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Comic Blog


Mittwoch, 05. August 2020

GWENPOOL SCHLÄGT ZURÜCK

Filed under: Superhelden — Michael um 18:41

GWENPOOL SCHLÄGT ZURÜCKGWENPOOL SCHLÄGT ZURÜCK. Eigentlich, bei genauer Betrachtung, sowie in der Rückschau auf ähnliche Projekte, könnte es auch heißen: GWENPOOL DEMOLIERT DAS MARVEL-UNIVERSUM. Oder so ähnlich. Die Zahl der Gaststars in diesem unmöglichen (komischen) MARVEL-Event ist sehr hoch. Einer lässt sogar schon auf dem Cover die Hüllen, Verzeihung, die Maske fallen. Allerdings nicht aus Kooperation, wie die Fesseln beweisen. Oder – na, wer weiß das heutzutage schon.

Wer ist GWENPOOL? GWENDOLYN POOLE gehört eigentlich nicht dorthin, wo sie sich momentan aufhält, zwischen all den Superhelden und all den alternativen GWENPOOLS. Sie war mal ein ganz normaler Comic-Nerd. In das MARVEL-UNIVERSUM versetzt kommt sie optisch als Mischung aus DEADPOOL und SPIDER-GWEN daher, besitzt (eigentlich) keine nennenswerten Kräfte (sieht man einmal davon ab, dass sie die Comic-Realität nach ihren Wünschen, sagen wir mal, verbiegen kann). Sie ist ziemlich abgedreht (das hat sie mit DEADPOOL gemein, der ebenfalls mit einem Gatsauftritt aufwartet). Sie ist ziemlich frech das wird deutlich, wenn sie ungefragt und ungebeten mit REED RICHARDS alias MR FANTASTIC rumknutscht).

Das Gute an der Story: GWENPOOL darf alles, ohne Konsequenzen zu fürchten. Ebenfalls gut: Sie macht alles, ohne Konsequenzen zu fürchten. Sie ist kein Stück böse, aber total unvernünftig. Und total lustig (ohne es zu wollen). In der hier zusammengefassten Ausgabe von fünf Heften der kleinen Reihe GWENPOOL SCHLÄGT ZURÜCK aus der Feder von LEAH WILLIAMS und CHRISTOPHER HASTINGS (nur Heft 4) darf der Leser einmal staunen, was passiert, wenn nicht nur Comic-Figuren losgelassen werden, sondern auch Comic-Autoren selbst. Es gibt keine Grenzen mehr. Gibt DEADPOOL einer Figur wie GWENPOOL auch noch Ratschläge, dann ist schlicht alles zu spät.

Für den Leser bedeutet das, er darf sich mit höchstem Vergnügen auf die Bilder von DAVID BALDEÓN stürzen (Farben von JESUS ARURTOV und GURU eFX). In diesem reinen Spaßprodukt, wo dem Zeichner selbst (ja, der darf kurz mitspielen) der Kaffee über die Seite fliegt, gibt es nichts, was irgendwelche Realitäten oder Events bei MARVEL (zer)stören würde. Dafür aber nicht nur MARVEL als Comic-Beispiel aufs Korn genommen, gleichzeitig versucht sich GWENPOOL noch an anderen Genres und Medien. Bestes Beispiel ist GWENPOOL’S ISLAND. Als Gaststars treten unter anderem auf: CAPTAIN AMERICA, IRON MAN, BLACK PANTHER, SHE-HULK, SPIDER-WOMAN, BLACK WIDOW und einige mehr – allesamt dem Anlass entsprechend in Badeklamotten. Einzig die jungen Helden wie MILES MORALES alias SPIDER-MAN dürfen in ihren üblichen Aktionsklamotten auftreten. So verblüfft wie selbst diese Comicfiguren aussehen, muss DAVID BALDEÓN einen Heidenspaß gehabt haben.

GWENPOOL selbst, die sich am Strand herumtreibt wie einst eine URSULA ANDRESS oder eine HALLE BERRY (jeweils in einem JAMES-BOND-Film), hat eine Mission. Sie will gefährlich, böse sein, weil böse sich besser verkauft. Was sich verkauft, überlebt im Comic-Markt. Klar, dass da niemand der versammelten Helden vor ihr Angst hat. Da hält sich jeder natürlich zurück. Jeder? Nein nicht jeder? Der HULK ist – na, eben der HULK. Der schlägt auch kleine Mädchen. Allerdings hat GWENPOOL tatsächlich eine Chance gegen den grünen Muskelmann. Schließlich ist das ihre Geschichte…

Lässt nichts aus. GWENPOOL erzählt uns eine Geschichte (eigentlich LEAH WILLIAMS und CHRISTOPHER HASTINGS) und DAVID BALDEÓN darf sie hervorragend illustrieren (mit zusätzlichen tollen Cover-Grafiken von TERRY DODSON). Aber man sollte es weniger als Story sehen, vielmehr als SHOW und die bekommt man hier geliefert. Hier tun die bekannten Helden mal dies und das, was sie sonst nicht dürfen (zum Beispiel sich in Badenhosen prügeln) oder wie GWENPOOL im Bienenkostüm auftreten. Gefühlt eine Atmosphäre wie LITTLE NEMO IN MARVEL-LAND. Mit viel Herz und Fun. 🙂

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Dienstag, 28. Juli 2020

LADY S – GESAMTAUSGABE 2

Filed under: Thriller — Michael um 10:07

LADY S - GESAMTAUSGABE 2KADIJA, SHANIAS Freundin aus der Wohngemeinschaft, nimmt das Leben und Bekanntschaften etwas lockerer. SHANIA steht immer unter Dampf, so scheint es. Für Spaß und Männer bleibt kaum Zeit. Bis KADIJA ihre Freundin eines Tages doch noch überreden kann, abends auf ein Blind Date zu gehen. FARIK und MUHSIN, die beiden Herren des Abends, letzterer gelassener als ersterer, begeben sich mit den jungen Frauen ins Nachtleben. FARIK, Lehrer an einer Islamschule, ist deutlich ernsthafter als sein Freund MUHSIN, der sich mit KADIJA vergnügt. Und er ist aufmerksamer, vorsichtiger. Dennoch begeht er einen Fehler, der sich als sehr folgenschwer herausstellen soll …

Der Einstieg in die Geschichte zeigt dem Leser eine LADY S (oder auch SHANIA RIVKAS), die sich in ihrem Leben eingerichtet hat. Einem Leben der Normalität. Als Dolmetscherin am EUROPÄISCHEN PARLAMENT in STRASSBURG arbeitet sie keineswegs stressfrei, genießt ihren Feierabend. Leider finden die Probleme sie! Kontakte aus der Vergangenheit ruinieren ihr normales Leben. Aber es gibt ebenso eine vollkommen unerwartete Neuigkeit, die alte Schäden zu reparieren hilft. SHANIA RIVKAS kann sich an dieser Neuigkeit zunächst nicht lange erfreuen.

