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Comic Blog


Mittwoch, 29. März 2006

Sin City 5 – Familienbande

Filed under: Thriller — Michael um 21:43

Sin City 5 - FamilienbandeDwight McCarthy hat einen Auftrag, einen sehr persönlichen Auftrag: Rache. Mit der kleinen Japanerin Miho an seiner Seite wird dies eine der blutigsten Nächte, die Sin City jemals erlebt hat.

Alles beginnt mit einer anderen Rache. Nach vielen Jahren hat Don Magliozzi endlich erfahren, wer seine geliebte Nichte Andrea ermordete. Bruno, ein Killer, der sich inzwischen als Politiker einen Namen in Sin City gemacht hat, musste seine Missetat zum Bettgespräch machen. Ein großer Fehler, wie er bald beim Essen in einem seiner Lieblingsrestaurants feststellen muss.
Dieser Anschlag, dessen Fakten Dwight aus einer verlorenen Seele herauslockt, birgt ein Geheimnis, weshalb Dwight und Miho eine Falle aufstellen.

Die Falle schnappt alsbald zu und Miho zeigt einmal mehr, wozu sie in der Lage ist. Die kleine Japanerin ist einerseits attraktiv, andererseits ist sie im wahrsten Sinne des Wortes ein Todesengel. Dwight kann sich glücklich schätzen, sie an seiner Seite zu haben. Zwar hat Miho auch einen eigenen Willen, wie sie eindrucksvoll unter Beweis stellt, wenn man sie beleidigt, aber sie gehorcht, wenn es ihr angebracht erscheint und sie jemanden unter ihren Schutz gestellt hat.

Langsam aber sicher nähern sich Dwight und Miho ihrem Ziel. Im Sinne eines alten Filmtitels lässt sich sagen: Leichen pflastern ihren Weg. Die beiden Rächer schenken ihren Feinden nichts. Am Ende geht es um Familie und ein Mafiaboss muss erkennen, dass nicht nur Italiener den Wert einer Familie zu schätzen wissen.

Zurück in Sin City!
Rache ist ein häufiges Thema in Sin City, es schwingt wenigstens unterschwellig mit, wenn es nicht sogar absolut in den Mittelpunkt gestellt wird wie hier. Obwohl Frank Miller dieses Thema oft verwendet, wird es trotzdem nicht langweilig, da Miller seine Charaktere sehr sorgfältig gestaltet und auf diese Weise immer neue Wege beschreiten kann.

Dwight darf hier beweisen, dass er nicht nur der knallharte Typ ist, der sich an der Seite der Prostituierten eisenharte Gefechte mit Kriminellen liefert. Der Ausspruch Harte Schale, weicher Kern ist auf ihn absolut zutreffend. Wie er sich seine Informationen beschafft, wie er sich auch um Miho sorgt (obwohl sie das überhaupt nicht nötig hat), sein Verständnis für die Ursache der Vendetta, all das stellt ihn in bester Tradition eines Verbrechers und Gauners mit Herz dar.
Miho! Es fällt schwer, etwas über Miho zu schreiben. Miho spricht nicht, ihre Taten sprechen für sie. Selten, wirklich sehr selten, hat das Thriller-Genre eine derart brutale und gewalttätige Frau gesehen, die außerdem ihr Handwerk mit höchster Eleganz ausübt.
Und Miller wäre nicht Miller, würde er nicht mit seinen Figuren spielen. Im Gegensatz zu allen anderen, ganz besonders im Gegensatz zu ihrem Handwerk wird Miho in blütenreinem Weiß dargestellt. Für Miller muss sie ein Racheengel sein und niemand würde einem Racheengel einen Vorwurf über das machen, was ein Racheengel eben tun muss. Bei aller Artistik, die sie bei ihrer Arbeit an den Tag legt, verliert sie nie ein Wort. Das nährt die Idee des Racheengels, der absolut emotionslos seinen Auftrag ausführt, weil er von der Gerechtigkeit seines Handelns überzeugt ist.

