Freitag, 09. Februar 2018
Die Sendereihe PLANET WISSEN hat sich in einer ihrer Folgen mit dem Thema COMICS beschäftigt. Medial stärker präsent als jemals zuvor (auch dank einer regelrechten Flut von Kinofilmen und Pantoffelkinoserien), findet sich auf der PLANET-WISSEN-Seite eine Menge interessantes Material für Neueinsteiger ins Medium. Aber auch jahrelange Comic-Fans können noch fündig werden. Zu Wort kommen außerdem der Literaturkritiker DENIS SCHECK (der auch mal Comics in seiner Sendung empfiehlt) wie auch der deutsch Comic-Künstler REINHARD KLEIST, der sich hierzulande mit seinen Comic-Biografien einen Namen gemacht hat. Zur Seite: PLANET WISSEN: COMICS. 🙂
Montag, 05. Februar 2018
Die Unruhen herrschen weltweit. Ob in New York, Moskau oder in den Wüstengebieten Afrikas, überall stehen die Menschen mit Gewalt gegen Politiker und Reiche auf. Viele haben nichts mehr zu verlieren. Die Bewohner der neuen GOLDEN CITY interessieren diese aus Verzweiflung geführten Aufstände, in denen es um das pure Überleben geht, nicht. Fernab zieht das neue Reichenmekka seine Bahn durch das All. Dort Zugang zu finden ist nicht einfach, aber einer hat es dennoch geschafft. JOHN CARTER, angeblich Journalist, hat Informationen über den vermissten HARRSION BANKS und will diese teuer verkaufen …
Ab in Weltraum, zurück auf der Erde hinunter in die Tiefsee! GOLDEN CITY 11, Untertitel DIE FLÜCHTIGEN, geizt nicht mit reizvollen und äußerst gegensätzlichen Handlungsorten. Bei der Hatz steht eine ungewöhnliche Rettungsaktion im Vordergrund. Wer die Science-Fiction-Serie verfolgt hat, wird natürlich auch mit der Wohngemeinschaft mitgefiebert haben, die die Hauptfigur HARRISON BANKS zeitweise tatkräftig unterstützt hat. MIFA, eine junge Frau aus dieser kleinen Familie, wurde auf GOLDEN CITY verschleppt. Wie Autor DANIEL PECQUEUR den Bogen einmal quer über diese riesige, zurückgelegte Entfernung spannt, ist erstklassiges Thrillermaterial.
Es ist auch in der 11. Folge toll, wie eben dieser Spagat zwischen spannendem Thriller, zukünftiger Weltenbeschreibung und Einbindung ebensolcher Technologien gelingt. Hier wird nicht auf verschiedene Elemente gepocht, sondern sie werden mit einer Beiläufigkeit und Selbstverständlichkeit eingebaut, teils auf der Basis des heute Machbaren, dass zu keinem Zeitpunkt Fragen aufkommen, oder das etwas in Frage gestellt wird. Die weiterhin fantastische Gestaltung von Zeichner NICOLAS MALFIN und die überaus plastische Kolorierung von PIERRE SCHELLE tun ihr Übriges, um diese hier abgebildete Zukunftsvision verdammt realistisch erscheinen zu lassen.
Ein Wort zu HARRISON BANKS: Ein Superreicher stellt sich gegen seine eigene Klasse. Dieses Motiv zieht sich durch einen großen Teil der Serie. Daraus entsteht gleichermaßen der Sympathiefaktor. Jugendlich, bereit jegliche Entbehrungen für seine Freunde auf sich zu nehmen, verletztlich, physisch wie psychisch, sportlich zieht er den Leser mit, ohne durch den Illustrationsstil NICOLAS MALFINS an ein bekanntes Gesicht erinnert zu werden (wie es bei anderen Zeichnern durchaus vorkommt). Mit der kleinen WOHNGEMEINSCHAFT werden weitere Leser positiv eingefangen. Denn diese Gruppe junger Leute hat es nicht in die Enge der Städte verschlagen. Vielmehr haben sie sich abseits an der Meeresküste angesiedelt, wo das Leben zwar einsam, mitunter hart ist, aber die Welt und die See noch Schönheit abseits einer großen Armut und Überbevölkerung vermittelt.
Der Mond, für dreißig Jahre von der Völkergemeinschaft gepachtet (da der Mond niemandem gehört): HELIUM-3, ein Rohstoff, von den Sonnenwinden zur Mondoberfläche geweht, soll hier für saubere und sichere Energie auf der Erde ausgebeutet werden. Dieses Projekt wird von NICOLAS MALFIN mit der gleichen technischen Eleganz und Finesse dargestellt, wie es der SciFi-Fan von anderen Zeichnern wie ROGER LELOUP oder MOEBIUS her kennt und mag.
Eine Science-Fiction-Saga mit Suchtpotential, starken Charakteren, die wachsen und von Autor DANIEL PECQUEUR vor ständig neue Herausforderungen gestellt werden. SciFi auf der Basis einer Technik von heute, begreifbar, gleichzeitig ein Thriller, der mit dem Leser Achterbahn fährt. Eine Serie ohne Müdigkeitserscheinungen! Erste Sahne! 🙂
GOLDEN CITY 11, Die Flüchtigen: Bei Amazon bestellen.