GEHEIMDIENSTE! Gar nicht einmal die eigenen, von vielen Seiten scheint der Glaube zu bestehen, in SHANIA RIVKAS‘ Leben hineinzupfuschen. Anfangs lässt es sich geheimnisvoll an, doch schnell, bei einer Schießerei in einem Lissaboner Ausgehviertel, bestimmt Lebensgefahr nahezu jeden weiteren Schritt von LADY S. Denn es gibt Leute, die in ihr ein ganz besonderes Talent sehen. Und diese Leute sind bereit, SHANIA RIVKAS nicht nur dazu zu zwingen, ihren Befehlen zu gehorchen, sie lassen die junge Frau zu ihren Zwecken auch gleich ganz von der Bildfläche verschwinden. Um sie in einem neuen Leben auferstehen zu lassen. Aber (und da ist es wieder das große ABER) alte Kontakte aus der Vergangenheit lassen sich nicht so leicht abschütteln. Die schlechten nicht. Die guten Gott sei Dank ebenfalls nicht.

Für SHANIA RIVKAS ist die Handlung der zweiten Gesamtausgabe eine großes Verwirrspiel. Dank der klaren Erzählstruktur von JEAN VAN HAMME behält der Leser zu jeder Zeit den Überblick. Die hier versammelten Thriller PORTUGIESISCHER SALAT (Band 6 der Reihe), EINE SEKUNDE DER EWIGKEIT (Band 7), STAATSRÄSON (Band 8) und FÜR DAS LEBEN EINER FRAU (Band 9) zeigen einmal mehr, wie gut JEAN VAN HAMME seine Charaktere aufzubauen versteht und wie gern er mit den unterschiedlichsten Handlungsorten spielt (Drehorte möchte man fast sagen). Das erwähnte LISSABON, MARSEILLE, ein FRAUENGEFÄNGNIS, FLORENZ, edle Hotels, Tagungsorte, eine düstere BURG und und und. Eine Rundreise quer durch EUROPA. Man freut sich auf jede Seite, denn Überraschungen und Einfälle geben sich hier die Klinke in die Hand.

Neben der richtigen Mischung aus fein aufgebauten Charakteren, SHANIA RIVKAS vorneweg, realistischer ACTION, intrigenreichen Geheimdienstdramen und fantastischen Standorten der Handlung ist selbstverständlich der zweite Erfolgsgarant der Zeichner PHILIPPE AYMOND. Jedes Bild ist wunderbar genau ausgeführt, detailverliebt, akurat in jeglicher Perspektive. Die für mich schönsten Bilderfolgen finden sich im letzten Viertel des Bandes. Die Handlung verlagert sich in den Osten Englands. Das beschert dem Bilderreigen wieder eine vollkommen neue Atmosphäre, etwas bodenständiger und man könnte sich vorstellen, wie PHILIPPE AYMOND auch allseits bekannte (teils moderne) englische Krimis illustriert. So gut bekommt er die Stimmung dieses Landstriches hin.

Die realistischen Zeichnungen (Farben von SÉBASTIEN GERARD) besitzen eine kühle Präzision. Blickwinkel sind stilsicher gewählt, mit einem Gespür für Postkartenmotive. Krimifans suchen manchmal nach Veröffentlichungen, die sich sehr genau in einer bestimmten Region bewegen und auf authentische Beschreibungen setzen. Ganz genau dieses Gefühl wecken die Grafiken von PHILIPPE AYMOND. Wenn er einen Verfolgungsjagd auf einer portugiesischen Küstenstraße zeigt, glaubt man sicher, dass es diese Straße tatsächlich gibt (nach allen anderen echten Örtlichkeiten wäre es ein Unding, wäre es nicht der Fall). Außerdem wirkt es wie eine kleine Hommage an den Klassiker ÜBER DEN DÄCHERN VON NIZZA, nur halten hier keine Hühner die Verfolger auf.

Ein starker zweiter Band mit vier Albenabenteuern, deren in Band PORTUGIESISCHER SALAT gestarteter Kreis sich in FÜR DAS LEBEN EINER FRAU schließt. Mit Hang zur Perfektion illustriert von PHILIPPE AYMOND, von JEAN VAN HAMME meisterlich und mit stets unerwarteten Wendungen erzählt. Top-Comic-Thriller! 🙂

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Mittwoch, 15. Juli 2020

MILES MORALES: SPIDER-MAN 2 – ULTIMATIVE GEFAHREN

Filed under: Superhelden — Michael um 14:40

MILES MORALES: SPIDER-MAN 2 - ULTIMATIVE GEFAHRENManchmal findet das Abenteuer in der Familie statt. MILES MORALES alias SPIDER-MAN hat gerade noch (mit ein wenig Hilfe) eine Drohne verdroschen, als er bei einem Treffen mit seinen Eltern eine tolle Neuigkeit erfährt: MILES wird ein großer Bruder. Oder anders herum: Seine Eltern bekommen ein weiteres Kind. Es ist eine gute Nachricht, bevor das Chaos in MILES‘ Leben wieder zuschlägt. Er mag ein Jugendlicher sein, aber er bekämpft zumeist erwachsene Halunken. Und die scheren sich einen Deut um das Alter dieses (relativ) neuen SPIDER-MAN.

Das ULTIMATIVE UNIVERSUM mochte und mag ich immer noch sehr. Damit führte MARVEL seine altge- und -verdienten Helden ins neue Jahrtausend. Alles war ein wenig ernsthafter, etwas realistischer (sofern man den Begriff auf Superheldengeschichten anwenden mag), und natürlich härter. Erst nachdem diese neuen Techniken auf das ALTE MARVEL UNIVERSUM zurückschwappte, wurde das ULTIMATIVE UNIVERSUM überflüssig. Das führte letztlich zu seiner Auflösung. Oder zu einer Art borgschen Einverleibung ins Original. Eines dieser Relikte ist MILES MORALES, ein Neustart eines SPIDER-MAN (nicht des ehemaligen ULTIMATIVEN SPIDER-MAN alias PETER PARKER).

MILES MORALES verkörpert eine modernere Variante. An der Konstellation seiner Herkunft, seiner Familie wurde gebastelt. Seine Fähigkeiten weisen neue Tricks zum Original auf. Und das macht neugierig, auch solche, die mehr über diese Fähigkeiten wissen wollen. Eine unheimliche Macht entführt MILES MORALES. Seine Familie eilt schließlich zur Rettung aus, VATER und ONKEL. Das wäre zuvor mit PETER PARKER und seiner TANTE MAY nicht möglich gewesen. MILES‘ ENTFÜHRUNG ist ein ziemlich gruseliges SUPERHELDENABENTEUER, in dem ein HELD tatsächlich zum OPFER wird. Ein HELD, der bis zur Selbstaufgabe kämpft ist nicht selten, ein derart hilfloser HELD wie hier schon.

Besser ist es schon, wenn MILES MORALES sich wehren kann. Das Titelbild des zweiten Bands seiner Serie MILES MORALES: SPIDER-MAN mit dem Untertitel ULTIMATIVE GEFAHREN gibt einen kleinen Hinweis. DER ULTIMATIVE SPIDER-MAN musste sich bereits mit diesem GREEN GOBLIN im Hintergrund herumschlagen. Ultimativ mit der Figur des Kobolds verwachsen, ganz anders als die früheren Versionen, in denen nur ein Kostüm getragen wurde, ähnelt dieser verwandelte NORMAN OSBORN mehr einer Kreuzung aus HULK und ABOMINATION. Erstaunlicherweise ist diese Kreatur bereit, sich unterzuordnen. Wer diverse Events im MARVEL-UNIVERSUM verfolgt hat, insbesondere die DARK AVENGERS, mag dieses Erstaunen teilen.