Die Gegenspieler, die Miller kreiert, sind nicht eindimensional, sie haben durchaus Charakter. Aber sie sind immer sehr schlecht, jeder auf seine Art, der eine aus reiner Bosheit, der nächste vielleicht aus Verzweiflung. Miller spielt mit diesen Figuren. Er hetzt sie auch aufeinander und ich unterstelle ihm einfach einmal, dass er sich auch selbst davon überraschen lässt, was passieren wird.
Als Dwight dem kleinen Gangster Vito die Wahl lässt, ob dieser seinen Kumpanen umlegt oder selber durch die Hand Mihos stirbt, ist der Ausgang dieser kleinen Episode doch nicht so gewiss, wie es zunächst den Anschein hat. Es sind genau diese Kleinigkeiten, die Millers Geschichten ausmachen.

Grafisch sind wieder sehr schöne Einstellungen dabei – wenn man es so nennen kann, da der Begriff eher dem Film zugeordnet ist, aber mit etwas Glück werden wir diese Geschichte auch auf der Leinwand sehen.
Die Umgebung ist wieder einmal düster geraten. Es ist wieder Nacht in Sin City und der Leser gewinnt den Eindruck eines Settings aus der Zeit der schwarzen Serie. Dunkle Ecken, Abgründe, festungsähnliche Villen und monströse Gauner und Verbrecher. Der Mafiaboss sieht aus, wie es das Klischee will. Hager, teuflisch, gebückt. Er ist, um ihn mit Schauspielern zu vergleichen, kein Brando, eher ein magerer Davi. Zum Schluss fährt Dwight endlich den alten Cadillac, den er die ganze Zeit haben wollte. Damit schließt sich der Kreis von Millers Anspielungen, die hier in dieser Geschichte etwas offenkundiger zutage treten.

Ich habe die Geschichte sehr genossen. Sie beginnt langsam, fast freundlich, sogar mit einer Prise Humor. (Ich möchte behaupten, dass sich Miller hier selbst als Barkeeper karikiert.) Später driftet der Humor in Tarantino-Sphären ab. (Wer Kill Bill gesehen hat, wird verstehen, was ich meine.) Während der Zeit des Lesens war ich richtig gebannt und wollte mich auch durch nichts ablenken lassen. Besseres lässt sich kaum über eine Geschichte sagen: Sin City 5 – Familienbande fesselt einfach.
Thriller- und Miller-Fans kommen auch an dieser Geschichte nicht vorbei. 😀

Montag, 27. März 2006

Im Portrait: Barbara Lillge

Filed under: Die Künstler — Michael um 20:06

Barbara Lillge lebt und arbeitet in Berlin. Sie ist freie Kinderbuchautorin und engagiert sich u.a. im Epilepsie-Elternverband.

Du hast eigentlich Sozialarbeit, Philosophie und Musikwissenschaften studiert und hast u. a. als Chorleiterin gearbeitet. Wie kamst Du dazu, Kindergeschichten zu schreiben?

Als mein erstes Kind geboren wurde, lernte ich in der Klinik eine Mutter mit Waldorf-Vergangenheit kennen. Sie hatte schon zwei ältere Jungen. Zu jedem Geburtstag unserer Kinder spielten wir Kasperletheater. Außerdem zu allen Festen und in den Sommerferien bei den Malklassen. Wir schrieben die Texte und manchmal die Musik selber. Mit den Kindern malten wir die Bühnenbilder.
Als die Kinder älter wurden spielten wir in deren Kindergärten und später in der Grundschule. Als Gernot 8 Jahre alt wurde und wir nach Bayern zogen, spielten Gernot, Dagmar und ich in der Nachbarschaft, Grundschule, Bibliothek, Geburtstagen, allen Feiertagen und später auch zu Gesundheitstagen.