Montag, 29. Januar 2018
Die schiere Not auf dem Schlachtfeld des Ersten Weltkriegs ließ den verwundeten Soldaten zu einer Verzweiflungstat greifen. Aus dem Dunkel kamen die Vampire zu den Toten und Sterbenden, um sich an ihrem Blut zu laben. Doch BALTIMORE, ein Lord sogar, dachte nicht daran, als Futter diese Welt zu verlassen. Er wehrte sich in einem letzten Aufbäumen, so nahm er zu diesem Zeitpunkt an. BALTIMORE verletzte einen der Vampire schwer. Gleichzeitig überlebte der Soldat. Nur um mitzuerleben, wie dieses von ihm getroffene finstere Geschöpf Rache schwor, Pest, Vampire und Dämonen die Welt in ein dunkleres Zeitalter stürzten, als es ohnehin schon war.
Zu Beginn allein auf der Jagd hat BALTIMORE nach weiteren Schicksalsschlägen noch andere Jäger um sich geschart. Etappenziele wurden erreicht, aber das Böse ist noch lange nicht ausgerottet. Die Welt, so scheint es, hat sich in einziges transylvanisches Fegefeuer verwandelt. Russland, Italien, Türkei, die afrikanische Mittelmeerküste, zig Orte und keiner ist verschont geblieben. In dieser Hatz ist es dank der Kolorierungskünste von DAVE STEWART, einem künstlerischen Veteran in den Welten von MIKE MIGNOLA, stets düster, höllisch rotes Licht pulsiert, Himmelsleuchten verklärt die Nacht, Unwetter ängstigen die Akteure und schaffen eine durchweg apokalyptische Stimmung. (Und natürlich darf die Koloristin MICHELLE MADSEN in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen werden.)
Grafisch orientieren sich die beiden Comic-Zeichner PETER BERGTING und BEN STENBECK natürlich am Ursprungskünstler MIKE MIGNOLA und seiner wunderbaren Art der Reduzierung. MIKE MIGNOLA arbeitete nicht gleich zu Beginn seiner Karriere so, wie Arbeiten wie FAFHRD UND DER GRAUE MAUSLING oder UNENDLICHE ODYSSEE zeigen. Erst mit HELLBOY führte er den ganz eigenen Stil in die Perfektion. PETER BERGTING hat zu Beginn des backsteingroßen Bandes in seiner Stilistik noch Anklänge eines Superheldenzeichners aus den 1990ern. Alles ist noch etwas fragil, langgestreckter, etwas verzerrt mitunter. Im weiteren Verlauf entsteht eine Mischform aus der grafischen Anmutung eines MIKE MIGNOLA, aber auch aus GUY DAVIS (B.U.A.P.).
BEN STENBECK (Kapitel DER WOLF UND DER APOSTEL) tendiert mit den deutlich fetter getuschten Zeichnungen mehr hin zum kräftigen Stil eines RICHARD CORBEN (BIGFOOT). Das sehr klassisch angelegte Monsterabenteuer ist eine Art Epilog zu einer Figur, die BALTIMORE bei anderen Gelegenheiten das Leben schwer gemacht hat, den INQUISITOR RICHTER DUVIC. Dieser hat auf grausame Weise die Seiten gewechselt. Das ist Gruselatmosphäre im Stile von DER FLUCH VON SINIESTRO und kommt wie klassischer HAMMER-Horror daher.
In LEERE GRÄBER und DAS ROTE KÖNIGREICH hält wieder das epische Flair in BALTIMORE Einzug. Bezeichnend für die Infernalität des Szenarios ist die Zerstörung der berühmten Pietà von MICHELANGELO im Petersdom im Herzen des Vatikans. Fans von MIKE MIGNOLA, die bereits die gigantischen Auseinandersetzungen der B.U.A.P. verfolgten, werden an der breit angelegten Geschichte ihre Freude haben. Erdrückend und bedrückend anzuschauen, wie die beiden Autoren MIKE MIGNOLA und CHRISTOPHER GOLDEN den Erdball in einen dämonischen Weltkrieg überführen. Exemplarisch gibt es eine ganzseitige Illustration, die einen überdimensional gigantischen ROTEN KÖNIG zeigt, wie er einen brennenden Globus umarmt.
BALTIMORE, vom Einzelgänger zum Teamplayer: Hier hat sich einiges getan. In frühen Abenteuern hat sich die Figur des ehemaligen Soldaten regelrecht gegen Kampfgefährten, Anhängsel, Freunde gar gewehrt und die Verantwortung für fremde Leben abgelehnt. Inzwischen aber hat BALTIMORE andere vom Schicksal geschlagene Mitstreiter getroffen, ähnlich in der Überzeugung, der Tatkraft, getrieben von Hass auf das Böse, haben die Dämonen ihre Feinde unter den überlebenden Menschen herangezüchtet. So entsteht für den Leser ein eng verzahntes Team, dicht erzählt, mit starken Charakteren.
Episch, bombastisch, ein Weltuntergangsszenario als hätten sich H.P. LOVECRAFT und WILLIAM SHAKESPEARE zu einer Geschichte zusammengefunden. Britisches Drama, finstere, unbeschreibliche, schwer fassbare Mächte, deren kleinere Stellvertreter das Grauen in die Welt tragen. Düster illustriert von PETER BERGTING und BEN STENBECK. Ein fulminanter Horror auf annähernd 550 Seiten (!). Erstklassig für Freunde des gepflegten Schreckens! 🙂
BALTIMORE 2: Bei Amazon bestellen.
Oder bei Cross Cult.