Aber gerade, weil sich die Autoren (hauptsächlich) SALADIN AHMED und TOM TAYLOR älteren Geschichten entziehen, gibt es Überraschungen. Die braucht es immer aufs Neue nach so vielen Jahrzehnten, Neuerzählungen, sehr erfolgreichen Verfilmungen, die ebenfalls anders an die allseits bekannten Figuren herangegangen sind. Die Verschmelzung des ULTIMATIVEN mit dem NORMALEN MARVEL UNIVERSUM eröffnet neue Spielarten. Grafisch, nach den sehr starken Vorbildern aus besagtem ULTIMATIVEN UNIVERSUM, halten die versammelten Zeichner, allen voran JAVIER GARRON sehr gut mit.

MILES MORALES erhält, erst recht in der sehr familiären Episode, verdammt viel Profil. Die Vorgaben einer Figur müssen natürlich stets berücksichtigt werden, sonst ginge der Widererkennungseffekt verloren. Dieser MILES ist genau richtig, jugendlich, mit sehr natürlichen, manchmal schüchternen Gesichtsausdrücken versehen, die seinem Elan während seiner Kämpfe entgegenstehen. So wie einst dem jungen PETER PARKER (damals in der megastarken Zeit von JOHN ROMITA SENIOR gezeichnet), kann auch niemand diesem MILES MORALES unterstellen, ein SUPERHELD zu sein.

Ein böser CLIFFHANGER, was meist ziemlich gute sind, da sie den Leser nach einer stark aufgebauten Geschichte gehörig zappeln lassen. Genauso verhält es sich hier! Top erzählt und filmisch fein illustriert, hat dieser SPIDER-MAN alles, was die neue freundliche SPINNE von nebenan braucht. Perfekte SPIDEY-UNTERHALTUNG! 🙂

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Mittwoch, 08. Juli 2020

ALAIN CHEVALLIER 8 – DIE RIVALEN

Filed under: Thriller — Michael um 11:56

ALAIN CHEVALLIER 8 - DIE RIVALENALAIN CHEVALLIER, ein erfolgreicher FORMEL-1-RENNFAHRER, ist nicht bei allen beliebt. Eine normale Fahrt, mit einer normalen Limousine, wird zu einem Trip auf Leben und Tod. ALAIN CHEVALLIER muss all seinen Mut und sein fahrerisches Können aufbieten, um sich und seine Schwester in Sicherheit zu bringen. Doch das ist erst der Anfang einer Reihe von Widrigkeiten, die dem jungen FORMEL-1-PILOTEN zusetzen. Auf der Piste warten harte Kämpfe. Und hinter den Kulissen muss jederzeit mit Sabotage gerechnet werden. Nicht umsonst schläft ALAINS Techniker STEAK am Vorabend eines Rennens lieber in der Box, um auf die geliebten Wagen aufzupassen. Hier kann wirklich alles im letzten Moment noch schiefgehen…

Explodieren die Boliden, ist das Publikum zufrieden. So sang es vor Jahrzehnten schon RAINHARD FENDRICH. Die FORMEL 1 bedeutet ACTION, das will nicht nur das Publikum, sondern auch der Leser. Das Titelbild des 8. Bandes von ALAILN CHEVALLIER zeigt es in aller Härte und Deutlichkeit. Die Illustration gibt einen Hinweis auf die Eingangssequenz der Geschichte. 1962, beim GROSSEN PREIS VON DEUTSCHLAND, kommt es zu einem folgenschweren Unfall infolge eines Duells zweier Fahrer, FERRARI (wie immer rot) gegen LOTUS (dunkelgrün). Das Titelbild verrät den Ausgang der Hatz. Der FERRARI verunglückt, der Fahrer, der Vater von ALAIN CHEVALLIER, stirbt in der Flammenhölle. Ein Ereignis, das ALAIN CHEVALLIER, der als Zuschauer in der FERRARI-Box zugegen ist, für den Rest seines Lebens anhängen wird.

Zwar ist es der 8. Band, mit dem bezeichnenden Untertitel DIE RIVALEN, aber es könnte ebenso gut der Einstiegsband der 17-teiligen Serie ALAIN CHEVALLIER sein. Nach der Einleitung springt die Handlung in das Berufsleben von ALAIN CHEVALLIER in die 1970er, mitten hinein in den FORMEL-1-Zirkus. Die Fahrzeuge haben sich gehörig verändert, sind futuristischer anzuschauen. Aus heutiger Sicht weisen sie auch eine größere Design-Brandbreite auf. Der Wagen von ALAIN CHEVALLIER folgt zwar den üblichen Merkmalen des Jahrzehnts, besitzt jedoch viele Eigenarten in seiner weißen Keilform. Prägnanter noch ist das himmelblaue Bolidenduo mit den Fahrzeugnummern 3 und 4. Der TYRRELL P34 ist ein echt auffallender Hingucker.

Geändert haben mögen sich die Fahrzeuge, der Ehrgeiz der Fahrer, die Spannung, die Gefahr auf der Rennstrecke haben sich nicht verändert. Jede Pilotengeneration der Formel 1 muss sich diesen Aspekten im modernen Gladiatorenwahn stellen. Und ALAIN CHEVALLIER erlebt es am eigenen Leib, wie es ist, wenn einem in dieser Situation ein persönlicher Rivale erwächst. Mehr noch: Abseits des Rennens lauern weitere Gefahren, nicht nur für ihn, sondern auch für Freunde und Familie. CHRISTIAN DENAYER, der Illustrator des vorliegenden Bandes, begeistert Comic-Freunde seit Jahrzehnten mit seinen starken Zeichnungen im Bereich Technik, von Fahrzeugen in allen Lebenslagen. Menschen sind da nur noch ein Klacks für ihn. Comic-Fans, insbesondere Thrillerfreunde kennen seine Arbeiten außerdem von der Erfolgsserie WAYNE SHELTON.

Dank der Fahrzeuge, die man nun einmal sehen will, wenn es sich um die Formel 1 dreht, ist DIE RIVALEN schon ein Fest. Auto-Enthusiasten finden ihre Sportwagen (wie den fast schon legendären OPEL GT), europäische Limousinen und Kleinwagen, amerikanische Straßenkreuzer, mustergültig in Szene gesetzt. Und wieder mehr noch: Die Fahrzeuge, vorneweg die Boliden, sind nicht nur Mittel des Wettkampfes, sie sind Mittel zur Entführung und werden letztlich auch wie Waffen eingesetzt. Kurzum, zwar angesiedelt in den 1970ern (und auch in jener Zeit entstanden), gehen ANDRE-PAUL DUCHATEU (Autor) und CHRISTIAN DENAYER modernen Franchises wie THE FAST AND THE FURIOUS mit gutem Beispiel voran.

