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Comic Blog


Freitag, 29. April 2016

WAISEN – RINGO 5 – TABULA RASA

Filed under: SciFi — Michael um 16:39

WAISEN - RINGO 5 - TABULA RASADie Welt zerbricht. So oft hätten die kleine Reisegruppe, der hoch gezüchtete Krieger RINGO und seine drei jugendlichen Begleiter, glauben können, dass es nicht schlimmer werden kann. Hingemetzelte Schweine, in Teilen aufgespießt, bilden eine Warnung in dem sumpfigen Gelände, ehe die vier Wanderer auf eine künstliche Wand aus lauter menschlichen Totenschädeln stoßen. Doch das ist erst der Anfang. Niemand der vier Reisenden hätte hier ein vermintes Gebiet erwartet. Wenig später findet sich RINGO in Gefangenschaft wieder. Ein Mann, der sein Gesicht hinter einer rituellen Maske verbirgt, hat besondere Pläne mit diesem Krieger.

TABULA RASA lautet der Untertitel von Band Nummer 5 des WAISEN-Spin-offs RINGO. Wie immer ist der Band in zwei Episoden unterteilt. In der ersten Geschichte werden sich Fans von THE WALKING DEAD, sei es der TV-Serie oder der Comic-Reihe, sofort heimisch fühlen. Das große Thema dieser Episode lautet Hunger. In einer Gegend der apokalyptischen Welt, in der immer noch Asche vom Himmel schneit, ist Nahrung ein ständig fehlendes Element. Aus dem Mangel entwickeln sich schnell Kulte und es ändern sich die Machtverhältnisse. Roberto Recchioni und Mauro Uzzeo haben hier eines fürchterlichsten Schreckensszenarios in der Reihe RINGO bisher entwickelt.

Grausam, verdreht, mit halbtoten Kannibalen erreicht die Wanderschaft der vier Weggefährten einen grausamen Höhepunkt. Es beginnt mit einer Art erzählerischer Verbeugung vor dem Herrn der Fliegen. Nicht einer, sondern gleich zig Schweineköpfe ragen offensichtlich als Warnung aufgespießt in einer von Nebel umwaberten Landschaft ringsum empor. Wie ernst die Warnung gemeint ist, zeigt sich innerhalb kürzester Zeit. Und es zeigt sich auch, wie untertrieben die Warnung letztendlich war. Roberto Recchioni und Mauro Uzzeo bleiben ihrem Szenario treu, mischen aber auch etwas von dem oben erwähnten Apokalypsen-Hit hinzu, sogar ein wenig von den Necromongers (Riddick 2).

Der von Matteo Cremona und Luigi Pittaluga vorzüglich gezeichneten Episode wurde ein mysteriöser Aspekt beigefügt. Brutalität allein gewährleistet noch keine Spannung. Deshalb haben Recchioni und Uzzeo ganz im Stil von Horrorspezialisten wie King, Koontz oder Morrell zwei Handlungsstränge eingebaut, die den Schicksalen von RINGO selbst und der jungen Rosa folgen. Einige Individuen dieser merkwürdigen Gemeinschaft haben ihre eigenen Vorstellungen, wie diese gesunden Menschen von Nutzen sein können. Sind ein paar Zustände eher plakativ zu nennen, wird es gerade in den Szenen mit RINGO und Rosa gruselig intensiv.

Ein Verräter in der Gruppe! RINGO hat seine Erfahrungen mit Verrätern gemacht. In gewissem Sinne verfolgen ihn die Krähen, die Killer der Präsidentin, genau aus diesem Grund. Nun hat sich aber ein Verräter in ihre kleine Gemeinschaft eingeschlichen. Bislang stand im Zentrum von RINGOs Besorgnis die Annahme, dass einer der Jugendlichen ein Kind von ihm sein könnte. Kann diese Vermutung Anlass für Gnade gegenüber dem Verräter sein? In der von Luca Saponi exakt und versiert gezeichneten Episode kippt die Stimmung von einer Szene zur nächsten und gerät zu einem Kammerspiel, wie es die vier Hauptfiguren so noch nie abliefern mussten. Bisher galt als ungeschriebenes Gesetz, dass die Kerncharaktere innerhalb der Handlung folgerichtig mit Leben davon kommen mussten. Diese unausgesprochene Vorschrift wird nun zu den Akten gelegt.

