Dienstag, 17. August 2021
Es regnet in Strömen in NEW YORK. Ein ganz normaler Tag mit einer ganz normalen Verfolgungsjagd auf den Straßen. Das Knallen einer Schießerei hallt die Wolkenkratzer herauf. Oben an einem Fenster hört ein junger Mann die für andere menschen verstörenden Geräusche. Nicht in meiner Stadt! Nicht meine Bank! Nicht in meiner Straße! Flugs ist eine schwarze Maske über das Gesicht gezogen. An einem Spinnenfaden schwingt sich SPIDER-MAN NOIR hinab, zieht seine beiden Pistolen und stoppt die flüchtigen Bankräuber, rabiat und endgültig. Ein ganz normaler Tag in NEW YORK für PETER PARKER – im Jahre 1939!
Dank des SPIDER-VERSE ist der MARVEL-FAN inzwischen mit sehr vielen Varianten unserer Spinne von nebenan vertraut. Ein paar blieben Randfiguren in der zweiten Reihe, hinter den allseits beliebten PETER PARKER und MILES MORALES. Andere Kreationen stellten sich als zu interessant heraus, um sie wieder ins Abseits der Vergessenheit zu schieben. Eine dieser Kreationen ist SPIDER-MAN NOIR. Diese Variante führt den Leser geradewegs ins Zeitalter des ZWEITEN WELTKRIEGS, einer Epoche, der sich manche Autoren gerne bedienen. (INDIANA JONES zum Beispiel lässt hier vielmals grüßen.)
KURIOS, mit einem Wort. SPANNEND, mit einem zweiten Wort beschrieben. Einen SPIDER-MAN in schwarz kannten wir bereits dank der Symbiose mit VENOM. Einen solchen SPIDER-MAN, als Privatdetektiv, mit Hut und Mantel, sahen wir so noch nicht (außer in besagtem SPIDER-VERSE). Wir befinden uns im Jahre 1939 und der kleine Hinweis auf einen ziemlich bekannten Filmarchäologen ist im Zusammenhang mit der Handlung hier, BERLIN BIS BABYLON untertitelt, nicht verkehrt. Ganz im Gegenteil, wenn, denn man fühlt sich hier und da sehr an INDIANA JONES erinnert. Eine Flugzeugszene ist ohne Zweifel eine Hommage an den Mann mit HUT und PEITSCHE.
Der fantastische Einschlag der Geschichte, der im Verlauf der Handlung immer mehr Raum einnimmt, der letztliche Showdown kann auch nicht die hollywoodsche Inspiration verleugnen. Das passt aber noch ins Bild der SPIDER-MAN-Mythos, wie ihn der Leser aus ursprünglicheren Storylines her kennt. Beispielhaft erwähnt sei hier die von MICHAEL J. STRACZYNSKI entwickelte Handlung um MORLUN und EZEKIEL. Auch dort ist das FEELING weitaus magischer als in sonstigen Handlungssträngen. Doch zuvor gibt es Begegnungen. Nicht nur ein SPIDER-MAN existiert in dieser anderen Welt. Den einen oder anderen Freund und Feind findet der Leser hier ebenfalls.
Ein überaus interessante Variante von Gegnern des schwarzen Spinnenmenschen ist ELECTRO. Der hat so gar nichts mit dem ersten Auftritt von ELECTRO im Comic gemeinsam. Aber, seltsam genug, auch nichts mit der Version, die den Zuschauer von der Kinoleinwand her ansprang. Das hier ist ein Rammbock, muskulöser Knaller mit Schiebermütze, von der Konzeption her nicht uninteressant und sicherlich ins Geschehen passend, aber selbst vor einem verschobenen Universum, zeitlich und stilistisch, wirkt er zu klobig, zu derb. Die Abweichung vom Original ist einfach zu groß.
JUAN FERREYRA ist der Comic-Künstler dieses im Sammelband zusammengefassten Abenteuers. Es heißt NOIR und geht bekanntlich, so begrifflich verwendet, auf die SCHWARZE SERIE HOLLYWOODS zurück. Als die Welt insgesamt noch schwarzweiß war und GUT und BÖSE ebenso klar zu trennen waren. Auf der Leinwand jedenfalls. Mit Stars wie JAMES CAGNEY, HUMPHREY BOGART oder EDWARD G. ROBINSON. Damals entstanden viele Handlungsmuster, die selbst heutzutage noch aufgegriffen werden. Die anfängliche Stimmung der Geschichte, ungefährt bis zur Ankunft in EUROPA, passt zu jenen alten Krimis. Je näher sich die Handlung dem Eintreffen in BABYLON nähert, desto mehr nehmen fantastische Elemente Fahrt auf.
Hauptsächlich in schwarzweiß-grau gehalten, setzen vereinzelte rötliche Farbtupfer Akzente. Weiße Lichter tun ihr Übriges. Das ist in Zeiten, in denen einem in Comics die Farbpaletten nur so um die Ohren fliegen ungewohnt, aber nicht übel. Die Farbreduktion fördert eine Konzentration auf das Wesentliche, ein Aspekt, den sich bereits rein schwarzweiße Produktionen zunutze machen. Das sieht schön aus und hat einen leichten Zeichentrickcharakter. Manchmal blitzt ein wenig WHAT-IF-Feeling durch (siehe das aktuelle MARVEL-Trickfilm-Projekt).
SPIDER-MAN einmal ganz anders. Anderes Outfit, andere Zeit, anderes Vorgehen. Raus aus New York, hinaus in die Welt. Fast eine Mischung aus SPIDER-MAN, Humphrey Boargt und INDIANA JONES. Es wird heldisch, es wird magisch, es wird ganz im Sinne SPIDER-MANS spektakulär. Für Fans des SPIDER-VERSE und von alternativen Realitäten innerhalb von Comic-Universen allgemein. 🙂
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LOIS LANE ist mit einem Reporter verheiratet. Sie hat einen Sohn, mittlerweile volljährig und sehr verantwortungsbewusst. Aber LOIS LANE ist Reporterin aus Leidenschaft. Das ist nicht einfach nur ein Beruf. Leidenschaft lässt sie Risiken eingehen und Grenzen überschreiten. Natürlich weiß LOIS LANE, dass sie einen Schutzengel hat. Einen außerirdischen Schutzengel sogar. Die Frau, die offiziell mit CLARK KENT verheiratet ist, hat leider ein Problem. Sie wurde dabei beobachtet, wie sie mit SUPERMAN knutschte. (Noch ist seine Geheimidentität nicht gelüftet.) Zweitens will sie sich nicht ständig hinter seinem stählernen Rücken verstecken und so engagiert eine Art Bodyguard-Detektivin: RENEE MONTOYA.