Dienstag, 23. Januar 2018
Die drei jungen Frauen wurden unter Drogen gesetzt, denn wer, das ist dem jungen Engländer ALEXANDER MARTIN gleich klar, würde sich freiwillig auf einen Scheiterhaufen begeben? Die Szene, ohnehin aus westlicher Sicht erschütternd genug, wird noch dramatischer, als bei einer der Witwen, die dort zusammen mit ihrem verstorbenen Ehemann beigesetzt werden sollen, die Wirkung der Drogen nachlässt. Panisch versucht sie aus den Flammen zu fliehen und wird sogleich mitleidlos ins Feuer zurück gestoßen …
Unterschiedlicher könnten die Kulturen kaum sein: Das britische Empire prallt auf die geballte Exotik Indiens. In der dritten Folge von RAJ gelingt der Einstieg mühelos. Die ersten beiden Episoden erschienen vor einigen Jahren, wurden aber nicht vom ursprünglichen Verlag komplettiert. FINIX COMICS schließt die Lücke jetzt. Das Comic-Gespann WILBUR und DIDIER CONRAD wird Comic-Fans sicherlich ein Begriff sein. DIE MARSU-KIDS oder DIE WEISSE TIGERIN erschienen hierzulande. DIDIER CONRAD ist außerdem der Zeichnernachfolger von ALBERT UDERZO in der langjährigen Serie ASTERIX geworden.
Damit eröffnet sich auch gleich ein Anknüpfungspunkt. Denn vergleicht allein die hier genannten vier Serien, wird man sofort die unterschiedlichen grafischen Stile erkennen und feststellen, wie gut DIDIER CONRAD mit seinem illustratorischen Rüstzeug in diese verschiedenen Künstleridentitäten schlüpft. RAJ ist in einer sehr klaren Linie gezeichnet (bei der viele natürlich zuerst an HERGÉ denken, aber RAJ ist deutlich weniger karikaturesk).
Der hier vorliegende Band, ein Doppelalbum mit dem Titel IM BANN DER MÖRDERISCHEN BRUDERSCHAFT, fasst die Kapitel 3, AYESHA, und Kapitel 4, DIE WÜRGER, zusammen. Letzterer Untertitel gibt die Marschrichtung der Handlung vor, denn im Kern bereiten die Anhänger der Göttin KALI den Helden der Geschichte große Schwierigkeiten (INDIANA JONES UND DER TEMPEL DES TODES lassen grüßen). Wie im Hollywood-Blockbuster ist die geheimnisvolle Sekte die Speerspitze einer völlig fremden Kultur, in der es den englischen Eindringlingen bislang nicht gelungen ist, Witwen vor der gemeinsamen Verbrennung mit ihrem verstorbenen Ehemann zu bewahren.
So darf sich niemand von der grafischen Umsetzung täuschen lassen. WILBUR und DIDIER CONRAD nehmen ihre Geschichte sehr ernst. LORD BULLOCK sucht die junge AYESHA, die ihm wie eine Tochter geworden und nun seit drei Wochen verschwunden ist. Die Suche fördert furchtbare Entdeckungen und Begegnungen zutage, gefährlich, nervenaufreibend. Der Leser verfolgt die Geschehnisse durch die Augen des stetig dazu lernenden Kolonialagenten ALEXANDER MARTIN, optimistisch, schockiert, angestrengt, aufgeschlossen.
Ein schönes Zwischenspiel, eine atmosphärische Vertiefung der jeweiligen Sequenz sind die wiederkehrenden ganzseitigen Einschübe, fast so, als würde von den aufgeteilten Seiten kurz auf Breitwandkino umgeschaltet. BENARES mit seiner schwer fassbaren Architektur im Jahre 1832 ist bereits uralt und im Verfall begriffen, so wie fast alles in diesem scheinbar elendig alten Land, angekommen im Stillstand, wo in der Finsternis auf der Stelle getreten wird. Die Briten halten sich abseits in ihren Enklaven und starren auf die Einheimischen wie Besucher in einem Zoo oder in einem Theaterstück.
Sehr dicht erzählt, auch für Freunde von historischen Romane geeignet, abenteuerlich, kriminalistisch, von Romantik keine Spur. In schöner Linie gestaltet, mit grundsätzlich warmen Farbtönen koloriert. WILBUR und DIDIER CONRAD haben hier ein feines, toll erzähltes Szenario abgeliefert, wie es nicht oft im Medium Comic aufgegriffen wird. Klasse! 🙂
RAJ 3, Im Bann der mörderischen Bruderschaft: Bei Amazon bestellen.
Oder bei Finix Comics.
Freitag, 19. Januar 2018
Ein Mann auf der Veranda? Mitten in der Nacht? In der amerikanischen Vorstadt, die längst keine Idylle mehr ist. ANTON SPADACCINI darf sich seiner Exfrau COOKIE eigentlich nicht mehr als auf 50 Meter nähern. Aber der von seinen eigenen Kollegen gesuchte SPADACCINI alias WONDERBALL macht sich Sorgen. Um seine Exfrau und seinen bei ihr lebenden Sohn. Ein guter Grund also, wenigstens einmal (oder einmal mehr) auf Gerichtsurteile zu pfeifen und auf COOKIES Milde zu hoffen. Oder sind seine Verfolger bereits da und haben nur auf ihn gewartet?
Will WONDERBALL überhaupt Antworten? Sollte es ihn nach all den Ereignissen überhaupt noch nach Antworten verlangen? In der vierten und vorletzten Episode von WONDERBALL, FOTOGRAF mit Namen, verdichten sich die Fährten, denen INSPEKTOR SPADACCINI bisher folgte, mehr und mehr zu einer einzigen Spur. Aber der Preis ist hoch. Der Polizist wankt auf einer Spur aus Morden und mörderischen Gesellen, die geradewegs aus einem Horrorfilm entsprungen sein könnten. Und Schuld daran hat eine geheimnisvolle Organisation namens COLLEGIUM OCCULTUM.