Ein FORMEL-1-Krimi mit viel Flair der 1970er (aus den 1970ern), einer gut aufgebauten Serienfigur, ALAIN-CHEVALLIER, die den Einstieg in die Reihe selbst in Band 8 enorm leicht macht. ANDRE-PAUL DUCHATEU erzählt geradlinig und schnörkellos, nimmt den Leser mit leichter Hand mit in den FORMEL-1-ZIRKUS und seine Umtriebe, auf und neben der Rennbahn. Wegen der künstlerisch starken Umsetzung durch (aus heutiger Sicht) Comic-Veteran CHRISTIAN DENAYER war und ist der Band perfekt für alle Comic-Freunde, die Autos und Technik in Geschichten lieben, aber auch für solche, die auf Thriller stehen. 🙂

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Sonntag, 28. Juni 2020

EIN AFFE AM HIMMEL 2 – HOLLYWOODLAND

Filed under: Abenteuer — Michael um 18:19

EIN AFFE AM HIMMEL 2 - HOLLYWOODLANDUND ACTION! Die Jagdflugzeuge schrauben sich in den Himmel. Jeder der beiden Piloten ist darauf aus, den anderen vor die Maschinengewehrläufe zu bekommen. Die deutsche Fokker Dr. I (Dreidecker) wird getroffen, Feuer bricht aus, und die Flugmaschine geht in den Sturzflug über… Gott sei Dank ist der Weltenkrieg vorüber und HARRY nur der Pilot in einem Hollywoodfilm. HARRY ist gut in seinem Job. Wenigstens insofern, dass es ihm gelingt, aus jeder Aufnahme, und sei sie noch so schwierig, mit dem Leben davon zu kommen. Aber HOLLYWOODLAND hat noch mehr zu bieten. Abseits der Kameras blüht das Leben. Partys werden gefeiert. Das Verbrechen spielt in TINSELTOWN ebenfalls eine Rolle. Das muss HARRY sehr bald feststellen, als er sich mit dem Starlet CLARA PALMER einlässt…

HOLLYWOOD ist sein eigener Mikrokosmos. Das alte HOLLYWOOD, sozusagen in jenen Tagen, als die Bilder noch laufen lernten, ist zu einem MYTHOS geworden. Große Namen aus jenen Tagen haben sich ins kollektive Gedächtnis der Cineasten eingebrannt. In jene Anfangstage entführt uns ETIENNE WILLEM mit seinem 2. Band von EIN AFFE AM HIMMEL mit dem bezeichnenden Untertitel HOLLYWOODLAND. Um seine Helden darzustellen, hat sich ETIENNE WILLEM für einen Weg entschieden, den schon andere, aber nicht sehr viele Künstler vor ihm genommen haben. Seine Darsteller sind Tiere.

Wenn Tiere menschliche Rollen spielen, entstehen manchmal wahnwitzige Situationen. ETIENNE WILLEM setzt natürlich seine tierischen Figuren so ein, dass bei dem Leser bei Ansicht der jeweiligen Gestalt entsprechende Assoziationen zum Charakter entstehen. Da lassen sich trefflich die Erwartungen erfüllen, aber auch täuschen. Das Spektrum in der Tierwelt ist breit gefächert, und ETIENNE WILLEM greift genüßlich an allen Ecken und Enden zu. Wer allein bei den Dreharbeiten im Filmstudio (an denen HARRY und LUMPY teilnehmen) genau hinschaut, sollte einmal versuchen zu zählen, wie viele verschiedene Tierarten er entdeckt.

ETIENNE WILLEM trifft nicht nur das Äußere der jeweiligen Art, er trifft auch den Charakter, den wir (der Mensch) ihr gerne fabelmäßig anheften. Darüber hinaus, und das hat mich überrascht, kann er einen Menschen in ein Tier übersetzen, mit sofortigem Wiedererkennungseffekt. Das funktioniert natürlich relativ leicht bei CLARA PALMER (die die HOLLYWOOD-STANDARD-BLONDINE gibt). Bei historisch interessanten Figuren wie PRÄSIDENT ROOSEVELT und dem mittlerweile fast schon mystisch geheimnisvollen schwerreichen HOWARD HUGHES funktioniert es noch besser.

Es sind sehr organisch gezeichnete Figuren, die nicht konstruiert wirken. Sie nehmen sich Raum, ETIENNE WILLEM nimmt den Leser sehr nah heran, hautnah, bis an die Nasenspitze sozusagen. Darüber hinaus ist die Atmosphäre und das Ambiente wunderbar zeitgemäß getroffen. Bei der Eingangsszene musste ich sofort an den Film TOLLKÜHNE FLIEGER mit ROBERT REDFORD denken. Die Flugszenen sind legendär und ähnlich denen, die HARRY hier absolviert. Vielleicht sind sie von ETIENNE WILLEM als wohl begründete Hommage gedacht.

Daneben gibt es die Story über… nein, wird nicht verraten. Aber es ist eine Geschichte, in der auch SAM SPADE um die Ecke kommen könnte. Ein Geheimnis soll nicht vor der Zeit in andere Hände geraten. Eine Hatz beginnt, es gibt Tote, Helden setzen ihr Leben ein, um andere Leben zu retten. Das ist schwungvoll erzählt und inszeniert, ganz so eigentlich, wie man es als Cineast aus Filmen jenes Zeitabschnitts erwarten würde. Vordergründig spannend, zur Abmilderung mit ein wenig Slapstick gewürzt. In einer Nebenrolle tritt zusätzlich ein Star jener Ära auf, ganz im Stil moderner Erzählweisen des Kintopps, wenn Überraschungsgäste dem Zuschauer (hier Leser) einen Aha-Moment entlocken. Allerdings, das muss auch festgestellt werden, dürfte es in diesen Tagen nicht mehr allzu viele Comic-Leser geben, die sich mit dem alten HOLLYWOOD auseinandergesetzt haben.

Zum guten Schluss noch einmal zu den Zeichnungen von ETIENNE WILLEM. Auffallend (und sehr schön anzuschauen) ist der leichte und dennoch sehr exakte Tuschestrich. Besser noch ist die Kolorierung, möglicherweise eine Mischtechnik, in jedem Fall aber ein toller Look, sehr weich, warm, leuchtend. Hier bleibt das Auge gerne dran.

Ein feine zweite Episode von EIN AFFE AM HIMMEL. Locker flockig erzählt, schön ausgestalteten Hauptfiguren, einer perfekten Illustrationstechnik, die mit vielen Details ein echt altes (teils romantisiertes) HOLLYWOOD-Feeling herstellt. Richtig tolle Detektiv- und Abenteuerunterhaltung von ETIENNE WILLEM. Den muss man als Comic-Fan im Blick behalten. 🙂

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Freitag, 05. Juni 2020

DER KILLER – GESAMTAUSGABE 2

Filed under: Thriller — Michael um 17:46

DER KILLER - GESAMTAUSGABE 2Mal darf es nach Mord mit anschließendem Selbstmord aussehen. Mal darf es ein Unfall mit anschließender Fahrerflucht sein. Mal darf es spektakulär sein, nachrichtentauglich, mit dem Absturz eines Hubschraubers über einer Innenstadt. DER KILLER ist vielseitig, eine Handschrift schwer erkennbar. Abseits des Berufslebens sucht er die Ruhe. Er geht mit Frau, Sohn und Schwiegervater im Dschungel auf die Jagd. Oder verbringt seine Zeit mit seinem Sohn am Strand. DER KILLER will für seinen Sohn alles das, was ihm so nie vergönnt war. Bereits jetzt, weiß der Kleine mehr, als DER KILLER in diesem Alter wusste. Und den Rest? Bringt der Vater dem Sohn bei, wenn dieser etwas älter ist. Eben alles, was nötig ist.

Ja, DER KILLER ist zweifellos ein Philosoph. Oder wenigstens jemand, der andauernd Fragen stellt und sogar Teilantworten kennt und abliefert. Aber er hat sich mit dem System abgefunden, will es zu seinen Gunsten nutzen und verbiegen, damit nicht nur er, sondern auch jene, die ihm die einzige Familie sind, die er je nach seinem Verständnis besessen hat, Schutz und Wohlstand genießen können. Allen voran sein Sohn. Ja, DER KILLER hat auch ein paar echte Werte, die mit denen der übrigen Menschheit vereinbar sind. Ob er das nun so mag oder oder nicht.