In der ersten Hälfte purer Horror, in der zweiten Hälfte apokalyptisch menschelnd. Mit starkem Ernst erzählt, dramatisch aufbereitet. Die beiden Autoren, Roberto Recchioni und Matteo Uzzeo, verstehen es, eine lieb gewonnene Gemeinschaft durcheinander zu wirbeln und den Zeiger kurz vor Serienende noch einmal auf Null zu stellen. Sehr gut. 🙂

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Donnerstag, 14. April 2016

SILLAGE 17 – FROSTZONE

Filed under: SciFi — Michael um 16:38

SILLAGE 17 - FROSTZONENävis lächelt nicht oft. Ihr neuer Auftrag führt sie auf gewohntes Terrain, auf einen Weg voller Erinnerungen. Auf TRIJ 68 herrscht nicht nur Bürgerkrieg. Dort lebt auch der Vater ihres Sohnes. Aber das darf nicht ablenkend sein, denn die Mission auf dieser Welt erfordert nicht nur Tarnung, sondern auch höchste Konzentration. Technisch etwas archaisch, mit Verbrennungsmotoren allerorten, ist dennoch gefährlich auf diesem Planeten auf der falschen Seite zu stehen oder zwischen die Fronten zu geraten. Da hilft es kaum, dass die Mission darin besteht, ein mächtiges Artefakt aus einem Museum zu stehlen. Ja, Nävis hat nicht viel zu lachen, für das kleine Portraitgemälde, ein Geschenk, gestattet sie sich dann doch ein Lächeln …

Jean David Morvan und Philippe Buchet wandeln mit der 17. Folge der Serie SILLAGE ein wenig auf den Pfaden des Steampunks. Die ganze Umgebung besitzt die natürliche Düsternis jenes Genres, als die Himmel noch vom Qualm verhangen waren und Technik, bevor sie Opfer von Rost wurde, noch klapperte und viel Lärm machte. Da ist sauberes Grün, ein künstlicher Dschungel, in dem der Sohn von N?vis auf die Jagd geht, ein wahrhaftiges Paradies. Morvan und Buchett zögern nicht, dieses Kleinod inmitten von SILLAGE zum Schauplatz einer Auseinandersetzung zu machen.

Atmosphärisch angesiedelt zwischen industrieller Revolution in Frankreich und russischer Revolution werden hier geschickt bekannte Versatzstücke miteinander verwoben. Die Revolutionäre und die Soldaten des Regimes sind eine Verbeugung vor der Historie und Leinwandepen im Stile eines Doktor Schiwago. Das Titelbild, martialischer anzuschauen als die damalige Werbung für das Epos, wirkt in der Summe wie eine Anlehnung an den Klassiker mit Omar Sharif. Morvan und Buchet belassen es nicht dabei. Eine kurze Erzählung der Püntas über den roten Mond lässt Erinnerungen an einen bestimmten Ring wach werden. Es ist schön zu sehen, wie sich die Anspielungen in die große Eigenkomposition von SILLAGE einfügen.

Das Besondere in dieser Folge, mit dem Untertitel FROSTZONE, ist der Sidekick, den Nävis zur Seite gestellt bekommt. Julius ist ein Junge, entstammt der Welt TRIJ 68 und ist über die Maßen intelligent und mit erfinderischem Talent gesegnet. Für den Comic-Künstler Philippe Buchet bedeutet dies, eine Figur zu inszenieren, die mit technischen Spielereien überrascht und darüber hinaus Potential hat, um zu einem echten Spin-off-Charakter zu werden. Zeitweilig erinnerte er mich an eine Comic-Version von Steve Urkel (Alle unter einem Dach), weniger überzogen, dafür auf Anhieb sympathischer konzipiert.