Es kann im Hintergrund von Superheldenabenteuern durchaus ernsthaft zugehen. Publikationen wie GOTHAM CENTRAL oder SLEEPER spielen mit dieser Idee. LOIS LANE war in diesem Zusammenhang eigentlich längst fällig. Die Reporterin, die ein Leben VOR SUPERMAN hatte, nabelt sich sich hier auffällig stark ab. Wenn SUPERMAN auftaucht, kurz nach einem Anschlag (von dem sich nicht sagen lässt, war für sie bestimmt oder an jemand anderes), ist das zwar augenscheinlich hilfreich, aber nicht sonderlich erwünscht. Die leichten Spannungen zwischen dem berühmtesten Comic-Paar überhaupt erreichen hier ein ein spannendes Niveau.
Mehr noch. LOIS LANE gibt sich innerhalb eines oft sehr lichten DC-Universums sehr düster. Klar, es gab unzählige Weltuntergangsszenarien, omnipotente Irre, Invasionen, magische Monster und Zombies. Weil GREG RUCKA den Radius der handelnden Person klein hält, das geografische Umfeld ebenso und sich mehr und mehr in eine Stoßrichtung fokussiert, gerät die Handlung wunderbar dicht und wird ungewöhnlich packend.
Der vorliegende Band umfasst die komplette 12-teilige Miniserie (außerdem findet sich ein kleiner Prolog aus einer anderen Serie). Man merkt der Geschichte ihre Geschlossenheit an. Autor GREG RUCKA folgt einer klar umrissenen Handlung, in der Superhelden nicht nur Randfiguren sind, sondern auch Frauen deutlich im Mittelpunkt stehen. Sie sind einerseits Heldinnen eines Thrillers, andererseits auch gruselige Gegenspielerinnen. Hier wird mit Klischees gespielt. Aus einer attraktiven Gestalt wird plötzlich eine Fratze mit Totenkopf.
MIKE PERKINS, über die gesamte Serie hinweg der Illustrator des Thrillers, erinnert technisch an Kollegen wie MICHAEL LARK (GOTHAM CENTRAL) oder SEAN PHILLIPS (SLEEPER). Hier wird auf natürliche Haltungen von Figuren Wert gelegt. Poser exitieren nicht (allenfalls bei den Superhelden, von denen wird das erwartet, wie etwa von SUPERMAN, der erlösergleich einfach mal in der Luft schwebt). Die Tuscheausführungen von MIKE PERKINS selbst sind nicht fein zu nennen. Es ist eine Technik des harten Strichs. MIKE PERKINS hat Realismus zum Ziel, erreicht diesen auch überwiegend, aber er gibt seinen Zeichnungen auch stets einen Ausdruck mit. Hier gibt es kein Posen, hier gibt es Auftritte.
Meist stellt sich der Eindruck ein, dass es einen Kern einer Szene, eines Bildes, einer Seite gibt. Manchmal würde eine Seite in schwarzweiß ausgeführt reichen, um das Auge zu führen. Manchmal wurde extra Raum für einen speziellen Farbklecks gelassen oder eine hauptsächliche Hintergrundfarbe eine extreme Stimmung erzeugt. Gesichter werden bei einer Beerdigung aus dem Dunkel gerissen, ein außergewöhnlicher Polizeieinsatz wird hautnah miterlebt. Szenen, die einerseits aus dem Rahmen fallen, rahmen alltäglicheres ein, helleres, Übergänge. Aber im Laufe der Handlung verblassen diese Zwischenstimmungen immer mehr.
GREG RUCKA beschleunigt das Tempo, Entdeckungen, Informationen und starke Ereignisse treiben die Handlung voran. Mit ihr zusammen halten die EYE-CATCHER von MIKE PERKINS den Leser auf den Seiten fest. Erst im zwölften Kapitel, das eine Epilog-Stimmung vermittelt, wird es ruhiger. Knäuel werden aufgelöst, Charaktere erhalten eine (verdiente) Belohnung.
LOIS LANE kann mehr als nur ein SIDE-KICK von SUPERMAN zu sein. Nun gut, das wussten Fans des Stählernen schon, aber ganz selten wurde der Ehefrau von CLARK KENT so viel Entfaltungsraum gegeben, den Frauen so viel ernsthafter Platz eingeräumt (als Heldinnen stehen sie ja seit Jahrzehnten in der ersten Reihe). Dicht und düster erzählt von GREG RUCKA, dazu passend von MIKE PERKIN illustriert. Ein Highlight im DC-Universum. 🙂
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Sonntag, 25. Juli 2021
VENOM war und ist in seinem Umfeld lange Zeit nicht als friedensstiftendes Element bekannt gewesen. Seine Feindschaft mit SPIDER-MAN ist legendär. Als sich ein Abkömmling des Symbionten mit dem SERIENMÖRDER CLETUS KASADY verbindet und so das Monster CARNAGE entsteht, fällt all das ebenfalls irgendwie auf VENOM zurück. Doch nun vermehrt sich selbst CARNAGE. Das rote Monster hat nichts besseres im Sinn als seinen Ableger umbringen zu wollen. VENOM beschließt, nicht mehr nur zuzusehen und den neuen Symbionten zu beschützen.
NEW YORK ist das Revier von SPIDER-MAN und so manchem Gauner. Einer dieser Gauner, im weitesten Sinne und nicht immer auf einer Seite zu verorten, ist BLACK CAT. Athletisch, schlau, ladylike turnt sie ebenso wie SPIDER-MAN durch die Straßen. Und sie ist die erste, die auf PAT trifft, einen echten NEW YORKER COP. Und der neue Träger eines Symbionten. Der Polizist, gerade erst selbst frisch gebackener Vater, erlebt eine Veränderung, die ihn überrascht, abstößt und verängstigt. Doch schließlich muss er sich eingestehen, wer er nun ist: TOXIN.
2004 kam der Vierteiler VENOM VS. CARNAGE in den Handel, der hier in einem Sammelband neu aufgelegt worden ist, pünktlich zum Erscheinen des Trailers zum 2. VENOM-Kinofilm. Denn in der Fortsetzung, die den passenden Untertitel LET THERE BE CARNAGE trägt, bekommt der Zuschauer jenen grauenhaften Symbiontenverbund mit CLETUS KASADY präsentiert. In der vorliegenden Comic-Geschichte sind VENOM und CARNAGE im MARVEL-UNIVERSUM bereits etabliert. Wie das Titelbild es sofort verrät, können sich die beiden Kreaturen auf den Tod nicht ausstehen. Ähnliche Auseinandersetzungen finden sich ebenfalls in der Storyline, kurzum, es geht hier richtig zur Sache!
