Mittwoch, 04. Oktober 2006
Am Dienstag, 10.Oktober 2006, ist der Bone-Erfinder und Zeichner Jeff Smith in Hamburg. Von 15.00 bis 17.00 Uhr signiert er im k presse + buch Medienzentrum Hauptbahnhof (Wandelhalle) seine Werke für seine Fans (und natürlich solche, die es werden wollen) pünktlich zum Erscheinen der Farbausgabe seines Comics in Europa.
Links: Boneville
Quelle: Tokyopop Pressemitteilung
Dienstag, 03. Oktober 2006
Robocop hat ein Problem. Seine Rüstung sieht einmal mehr aus wie ein Schrottplatz auf zwei Beinen. Und sein Wagen sieht einmal mehr aus wie ein Schrottplatz auf vier Rädern. Das hindert den Ausnahmepolizisten, den besten Cyborg, den die Welt je gesehen hat, nicht daran, Kindesentführern das Handwerk zu legen. Auf seine unnachahmliche Art nimmt er die Verfolgung auf.
Verbrecher haben weder Gnade noch gnädiges Verhalten von ihm zu erwarten. Die Entführer bekommen denn auch ihre eigene Medizin zu schmecken. (Um im Action-Jargon zu bleiben.)
Robocop, der einstige Polizist Alex Murphy aus Detroit, lässt gemäß seiner Programmierung ungern unerledigte Arbeit zurück. So hebt er gleich einen Kinderhändlerring aus. Erbarmungslos, wie der Leser es erwartet.
Obwohl der stählerne Polizist seinen drei Hauptdirektiven folgt, von denen die wichtigste wohl der Schutz der Unschuldigen ist, hat Robocop auch Feinde aus den eigenen Reihen. Immer noch gibt es den Plan, Robocop durch eine bessere Nachfolge-Variante zu ersetzen. Leider sind diese Varianten absolute Blindgänger. Ihre Gehirne kommen mit dem neuen Zustand nicht klar. Einer schießt sich lieber selbst eine Kugel in den Kopf, als diesen Zustand länger zu ertragen.
Murphy kommt kaum dazu, seine letzte Instandsetzung zu genießen. Eine neue Polizeitruppe hat ihre Arbeit aufgenommen und steht in direkter Konkurrenz zur regulären Truppe und steht außerdem einer Bande von kriminellen Irren im Verhalten kaum nach. Nicht nur Robocop, sondern auch seine frühere Kollegin Lewis legt sich mit diesen Wahnsinnigen an.
Derweil zieht sich die Schlinge um Robocop immer enger zusammen. Dr. Love, eine vom Ehrgeiz zerfressene Geschäftsfrau, setzt alles daran, um Robocop in Mißkredit zu bringen. Bei einer neuerlichen Instandsetzung werden Robocops Direktiven verdoppelt und verdreifacht. Sein Polizeidienst gerät zur Farce, Murphy wird zu einem Polizisten, der andere wegen eines weggeworfenen Bonbonpapierchens ermahnt.
Aber Murphy ist noch zu menschlich. Der programmierte Irrsinn hält nicht lange vor. Allzu schnell kommt es zum offenen Schlagabtausch.
Frank Millers Variante des Robocop-Themas erinnert stark an den offiziellen zweiten Kinofilm des stählernen Wächters. Kein Wunder, hat sich doch Steven Grant der Vorlage des Meisters angenommen und daraus eine Adaption für das Genre Comic gemacht. Die Geschäftsfrau, die ihren Robocop auf die Straßen bringen will. Murphy, dessen Vergangenheit ihn immer wieder einholt, der sein altes Leben nicht vergessen kann. Die Straßen, die vor durchgedrehten Mördern nur so wimmeln. Aber Frank Miller hätte nicht einen Ruf zu wahren, würde er seinen Geschichten nicht einen gewissen Miller-Charme aufdrücken.
Grant schafft es, in seiner Adaption diesen Charme zu erhalten.
Eine unverwechselbare Seite von Millers Erzählweise ist sein Zynismus und seine Ironie. Die Welt, in der Robocop seinen Dienst versieht, ist unmenschlich, gemein, bitterböse. Die Medien geben dieöffentliche Meinung vor. Für die sich auf den Straßen allerdings niemand mehr zu interessieren scheint. Letztlich werden so all die Phrasen, die uns tagtäglich auf diesem Weg erreichen, als leere, nutzlose Worthülsen entlarvt.
