Bei den Weißen ist man bei der Schwangerschaft einer Frau, gerade in der Endphase, um Entlastung der jeweiligen Person bemüht. Für MAGDALENE BONIFACE steht es außer Frage, dass sie sich um die junge Indianerin SACAGAWEA kümmern muss. Aber SACAGAWEA will sich nichts befehlen lassen, obwohl es ihr erstes Kind ist und sie keinerlei Erfahrung damit hat. Solange sie sich stark fühlt, will sie nicht vom Jagen lassen. Immerhin ist die Umgegend einigermaßen friedlich zu nennen. Bis auf diesen merkwürdigen Nebel gibt es dort kaum etwas, das der Erwähnung wert wäre …
Nordamerika und seine langwierige und schwierige Entdeckung vom Atlantik bis zum Pazifik. Als das Land noch echte Hindernisse bildete, eine Wildnis war, wo jeder Weg erkämpft werden musste und innerhalb einer Tagesreise keine wirkliche Entfernung zurückgelegt werden konnte, war beinahe jeder Tag ein Abenteuer. Die beiden vom Präsidenten beauftragten Männer, MERIWETHER LEWIS und WILLIAM CLARK, können nach allerhand Strapazen, einer Menge Begegnungen mit echten Monstern endlich einmal aufatmen. Ginge es denn nach ihnen und nicht nach Autor CHRIS DINGESS.
Mit dem Nebel kehrt die Angst zurück und all die bisher erlebten Monstren erleben eine unvorhersehbare Auferstehung. Aber mehr noch: Der Leser lernt mehr über die Indianerin SACAGAWEA und ihre Vergangenheit. Wie wurde die junge Frau zu dieser unerbittlichen Persönlichkeit, der jede Bevormundung und jedes Hilfsangebot ein Gräuel ist? MORGENFUCHS war der Lehrmeister der kleinen SACAGAWEA. Offensichtlich bereitete er sie gut auf die Gefahren in der Wildnis vor. Aber ein kleiner Rest Angst, ein Spur schlechten Gewissens bereitete SACAGAWEA immer noch Seelenqualen.
Diese Hintergrundgeschichte ist so fein geschildert, dass sie für ein Spin-off hätte herhalten können. Das Grafik-Team, MATTHEW ROBERTS (Zeichnungen), TONY AKINS (Tusche) und OWEN GIENI (Farben) empfiehlt sich hier weiterhin für ein reines Indianerabenteuer. Optisch brauchen sie sich nicht hinter Genre-Künstlern wie PATRICK PRUGNE zu verstecken.
MANIFEST DESTINY hat seit Beginn der Serie (das macht zu einem Teil den Reiz aus) mit neuen, ungewöhnlichen, sehr fantasievollen Monströsitäten aufgewartet. Mythologische Einflüsse, auch aus der Antike, sind teils unübersehbar. Basierend auf einem Kernelement, dem GATEWAY ARCH (oder auch St. Louis Bogen), hat sich ein irrer Monsterkosmos ausgebreitet, ganz eigen konzipiert, phänomenal illustriert, enorm gruselig (allenfalls ungefähr vergleichbar mit den Ungetümen in SILBERMOND ÜBER PROVIDENCE). Um es in Worte zu fassen: Fauna und Flora verbinden sich zu einer gemeinsamen Gegnerschaft; die Natur greift den Menschen auf nur jede erdenkliche Weise an und findet sogar Mittel und Wege, diesen in ihrem Sinne zu transformieren.
Das pralle Füllhorn bisheriger Ungeheuer, bereit an jeder Ecke innerhalb des paranoiden Szenarios der fünften Episode, MNEMOPHOBIA & CHRONOPHOBIA, über die menschlichen Eindringlinge hereinzubrechen, schafft hier zusammen mit SACAGAWEAS Erinnerungen einen sehr dichten Plot. Ungefähr so, als würden sich H.P LOVECRAFT und JOHN CARPENTER zu einer gemeinsamen Geschichte verabredet haben.
Wer wirklich einmal einen völlig neuen und unverbrauchten Horror innerhalb des Mediums Comics erleben möchte, sollte sich an MANIFEST DESTINY heranwagen. Nur bitte zuerst in die erste Folge einsteigen, denn die Serie folgt dem seit längerem verbreiteten Prinzip des roten Fadens. Ein später Einstieg bringt hier nichts mehr. Wer allerdings von Anfang an dabei ist, wird mit dieser fünften Episode bestens bedient! 🙂
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