Aber Autor PETER MILLIGAN hat es nicht bei grober ACTION belassen. Wichtiger ist die Entwicklung von TOXIN, die menschliche Figur des PAT, der hin- und hergerissen ist von dem, was mit ihm passiert. EDDIE BROCK als Wirt für VENOM war etwas zwielichtig, CLETUS KASADY war komplett wahnsinnig, aber PAT als COP und junger VATER ist ein grundanständiger Typ. Kein Wunder, dass CARNAGE seinen Nachwuchs loswerden will. Und kein Wunder, dass er Hilfe von Helden wie SPIDER-MAN und BLACK CAT erhält. PETER MILLIGAN nimmt sich der verzweifelten Seite von PAT an, gibt der Figur Tiefe, orientiert sich ein wenig auch an SPIDER-MAN, denn auch hier gilt der Spruch: AUS GROSSER KRAFT FOLGT GROSSE VERANTWORTUNG.
Das Besondere an VENOM VS. CARNAGE, damals im Jahre 2004 (und auch durchaus heute noch), ist die Gestaltung von CLAYTON CRAIN. Rein digital erstellt (keine 3D-Figuren), gezeichnet, gemalt. Nah am Realismus, was Farben und Schatten anbelangt, stellt sich ein beträchtlicher Filmcharakter der Bilder ein. In Außenszenen, Inneneinrichtungen ist alles ein wenig düsterer. Es regnet in den Straßenschluchten NEW YORKS. Die Beleuchtung ist innen heimelig, außen bedrohlich. In letzterem Ambiente findet sich die richtige Umgebung für Symbiontenträger wie VENOM und CARNAGE.
Das sind Plätze für dunkles Gesindel und für Diebe. Zu letzteren gehört BLACK CAT. SPIDER-MAN ist solchen lichtscheuen Typen auf der Spur. CLAYTON CRAIN hat in Sachen Stimmung alles richtig gemacht, geradezu perfekt möchte man sagen. Mit den menschlichen Figuren muss man sich als Leser anfreunden. Da wirken optische Aspekte der Karikatur mit, leicht überzogen menschliche Züge. Das gerät in eine optische Nähe zu VENOM-Comics von HUMBERTO RAMOS, aber CLAYTON RAIN fühlt sich dann am Ende doch noch ein wenig mehr den Realdarstellungen menschlicher Figuren und Gesichter verpflichtet.
Absolut gigantisch illustriert sind im jedem Fall seine Variaten von VENOM, CARNAGE und selbstverständlich später auch TOXIN. SPIDER-MAN passt sich ebenfalls stark ins Gesamtbild ein. Hier braucht er sich von der Umsetzung nicht hinter den aktuellen Bildern des genannten Kino-Trailers zu verstecken.
Eine Symbiontenhatz der besonderen Art. Bevor VENOM sich aus der Ecke der Superbösewichte und Monster ins Licht von Marvel-EVENTS kämpfte, prallen hier gleich drei Symbionten aufeinander. Starkres Gesamtdesign, tolle Grundstimmung, düster, gruselig, abgründig. WOW! 🙂
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Montag, 24. Mai 2021
EMILY BRIGHT hat magische Kräfte. Bereits als Säugling lässt sie Püppchen, Rasseln und Milchfläschchen über ihrem Bettchen schweben. Sehr zur Überraschung ihrer Eltern, die leicht überfordert sind von den zur Schau gestellten Fähigkeiten. Das Mädchen wächst heran und bringt ihren Hundewelpen zum Schweben. Sie wird älter und die Kräfte erhalten eine neue Qualität, werden unberechenbarer, stärker. Etwas muss geschehen. Eine Ausbildung muss her. Möglichkeiten dazu gibt es nur wenige. Und eine davon ist eine Schule namens STRANGE ACADEMY.
Wenn XAVIERS SCHULE FÜR BEGABTE JUGENDLICHE und die HOGWARTS-SCHULE FÜR HEXEREI UND ZAUBEREI ein Kind hätten, dann wäre es die STRANGE ACADEMY, die SCHULE DER MAGIE. Klingt komisch, ist es aber nicht. Eher stellt sich die Frage, warum bisher niemand auf die Idee kam, etwas derartiges im MARVEL-UNIVERSUM zu etablieren, lagen doch alle Möglichkeiten auf der Hand. Autor SCOTTIE YOUNG hat sie jetzt genutzt. DOKTOR STRANGE steht nun einer besonderen Schule vor, in der ganz außerwöhnliche Schüler (noch außergewöhnlicher als sie jemals in XAVIERS SCHULE waren) ihr Handwerk von der Pike an lernen.
Das MARVEL-UNIVERSUM ist in Sachen Magie, Hexerei und Zauberei nicht unbeleckt. Entsprechend finden sich unter den Lehrern der STRANGE ACADEMY auch bekannte Gesichter wie DR. VOODOO, die SCARLET WITCH, HELLSTROM und MAGIK (und mehr). Die Schüler sind illustre Gestalten. DÄMONEN, FEEN, ein FROSTRIESE, ASGARDIANER, ein ZOMBIE, ach ja, und MENSCHLICH sind sie natürlich auch. Und ganz EHRLICH? SO MUSS MAGIE DAHERKOMMEN!!! SCOTTIE YOUNG misst sich auch nicht mit bereits vorhandenen Szenarien. Alles hier ist eigenständig und keinerlei Abklatsch, nicht einmal von XAVIERS SCHULE FÜR BEGABTE JUGENDLICHE.
Als ZEICHNER UND INKER der STRANGE ACADEMY konnte der (nach meiner Ansicht) geniale Comic-Künstler HUMBERTO RAMOS gewonnen werden. Er machte sich hierzulande mit seinen Arbeiten zu SPIDER-MAN (hat hier einen MINI-MINI-GASTAUFTRITT), DIE OFFENBARUNG und ganz besonders mit seiner VAMPIR-SERIE CRIMSON (Großartig!) einen Namen. HUMBERTO RAMOS überzeichnet gerne, obwohl in seinen Bildern auch Realismus zu finden ist. Er hält sich an Perspektiven (macht noch lange nicht jeder Comic-Künstler), liebt es ganz offensichtlich voll und belebt in seinen Grafiken (macht erst recht nicht jeder Comic-Künstler). Er lässt sich auf eine Vielzahl von Figuren inklusive toll ausgearbeiteter Charaktere und Mienenspiel in unterschiedlichsten Situationen ein. Die Bewegungs-Action ist stark, jede Seitenaufteilung toll… KURZUM: HUMBERTO RAMOS IST EIN ECHTER MEISTER SEINES FACHS.