Miller baut Spaß an der Gewalt in seine Geschichten ein, ob er damit auch seine Leser entlarvt, sei dahingestellt. Ob Mann, ob Frau, alle sind sie Getriebene. Unter dem Strich lässt sich allerdings sagen, dass die Frauen eher jene sind, die auch das Hirn haben. Nimmt man Murphys alte Kollegin hinzu, haben sie zuweilen auch noch die besseren Muskeln oder die besseren Kampftechniken.
Murphy ist eine Figur, die Miller sehr entgegen kommt, da sie einigen Archetypen entspricht, die Miller bereits verwendete. Mit dem Unterschied, dass Robocop tatsächlich auf der richtigen Seite des Gesetzes steht.
Angeblich waren die Geschichten zu Robocop 2 und 3 der Grund, warum Miller sich aus Hollywood zurückzog und nie die Erlaubnis zur Verfilmung seiner ureigenen Handlungen mehr geben wollte. Bei Sin City besann er sich eines besseren.
Dass Detroit zu einer Freakshow gerät, in der ein Cyborg der einzig Normale ist, liegt außerdem an den Fähigkeiten des Zeichners Juan Jose Ryp. Teilweise könnten die Verbecher kaum ekelhafter dargestellt sein. Gewalt und nicht zuletzt die verschiedenen Endresultate sind ein Merkmal der Handlung. Ryp spart selten etwas aus, verdeckt allzu heftige Details eher durch einen gewaltigen Blutschwall.
Ryp ist ein detailversessener Zeichner, Wände, Fensterscheiben, Fahrzeuge und vieles mehr splittern in ungeheuer viele Einzelteile auf. Gesichter, Körper, Kleidung und Haltungen sind mit einem tollen Blick für Exaktheit gezeichnet. Brutal einerseits, ist der Comic andererseits auch ein gutes Beispiel für handwerkliches Können eines Comic-Zeichners.
Ryp trat ebenfalls als Zeichner von Lady Death oder Treshold in Erscheinung.
Frank Millers Robocop erschien als neunteilige Serie bereits ab 2003. Bereits zu Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts schickte Miller Robocop gegen den Terminator in einem vierteiligen Crossover ins Rennen, so ganz konnte er die Figur trotz der schlechten Erfahrungen wohl doch nicht loslassen.
Inzwischen erschien Frank Millers Robocop in der Dark Side Reihe der italienischen LaGazzetta dello Sport, einer Comic-Edition ähnlich der Reihen, wie sie jüngst von BILD und FAZ aufgelegt wurden. Doch wie der Titel der Reihe, Dark Side, verrät, legt die LaGazzetta dello Sport mehr Wert auf Action: Aliens, Blade, Conan, Spawn, Hulk, Hellboy sind nur einige Beispiele.
Auch Avatar Press, der amerikanische Verlag, der sich die Rechte an Robocop sicherte, bringt die Miniserie im folgenden Monat als Sammelwerk heraus.
Wer Action-Comics, Frank Miller und insbesondere Robocop mag, liegt mit diesem Sammelband absolut richtig.
Links: Avatar Press, Robocop bei IMDB, Robocop 2 bei IMDB, Robocop Archive, LaGazzetta dello Sport / Dark Side
Montag, 02. Oktober 2006
Nach seinem letzten Kampf ist der namenlose Junge schwer angeschlagen. Fever, die blinde Frau, die ihn und die kleine Evening Cloud bei sich aufgenommen hat, weiß nun, was zu tun ist. Ihr Reiseziel lautet: New Orleans.
Dieser einzigartigen amerikanischen Stadt haftet immer noch ein magisches Flair an. Dies trifft sogar im wahrsten Sinne des Wortes zu, wie Fever behauptet. Sie besitzt ein herrschaftliches Haus, wohl behütet von einer alten Freundin. Der namenlose Junge, manchmal auch Running Wind genannt, fühlt sich für einen kurzen Moment sich, wenn nicht auch glücklich in der Gesellschaft seiner beiden Freundinnen.