Während der INSPEKTOR den Spuren folgt, versorgt die Autoren FRED DUVAL und JEAN-PIERRE PECAU (zusammen mit FRED BLANCHARD) den Leser mit Hintergrundinformationen. Insbesondere der Horror, der von der titelgebenden Figur des FOTOGRAFEN ausgeht, wird ins Zentrum gerückt. ALAN SMITHEE, so der Name, sieht sich selbst als Avantgarde-Künstler und dreht gleichzeitig Filme, die den Begriff Snuff-Video auf ein völlig neues, furchtbares Level heben. Die mit äußerst abartigen Tendenzen versehenen Gegner von INSPEKTOR SPADACCINI bleiben sich also mehr als treu. Aus welchem Grund das so ist, wird in dieser Folge final gelüftet. Letzte Fragen und Antworten bleiben dem fünften Teil vorbehalten.
Horror entsteht hier im Kopf. Alleine die textlichen Regieanweisungen von ALAN SMITHEE erzeugen genügend Bilder beim Leser. Kleine Accessoires besorgen den Rest. Andere Kleinigkeiten sorgen für Atmosphäre, lassen die Zeit aufleben. Der Tod des Sängers KLAUS NOMI im Jahre 1983 wird in einem Magazin erwähnt. Eine BETAMAX-Kamera hält als Wunderwerk der Technik Einzug in den Alltag. Und der IT-Spezialist WILL WINDOW hält die ermittelnde Beamtin, INSPEKTORIN OSTERBERG, mit seinen Datenbank-Recherchen weiterhin auf dem Laufenden.
Ganz nebenbei bringt Top-Illustrator COLIN WILSON sogar noch ein Gemälde von TAMARA DE LEMPICKA (Motiv: YOUNG LADY WITH GLOVES) in der Geschichte unter. Es ist ein kleiner Ruhepunkt neben Schießereien in Los Angeles und nächtlichen Streifzügen in Wohngegenden sowie besagten Szenen rund um den FOTOGRAFEN. COLIN WILSON macht diese Zeitreise zu einem Krimischmuckstück. Ein ehemaliges Wohnhaus von JUDY GARLAND am MULHOLLAND DRIVE wird zum Spielort (ein NORMAN BATES aus PSYCHO hätte an der hölzernen Architektur des Gebäudes seine helle Freude gehabt). Nachts erstrahlen die Freeways und der Hollywood Boulevard. Und unter den Autobahnbrücken herrscht drückende Finsternis.
Auf dieser toll vermittelten Atmosphäre kommt der erzählte Thriller voll in Fahrt. Spannende Momente zieht er aus den Erlebnissen von WONDERBALL, faszinierende Momente entstehen durch die im COLLEGIUM OCCULTUM angesiedelte Handlung. Schießereien und gewalttätige Auseinandersetzungen erinnern Hollywood-Vorbilder der 1970er und natürlich 1980er (vielleicht mit einer Spur mehr Action, wie es das moderne Auge der 2010er gewöhnt ist). COLIN WILSON beschafft dem Leser kamerasprachlich klasse Totale, geht aber auch im Sinne von starker Emotion nah an die Akteure heran. Beides ist sehenswert und technisch perfekt.
Wäre WONDERBALL ein Kinofilm, würde man sich manchesmal mit den Fingernägeln in die Armstützen verkrallen. Ein echtes Comic-Thriller-Erlebnis mit toller Optik, einer guten Geschichte und harter Action. Die vorletzte Folge ist ein krasser Knaller! 🙂
WONDERBALL 4, FOTOGRAF: Bei Amazon bestellen.
Oder bei Schreiber und Leser.
Mittwoch, 17. Januar 2018
Falsch verbunden? So werden die meisten Menschen wahrscheinlich äußerst selten geweckt. Eine Frau ruft mitten in der Nacht an. Jackie, völlig schlaftrunken, vertröstet die Anruferin auf einen Termin am nächsten Morgen im Büro, nur um festzustellen, dass sie ihn für einen Mordauftrag anheuern will. Einem ersten Impuls nachgebend setzt Jackie die junge Frau mit dem blauen Auge vor die Tür. Als er sich eingesteht, einen Fehler begangen zu haben, ist es bereits zu spät. Die Frau ist verschwunden …
ALAIN DODIER setzt seine Kriminalfälle um den Privatdetektiven JACKIE KOTTWITZ fort. Und beginnt gleich mit einer Doppelfolge: BEI ANRUF MORDAUFTRAG und IM VISIER. JACKIE, eine Mischung aus MONSIEUR HULOT und JULES MAIGRET, bislang mehr ein heimlicher Jäger, sieht sich auf einmal selbst als Ziel eines professionell agierenden Mörders, denn natürlich hat die Verwechslung mit dem Killer ihre Folgen. Das Geheimnis von ALAIN DODIERS Kriminalgeschichten liegt nicht nur im Charme der Figuren begründet. Vielmehr ist es die Alltäglichkeit, aus der sich plötzlich eine oftmals gefährliche Situation entwickelt. Die Abgründe sind mal mehr, mal minder tief, aber hinter den bürgerlichen Fassaden sind sie stets vorhanden.