Und was für eine Geschichte dieses Kalibers noch besonders wichtig ist: HUMBERTO RAMOS kann fantastische Kreaturen gestalten. Eingefleischte MARVELIANER sollten nach seiner Interpretation des VENOM Ausschau halten. Denn die ist bloß ein Vorgeschmack auf das, was den Leser hier erwartet. Manchmal braucht es ein Szenario, um einen Zeichner so richtig zu entfesseln. Für HUMBERTO RAMOS ist das die STRANGE ACADEMY.
Der Einstieg in die Serie ist klasse. Die Schüler kommen an ihre neue Schule, der Leser lernt sie allesamt kennen. Das ist gut, das ist schön und ist wirklich nur die Einleitung zu einer Handlung, deren Optik von Seite zu Seite bombastischer wird. Denn natürlich ist die Schule ein magisches Experimentierfeld. Und natürlich bleibt es nicht auf die Schule beschränkt. Da wird es groß, da wird es finster. Käme STRANGE ACADEMY als Streaming-Serie oder Kinofilm daher, hätte ein Heer von Special-Effects-Experten alle Hände voll zu tun. Wer also auf einen überbordenden Look steht, liegt hier genau richtig.
Das hat aber noch einen zweiten Grund (neben HUMBERTO RAMOS) und der heißt EDGAR DELGADO. Der Kolorist liefert nicht einfach nur ein paar Farben ab, er veredelt die ohnehin guten Zeichnungen, so dass aus nahezu jeder Seite ein echter Hingucker wird. Plastisch, tolle Übergänge und gänzlich strahlend. Das Auge kann, darf und soll sich ruhig an jeder Seite festbeißen. Nur keine Eile. Diese Kolorierung will genossen werden!
STRANGE ACADEMY dürfte eine der MARVEL-Serien sein, die sich prima für Kids und Teens eignen. Losgelöst vom sonstigen Drumherum steht die Handlung trotz einiger MARVEL-Prominenz sehr für sich allein. Vorkenntnisse werden keine benötigt. Die Grafik ist dank HUMBERTO RAMOS und EDGAR DELGADO überragend gut, die Story ist dank SCOTTIE YOUNG erfrischend neu, anders, spannend und humorvoll. Das passt alles von der ersten bis zur letzten Seite! TOP!!! (mit drei Ausrufezeichen!) 🙂
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CONNER KENT stammt von woanders, ist nicht von hier. Trotzdem erkennen ihn MARTHA und JONATHAN KENT, obwohl er ihnen fremd sein müsste. Das Gefühl ist da, die Freude ist da und CONNER, an den sich selbst SUPERMAN erst einmal gewöhnen muss, ist zweifelsfrei daheim. Es ist ein glücklicher Moment, der genossen werden will, denn die Gefahren warten nur auf die Mitglieder des HAUSES KENT. Bald geraten LOIS LANE und JIMMY OLSEN in LEBENSGEFAHR, für die gleich drei SUPERMEN zu Hilfe eilen…
Endlich hat auch das DC-UNIVERSUM eine FIRST FAMILY! Mit den Jahrzehnten, in denen die Comic-Figuren in den unterschiedlichen Superhelden-Universen Tiefgang und Charakter erhielten, weiteten sich auch familiäre Beziehungen aus. BATMANS verschiedene ROBINS (sowie BATGIRL und andere) wuchsen sich zu einem regelrehten FLEDERMAUS-CLAN aus. SHAZAM konnte Familie und Freunde um sich scharen. Unterschiedliche SUPERMAN-Versionen trafen längst aufeinander, aber ein Familientreffen mit SUPERMAN, zwei verschiedenen SUPERBOY-Varianten und SUPERGIRL (plus Gastauftritt von BRAINIAC 5 und natürlich KRYPTO) das bringt ganz eigene Energien innerhalb des DC-UNIVERSUMS mit sich.
Das große Abenteuer, geschrieben von BRIAN MICHAEL BENDIS, nähert sich seinem Ende mit einem furiosen FINALE. DIE UNSICHTBARE MAFIA setzt dem HAUS VON KENT ziemlich zu. SUPERMAN, dessen Geheimidentität längst kein Geheimnis mehr ist, hat sich nicht nur um einen neuen SUPERBOY zu kümmern (der offensichtlich aus einer anderen Realität stammt), sein eigener Sohn ist außerdem auf Stippvisite (ZURÜCK AUS DER ZUKUNFT). Und weil die Auseinandersetzung mit einem Feind, der nichts unversucht lässt SUPERMAN als Superheld und privat anzugreifen (Das beinhaltet auch den DAILY PLANET.), kommt mit SUPERGRIL Verstärkung zur rechten Zeit.
RED CLOUD, Mitglied der UNSICHTBAREN MAFIA, dürfte eine der Feindinnen sein, die SUPERMAN es richtig, richtig schwer machen. Ein allmächtiger Held muss schon geschwächt sein oder einen ebenbürtigen Gegner präsentiert bekommen, will die Dramatik den Leser packen. RED CLOUD erfüllt letzteres (fast, denn ganz ebenbürtig geht schließlich doch nicht, aber viel will nicht fehlen). Eine Gestalt, die wie eine Variante von CARNAGE (der nette kerl aus dem MARVEL-UNIVERSUM) daherkommt, ist zunächst durch ihre Kräfte schon schwer zu fassen. Selbst das gesamte HAUS VON KENT hat da seine Schwierigkeiten. BRIAN MICHAEL BENDIS schaukelt die verschiedenen Begegnungen und Auftritte mit und von RED CLOUD sehr stark auf, bis die Lage komplett eskaliert.
Dabei handelt es sich nur um einen der Erzählstränge in DAS HAUS VON KENT. Wer hätte gedacht, dass der DAILY PLANET vor dem Untergang stehen könnte. Involviert ist eine Verbrechensorganisation, später das FBI und noch einen Schritt weiter, betritt ein Retter der Zeitung die Bühne, den aus dieser Ecke keiner hat kommen sehen. Das ist eine augenzwinkernde Überraschung von BRIAN MICHAEL BENDIS (und von der auftretenden Figur selbst mit einem einigem Unglauben vorgebracht).
Zeichnerlegenden gibt es einige, doch nur wenige haben zugleich eine Zeichnerlegende zum Vater. JOHN ROMITA JR. ist einer dieser Wenigen. Sohn von JOHN ROMITA (einem der Urgesteine der glorreichen MARVEL-Zeiten), selbst lange Jahre bei MARVEL (in diversen Serien und mit verschiedensten Charakteren aktiv), erfolgreich mit KICK-ASS, zeichnet hier für DC und verleiht dem STÄHLERNEN und dessen Umfeld eine ganz neue Optik und Dynamik. JOHN ROMITA JR. steht für einen Comic-Realismus. Er zeichnet stilistisch eigen, und seine häufige Zusammenarbeit mit INKER KLAUS JANSON haben seinen Arbeiten einen hohen Wiedererkennungswert eingebracht. Zeichnungen von JOHN ROMITA JR. erkennt man sofort.