Es hat sich einiges getan in der Welt des KILLERS. In Südamerika abgetaucht, hat es ihn nicht lange im Verborgenen gehalten. Die Arbeit ruft, zwickt. Das süße Nichtstun ist nichts für den KILLER. Prompt bringt ihn seine erneut aufgenommene Tätigkeit in Bedrängnis. Denn jemand macht den KILLER zum Spielball in einem internationalen Hickhack um viel, viel Öl. Doch ehe der KILLER das merkt, steckt er bereits viel zu tief drin und er muss beweisen, ob er schlauer als die übrigen Spieler ist.

MATZ hebt den KILLER auf das nächste Level. Es ist eine Sache, ein Ziel auszubaldowern und es schließlich zu töten. Es ist eine andere Sache, wenn die Figur zu einem Pokerblatt in einem Spiel von sehr viel mächtigeren Menschen und Institutionen wird. DER KILLER ist von einer wundersamen Kaltschnäuzigkeit beseelt. Aber als Figur, fast schon der typische Bauer in einem Schachspiel, droht er fast zwischen den staatlichen Akteuren zerrieben zu werden. Bis eine Wende erfolgt, die der Leser, auch aus den bisherigen Leseerfahrungen der Serie heraus, nicht vorhersehen konnte. DER KILLER wird dadurch sichtbarer für sein Umfeld. Ein Fehler, den ein KILLER eigentlich nicht begehen sollte. Doch, wie erwähnt, wo der Wohlstand lockt, fallen alte Prinzipien mitunter schnell über Bord.

Es ist ganz gleich, in welchem der letzten Jahrzehnte oder in diesem der Politikinteressierte die Zeitungsmeldungen verfolgt, Nachrichten diverser Sender anschaut. Südamerika und seine nähere Umgebung, ganz vorne dabei KUBA, sind fast schon ein Synonym für soziale Missstände, Korruption, Rebellionen, Aufstände, Staatsstreiche, Drogenkartelle, Morde jeglicher Couleur und vielem Grauenhaften mehr. Deshalb ist die Geschichte von MATZ nicht nur enorm leicht zugänglich, sie ist wirkt auch sehr real, eher wie eine Story, die nach jahrelanger Recherche von Journalisten im Stile der PANAMA PAPERS ans Licht geraten sein könnte. Wenn Venezuela, wie so oft in den Nachrichten gepredigt, dank seiner Ölvorkommen eines der reichsten Länder der Erde sein könnte (und es trotzdem nicht ist), will man die Geschichte hier sofort glauben. Am Ende mordet der KILLER aus einem ganz einfachen, denkbar überwältigenden Grund: So reich zu sein, ohne fürchten zu müssen, dass jemand fragt, woher das Geld stammt.

Ich mag es, wie DER KILLER sich entwickelt, wie er zwischen den Welten wandelt. Einerseits Familie, andererseits eine Liebschaft. Wie er seine ätzende Kritik loswird und sich nicht zu schade ist, sich ein Riesenstück von dem Kuchen zu schnappen, den er so gerne in seine Zutaten zerteilt. Und wie er letztlich auch mal Angst zeigt. Weil eine Kugel abfeuern zu können, einen Menschen zu töten, eben nicht die absolute Macht bedeutet. Absolute Macht vernichtet ganze Länder. Und auf dieses Parkett begibt sich DER KILLER nun zum Tanz.

LUC JACOMON präsentiert uns als Comic-Künstler Szenen, die eines Leinwand-Thrillers würdig sind. Er gewährt dem Leser den selben Blick durchs Zielfernrohr, den DER KILLER hat. Fängt den Leser erst einmal atmosphärisch in der Nacht ein, versetzt ihn in die Szenerie, beobachtet mit ihm die Tötung eines Ziels. Liest nebenbei von der Kaltblütigkeit des KILLERS und erfährt auch die Menschenverachtung, mit welcher DER KILLER zu Werke geht. Die Gedanken, Abrisse des Weltgeschehens, des KILLERS werden von Bilderfolgen begleitet, die an Nachrichtenprogramme oder Wildlife-Sender erinnern. Er legt sich auf keinen Seitenaufbau fest, strukturiert mal klein, verteilt mal hektischer, je nach Actionszene zerreißt er für den Eindruck von Geschwindigkeit auch mal die eigens entworfene Struktur.

Einmal, während eines kanadischen Ausflugs, werden die Farben kälter, wintergemäß, ansonsten spiegeln die warmen Farben den südamerikanischen Kontinent wider. Eine unaufdringliche, aber stetige Hitze, elegant, fürs verwöhnte Comic-Auge hervorragend.

Nebenfiguren gibt es. Und zwei fallen besonders auf. DER KILLER hat einen Freund, kaum glaubhaft, aber wahr. MARIANO, von Hause aus einem Drogenkartell zugehörig, herzlich, großmäulig, charmant, intelligent, Frauenheld, weltmännisch und kaltblütig. MARIANO zeigt, was dem KILLER alles fehlt. Wie professionelles Morden die Menschlichkeit nicht gleich mit abtötet. Klingt seltsam, hier passt es zusammen. KATIA ist die andere Seite der Medaille. Sie ist die Frau im Geschäft. Hier eröffnet sich für den KILLER ein Blick in jenes Leben, das ihm eine Frau an die Seite gestellt hätte, die mit der alltäglichen Gefahr umgehen könnte. Ein Mischung aus BOND-GIRL und BONNIE (die ihren persönlichen CLYDE sucht). Alles in allem von MATZ perfekt auf die Geschichte und den KILLER abgestimmt.

Stark erzählt, so dass man es von der ersten bis zur letzten Seite in einer Tour durchlesen muss. Ein Thriller mit Tiefgang, realistischem Anspruch. MATZ erzählt, als wäre er ein Sohn im Geiste von HITCHCOCK und TARANTINO. Dank LUC JACAMO filmisch illustriert. Ein perfekter, mitreißender Thriller. 🙂

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Freitag, 15. Mai 2020

DER KILLER – SECRET AGENDA – 1. GEZIELTE PRÄVENTION

Filed under: Thriller — Michael um 19:15

DER_KILLER - SECRET_AGENDA - 1. GEZIELTE PRÄVENTIONDER KILLER mag alles mögliche sein, aber er ist ganz bestimmt kein Staatsdiener. Er weiß aber auch, wann es an der Zeit ist, leise zu treten und sein Fähnchen nach dem Wind zu drehen. Ganz besonders dann, wenn es heißt, einem unangenehmen Verfahren zu entgehen, dass ihn für den Rest seines Lebens ins Gefängnis bringen wird. Oder, falls die Angelegenheit seitens der Staatsmacht hinter den Kulissen geregelt wird, ihm eine Kugel in den Kopf einbringt. So nimmt er notgedrungen an, als er von französischen Auslandsgeheimdienst in Patagonien, in Südamerika, aufgespürt und somit zwangsverpflichtet wird. Ein Job zur Tarnung seiner wahren Identität bringt ihn nach LE HAVRE, Frankreich. Zusammen mit zwei Kollegen soll er sich eines Problems annehmen.