Selbst der Mörder, der JACKIE KOTTWITZ nachsteigt, versteckt sich zunächst hinter einer solchen Fassade. Und es ist nicht die einzige Tarnung, die in dem Zweiteiler auffliegt. Wie das Titelbild von IM VISIER verrät, fällt die Handlung diesmal etwas aktionslastiger aus. An einer Szene ganz besonders hätte sogar ein JAMES BOND seine helle Freude gehabt (Stichwort: LEBEN UND STERBEN LASSEN). Der Doppelhandlung angeschlossen ist ein feines Making-of. Es ist immer wieder interessant, welche Phasen alleine das Titelbild eines Bandes durchläuft, wie lange und genau ALAIN DODIER an der richtigen Optik feilt. Klar, ein Titelbild muss die Handlung auch auf den ersten Blick spannend anpreisen. Das Titelbild der vorliegenden 7. Gesamtausgabe ist gleichzeitig jenes von BEI ANRUF MORDAUFTRAG.
In einem auf den ersten Seiten abgedruckten Interview schildert ALAIN DODIER seine Arbeitsweise, gleichzeitig verschweigt er aber nicht die Schwierigkeiten, mit denen selbst ein sehr guter Illustrator wie er (meine Worte) manchmal zu kämpfen hat, wenn es um den richtigen Ausdruck, die beste Perspektive oder Haltung geht. Wie er an Lösungen herangeht, lässt sich so schön wie eindrucksvoll aus seinem Making-of ersehen. Perfekt für Comic-Fans, die den Blick hinter die Kulissen mögen.
FAHRERFLUCHT lautet der Name des dritten Albums in diesem Band und stellt gleich unter Beweis, wie JACKIE KOTTWITZ die Aufgaben oftmals geradezu vor die Füße fallen. Ein kleines Mädchen sitzt vor seinem Büro. Es stammt aus einer Nachbarwohnung. Der Vater der Kleinen ist in der Nacht einfach verschwunden. So harmlos beginnt alles und spitzt sich dann immer weiter zu. Cineasten dürfte der Wagen, ein ASTON MARTIN, auf dem Titelbild gleich bekannt vorkommen (selbst jene, die kaum mit dem Kino in Berührung gekommen sind, dürften das Fahrzeug erkennen). Aber dieses Automobil wirkt nicht wie der einzige Fingerzeig in diesem Band.
Eine von JACKIE KOTTWITZ beobachtete, wortlos geführte Auseinandersetzung schaut aus wie ein Familiendrama in einer erwachsenen Version zwischen VATER UND SOHN. Neben dem Tagesablauf eines unorthodoxen Privatdetektiven werfen wir zusammen mit JACKIE KOTTWITZ auch einen Blick in das Leben eines Bildhauers. Außerdem wird die Beziehung zwischen JACKIE und BABETTE vertieft. Eigentlich bedient sich ALAIN DODIER all jener Rezepte wie sie andere langlebige Krimiserien hierzulande nutzen (WILSBERG z.B. verwendet vergleichsweise eine ähnliche Rezeptur und strahlt gleichzeitig einen ebensolchen Charme aus).
ALAIN DODIER kennt seine Figuren perfekt und weiß eine Handlung auch über eine längere Strecke, über ein Album hinaus anzulegen. Indem er seinen Helden zur Zielscheibe macht, wird die Spannung drastisch angezogen. Ein starker Zweiteiler, eine fein beobachtete dritte Geschichte und alle drei stilistisch klar und toll illustriert. Wie man an anderer Stelle sagen würde: Prädikat wertvoll! 🙂
JACKI KOTTWITZ, Gesamtausgabe, Band 7: Bei Amazon bestellen.
Oder bei Finix Comics.
Montag, 25. Dezember 2017
Unmögliche Aufträge, waghalsige Aufklärungsmissionen: Dafür sind die imperialen Soldaten der NARBENTRUPPE genau die richtigen Draufgänger. Direkt DARTH VADER unterstellt, gehen sie dorthin, wo normale Truppen keine Chance haben. Zu versagen ist niemals eine Option. Vor kurzem hat die Einheit ihren Sergeant verloren, der neue, SERGEANT KREEL, muss sich erst bewähren. Deshalb sehen die Truppler einfach zu, als ihr Anführer von einem Monster in einem Abwasserkanal in die Tiefe gezogen wird. Kann er sich befreien, ist ihm einiges zuzutrauen. Falls nicht … dann gibt es eben einen weiteren neuen Sergeant.
JASON AARON entführt den Leser zu Beginn, vor dem Hauptabenteuer DER LETZTE FLUG DER HARBINGER, in eine Episode auf TATOOINE, in die Exilzeiten von OBI-WAN KENOBI. Dieses von MIKE MAYHEW ganz famos illustrierte Abenteuer zeigt sehr anschaulich die wahre Gefährlichkeit eines WOOKIE, obwohl die Kampffertigkeiten dieses Volkes in ANGRIFF DER KLONKRIEGER schon vor Augen geführt wurde. Doch der Kopfgeldjäger BLACK KRRSANTAN ist noch aus einem ganz besonderen Holz geschnitzt. MIKE MAYHEW zeichnet hyperrealistisch, orientiert sich aber bei den menschlichen Figuren nur an den Kinovorbildern und versucht nicht unbedingt EWAN MCGREGOR oder ALEC GUINNESS zu kopieren. Typische Charakteristika eines OBI-WAN KENOBI bleiben natürlich erhalten.
Ähnlich verhält es sich bei Comic-Künstler JORGE MOLINA, die Aufgabe übernommen hat, LUKE SKYWALKER, PRINZESSIN LEIA, HAN SOLO und andere bekannte Helden auf dem letzten Flug der HARBINGER zu zeigen. Auch dieser Künstler nähert sich den Schauspielern wie CARRIE FISHER oder HARRISON FORD an, behält sich trotzdem noch genug Raum für eigene Interpretationen der Figuren vor. So entsteht eine gute Mixtur zwischen Vorlage und Comic-Darstellung, passend zu einer sehr actionlastigen Handlung, zuweilen überdreht lustig und insgesamt bildlich überdurchschnittlich.