JOHN ROMITA JR.s Zeichnungen darf man eigentlich nicht reduziert nennen, denn sie sind konzentriert auf den Kern. Abschweifungen gibt es nicht, kein Verlieren in unnötigen Nebenschauplätzen oder Hintergründen. Skizzenhaft einerseits, klar andererseits. Seine Gesichter sind für Figuren durchaus austauschbar, etwas puppenhaft, aber wenn man einmal einen Narren an den Bildern gefressen hat (habe ich!), dann stört das nicht, im Gegenteil. Die Bilder gehören zu der Sorte, die den Leser mitziehen. Wer mag, kann verweilen, aber eher laden sie ein, dem Strom der Bilder filmisch zu folgen.
Ja, man kann den 5. und letzten Teil der SUPERMAN-SAGA von BRIAN MICHAEL BENDIS für sich alleine lesen. Besser ist es allerdings den Weg bis hierhin verfolgt zu haben. Neben starker SUPERHELDEN-ACTION finden sich MYSTERY- und THRILLER-ELEMENTE in DAS HAUS VON KENT. So darf SUPERMAN öfter auftreten! Pralles Abenteuer auf über 180 Seiten! Top!🙂
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Dienstag, 09. Februar 2021
Ein SPEEDSTER im Gefängnis ist ein gefundenes Fressen für all jene Verbrecher, für deren Inhaftierung ein FLASH verantwortlich ist. Rache ist hinter Gittern für so manchen ein gelungener Zeitvertreib. Dabei wartet WALLY WEST selbst auf seinen Prozess hinter den Mauern des BLACKGATE-Gefängnisses. WALLY WEST ist am Boden zerstört. Die Angriffe seiner Mitinsassen sind da eher ein Tropfen auf dem heißen Stein. Denn WALLY WEST muss sich für den Tod von 13 Menschen verantworten. Abgrundtiefe Traurigkeit und sein Gewissen zerfressen ihn innerlich Tag für Tag …
Bis zu jenem Moment, als TEMPUS FUGINAUT, eine kosmische Kreatur, erkennt, dass nur WALLY WEST das MULTIVERSUM retten kann. Ja, das MULTIVERSUM ist einmal mehr in Gefahr! Das DUNKLE MULTIVERSUM, dazu bestimmt zu vergehen, ist außer Kontrolle. Eine jener dunklen Welten weigert sich dieser bestimmung zu folgen und stürzt das den Superhelden allseits bekannte helle Gegenstück ins Chaos. Alles droht vernichtet zu werden. Einzig WALLY WEST ist schnell genug, dem entgegenzuwirken. Von TEMPUS FUGINAUT mit einer Waffe ausgestattet, macht sich WALLY WEST zunächst wiederstrebend auf den Weg. Zunächst …
SCOTT LOBDELL schreibt WALLY WESTS RÜCKKEHR und er lässt den Helden gehörig büßen (wie gesagt: verantwortlich für den Tod von 13 Menschen). Was sich hier unter dem Obertitel FLASH FORWARD abspielt, könnte man als INTERDIMENSIONÄREN ROADTRIP bezeichnen. FLASH FORWARD läuft hier auch als EINE VORGESCHICHTE ZU BATMAN DEATH METAL. Das ist aber äußerst sekundär zu verstehen, denn von diesem Sammelband, der die Miniserie (Band 1-6) umfasst, kann nicht auf jene künftige Ereignisse geschlossen werden.
WALLY WEST stehen eine Menge Begegnungen bevor. Solche, die den Leser nostalgisch stimmen könnten (sofern sie schon Gelegenheit hatten, den einen oder anderen Helden in Aktion zu erleben). Solche, die neugierig machen könnten, auch auf Events, die vielleicht einmal eintreten könnten (und sollten, sieht man sich das Potential der gezeigten Charaktere an). PRÄSIDENT SUPERMAN, ein schwarzer Kryptonier, der tatsächlich PRÄSIDENT der VEREINIGTEN STAATEN von AMERIKA geworden ist (in Anspielung auf den ehemaligen Präsidenten BARACK OBAMA), ist ein Beispiel für alte Bekannte. Aber SCOTT LOBDELL fährt ebenso Gegensätze auf. Ein VAMPIRISCHER SUPERMAN, durch und durch verdorben und blutsüchtig, könnte kaum gegensätzlicher sein.
Aber damit nicht genug. Eine nette Spielart in MULTIDIMENSIONALEN Geschichten waren und sind stets Zusammentreffen von verschiedenen Inkarnationen ein- und desselben Charakters. In diesem Fall sind es SPEEDSTER (nicht direkt derselbe Charakter, aber mit demselben Talent gesegnet). BRETT BOOTH, der Zeichner aller sechs Episoden, darf in einem Bild 13 verschiedene Versionen präsentieren. Diese Vielfalt zeigt die Möglichkeiten, die diese Geschwindigkeitsfähigkeit (und mehr) dem DC-Universum bietet. Ähnlich stark ist vielleicht bloß noch das Segment um GREEN LANTERN herum.
An Action mangelt es ganz bestimmt nicht. BRETT BOOTH steht stilistisch für einen leicht überzeichneten Realismus. Da gibt es viele Ähnlichkeiten zu anderen Künstlern dieser Art, ganz besonders fiel mir hierzu der bereits verstorbene MICHAEL TURNER (FATHOM, BATMAN/SUPERMAN) ein. FLASH bedeutet rasende Geschwindigkeit. Diese setzt BRETT BOOTH hervorragend um. Ich möchte behaupten, dass die Darstellung von Geschwindigkeit in einem Comic eine der größeren Herausforderungen für Zeichner UND Autor ist. BRETT BOOTH muss gute erzählerische Vorlagen besessen haben. Sein Händchen für derartige Szenarien beweist er hier auf jeden Fall.