Unter dem Obertitel SECRET AGENDA startet ein neuer Zyklus um den KILLER. GEZIELTE PRÄVENTION lautet der Untertitel des ersten Bandes. Zurückgekehrt ins Heimatland verbringt DER KILLER seine Tage in einem Großraumbüro, versucht sich unauffällig zu verhalten. Allerdings verkehrt sich Unauffälligkeit mitunter ins Gegenteil. Jemand, der bewusst den Außenseiter mimt, weckt doch früher oder später das Interesse anderer. DER KILLER will (und kann) es sich nicht eingestehen, dass sein Gespür bei all seinen philosophischen Betrachtungen über die menschliche Natur nur rudimentär ausgeprägt ist und er mehr das Verhalten anderer nachahmt, als wirklich innerlich von ihm durchdrungen zu sein. Dabei ist er kein echter Soziopath (mehr), er ist allenfalls an einem einschneidenden Punkt seiner Entwicklung steckengeblieben.

MATZ, der Autor, zeigt keinen Proleten, der mit einer Knarre durch die Gegend läuft und Menschen abknallt. Das Profil hätte sich bald erschöpft. DER KILLER ist ein Philosoph, ohne es recht zu bemerken. Ein Analyst menschlicher Verhaltensweisen, gesellschaftlicher Strukturen. Wenn jemand, der darauf aus ist, einen anderen Menschen zu töten, das Ziel womöglich wochenlang observiert, um den richtigen Moment für die Tat abzupassen, hat er reichlich Gelegenheit, Studien anzustellen. Das mag bei der Vorbereitung des Mordanschlags und des reibungslosen Rückzugs hilfreich sein. Aber es führt, wie beim KILLER, zu einer sehr sezierenden Ansicht bei allem und jedem. Egal welcher Bereich des Lebens betroffen ist, kaum etwas ist dabei, was Bewunderung oder wenigstens Gnade vor dem schneidenden Intellekt des KILLERS findet. Denn dumm ist DER KILLER keinesfalls. Und so hat er auch herausgefunden, dass ein Mensch das tun sollte, in dem er (oder sie) wirklich gut ist. Bei ihm ist es das Töten.

MATZ bedient keine leichten Themen. Aber er erzählt es mit leichter Hand im Stile klassischer (französischer) Gangsterszenarien. Wer die mag, alte mit einem ALAIN DELON, einem LINO VENTURA, neuere wie DER UNBESTECHLICHE mit JEAN DUJARDIN. Serien wie MARSEILLE mit GÉRARD DEPARDIEU arbeiten mit einer ähnlichen Stimmung. Ein filmischer Vergleich ist wegen der Erzählweise passend (auch wegen der Erzählweise aus dem Off, die MATZ hier verwendet). Wer einen MAIGRET von GEORGES SIMENON sucht, wird hier nicht fündig. Was aber sicherlich beide gemeinsam haben, ist eine treffsichere Beschreibung des Milieus, in dem sich die Akteure bewegen.

Die Geschichte bewegt sich in LE HAVRE. Eine Hafenstadt folgt noch einmal ganz anderen Gesetzmäßigkeiten als eine Stadt, die kein Drehkreuz für internationalen Warenverkehr ist und so weniger Möglichkeiten für die Verschiebung illegaler Güter bietet. Ein für Außenstehende undurchsichtiges Gewimmel sorgt bei dunklen Machenschaften für eine gute Deckung. An der Seite des KILLERS erhält der erhält der Leser Einblick in diese Halbwelt und die Verstrickungen mit der örtlichen Politik. Es ist ein wenig skurril, wie hier Verbrecher auf Verbrecher gehetzt werden, sozusagen als GEZIELTE PRÄVENTION. So hat man in soldatischen Kreisen seinen eigenen, verschleiernden Beamten-Slang entworfen. Benutzerfreundlich, damit das Geschäft nicht so dreckig klingt.

LUC JACAMON zeichnet weiter an der Erfolgsgeschichte des KILLERS, weiterhin sehr realistisch. Aber auffallend ist DER KILLER selbst. Gegenüber anderen Charakteren ist er eine regelrechte blasse Fassade. Ihn ein Dutzendgesicht zu nennen, wäre noch übertrieben. DER KILLER ist die ideale Leinwand, um sich an seine Seite zu denken, eine Projektionsfläche. Die Augen gleichzeitig hinter der Brille verborgen, bleibt der nötige Abstand gewahrt. Gute Mörder funktionieren, wenn der Leser (oder Zuschauer) sich mit ihnen identifizieren kann. Das klappte sogar bei HANNIBAL LECTOR (obwohl er ein Kannibale war) und das funktioniert erst recht bei einer Figur wie dem KILLER, der sein Handeln mit einer Unmenge von Ansichten von Moral und Unmoral zwar nicht unbedingt rechtfertigt, aber immerhin untermauert.

Darüber hinaus bleibt LUC JACAMON in seinen Bildaufbauten filmisch, geradeheraus. Er experimentiert nicht und das ist gut so, denn es entsteht ein halbdokumentarischer, sehr ernsthafter Stil, der dem Leser ein wenig zurückstößt. Wer allzu große Sympathien für den KILLER entwickelt, darf wieder Abstand nehmen lernen. Auch das ist gut so.

Keine Effekthascherei, obwohl ein Leser, der noch nicht mit dem KILLER vertraut ist, dies vermuten könnte. Ein kühl erzähltes Szenario, in auf Realismus bedachten, atmosphärisch ebenso kühl gehaltetenen Bildern. Fans des KILLERs kommen sofort wieder auf ihre Kosten, Neueinsteiger werden mit diesem Zyklus ebenfalls gut bedient, sollten sich aber den bisherigen Werdegang des KILLERS trotzdem nicht entgehen lassen. 🙂

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Dienstag, 21. April 2020

SPIDER-MAN – DIE GESCHICHTE EINES LEBENS

Filed under: Superhelden — Michael um 17:40

SPIDER-MAN – DIE GESCHICHTE EINES LEBENS1984 ist das Jahr der großen Auseinandersetzungen, so scheint es. Alle gegen alle, jeder gegen jeden. Es ist außerdem das Jahrzehnt, in dem CLAIRE und BENJAMIN das Licht der Welt betreten, die KINDER von PETER und MARY JANE PARKER. Es ist das Jahrzehnt, in dem ein schwarzes, symbiotisches Kostüm PETERS Psyche angreift und den einstmaligen jugendlich enthusiastischen Helden in eine tiefe Krise stürzen. Es ist nicht erste. Und wird nicht die letzte sein.

Man stelle sich vor, Comic-Heldenwürden normal mit den echten Jahrzehnten altern. Was wäre gewesen, STAN LEE hätte SPIDER-MAN erschaffen und die Figur wäre nicht der ewige College-Student oder immerhin der junge aufstrebsame Mann geblieben? Geschichten über gealterte Helden gibt es, man betrachte nur die großartigen OLD-MAN-LOGAN-Abenteuer um WOLVERINE. SPIDER-MAN, DIE GESCHICHTE EINES LEBENS, lässt den Leser (auch den absoluten Neuling) an der steten Entwicklung über die Jahrzehnte teilhaben. Alles beginnt 1966.

Die Entstehung, der berühmte Biss einer radioaktiven SPINNE, wird beiläufig erwähnt, der HELD ist bereits geboren und am Werk. CHIP ZDARSKY, der Autor des vorliegenden Sammelbands der Miniserie, muss natürlich über die vielfältigen Freunde und Gegner der freundlichen SPINNE AUS DER NACHBARSCHAFT gewusst haben. All das in eine Miniserie zu packen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. So finden Beschränkungen statt, die der Leser hinnehmen muss, weil auch nicht der Platz vorhanden ist, um jede Figur lang und breit einzuführen. Charaktere entwickeln sich so binnen Kürze, haben aber andererseits die Möglichkeit (die auch genutzt wird), nach Jahren, oder besser Jahrzehnten, zurückzukehren.