DER LETZE FLUG DER HARBINGER ist eine Art Selbstmordunternehmen (natürlich wollen die Beteiligten mit dem Leben davonkommen, immerhin ist der Held von YAVIN 4 mit von der Partie). Auf der anderen Seite darf man als Leser neben den Soldaten der NARBENTRUPPE ein wenig Egoshooter-Atmosphäre erleben. Wie diese Sturmtruppen in städtischen Ruinen ihrer Arbeit nachgehen, ist genau solchen Situationen wie in den jüngsten Spieleangeboten nachempfunden. Der Auftakt der Geschichte ist bitterernst und wird von einer späteren Szene getoppt, die wie eine Hommage an die brutale Kreativität von JOSS WHEDONS REAVERN wirkt.
Ob Klamauk hin oder her: Wenn PRINZESSIN LEIA und HAN SOLO ein Rennen quer durch einen STERNZERSTÖRER veranstalten, bei dem es einzig zu ermitteln gilt, wer denn der Captain des Raumschiffes sein soll, dann bleibt in gewissem Sinn kein Auge trocken. Ohne Zweifel knüpft JASON AARON an die Zwistigkeiten und Neckereien der beiden Akteure an, die schon in EINE NEUE HOFFNUNG und DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK gepflegt wurden.
Ein toughes STAR-WARS-Abenteuer ohne Wenn und Aber. Flott erzählt, fügt sich gut in die bestehende Storyline ein, grafisch ein echter Höhepunkt und Hingucker! Starke Space Opera. 🙂
STAR WARS, DER LETZTE FLUG DER HARBINGER: Bei Amazon bestellen.
Oder bei Panini Comics.
Sonntag, 24. Dezember 2017
Der Terrigen-Nebel ist für die INHUMANS kein bloßer Bestandteil ihrer Kultur und ihrer körperlichen Entwicklung. Er ist Teil eines komplexen Gefüges, eine unverzichtbare Stütze. Bei MUTANTEN wirkt er wie ein hoch dosiertes Gift, absolut tödlich. Lokal konzentriert ließe sich das Problem wortwörtlich umgehen, leider ist die Wolke in Auflösung begriffen. Ihre Inhaltsstoffe drohen auf die gesamte Welt überzugreifen. Für die MUTANTEN bedeutete dies das Ende. Ohne Rückzugsmöglichkeit. Die X-MEN, nicht alle, beschließen einen Präventivschlag gegen die INHUMANS, so lange noch Zeit dafür ist …
Vor gar nicht allzu langer Zeit gelang es einem kleinen Team junger Mutanten, X-MEN, aus der Vergangenheit in die Zukunft zu reisen. Dort mussten sie feststellen, wie sehr sich die Welt zum Schlechten verändert hatte, wieviel Leid die Auseinandersetzungen verschiedener Gruppen, MUTANTEN, Menschen oder INHUMANS über die Erde gebracht hatte. Besonders CYCLOPS erfuhr, welche Katastrophe sein älteres Ich ausgelöst hatte. Statt sich aus allem herauszuhalten (wie ursprünglich geplant), wurden die Reisenden aus der Vergangenheit in die Konflikte mitten hinein geworfen und gleichzeitig ein wichtiger Bestandteil dieser Zukunft.
Bestes Beispiel ist BOBBY DRAKE alias ICEMAN, der in dem INHUMAN ROMEO seine große Liebe findet. Gleichzeitig, wie schon in klassischen Liebesgeschichten, überwindet diese Verbindung die Kluft zwischen unterschiedlichen Gruppen, hier MUTANTEN und INHUMANS, die mit ihren Fähigkeiten, den MUTANTEN ähnlich sind, ihre Kräfte jedoch auf andere Weise erwerben. Und genau dieser Werdungsprozess ist es, der die X-MEN (und andere MUTANTEN) zum Handeln zwingt, weil insbesondere MUTANTEN durch diesen Prozess konkret an Leib und Leben bedroht sind.
Deshalb wird dieses Finale zu einer heftigen Auseinandersetzung, die schließlich in einer Aufklärung einer seit längerem heimlich gestellten Frage führt. Die Autoren DENNIS HOPELESS, YVES BIGEREL und SINA GRACE beschäftigen sich einerseits mit dem Ende eines großen Konflikts und beantworten noch eine weitere Frage: Was machen Mutanten eigentlich in ihrer Freizeit? Wenn eine solch furchtbare Zeitspanne ausgestanden ist? Wenn das Adrenalin abflaut, wie kommt ein Mutant wieder runter? Wo in der ersten Hälfte der Handlung viel Drama, viel Tragik, viel Action zu finden sind, darf in der zweiten Hälfte auch ein wenig Humor zum Tragen kommen, aber nicht allzu viel.
Grafisch ist der gesamte Band Top. Optisch bleibt die von MARK BAGLEY (DER ULTIMATIVE SPIDER-MAN) illustrative Vorgabe auch bei den anderen Zeichnern erhalten, einzig die Abschlussepisode, eine Art Nachtisch zum Finale, DIE RÜCKKEHR DES PHOENIX, tendiert mehr in Richtung einer Manga-Replika. Der X-MEN-Fan findet hier große Gefühle optisch umgesetzt (Stichwort: Romanze), Action satt (klar, wenn zwei große Gruppen mit irren Kräften aufeinander treffen) und einen ruhigeren Ausklang (Stichwort: Urlaub). In diesem Ausklang gilt ein besonderes Augenmerk der Kolorierung, die hier am besten gelungen, sehr kräftig und leuchtend geworden ist.