Wenn die Erde zu klein wird, geht es hinaus ins MULTIVERSUM. Von SCOTT LOBDELL und BRETT BOOTH mit Bravour gelöst! Fragile, detailreiche Zeichnungen tragen den Leser durch ein fetziges, blitzschnelles Superheldenabenteuer. Für FLASH- und JLA-Fans! Top! 🙂
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Mittwoch, 25. November 2020
MAMMOTH ist unter den FEARSOME FIVE kein Mann für chirurgische Eingriffe. MAMMOTH drischt drauf. Muskelberge und Übergröße garantieren dafür, dass dort hinterher kein Gras mehr wächst. Auf einen groben Klotz gehört eine grobe Kelle und wird aus BEAST BOY im nächsten Moment ein überdimensionales grünes NASHORN. Leider hat sich BEAST BOY verschätzt. Er kassiert Treffer. Die kurz darauf keine Rolle mehr spielen, denn es gilt unbeteiligte Zivilisten zu retten. Sogleich fängt er als grüner ELEFANT Trümmerteile auf. Die TITANS kennen ihre Prioritäten…
Es sind keine TEENS mehr. Die TITANS sind zu einem schlagkräftigen, verschworenen Quartett herangewachsen. DAN JURGENS, langjähriger Autor im DC-UNIVERSUM, hat sich der TITANS angenommen und ihnen ein paar rasanter Abenteuer beschert. An seiner künstlerischen Seite ist der SCOT EATON, der stilistisch an DAN JURGENS heranreicht. Der hier als Autor tätige DAN JURGENS hat selbst viele Comics illustriert. Über den Tellerrand der Comics hinaus wurde er bekannt durch den TOD VON SUPERMAN. Nun also die TITANS:
Vier SUPERHELDEN mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten, allen voran TIM DRAKE alias ROBIN, der sich auf seine Fitness und seinen starken Intellekt verlässt. Die fliegende Außerirdische STARFIRE verschießt Energiestrahlen, ist schneller, stärker als Menschen und nahezu unverwundbar. Die geheimnisvolle RAVEN ist magisch und mit vielerlei Fertigkeiten unterwegs, unter anderem mit Telekinese und Teleportation. Derjenige Held aber, der wirklich für optische Überraschungen sorgt, ist BEAST BOY. Wie der Name es andeutet, kann sich der grünhäutige junge Mann in Tiere verwandeln und ihre Fähigkeiten annehmen. Und nicht nur in die üblichen Tiere, wie sein Auftritt als KING KONG eindrucksvoll beweist.
Die TEEN TITANS und die TITANS sind als HELDEN mehr in der zweiten Reihe unterwegs. Sie sind eben der Nachwuchs und die SIDEKICKS. Das hat zur Folge, dass sich der Leser auf mehr Überraschungen einstellen kann. Weniger bekannte HELDEN bekämpfen zumeist auch weniger bekannte SCHURKEN. Oder sogar völlig neue HALUNKEN. Hier bekommen es die TITANS mit die FEARSOME FIVE zu tun. Ja, auch DC hat ein FEARSOME-Team wie MARVEL, nur gönnt man sich hier einen VERBRECHER mehr. Auf einen halben Blick dachte ich schon, es handele sich um ALPHA-FLIGHT (MARVELS kanadisches Superheldenteam). Das Missverständnis wurde schnell geklärt.
Immerhin aber gibt es einen Telepathen, einen Schläger, eine Alchemistin, einen Techzauberer und einen Anführer, der sich zunächst allein die Ehre gibt. Es steht also im Verlauf fünf zu vier. In bester Kinomanier bleibt hier kein Stein auf dem anderen und bald geht es um nichts weniger als das Schicksal der Welt. Das relativiert sich in der zweiten Hälfte von BRENNENDER ZORN, in der es deutlich geheimnisvoller zugeht und die SCHURKEN undurchschaubarer sind. Ganz zum Schluss wird es dann GALAKTISCH und tatsächlich taucht ein alter Feind von SUPERMAN auf: MONGUL. Ein Gegner, der selbst dem STÄHLERNEN zu schaffen machte. DAN JURGENS macht aus diesem Zusammentreffen eine traditionelle wie spannende Arena-Gladiatoren-Begegnung.
Der Leser darf ein paar private Momente der Charaktere erwarten. Tiefgreifend in den zwischenmenschlichen Bereich hinein wird es nicht. Es gibt andere jugendliche Heldengruppierungen, bei denen das der Fall ist. Vielleicht ist man hier seitens MARVEL etwas verwöhnt worden. Andererseits gibt es durchaus im DC-HELDEN-UNIVERSUM familiäre und freundschaftliche Verwicklungen, die auch die Handlungen tragen (und das sehr gut machen) oder zumindest ein wichtiger Teil der Geschichte sind.
Grafisch ein aus einem Guss gezeichnetes sehr actionreiches Dauerabenteuer. SCOT EATON beherrscht einen tollen realistischen Stil. Gekonnt werden alle Aufgaben erledigt, von der Kamerafahrt, der Perspektive, der Figuren, der Kampfakrobatik. Ebenso Szenen, die so manches in den Schatten stellen, was andere SUPERHELDENSERIEN zu bieten haben. Wann hat schon einmal ein giftgrüner GARZILLA (frei nach GODZILLA) in einen SUPERHELDENKAMPF eingegriffen? Wahrscheinlich nie. Aber das beweist noch etwas anderes. BEAST BOY kann sich nicht nur in reale oder sogar ausgestorbene TIERE verwandeln. Erfundene TIERE gehören ebenfalls zu seinem Repertoire. (Und auch das bekommt SCOT EATON super hin.)
Ein rasantes Comic-Abenteuer der TITANS. BRENNENDER ZORN verteilt sich auf drei Akte, die keine Zeit zum Verschnaufen lassen. Für die HELDEN nicht, für die Leser auch nicht. Stark illustriert von SCOT EATON, versiert vom DC-Veteranen DAN JURGENS erzählt. 🙂
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Montag, 23. November 2020
Im einen Moment sitzt CONAN noch an der Bar eines ziemlich desolaten Gebäudes. Im nächsten Moment trifft in ein Betäubungspfeil. Als der Barbar erwacht scheint alles unverändert zu sein. Aber CONAN ist misstrauisch. Draußen erwarten ihn seltsamerweise modern ausgerüstete Spezialeinheiten. Für den CIMMERIER und seine kämpferischen Fähigkeiten sind sie nur leichte Beute. Kurz darauf durchbricht er eine Wand und gerät einmal mehr in eine andere Welt…
Ein sehr, sehr ungewöhnliches Team und eine ungewöhnliche Lösung, die Autor GERRY DUGGAN für dieses Experiment gefunden hat. CONAN, DR. DOOM und DR. STRANGE kämpfen gemeinsam Seite an Seite gegen einen brutalen und sehr mächtigen Feind. Was aus der Not geboren ist, ein Stück weit von den Umständen bestimmt, mausert sich zu einem schlagkräftigen Trio.