Welche Kindergeschichten sind Deine Lieblingsgeschichten?

Sogenannte Geschichten, die das Leben schreibt. Wenn ich als Oma mit meinem (leider gerade verstorbenen Hund) Hannibal spazieren gehe und ungewöhnliche Geschehnisse mit Kindern erlebe. Aber natürlich auch wundersame Geschichten von lila Drachen und einer singenden Kobra auf Tournee durch die Welt.

Im nächsten Programm von Pau Pau wird eine Geschichte von Dir veröffentlicht, in der es um eine kleine Prinzessin und laut krächzende Raben geht. Wie findet bei Dir der Prozess der Ideenfindung statt?

Die Geschichten sind in mir und kommen raus, wenn mich jemand (am liebsten ein Kind) danach fragt. Manchmal sehe ich ein Problem, wie Übergewicht, und dann fließt eine Geschichte raus. Alle Geschichten haben die Länge eines Kasperletheaters, so sind sie in meinem Kopf. Jetzt habe ich angefangen, auch Erzählungen für Jugendliche zu schreiben. Das fällt mir aber schwerer, weil die Geschichte viel Researcharbeit erfordert und dann einige Begebenheiten ausgewählt werden müssen und in eine gestraffte Erzählung geschrieben werden müssen. So habe ich eine Zeitreise in die Hammurabizeit (ca. 1700 v. Chr.) geschrieben.

Welchen Anspruch hast Du an Deine Kindergeschichten?

Sie sollen einen „warmen“ Charakter haben, Kinder ernst nehmen, ein Problem lösen. Das Kind soll sich in der Geschichte geborgen fühlen.

Gibt es ein Projekt, dass Du unbedingt mal machen willst?

Ich würde gerne eine Reihe von Kinderbüchern über verschiedene gesundheitliche Probleme oder Behinderungen schreiben. Die Bücher sollten in Kindergärten und zu Hause vorgelesen werden, wenn eine genannte Behinderung oder chronische Erkrankung bei einem Kind erkennbar wird.
Gerade habe ich für ein Manga-Cartoon die Texte geliefert, so etwas würde mir auch Spaß machen.

Mehr Informationen gibt es unter:
www.epilepsie-elternverband.de

Quelle: Pau Pau Productions
Interview-Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung

Donnerstag, 16. März 2006

Der siebente Code

Filed under: Abenteuer,SciFi — Michael um 21:40

Yoko Tsuno 24 - Der siebente CodeDas in gefährlichen Abenteuern erprobte Team mit Yoko, Vic und Knut ist zum Amazonas aufgebrochen. Die drei folgen einer Einladung zu einem Schachturnier. Yoko ist außerdem in Begleitung ihrer Tochter Morgentau, die von ihrer Mutter auch sogleich ins nächste Abenteuer mitgerissen wird.
Dabei fängt alles so harmlos an. Sicherlich, Emilia, die Tochter ihres Piloten ist ein richtiger Tausendsassa und fliegt bereits mit 14 Jahren wie der Teufel. Klar, die Entführung von Vic und Knut stand auch nicht auf dem Plan. Auch die Gräfin, eine alte Bekannte von Yoko, ist in diesem Fall nur für eine Menge Ärger gut. Und Rasputin kann eine echte Nervensäge sein.

Als Yoko versucht, ihre Tochter wieder zu finden, schlittert sie immer tiefer in ein Abenteuer, mit dem sie in diesem Teil der Welt einfach nicht rechnen konnte. Tief im Dschungel befindet sich eine alte Fabrik, deren Zweck zunächst unbekannt ist. Je mehr Yoko und ihre Freunde jedoch erfahren, umso mehr wird deutlich, wie sehr ihr Abenteuer zu einem guten Ausgang gebracht werden muss, soll nicht eine riesige Katastrophe ihr aller Ende bedeuten.