So nutzt CHIP ZDARSKY also diese Variante weidlich aus und lässt so Begegnungen zu, die man selbst als SPIDER-MAN-Fan nie zu Gesicht bekommen hat. Den Neuleser wird es nicht stören. Der Stammleser allerdings, selbst der Gelegenheitsleser, wird sich wundern, wie viele neue Aspekte dem Superhelden SPIDER-MAN so abgerungen werden können vom Start 1966 bis zum Ende im Jahre 2019.

Natürlich kommt CHIP ZDARSKY an einigen Figuren nicht vorbei. Es gibt Charaktere, die sind untrennbar mit SPIDER-MAN verbunden. GREEN GOBLIN, DR. OCTOPUS, GWEN STACY, MARY JANE WATSON, SCARLET SPIDER, KRAVEN und ein paar mehr. Die Geschehnisse um diese Charaktere bilden Schlüsselereignisse in SPIDER-MANS Leben. Und obwohl sich Parallelen zu damals, als die Geschichten zum ersten Mal erzählt wurden, abzeichnen, ändert sich alles, sobald diese Figuren ihr Leben ebenfalls auf natürlichem Weg leben dürfen (oder müssen).

Als Zeichner konnte MARK BAGLEY rekrutiert werden. Der Comic-Künstler darf getrost als SPIDER-MAN-Veteran bezeichnet werden. Durch seine Arbeit am ULTIMATIVEN SPIDER-MAN hat er sich einen Namen in der Fangemeinde gemacht. Dadruch, dass PETER PARKER alias SPIDER-MAN erwachsener, älter wird, reifen die Bilder (und die Geschichte) fast automatisch. Es ist schon etwas anderes, ob eine Figur eine kurze Abneigung entwickelt, weil der HELD nun einmal finsteren Machenschaften im Weg steht oder ob ein Hass über Jahrzehnte hinweg genährt und aufgestaut wird und Rache zum Lebensselbstzweck wird. Man beachte hierzu ein kleines Finale (ja, es gibt ganz klar mehrere), stark, glaubhaft, echt und toll illustriert, ohne in Superheldenklopperei auszuarten.

Übehaupt muss ein Augenmerk auf den Alterungsprozess von PETER PARKER und die Menschen um in herum gelegt werden. Das erledigt MARK BAGLEY mit Bravour. Das letzte und vorletzte Kapitel, wenn so manche Fäden zueinanderfinden, sind fantastisch gelungen. Ich würde mir wünschen, dass dieses Experiment eine Fortsetzung, beziehungsweise eine Ergänzung erfährt, denn abseits des Handlungsstrangs erfährt der Leser ein ganz klein wenig über parallel laufende Ereignisse und deren Akteure (wie z. B. CAPTAIN AMERICA).

Ausgefeilt, nah an den Charakteren, respektvoll vor einer über Jahrzehnte erfolgreichen Comic-Figur und dem Fingerspitzengefühl, PETER PARKER und andere sehr lebendig zu gestalten, sentimental, manchmal romantisch, tragisch, actionreich natürlich auch. Es ist bleibt eben eine Superheldengeschichte, aber PETER PARKER ist noch viel mehr und darf das hier zeigen. Vater, Wissenschaftler, Unternehmer, sogar ein Rebell. Stark, ein Höhepunkt innerhalb des SPIDER-MAN-Universums von MARVEL. 🙂

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STAR WARS – DOKTOR APHRA 5

Filed under: SciFi — Michael um 17:27

STAR WARS – DOKTOR APHRA 5 – SCHLIMMSTE UNTER GLEICHENDOKTOR APHRA liebt keine Probleme, sie macht welche oder hat welche. Eigentlich gibt es dazwischen gar nichts anderes. In den meisten Fällen hat es etwas mit dem Leben zu tun. Ihrem oder dem von anderen. Meistens hängen sie am seidenen Faden. Wenn überhaupt. Die Zeit ist immer knapp. Und das Leben, allgemein dort, wo sie sich aufhält, ist nicht viel wert. Oder taugt gerade dazu, dass ein irrer und brutaler Droide seine Foltergelüste daran final abreagiert. Nun ist DOKTOR APHRA ausgerechnet mit einem solch irren DROIDEN namens TRIPLE-ZERO auf Gedeih und Verderb verbunden. Jemand, ein Irrer auf ähnlichem Niveau, hielt es für einen tollen Gag, ihnen kleine Sprengkörper einzupflanzen, die automatisch explodieren, sobald sich die beiden zu weit voneinander entfernen.

SIMON SPURRIER wandelt auf den Spuren von FLUCHT IN KETTEN. Frei nach dem Motto SIE KÖNNEN NICHT MITEINANDER und OHNE EINANDER ERST RECHT NICHT, müssen DOKTOR APHRA und der mitleidlose TRIPLE-ZERO sich ihren Fluchtweg erkämpfen, um am Ende vielleicht ihrem Schlamassel zu entkommen.

Abseits der großen STAR-WARS-GESCHICHTE um die JEDI-RITTER und ihre Freunde, Weggefährten und natürlich Feinde gibt es in der Schiene der Animationsreihen Abenteuer und eben ganz besonders Charaktere, die es gut und gerne auch in das hauptsächliche Kino-Universum hätten schaffen dürfen oder sogar sollen. Eine sehr (zu Recht) beliebte Figur ist sicherlich AHSOKA TANO, bekannt aus CLONE WARS, einer der Animationsreihen von STAR WARS. Eine andere, aus dem Comic-Universum ist DOKTOR APHRA, eine echte Entdeckung, die mit einer sorglosen Frische diese Welt bevölkert und gleichzeitig, dank Autor SIMON SPURRIER, auch Verbindungen zu bekannten Aspekten dieser Szenerie nicht vermissen lässt.

Ein Bösewicht, zumindest ein schlimmer Finger ist DOKTOR APHRA durchaus, mindestens vom Rang eines HAN SOLO, bevor er sich der Rebellion anschloss. Vier Bände sind bereits über DOKTOR APHRA erschienen, Zeit genug also, das Profil zu schleifen, Konturen zu gewinnen und, vor allem, den Leser zu gewinnen. Dank einer lässigen Kaltschnäuzigkeit, Gefühlen, die immer wieder hervorbrechen (die man aber beherrschen will, man ist immerhin ein Bösewicht in einer bösen, bösen Welt) und einem Feindesduo, wie es kühler und unberechenbarer kaum sein kann, klappt das hervorragend.

Nun ist aus dem Duo mittlerweile ein einzelner Erzfeind geworden: TRIPLE-ZERO. Schwarz, rotäugig, äußerlich ein Protokolldroid, ist er ein Psychopath schlechthin. Und offenbar glücklich damit und ohne jedwedes schlechtes Gewissen darüber versehen. In weiten Teilen sorgt Comic-Künstler EMILIO LAISO (bis auf einen kurzen Abschnitt, den ANDREA BROCCARDO übernimmt) für STAR-WARS-echtes Ambiente, realistisch gezeichnet, von RACHELLE ROSENBERG prächtig koloriert.