Starkes Finale, befriedigendes Ende mit einem Blick hinter die Gefühle und Beziehungskulissen der Helden. Eindeutig für Fans der Serie (wer den bisherigen Werdegang der Storyline nicht kennt, hat es schwerer und sollte unbedingt in den vorherigen Bänden einsteigen). 🙂
DIE NEUEN X-MEN 4, FATALES FINALE: Bei Amazon bestellen.
Oder bei Panini Comics.
Dienstag, 19. Dezember 2017
In der Zukunft: SUPERMAN stirbt und mit ihm eine ganze Welt. In der Gegenwart: SUPERMAN erhält eine Einladung der INFINITY CORPORATION. Bei seiner Ankunft erwartet ihn eine Überraschung. Tote SUPERMEN, den Angaben des jugendlichen Teams dieser seltsamen Firma nach mindestens 60 Leichname, bilden ein furchtbares Knäuel auf den kalten Stahlböden des futuristischen Gebäudeinnenlebens. Dennoch hält sich das Grauen bei den jungen Leuten, besonders bei ihrem offensichtlichen Anführer VINCENT in Grenzen. Seine Bemühungen scheinen einzig darauf abzuzielen, SUPERMANS Leben zu retten …
KRYPTON: Ein zerstörter Mythos des DC-Universums, dank SUPERMANS Herkunft häufiger Erzählmittelpunkt gewesen, wird in der Gegenwart der JUSTICE LEAGUE OF AMERICA zu einer planetaren Bedrohung. Eigentlich sollte es für SUPERMAN ein Grund zur Freude sein, einen Rest seines Geburtsortes auf der Erde begrüßen zu dürfen, doch allein der Auftakt der Geschichte kündet von einer furchtbaren Katastrophe. Denn SUPERMAN wird sterben. Wieder einmal. Nicht nur ein Mal.
BRYAN HITCH, spätestens seit seinen Arbeiten für DIE ULTIMATIVEN (MARVEL) auf dem Olymp der Comic-Zeichner in den USA angekommen, gibt mit dem Titelbild dieser JLA-Ausgabe sogar einen dezenten Hinweis auf diese frühere Arbeit des DC-Konkurrenten. Es mag kaum ein Zufall sein, dass die JUSTICE LEAGUE OF AMERICA ähnlich als Gruppe in die Höhe strebt, wie es das Team um CAPTAIN AMERICA vor ein paar Jahren tat. BRYAN HITCH ist hier als Zeichner und Autor gleichermaßen unterwegs (als Autor zusammen mit CROSS-GEN-Veteran TONY BEDARD), eine Kombination, die der Handlung sehr gut bekommt.
WANN IST EIN GOTT EIN GOTT? Es ist noch nicht lange her, da wurde ein ähnliche Thematik in BATMAN V SUPERMAN aufgegriffen. Ist grenzenlose Macht die Grundlage? Unsterblichkeit? Auch KRYPTON hatte seinen Gott: RAO. Mit dem Untergang des Planeten verschwand ebenfalls der Gott, aber er starb nicht. Der Leser (der sich bald schon mit der neuen Fernsehserie um KRYPTON ein noch breiter gefächertes Bild von SUPERMANS Ursprung machen kann) erfährt hier einiges Neues über die kryptonische Kultur, denn an der Seite der GREEN LANTERN geht es 250.000 Jahre in die Vergangenheit.
Damit endet das Thema GOTT noch nicht. Mehr als nur nebenbei erfährt der Leser noch etwas über den Zustand des OLYMP. DIANA alias WONDER WOMAN hat einen neuen Platz innerhalb der Göttersphäre eingenommen. Die einstige Amazone hat den Platz des verstorbenen ARES, des Gott des Krieges, eingenommen. Darüber hinaus gelingt es BRYAN HITCH ganz toll, jedem der JLA einen ordentlichen Teil der Handlung zu gewähren, jedem eine Aufgabe zuzuweisen, die jeweils gut zum Profl der Heldenfigur passt und ihr gleichzeitig (was nach so vielen Jahrzehnten des Bestands nicht einfach ist) ein paar neue Seiten abgewinnt. Beispielhaft ist hier AQUAMANS anfängliche Einstellung zu RAOS Propheten zu nennen.
Ein weiteres großes Plus der vorliegenden Geschichte DER KRYPTONISCHE GOTT ist die Mixtur zwischen Superheldenabenteuer und Space Opera. Verschiedene Schauplätze, Erde der Gegenwart, antikes Krypton, Olymp bieten eine tolle optische Mischung, in der sogar ein BATMAN mit neuem Spielzeug überrascht, eine WONDER WOMAN eine wahnsinnige Aggressivität entwickelt (Stichwort: Kriegsgöttin) und SUPERMAN eine kämpferische Herausforderung meistern muss, wie es sie wohl nur im Kampfe gegen DOOMSDAY oder im Umfeld des WELTENKRIEGS gab.
Ganz großes Comic-Kino, schlichtweg bombastisch und nahezu jeder aus dem JLA-Team hat eine Menge Screentime, wie man es cineastisch ausdrücken würde. Dank BRYAN HITCH (jedem Fan des Comic-Künstlers sehr ans Herz legen) ist hier eine sehr starke Superheldengeschichte entstanden. Rasant, intelligent, spannend. Klasse! 🙂
JLA, JUSTICE LEAGUE OF AMERICA, DER KRYPTONISCHE GOTT: Bei Amazon bestellen.
