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Comic Blog


Dienstag, 24. Oktober 2006

Die Künstler: Victor Ens

Filed under: Die Künstler — Michael um 11:18

Victor EnsVictor Ens ist ausgebildeter Animator, (Animation School Hamburg). Viele werden bereits Teile seiner Arbeiten gesehen haben. Victor Ens war so freundlich und hat dem Comicblog einige Fragen zu seiner Arbeit beantwortet.

Comicblog: Sie haben bereits an vielen bekannten Projekten aus Kino, Werbe-Spot und PC-Spiel gearbeitet. Lauras Stern, Der kleine Eisbär 2 – Die geheimnisvolle Insel, Werner 4 – Gekotzt wird später, Der kleine Hunger aus einer bekannten Milchreis-Reklame, Cool Flame oder jüngst der blaue Lino aus dem Linola-Spot. In den Pencil-Tests zeigen sie auf sehr anschauliche Art und Weise die Entstehung von Animation, den Umgang mit den Figuren und die Integration in Hintergründe.
Sie haben in den Bereichen Model-Sheets, Key-Posing und Animation gearbeitet. Viele verschiedene Figuren und Themen haben Sie bereits kennen gelernt. Auf Ihrer Homepage unter www.victor-ens.de und im Weblog unter victor-ens.blogspot.com kann der Zeichentrick-Fan sich einen Überblick darüber verschaffen.

Sie haben unter Ihren Beispielen auch viele Selbst-Tests. Ich vermute, Sie haben lange bevor Sie diesen Beruf ergriffen haben, bereits ähnliche Übungen gemacht. Wissen Sie noch, was die erste Animation war, die Sie zu Papier brachten?

Victor Ens: Vielen Dank erstmal für die vielen netten Bemerkungen über meine Arbeiten.
Mein allererster Animationstest, wenn man ihn so nennen kann, war mit ca. 12 Jahren. Es war eine sehr simple Animation, um es einfach mal auszuprobieren. Es war ein Charakter der sich kurz erschreckte, indem er zunächst neutral schaute, was entdeckte und ganz erstaunt darüber war. Diesen Test habe ich zusammen mit einem Brief, auf deutsch, an Disney geschickt, um zu erfahren, wie ich denn Animator werden könnte. Es kam einige Wochen später auch tatsächlich eine Antwort mit vielen Tipps. Hauptsächlich sollte ich viel über Anatomie und Bewegungsabläufe lernen, egal ob Mensch oder Tier. Diese Tipps gebe ich heute auch noch an viele Leute weiter, die mich dasselbe fragen wie ich damals.

Comicblog: Welche Figur hat Ihnen bis jetzt am meisten Spaß gemacht? Und gibt es Figuren, die leichter oder schwieriger zu animieren sind?

Victor Ens: Am meisten Spaß macht immer noch der kleine Hunger, welcher gleichzeitig auch einfacher zu animieren ist, da er sehr „cartoony“ ist. Heißt, man kann ihn total übertrieben animieren. Schwieriger sind dagegen die Charaktere, die sehr subtil gehandhabt werden müssen. Laura war so ein Charakter.

Comicblog: Die Arbeit an einer Trickszene ist ein aufwendiger Prozess. Können Sie für Laien bitte kurz schildern, wie die Vorgehensweise dabei ist und wie viel Zeit ungefähr dafür benötigt wird?

Victor Ens: Zunächst möchte ich allen Leuten da draußen mitteilen: “Nein, das macht nicht alles der Computer“ :o))))
Die Vorgehensweise ähnelt etwas einem Realfilm mit Schauspielern. Zu aller erst steht natürlich erstmal die grobe Idee einer Geschichte. Es folgt ein Skript, das schon sehr detailliert ist und es werden die Figuren, Gegenstände und Sets gestaltet. Das Skript zusammen mit den Entwürfen der Figuren und Sets usw. bekommen dann diverse Storyboard-Leute. Die machen kleine Skizzen von jeder einzelnen Szene, die dann abgefilmt werden, um einen groben Eindruck zu bekommen, wie die Szene später im Film aussehen wird. Es werden dazu natürlich Dialoge und Musik aufgenommen. Wenn man sich dann einig geworden ist, geht das ganze zu den Layout-Leuten. Diese legen ganz genau fest wo die Kamera, die Figuren, die Gegenstände und alles andere, wie z.B Lichtquelle sich befindet. Diese Sachen bekommt anschließend der Animator, der die Charaktere zum Leben erweckt. Hier entscheidet sich, wie die Figur letztendlich auf der Leinwand agiert. Diese Stufe bezeichnet man als Rough-Animation, da die Zeichnungen noch von den Clean-up-Leuten „gecleant“ (gesäubert) werden müssen. Sie müssen darauf achten, dass die Zeichnungen ganz sauber aussehen und das Volumen gleich bleibt. Mit einfach „durchpausen“ ist es nicht getan. In der Zwischenzeit malen viele hochtalentierte Leute, ebenfalls nach den Vorgaben der Layout-Leute, die Hintergründe. Alles noch schön per Hand. Der Einsatz der Computer kommt beim eventuellen nachbessern der Farben und kleineren Details. Wenn alles soweit fertig ist werden die ganzen vielen Zeichnungen und Hintergründe eingescannt und im Computer koloriert. Zum Schluss kommen alle Effekte wie Staub, Nebel, Wasser und Feuer (was auch vorher gezeichnet wurde) dazu und es wird die komplette Szene zusammengebaut (Compositing). Im Groben war’s das.

Comicblog: Die Bewegung eines Menschen lässt sich nicht unbedingt leicht, so doch wenigstens auch an der eigenen Person herleiten. Wie werden die Bewegungen eines Eisbären und eines Seehundes abgeleitet, so wie sie in Der kleine Eisbär zu sehen sind?

Victor Ens: Hier spielt es wieder eine sehr große Rolle viel, viel zu beobachten. Das heißt nicht nur dasitzen und zu gucken, sondern Skizzen machen. Diese sind meistens sehr, sehr grob, da sie in 10-30 Sekunden entstehen und die Bewegung eines Tieres oder eines Menschen wiedergeben. Dabei sind die Details, wie Streifen auf einem Zebra überhaupt nicht wichtig. Man muss korrekt die Gestalt, Pose und Perspektive einfangen.

Comicblog: Die Themen, an denen Sie gearbeitet haben, waren bisher schon sehr vielfältig. Gibt es ein besonderes Thema oder Genre, eine besondere Figur, die Sie als Animator besonders reizen oder auch herausfordern würde.

Victor Ens: Besonders reizvoll sind natürlich die Kinofilme. Man hat viel mehr Zeit sich mit den Figuren und deren Eigenheiten zu beschäftigen, während man beim „kleinen Hunger“ beispielsweise dafür fast keine Zeit hat.

Comicblog: Wann kann man wieder etwas Neues von Ihrer Arbeit im Kino oder TV bewundern?

Victor Ens: Das nächste Projekt, an dem ich mitgearbeitet habe und das im Kino erscheinen wird, ist „Das doppelte Lottchen“. Kommt ca. März 2007 in die Kinos.

Comicblog: Ich bedanke mich für das Interview und wünsche Ihnen noch viel Erfolg bei Ihrer Arbeit.

Links: www.victor-ens.de, victor-ens.blogspot.com