Aber die Vergangenheit holt alle ein. Vor vielen Jahren verließ Fever die Stadt – der Liebe wegen. Nun ist ihr Geliebter von einst wieder da. Alles ändert sich, man könnte auch sagen, es ist, als habe sich nie etwas geändert. Auch Evening Cloud verliebt sich. Plötzlich ist der namenlose Junge allein und aus dem 5000 Jahre alten, unsterblichen Wesen wird wieder ein kleiner Junge, der sich schlicht vernachlässigt fühlt.
Er reißt aus.
Leider ändert er dadurch nichts. Im Gegenteil, denn seine Erzfeindin Ahmasi, unsterblich wie er, hat längst seine Spur wieder aufgenommen. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf.
In der 2. Episode von Vampire Boy mit dem Titel Der Fluch erfährt der Leser sehr viel Neues von dem kleinen Vampir wider Willen.
Der Junge ohne Namen hat ein ähnliches Problem wie Claudia in Interview with a Vampire. Er altert nicht und wird nie erfahren, wie es sein wird, ein Erwachsener zu sein. Er hat trotzdem die Erfahrungen unzähliger Menschenleben, die Anhäufung eines Wissens, um das ihn noch mehr Menschen beneiden würden. Leider belastet sein unsterbliches Leben auch seine Psyche. Nach 5000 Jahren im Körper eines Kindes ist der Junge ohne Namen einem Ende dieses Lebens nicht abgeneigt. Doch da gibt es Hindernis.
Dieses Hindernis heißt Ahmasi. Die ehemalige Geliebte des Pharaos aus dem alten Ägypten lebt eine völlig zügellose Unsterblichkeit. Sex und Gewalt gehören zu ihrem Charakter, der Hass auf den Jungen ohne Namen treibt sie an. Endlich will sie die einzige Unsterbliche des Planeten sein.
Damit verhält sie sich vollkommen entgegengesetzt zu Running Wind, wie der Junge auch von seinen neuen Freunden genannt wird – etwas, das Ahmasi niemals erfahren wird, denn sie benutzt die Menschen nur. Freunde sind ihr vollkommen fremd. Erneut erzählt Autor Carlos Trillo anhand einiger sehr prägnanter Beispiele, wie diese gegensätzlichen Eigenschaften der Hauptcharaktere sie durch die Jahrtausende getrieben haben. Die Unschuld des Jungen ohne Namen und die Durchtriebenheit von Ahmasi hoben sich auf der Waage der Ereignisse stets gegeneinander auf. Außerdem sind beide noch mit der gleichen Schwäche ausgestattet, die im vorliegenden Band ein deutliches erzählerisches Gewicht erhält: Nur bei Sonnenlicht regenerieren ihre Kräfte und Verletzungen.
Letzterer Aspekt stellt immer wieder die Grundlage für gegenseitige Attacken. Carlos Trillo verwendet diese Schwäche, um den Leser deutlich in die Irre zu führen. Zeichner Eduardo Risso hilft ihm dabei durch seinen exakten, unaufdringlichen Zeichenstil, besonders im zweiten Teil der Geschichte. Teilweise darf der Leser dabei durch Ahmasis Augen sehen oder auch als versteckter Zuschauer anwesend sein – der sich besser nicht selber blicken lässt.
Ein erzählerischer und optischer Trick, der Spaß macht.
Gnädigerweise verzichtet Risso darauf, Ahamasis Gewaltorgien allzu deutlich in Szene zu setzen. Schattenspiele, angedeutete Endergebnisse, all diese Ansichten genügen, um die Phantasie des Lesers anzuheizen – was vermutlich noch drastischere Bilder hervorruft.
Der Junge ohne Namen weiß inzwischen, dass die Schwäche der beiden für beide zu keinem Ergebnis führen wird. Carlos Trillo führt die Geschichte in eine neue Richtung. Die Lösung liegt in der ägyptischen Vergangenheit. Ein Fluch soll dem Jungen helfen, die Feindin zu besiegen und wie sich zeigt, ist diese Hilfe dringend nötig.
Geschickt und spannend erzählt, mit außerordentlich gruseligen Ausflügen in die Vergangenheit der beiden Hauptcharaktere, läutet die zweite Episode den Endspurt der Handlung ein. (Leider muss sich der Leser arg bis zur Fortsetzung gedulden, denn lange wurde die Spannung bis zum Schluss nicht mehr so auf die Spitze getrieben.)
Besser kann gepflegter Horror und Grusel in diesen Tagen kaum sein. 😀