Oder bei Panini Comics.
Freitag, 15. Dezember 2017
NIKKI SINGSTOCK hatte einmal den Wunsch ins All zu fliegen und eine Astronautin zu werden. Es kam anders. FANNIE wollte zusammen mit ihrer Tochter die Welt der Engländer hinter sich lassen und in die gottesfürchtige Abgeschiedenheit der AMISCHEN aufgenommen werden. Es kam anders. Und DERRICK HINCH wollte sein Glück im Tätowieren finden. Und er tätowierte. Glück brachte es ihm nicht … Nur drei Einwohner aus WISCONSIN, in und um WAUSAU, deren Wünsche sich nicht erfüllten. Für so manchen sollte es sogar noch schlimmer kommen.
DEATH BECOMES HER. Um es mit dem modernen Totenklassiker von 1992 zu sagen. Oder: Der Tod steht ihr gut. Oder sogar noch besser, denn plötzlich ergeben sich Möglichkeiten, an die vorher niemand gedacht hat. Andererseits hören die Probleme nicht auf. Es entstehen bloß neue. Lebende Tote (ohne Hunger auf Menschenfleisch, meist bei klarem Verstand, sofern das vorher schon der Fall war, und mit enormen Regenerationsfähigkeiten) wecken Begehrlichkeiten, natürlich und vor allem bei Militär und Wissenschaft.
Genüßlich walzt Autor TIM SEELEY das Aufeinandertreffen von amerikanischen Kleinstadtleben, Militär, einer endzeitlich religiös angehauchten Stimmung und äußerst mysteriösen Ereignissen aus. Die verkrampfte Aufrechterhaltung einer gewohnten Ordnung gerät so schnell zur Farce. Selbst Drogendealer, die weiter ihrer Tätigkeit nachgehen wollen, müssen sich etwas einfallen lassen. Alles geht nach und nach über verschiedene Bodenschwellen den Bach runter. Und das ist bei weitem nicht alles.
Die Toten und die nahebei herumirrenden Seelengestalten waren bisher ein Mysterium. Es gab Lösungsansätze, aber am einfachsten war es für die Beteiligten, diese Wiedergänger einzusperren. Hilfe erwuchs durch die mitfühlende Psychologin DR. MARINA LAURO, für die jene Gefangenen keine Objekte waren, die zwecks Experimenten eingesperrt wurden. TIM SEELEY führt den Leser durch sie an die Toten heran. Und natürlich durch die prominenteste unter ihnen: MARTHA (M) CYPRESS, tot und gleichzeitig schwanger.
Ein Wort (oder mehr) zur Arbeit von JENNY FRISON. Die Front- und Back-Cover werden von ihr gestaltet, aufwendiger als die Innenbilder von MIKE NORTON (Farben: MARK ENGLERT). Der Gemäldeeffekt bei JENNY FRISONS Arbeiten ist weitaus höher. Häufig wird ein bestimmter Charakter der Serie herausgegriffen und prominent in Szene gesetzt. Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um eine Hauptfigur handeln und gerade das macht noch einen weiteren Reiz der Bilder aus. Denn so erhalten, nur mittels eines (jedes Mal hervorragenden!) Bildes, besagte Figuren wie zum Beispiel DANAS Sohn COOPER mehr Tiefe. JENNY FRISON hat einen Blick und ein Händchen für Gesichtsausdrücke, gerade so, wie es (gute) Portraitmaler auch mitbringen. Das für die 7. Sammelausgabe, Untertitel VORWÄRTS!, ausgewählte Bild, ist ein besonderer Höhepunkt. Auf einen menschlichen Rücken werden ein paar ausgewählte Motive der bisherigen Handlung tätowiert.
COOPER CYPRESS spielt zwar eine kleine Rolle, aber er gibt der Geschichte eine entscheidende Wendung durch ein Detail, dem bislang zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde (in einem Film oder einer Serie gäbe es den berühmten Aha-Effekt). Stichwort: COOPER-COMICS. Ein (sehr kindlicher) Comic im Comic.
Clowns und Freaks. MIKE NORTON hat in der zweiten Hälfte des vorliegenden Bandes zwei sehr unterschiedliche und zwei höchst spannende, weil unerwartbare Handlungstränge zu zeichnen. Es wird sehr blutig, radikal, dann ungewöhnlich, teils lustig und zugleich wird der Geschichte eine neue Figur spendiert, die sich wegen ihres merkürdigen Hintergrundes nahtlos in REVIVAL einfügt (obwohl ich auch den Verdacht nicht loswerde, dass hier eine Art Verbeugung TIM SEELEYS vor der Arbeit von MARK MILLAR stattfindet). MIKE NORTONS Bilder sind stilistisch versiert, am Realismus orientiert, Mittlerweile kennt er seine Figuren und sein WAUSAU im Bundesstaat WISCONSIN eben perfekt.
Eine perfekte Mystery-Soap (sofern der Begriff aus einem anderen Medium in den Comic übertragbar ist) von TIM SEELEY. Kein Band für Neueinsteiger, aber sicherlich ein Band, der Fans der Serie einmal mehr dranbleiben lässt! Gewohnt klasse von MIKE NORTON illustriert, mit tollen Cover-Grafiken von JENNY FRISON. 🙂
REVIVAL 7, VORWÄRTS!: Bei Amazon bestellen.
Oder bei Cross Cult.