Schauplatz des hauptsächlichen Geschehens, von der Einleitung abgesehen, ist der Planet MILVAYNE, von der planeteneigenen Obrigkeit und dem Imperium bis auf die Knie unterdrückt. Über weite Strecken, im wahrsten Sinne des Wortes, müssen sich DOKTOR APHRA und TRIPLE-ZERO durch weniger begüterte Stadtteile und Straßenzüge schlagen. Das hat das Flair von der Unterstadt auf CORUSCANT, ist dicht, ist sehr lebendig, abwechslungsreich und bietet viele Einblicke in das einst von GEORGE LUCAS erdachte GEBRAUCHTE UNIVERSUM.

Bindeglied zwischen altem und neuem STAR-WARS-Szenario, in einem Zeitabschnitt, in dem das IMPERIUM auf der Höhe seiner Macht ist, ist der miese DOKTOR CORNELIUS EVAZAN (ja, genau jener, der sich in der CANTINA mit LUKE SKYWALKER anlegen wollte). Der wirkt als Drahtzieher wie ein äußerst verschlagener Pseudophilosoph, der sich einen Spaß daraus macht, Wesen jeglicher Coleur an ihre geistigen, emotionalen und körperlichen Grenzen zu treiben. Aber das Experiment, wie er es nennt, läuft unerwartet aus dem Ruder. Diesen folgenden Wettlauf mit der Zeit wird der STAR-WARS-Fan lieben. (Und ebenfalls die beiden Monsterjäger, eines der ungewöhnlichsten Pärchen in dieser Galaxis!)

DOKTOR APHRA gehört zu den besten STAR-WARS-Reihen überhaupt, frech, sehr abenteuerlich, mit teils bitterbösem schwarzen Humor ausgestattet (dank TRIPLE-ZERO), perfekt illustriert und mit hohem Tempo erzählt (dank SIMON SPURRIER). Klasse, unbedingt von Anfang lesen! 🙂

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ALIENS – DEAD ORBIT

Filed under: SciFi — Michael um 17:21

ALIENS - DEAD ORBITEine Station im Orbit eines Planeten irgendwo im All. Die Erde ist eine bloße Erinnerung in dieser ewig währenden Nacht ringsum. Routine und Langeweile beherrschen das Miteineinander und den Arbeitsalltag. Viele Besatzungsmitglieder sind es nicht, die es auf die WEYLAND YUTANI SPHACTERIA STATION verschlagen hat. Die Stimmung ist gereizt. Als ein unbekanntes Schiff im Orbit um den GASRIESEN PYLOS auftaucht, versucht CAPTAIN HASSAN Kontakt aufzunehmen, doch die Sendeanlage macht den Versuch offensichtlich zunichte. Man entschließt sich, eine kleine Mannschaft zu entsenden, um sich Klarheit über den Zustand und die Besatzung des fremden Schiffes zu verschaffen, denn einiges an diesem Frachter scheint arg merkwürdig zu sein.

Die ALIENS sind wieder da! Kein Geheimnis, der Titel verrät es. JAMES STOKOE als Künstler und Autor allein verantwortlich für die Geschichte und die Illustrationen, erschafft mit neuen Ideen und dem Flair des Originals von 1979 eine intensive, düstere, klaustrophobische Erfahrung. Wer schon dachte, bei der NOSTROMO, dem Schiff aus dem allerersten ALIEN-Erlebnis, handele es sich um einen Schrotthaufen, der wird die SPHACTERIA noch weitaus niedriger klassifizieren. JAMES STOKOE nimmt den Leser mit auf eine typische Reise, wie sie auch PEN-AND-PAPER-Rollenspieler erleben könnten. Denn er kreiert einen zusätzlichen Feind, den das ALIEN-Universum so noch nicht gesehen hat und der rein gar nichts mit der wie jüngst von RIDLEY SCOTT eingebrachten amoklaufenden KI namens DAVID gemein hat.

In manchen Passagen herrscht ziemliche Brutalität, auf der Leinwand nicht unbekannt, aber hier wie dort einigermaßen starker Tobak. Mehr soll dazu nicht gesagt sein, alles andere wäre Spoilerei. Doch eine Anmerkung sei gestattet: Der Horror der ALIENS verblasst gegen diesen Feind, den sich die Besatzung der SPHACTERIA da macht.

Im Anhang finden sich einige Arbeitsskizzen zu DEAD ORBIT, auch solche, die JAMES STOKOE für einen PITCH bei DARK HORSE benutzte. Der PITCH ist deutlich mehr vom Original-ALIENS beeinflusst, dem von JAMES CAMERON gedrehten Nachfolger, der sich von der Klaustrophobie löste und das fremdartige Wesen gleich in Scharen auf die Menschen losließ und eine KÖNIGIN schuf und so der Kreatur gleich eine Art gesellschaftliche Struktur zuwies. Aber mehr noch: JAMES CAMERON setzte ebenfalls die SPACE MARINES in Szene, die JAMES STOKOE für seine Bewerbung bei DARK HORSE in eine ähnliche Bredouille brachte. Interessanterweise ist von der Szenerie nichts übrig geblieben, weil JAMES STOKOE mit seinem Endergebnis mehr der Ideenwelt von RIDLEY SCOTT huldigt.

Allerdings lässt sich im Anhang mit den sehr ausdrucksstarken Skizzen etwas entdecken, was in den fertigen Bildern von DEAD ORBIT ein Stück weit verloren geht. Einflüsse von MANGAS sind hier unübersehbar. Die Gesichter, die Aufbauten von Geschwindigkeitsszenen erinnern stark an die japanischen Vorbilder. Das sieht sehr wild, rasant, schmissig aus. Hinzu kommt eine regelrechte kleinteilige Detailwut. Den Einzelheiten auf allen Ebenen wird ebenso viel Aufmerksamkeit geschenkt, wie der Szenerie selbst. Das fällt besonders in der Bleistiftskizze auf, ist in der Tuschefassung noch vorhanden. Aber in der späteren Fassung, jener, die für DEAD ORBIT Verwendung fand, hat er sich teilweise davon verabschiedet, vereinzelte Rückfälle ausgenommen, dann sogar gerne auf ganzseitig ausgeführten Bildern.

JAMES STOKOE, der nach eigener Aussage gerne in BONBONFARBEN arbeitet, ist in DEAD ORBIT betont düster. Es gibt vielleicht ein BONBONROTES Blut zu bestaunen, ansonsten herrschen Schattierungen von Lila und Blau vor, künstliches orangefarbenes Licht zerrt Details aus der Dunkelheit. JAMES STOKOE arbeitet penibel, aber er legt nicht jeden Strich auf die Goldwaage wie vielleicht ein ZACH HOWARD (ALIENS NEKROPOLIS). Technisch ist er eine Mischung aus GEOF DARROW (HARD BOILED) und WES CRAIG (DEADLY CLASS), modern, krass (das Wort passt hier sehr gut), flott.

Knallharter ALIEN-Horror. Eine Verbeugung vor dem Ursprung, kreiert von RIDLY SCOTT. Man muss sich erst ein wenig an die Erzählweise gewöhnen. Diese erschließt sich nicht sogleich. Kleine Zeitsprünge und ein Countdown weisen sozusagen den Weg. JAMES STOKOE mag das Genre, davon zeugen auch seine übrigen Arbeiten. Wer ALIENS Hardcore mag, sollte einen Blick riskieren. 🙂

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