Die Mischung ist gut gewählt. DR. DOOM hat seine eigenen Höllenerfahrungen. CONAN kennt Zauberer und hasst sie wie die Pest. Und letztlich DR. STRANGE, dessen Abenteuer stets mystisch angehaucht sind, komplettiert den Reigen mit seinen Fähigkeiten und einem eher feingeistigen Verhalten. Bevor es zu dieser Gruppe kommt, muss GERRY DUGGAN noch mit dem vorhergehenden Abenteuer abschließen. Denn dort arbeitete CONAN mit dem PUNISHER zusammen.
Dieses DUO funktioniert, weil beide ähnlich brutal zu Werke gehen, jeder seine Lasten der Vergangenheit mit sich zu tragen hat und jeder die Fähigkeiten und den Charakter des anderen respektiert. So kämpfen sich beide aus dem WILDEN LAND zurück in die Zivilisation. Hierbei geschieht eine Art Annäherung. Optisch: Der PUNISHER wird durch die notgedrungen gewählte Kleidung immer mehr zum barbarischen Kämpfer. CONAN hingegen greift auf die Waffen zurück, die ihm unter die Finger kommen. Das kann dann schon mal ein Sturmgewehr sein. Je nach Konfrontation der Charaktere können kuriose Momente entstehen.
Bestes Beispiel ist das gemeinsam eingenommene Essen von CONAN und DR. DOOM. CONAN empfindet DOOMS MASKE als eitles Accessoire. DR. DOOM nimmt schließlich (ein sehr seltener Moment in der MARVEL-WELT) seine Maske ab. CONAN bleibt gelassen, eine Reaktion auf das Gesicht (das selbst dem Leser verborgen bleibt) erfolgt nicht. Wer den einen oder anderen COMIC-Band gelesen hat, weiß, dass der CIMMERIER schon viel gesehen hat und nicht mehr leicht zu schockieren ist.
Grafisch teilen sich gleich drei Comic-Künstler die Arbeit an den Zeichnungen. Ich mag alle drei, obwohl sie sich gut gegeneinander abgrenzen. Bezeichnend für alle drei ist, wie gut sie optisch auf den Punkt kommen. PATCH ZIRCHER, der hier den Löwenanteil der Arbeit hat, ist der penibelste Illustrator der Runde. Der Künstler arbeitet mit sehr feinen Strichen (jeder Künstler in diesem Band hat seine eigene Tuschearbeit übernommen). Detailreichtum, Großaufnahmen werden nicht gescheut. Besonders, wenn DR. STRANGE sich ans Werk begibt, werden die Szenen von PATCH ZIRCHER noch aufwendiger.
Anders bei seinen Vorgängern KIM JACINTO und RON GARNEY. Ihrer beider Technik ist skizzenhafter. Bei RON GANRNEY noch deutlich stärker, der dadurch in grafische Nähe eines JOHN BUSCEMA rückt (wenngleich dessen Bilder noch deutlicher getuscht worden sind). Der Vergleich liegt nahe, denn JOHN BUSCEMA war DER CONAN-Zeichner schlechthin und hat vieles gezeichnet, wovon die Figur in Film und Comic später noch zehrte.
Mein Favorit der tollen Drei ist KIM JACINTO, der sozusagen den Epilog des Vorgängerbandes gleich zu Beginn von Band 2 abliefert. Ein schöner klarer Seitenaufbau, keine Experimente, sehr exakte Zeichnungen, mit ein wenig Retrocharme dank eingefügten Rastern. Die echten Kerle hier, CONAN und PUNISHER, werden ideal in Szene gesetzt, hart zu sich selbst, freundschaftlich zum Kumpel. Der Wechsel zwischen rasanten und ruhigen Sequenzen ist gelungen. Eine Knallerszene ist der Kampf von CONAN und PUNISHER gegen einen Riesenwolf. Das fetzt selbst auf Papier!
Ungewöhnlich insgesamt, jawohl! Aber nach vielen anderen Experimenten innerhalb des MARVEL-UNIVERSUMS ein rundum starkes und gelungenes Experiment. Die Handlung von GERRY DUGGAN stimmt, der Gesamteindruck der Illustrationen ebenfalls. Passt! 🙂
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Dienstag, 03. November 2020
Die SPIDER-WOMEN und SPIDER-MEN (und ein paar andere) sind zurück! Erneut gilt es das SPIDER-VERSE zu retten. Das allesverbindende Netz ist krank. SPIDER-ZERO, ein Mädchen, noch jünger als MILES MORALES, bittet den neuen SPIDER-MAN ihr bei der Suche nach ANNIE MAY PARKER alias PATTERNMAKER zu helfen. Diese ist verschwunden. PATTERNMAKER hat das neue Netz gewebt und wird benötigt, um weitere Schäden daran zu reparieren. MILES MORALES macht sich schnellstmöglich auf die Suche nach ihr, quer durch das SPIDER-VERSE. Dabei trifft er auf alte Bekannte und Freunde. Gleichzeitig aber wird er ebensovielen Bedrohungen konfrontiert. Ein ganz normaler Tag im SPIDER-VERSE…
Das SPIDER-VERSE dürfte eine der besten Ideen im großen Spielfeld der Comic-Helden der letzten Jahre sein. Natürlich entzieht es sich der Ernsthaftigkeit der Themen, die gleichfalls in den letzten Jahren nach vorne kamen, das SUPERHELDEN-GENRE im übertragenen Sinn endgültig erwachsen machte und damit auch für den MAINSTREAM-ZUSCHAUER erreichbar. Aber das SPIDER-VERSE ist nicht einfach nur Klamauk. Es zeigt, wie viel in einer Idee steckt, der des SPIDER-MAN. Denn es zeigt sich, dass nicht nur Alternativen des Netzschwingers machbar sind, sondern auch alternative Versionen von Freund und Feind.
Dazu gehören solche von DAREDEVIL, CARNAGE, KRAVEN, SKORPION. Für MILES MORALES bedeutet das eine Achterbahnfahrt in Realitäten, die seiner ähneln. Genauso landet er im WILDEN WESTEN oder in einer schwarzweißen Fassung, der Welt des SPIDER-MAN NOIR. Das Schöne solcher Geschichten ist immer ihre Grenzenlosigkeit. Deshalb darf sich der Leser auch nicht über eine SPIDER-MA’AM wundern.
Ein recht großes Künstler-Team hat diese hier zusammengefasste Miniserie auf die Beine gestellt. Nicht einmal, wie sonst häufig anzutreffen, hat ein einziger Autor SPIDER-ZERO geschrieben. Es waren mit CHRISTOS GAGE, TARAN GILLAM, JED MACCAY und RYAN NORTH gleich vier Stück am Start. Immerhin bewältigt JED MACCAY drei der insgesamt 6 Episoden. Die Wirkung, erzählerisch betrachtet, wirkt trotz des Quartetts aus einem Guss. Optisch ist das schwieriger zu bewerkstelligen. Ich denke nicht, dass es jemals überhaupt zweien Illustratoren gelungen ist, sich derart stilistisch anzugleichen. Aber da gibt es unter dem Strich nichts zu befürchten. Das Gesamtergebnis ist sehenswert.
