt, ist einzig und allein, das Heil in der Flucht zu suchen. Doch zu spät!

Eine Modellstadt ist kein unbekanntes Thema. Oftmals hat ein solches Projekt einen leicht faschistischen Beigeschmack. Alles wird reglementiert. Außenseiter gibt es nicht, Gleichmacherei auf Kleinstadtniveau. In der Twilight Zone wurden Erfahrungen mit diesem Thema gemacht, in R.E.M. von Michael Marshall Smith existieren in der Zukunft ähnlich abgeschlossene Enklaven für die Besserverdiener, die Desperate Housewives spielen mit der Überwachung der nachbarschaftlichen Geheimnisse und in der Realität sind abgeschlossene Siedlungen mit eigenem Sicherheitspersonal kein Novum mehr.

Das Leben im Paradise Valley ist in allen Bereichen kontrolliert. Über die allabendlichen Anweisungen, die über das lokale Fernsehprogramm übertragen werden, erfahren die Bewohner von den neuesten Vorschriften, die für ein geregeltes Zusammenleben erforderlich sind. Gefahrenquellen werden sofort erkannt und abgestellt.
Mythic ersinnt hier strengste Kontrolle, die in einem puritanisch gesinnten Amerika nicht unwahrscheinlich erscheint. Rubines Begründungen gegenüber einer Freundin, die nicht in der Modellstadt lebt, klingen nach purer Indoktrination.

Der Konsum (von Alkohol) ist zwar nicht ausdrücklich verboten, aber es gehört nicht zum guten Ton, mit einem Glas in der Hand gesehen zu werden.

Mythic zeigt ein Amerika, einen Teil davon, den der amerikanischen Oberschicht, einer geistigen und finanziellen Elite, der allzu gern bereit ist, unter dem Deckmantel der Ordnung auch alte Vorurteile und Rassenschranken neu erstehen zu lassen, obwohl man diese bereits niedergerissen glaubte.

Wenn Gott gewollt hätte, dass wir alle gleich sind, dann hätte er uns alle dieselbe Hautfarbe gegeben.

Derart äußert sich eine Bekannte von Rubine, die Undercover in der Modellstadt lebt, mit anderer Identität und einem Ehemann.
Die Strenge dieser Aussagen wie auch der gesamte Aufbau der Handlung innerhalb der Modellstadt verwundert, könnte der Leser bei einem schnellen Blick angesichts der Zeichnungen von Francois Walthéry dem Irrtum aufsitzen, er habe es hier mit einem leichtgängigen Funny-Cartoon zu tun.
Wer jedoch genauer hinschaut, wird die karikiert gezeichneten Gesichter erkennen. – Ob sie tatsächlich auf reale Personen zurückgehen, wie es bei Uderzo zuweilen der Fall war, vermag ich nicht zu sagen. – Diese Technik bringt den Realismus wieder auf einem Umweg zurück in die Geschichte.

Sicherlich gibt es auch Ausflüge abseits der Ernsthaftigkeit in die Komödie. Ein Rückblick in Rubines letzte Tage vor ihrem Undercover-Einsatz zeigt sie an der Seite einer Schauspielerin, die gerne einmal Polizeiluft schnuppern möchte. Ein Leser, der gleichzeitig Cineast ist, wird bestimmt einen gerechtfertigten Vergleich zu Auf die harte Tour anstellen. Auch hier ging ein Star einem hart gesottenen Polizisten auf die Nerven, wenn auch viel extremer und dümmlicher.

Gute Nacht, Liebling! Lies nicht mehr so lange.

Francois Walthéry und Mythic schmeißen den Leser, der die Serie bereits kennt, ins kalte Wasser. Die junge Frau, die ihrem Mann ein Begrüßungsküßchen gibt, hat nicht nur ihre Frisur geändert. Ihr ganzes Verhalten ist niedlich, ergeben, fast ein wenig wie in einer sehr weich gespülten Fernsehserie, in der die Dramen daraus bestehen, falsch geparkt zu haben.
Bei all der Einengung ist es erstaunlich, welche Disziplin Walthéry und Mythic ihrer Heldin angedeihen lassen. Nicht umsonst ist Rubine auf dem Cover auf der Motorhaube ihres Dienstporsches mit ihrer heißgeliebten .44er Magnum abgebildet. Rubine kann eben auch ein Heißsporn sein – ganz im Sinne eines Dirty Harry. Allerdings muss ihr zugute gehalten werden, dass sie ganz eindeutig viel zivilisierter ist (und nicht so brummig).

Rubine wird immer erwachsener. Ein Krimi, der vieldeutig beginnt und den Leser auf leisen Sohlen in immer spannendere Szenen mitnimmt. Mythic beleuchtet die Geschichte mal aus der Sicht Rubines, mal aus jener der Verbrecher. Mit dieser Erzählweise treibt er die Spannung stetig voran. Walthérys Zeichnungen vervollkommnen ihren ganz eigenen Stil von Album zu Album. Ein Krimi der anderen Art, aber ein äußerst guter.

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