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Comic Blog


Donnerstag, 21. Februar 2008

Brodie’s Law – Projekt Jameson

Filed under: Thriller — Michael um 14:39

Brodie\'s Law - Projekt JamesonBrodie hat nicht viel in seinem Leben richtig gemacht und irgendwie ist alles aus den Fugen geraten, doch eine Sache muss richtig laufen. Wenigstens will er nicht völlig als Vater versagen. Aber eigentlich hat er das längst. Und nun gilt es die Scherben aufzulesen und zu kleben, was noch zu kleben ist.
Marla, seine Ex, die Mutter seines Sohnes, hat es wieder einmal übertrieben. Sie hängt mit den falschen Leuten ab, den total falschen Leuten, die Sorte, denen man nur mit vorgehaltener Waffe Vorschriften machen kann. Brodie hat kein Problem damit, denn damit kennt er sich aus.

Von Frauen jedoch versteht er rein gar nichts. Zwar hat er die Mutter seines Sohnes aus dieser erbärmlichen Lage herausholen können, doch damit ändert sich so gut wie nichts. So klein der Junge ist, er ist derjenige, der auf seine Mutter aufpassen soll. Brodie begeht den erneuten Fehler, die beiden alleine zu lassen.
Sein nächster Fehler ist es, in die Falle zu gehen. Brodie soll eine Akte gestohlen haben, eine wichtige Akte, eine Akte, von der es ansonsten keine Kopie mehr gibt. Die Männer, die sich Brodie auf die Spur setzen, sind alles andere als zimperlich. Für eine Information gehen sie über Leichen, skrupellos, beinahe amüsiert.
Aber dann machen die anderen einen Fehler. Sie töten seine Frau, entführen seinen Sohn. Warum? Wegen einer Akte? Was ist so wichtig an dieser Akte?

Brodie sucht Hilfe. Das ist nicht leicht, denn diejenige, die ihm weiterhelfen kann, ist eine Wissenschaftlerin, die bestimmt nicht freiwillig einem flüchtigen Kriminellen behilflich sein will. Brodie nimmt sich, was er braucht. Und er hat Glück. Ihre Neugier treibt sie schließlich dazu an, sich mit diesen merkwürdigen Daten zu beschäftigen. Dank ihr kommt Brodie einer unglaublichen Erfindung auf die Spur. Einer Erfindung, die für ihn die einzige Möglichkeit darstellt, seinen Sohn wiederzufinden. Die ungewöhnliche Jagd beginnt.

Brodie’s Law erinnert unwillkürlich an Murphy’ Law, nach dem alles schief geht, was nur schief gehen kann. Brodie ergeht es nicht besser. Er ist tough und smart, aber sein Spitzname, wenn er einen hätte, lautet auch nicht Lucky. Gleich zu Beginn befindet er sich im freien Fall, verfolgt, selber als Verfolger, als Entführer, undercover – dieser Fall wird für ihn zu einer Jagd, die sein gesamtes Leben für immer verändert.

Wie Renny Harlin im Vorwort zurecht erkennt, wird der Anti-Held hier in einer neuen Form dargeboten. Der Rächer ist nichts neues, der verkleidete Rächer auch nicht, ein Rächer allerdings, dessen verschiedene Identitäten nicht mit dem Ablegen einer Verkleidung verschwinden. Seine Verkleidung ist durch die Erfindung, die ihm durch Zufall in die Hände gefallen ist, beinahe perfekt. Wenn er sich in jemand anderen verwandelt, streift er nicht nur den Körper, sondern auch den Geist über – und mit der Rückverwandlung bleibt immer etwas zurück: Erinnerungen, Gefühle, Wünsche, Ängste, Zorn und noch mehr, das Brodie mit jeder Verwandlung seelisch beeinflusst und nicht unerheblich fertig macht.

Wenn ein Held einen Weg findet, um seine Feinde zu bekämpfen, dieser Weg aber gleichzeitig an den Rand des Abgrunds und darüber hinaus führt, eröffnet sich ein Plot, der über eine einfache Rache-Geschichte hinausgeht.
Die Erlebnisse, die Brodie durch seine vorübergehenden Identitäten hat, sind teilweise ungewöhnlich, seltsam, aber auch pikant. Interessanterweise verschwinden nicht alle seine körperlichen Merkmale während eines Einsatzes, weshalb der Körpertausch immer auch Gefahren in sich birgt und keine Garantie für Erfolg bedeutet. Seitens der Erfinder des Comics Daley Osiyemi und David Bircham und Autor Alan Grant werden Brodie also genügend Steine in den Weg gelegt.

David Bircham ist zugleich der Zeichner dieses im besten Sinne ungewöhnlichen Thrillers. Die Bilder sind das zweite Merkmal, an dem der Leser nicht vorbei kommt, ohne zwischendurch zu staunen.
Bircham zeichnet tough guys, extreme Ausführungen dieser Art sogar. Die Gesichter sind eckig, mit breiten Nasen und ebensolchen Kinnen versehen, die Körper sind ebenfalls breit, muskulös. Brodie, Killer, Gangster und Cops platzen beinahe vor Kraft. Was den Männern billig, ist den Frauen recht. Model-Figuren und –Gesichter stehen den männlichen Ur-Typen gegenüber. Dennoch hat diese Art der Darstellung Methode. Vereinzelte Charaktere fallen ganz bewusst aus diesem Schema heraus und machen sie so zu etwas Besonderem. Beispiele sind hier Sticks’ energische Frau oder der geheimnisvolle Dr. Jameson. Bircham überzeichnet auch den Realismus. Mal sind Augen und Mund etwas größer als es die Proportion erlaubt, doch er setzt es ein wie eine Kameraeinstellung, die heranzoomt. Wut, Verzweiflung werden so noch drastischer, die Rasanz wird erhöht. Die Darsteller schauen den Leser direkt ein, beziehen ihn ein, zerren ihn mit.

Diese Machart wirkt wie ein Trip, den die Farbgebung noch unterstützt, denn Bircham setzt auch hier weniger auf Realismus als auf Emotion. Rote, gelbe, blaue abgemilderte Farbtöne begleiten das dominierende Schwarz. Sie setzen Akzente, wirken mitunter metallisch, sterilisieren die Gewalt, abstrahieren sie, mildern sie ab. Die Farben untermalen eine Art Traumzustand Brodies, der sich mit wechselnden Identitäten verstärkt. Einmal sogar gleitet Brodie gänzlich in einen Traum, eine Vision ab, als ihm jene Figur begegnet, deren Zeichen er auf dem Rücken trägt.

Hart, schnell, rau, Brodie ist ein Rächer wie aus dem Buche, aber auch ein Gejagter, der gegen äußeren wie auch innere Feinde kämpfen muss. Ein ungewöhnlicher neuer Charakter einer neuen Thriller-Generation, widersprüchlich, menschlich. Die grafische Gestaltung macht aus Brodie’s Law ein besonderes Lese-Erlebnis. Für Freunde von Thriller- und Gangster-Geschichten zu empfehlen. 🙂

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