Die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, aber meine bevorzugten Episoden sind der Auftakt (mit SPIDER-PUNK und einer Art von SPIDER-MAD-MAX) mit SPIDER-ZERO, die Begegnung mit SPIDER-MA’AM sowie die letzte Episode, in der die Leser wieder auf SPIDER-ZERO und zusätzlich auf PATTERNMAKER treffen. Stilistisch ist hier einiges vertreten. Der Realismus, den ich hier (nicht grundsätzlich) am besten finde. Die dritte Episode hat grafische Anleihen eines Mangas. Das passt zu einer Roboterversion von SPIDER-MAN. Im WILDEN WESTEN trifft MILES MORALES auf den WEB-SLINGER. Diese Episode kommt skizzenhafter daher. Und richtig düster, wie in Hollywoods schwarzer Serie, wird es mit SPIDER-MAN NOIR (die Figur ist klasse, thematisch gefällt es mir nicht so sehr).
Als Zückerchen, für alle SPIDER-MAN-RIESENFANS, haben sich ein paar Comic-Künstler gefunden und neue SPIDER-MAN-Varianten erdacht, illustriert und mit (wenigen) Hintergrundinformationen versehen. Das ist teils kurios (wie SPIDER-MANLY, eine Art CONAN-Version des Netzschwingers), sogar romantisch (mit GARDEN-SPIDER, auf Insektengröße geschrumpft und in einer Gießkanne lebend), aber grundsätzlich einfallsreich.
Das SPIDER-VERSE hat es einfach. Nach doch recht vielen MULTIVERSE-Szenarien ist auch die neue Geschichte um SPIDER-ZERO frisch, flott, unvorhersehbar, lustig, spannend, sehr, sehr einfallsreich. Hier bleibt man dran! Wer das SPIDER-VERSE mag (Comic und Film), liegt hier goldrichtig! 🙂
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SUPERMAN war häufiger im Weltall. Nicht wenige seiner Feinde stammen von anderen Planeten. SUPERMAN kennt sich dort aus, kann sich gefahrlos bewegen, über weite Distanzen hinweg. Für andere SUPERHELDEN ist es schwieriger. BATMAN hat als normaler Mensch diese für eine lebensfeindliche Umgebung Fähigkeiten nicht. Deshalb bittet er SUPERMAN in einem dringenden Fall um Hilfe. Aus GOTHAM wurde ein kleines Mädchen entführt. Hier kann der DUNKLE RITTER nicht helfen. Hier muss jemand ran, der stählerne Qualitäten hat und die Entführer zur Strecke und das Mädchen nach Hause bringt. Aber das kostet Zeit. Zeit, in der SUPERMAN nicht auf der ERDE ist. In der er keine einstürzenden Brücken auffängt. Oder Flugzeuge. Ganze Familien davor rettet, erschossen zu werden. Und viele mehr. Sollte SUPERMAN für ein Leben eine ODYSEE beginnen, von der niemand sagen kann, ob sie jemals erfolgreich sein wird?
Was gilt ein Leben gegen viele? Eine ebenfalls nicht selten gestellte Frage. Sollte SUPERMAN sich auf eine sehr lange Reise begeben, um nur einen einzigen Menschen zu retten? Ja, natürlich. Das ist jedenfalls die Antwort, die Autor TOM KING hier dem Leser nahebringt, in einer sehr abwechslungsreichen Miniserie mit dem Titel JENSEITS DER ERDE. Die in einem Band zusammengefasste Serie bietet nicht nur Spannung, sie hält sie von Episode zu Episode hoch, weil nicht vorhersehbar ist, wohin die Reise geht.
Ein Wiedersehen mit anderen Stars und Schurken gibt es auch. Neben SUPERMAN trifft man GREEN LANTERN oder BATMAN, DARKSEID gibt sich die dunkle Ehre. Als Hommage darf SUPERMAN einen neuen BOXKAMPF bestreiten (welcher Comic-Fan erinnert sich nicht an den FIGHT zwischen SUPERMAN und MUHAMMD ALI?). Es gibt einen Besuch in einem RESTAURANT AM ENDE DER GALAXIS (auf jeden Fall verdammt weit weg von der Erde). Selbst im Weltall verfängt sich SUPERMAN in der Bürokratie und will doch bloß ein Telefongespräch führen (man erinnert sich gerne an eine ähnliche Situation bei ASTERIX). Ein berühmtes Rennen im DC-Universum wird angedeutet. Und wer hätte es gedacht, dass sogar SERGEANT ROCK einen sehr dramatischen Auftritt absolviert. Kurz: TOM KING hat keine vergessen: Neulinge, Gelegenheitsleser und eingefleischte SUPERMAN-Fans, die gerne etwas aus alten Zeiten entdecken.
Die sehr episodenhaft erzählte Handlung kann mit sehr unterschiedlicher Action aufwarten. So hat ANDY KUBERT, Zeichner, allerhand Entfaltungsspielraum, ob in Weltraumszenarien oder irdischen Kulissen. Der Illustrator, der sich über die Jahrzehnte stilistisch eigen von seinem Vater JOE KUBERT, ebenfalls eine Comic-Legende, abgesetzt hat. Beide verbindet der Hang zum Realismus und wer die Arbeiten von Vater und Sohn vergleichen möchte, darf das mit der Interpretation des SERGEANT ROCK tun, den ANDY KUBERT in dieser Mini-Serie abliefert und sein Vater gegen Ende der 1950er Jahre zeichnete.
ANDY KUBERTS Können bei anatomisch und perspektivisch korrekt gezeichneten Menschen steht außer Frage. Spannend für das Auge des Lesers wird es, wenn er sich auf das Feld außerirdischer Charaktere und Figuren wagt. Das sieht gut aus, ist aber auch sehr klassisch ausgelegt, richtet sich ein wenig nach den Vorstellungen von Alien-Entführungsopfern (wie sie zum Beispiel WHITLEY STRIEBER in seinem Buchklassiker beschrieb). Auffallend: Außerirdische haben hier keine Haare. Na, es können eben nicht alle LOBO heißen.
Erzählerisch stark, optisch noch stärker. SUPERMAN ist einmal mehr JENSEITS DER ERDE unterwegs. Das bietet sehr, sehr viel Abwechslung und solche Unterhaltung, wie man sie als SUPIE-Fan in den besten seiner Abenteuer erlebt hat. Empfehlenswert! 🙂
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