Die Technik und überaus exakte Zeichnungen waren von jeher ein Markenzeichen der Serie. Roger Leloup ist ein herausragendes Beispiel für die frankobelgischen Comickünstler. Details werden hier keinem Zufall überlassen. Fahrzeuge jeglicher Art, Gebäude, Hintergründe, stets hinterlassen die Bilder einen filmischen Eindruck. Der optische Augenschmaus mischt sich bei Yoko Tsuno mit phantastischen Einflüssen, die stets mit großer Fingerfertigkeit in die Realität eingebunden werden. Seien es gruselige Elemente, Science Fiction oder auch Thriller-Anteile, immer verbindet sich die technische Raffinesse der Wirklichkeit mit den Ideen von Leloup aufs Trefflichste.
Für mich hat die Serie ein gleich bleibendes hohes Niveau und auch der vorliegende Band Der siebente Code reiht sich nahtlos in diese feine Comicserie ein.

Die Geschichten um Yoko Tsuno ziehen Elemente so heran, dass eine Handlung nie vorhersehbar wird. Was im 24. Band als Auftakt zu einem privat organisierten Schachturnier im Amazonasgebiet beginnt, wird alsbald zu einer Geschichte, die tief in die Vergangenheit greift und später phantastisch und beinahe apokalyptisch wird. Eine uralte Fabrik tief im Dschungel erhält durch die Handlung den Anschein eines verwunschenen Tempels und auf gewisse Weise haust in ihm auch ein furchtbarer Gott – ein Vergleich, der gar nicht so weit hergeholt ist. (Mehr soll nicht verraten werden, aber ein, zwei bestimmte Science Fiction Geschichten kennt, wird diesem Vergleich sofort zustimmen.)

Im Gegensatz zur Technik haben Leloups Figuren in der Yoko Tsuno Reihe stets etwas Puppenhaftes. Sie sind weit davon entfernt jenes übermenschliche Aussehen zu haben, was sich in vielen Comics seit zig Jahren findet. Ich finde sie sehr menschlich gelungen, obwohl sie etwas Künstliches haben. Künstlich heißt jedoch nicht, dass sie unsympathisch sind: Das Gegenteil ist der Fall. Ähnlich wie der Leser es zum Beispiel von Tim und Struppi her kennt, zieht Yoko Tsuno einen großen Teil des Charmes (den die Geschichten wahrhaftig besitzen) aus ihren wirklich liebevoll angelegten Charakteren. Selbst neue Figuren, wie die der draufgängerischen 14 Jahre alten Emilia, wachsen einem schnell ans Herz.
Die zeichnerische Darstellung der Menschen hat sich etwas verändert. Sie ist nicht mehr so glatt wie früher. Wer die Bilder aus den ersten Alben mit dem des aktuellen Bandes vergleicht, wird den Unterschied schnell sehen. Es ist immer noch Leloup, aber gereifter, man könnte auch sagen: Yoko ist erwachsen geworden. (Angesichts ihrer Tochter kein abwegiger Gedanke.)

In der Reihe findet sich immer ein, na, ich nenne es einmal Betthupferl. Das ist häufig etwas ganz Besonderes. In diesem Fall ist es der Zar. Das kleine Fluggerät, irdischen Ursprungs diesmal, erinnert an die technischen Errungenschaften des Volkes von Vinea. Vielleicht ist es Leloups eigene Hommage an sich selbst. Das ist natürlich reine Spekulation. Trotzdem ist es schön zu sehen, dass Leloup bei Liebe zum Detail bestehender Technik sich immer noch die tollsten Vehikel selbst ausdenkt und diese so echt konzipiert, als hätten sie tatsächlich eine Werkshalle verlassen.

Spannung, Abenteuer, und das von der ersten Seite an, technische Finessen und eine Handlung, deren Verlauf nicht vorhersehbar ist: Comickultur vom Feinsten. Comicleser, was willst Du mehr? 😀