Blick zurück und nach vorne. SILLAGE ist ein riesiger Spielplatz für Jean David Morvan und Philippe Buchet, denen es unentwegt gelingt, dem großen Mosaik von SILLAGE mit jeder neuen Folge zig neue Steinchen anzulegen. Der erwähnte Julius ist nur eines dieser neuen Fragmente. Wichtiger sind ein paar Kleinigkeiten, die das große Ganze von SILLAGE wieder mehr ins Visier nehmen, ein Aspekt, der über einige Geschichten hinweg etwas ins Hintertreffen geraten ist. In der Sache Nävis könnte es sein, dass ihr Sohn künftig eine größere Spiele spielt, wird er doch von Morvan stärker in den Fokus gerückt, nachdem Mutter und Sohn ihre Grenzen genauer gegeneinander abgesteckt haben.

Nävis muss sich noch mehr als zuvor mit dem Gedanken anfreunden, eine Familie zu haben, obwohl diese ziemlich zerrissen ist. Die draufgängerische Frau ist einmal mehr ein Stück erwachsener, verantwortungsvoller geworden, zumal ihr Sohn so heißblütig ist wie sie und ihr deshalb ein paar erzieherische Qualitäten abverlangt und nicht nur er. Mit dem kleinen Julius findet sich eine Figur, mit der Nävis das nachholen kann, was ihr beim eigenen Kind verwehrt blieb. Schön durchdacht, mit spannender Mission und von Philippe Buchet genial gestaltet, einem Comic-Künstler, der Maßstäbe gesetzt hat. 🙂

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Mittwoch, 09. März 2016

reMind 1

Filed under: SciFi — Michael um 12:22

reMind 1Sonja verbringt viel Zeit im Leuchtturm ihres Vaters und beobachtet die Eintönigkeit in dem kleinen Küstenstädtchen, in dem jeder jeden kennt. Die Merkwürdigkeiten, von denen so mancher erzählt, will sie nicht glauben, ob wohl die seltsam aufsteigenden Blasen im Meer schon unheimlich sind. Aber deshalb die Geschichten von einem Echsenmann für bare Münze nehmen, der hier sein Unwesen treiben soll? Niemals. Doch eines Tages verschwindet völlig überraschend ihr Kater Victuals. Sonja macht sich große Sorgen. Leider findet sie ihn nicht. Und die Zettel mit der Bitte um Hinweise zum Verschwinden des Tiers bleiben ebenfalls ergebnislos. Sie hat schon alle Hoffnung aufgegeben, da wird der Kater an der Küste angeschwemmt.

Es wurde ein Comic. Autor und Zeichner Jason Brubaker hatte bereits vor sehr langer Zeit die Idee zu dieser Geschichte, hätte sie damals aber viel lieber als Animation gesehen. Mit einem Karrieresprung wurde die Umsetzung geändert. Aus reMind wurde eine seitenweise Handlung. Ein Mädchen und ihre Katze und noch ein kleines Wesen stehen im Mittelpunkt. Sonja rückt nach und nach etwas in den Hintergrund, während es vordringlich das Schicksal von Victuals zu klären gibt, der dazu einen ungewöhnlichen Tauchgang beschreiten muss.

Jason Brubaker hat sich etwas einfallen lassen. Denn es wartet eine Welt auf ihre Entdeckung und Erinnerungen müssen gleichfalls wieder gefunden werden. Diese fremde Welt besitzt etwas Grimm’sches, da ist ein Stück Popkultur drin, da ist viel Träumerei und Fantasie. Aber wie in jedem Märchen wartet auch Gewalt auf den Helden, nicht zuletzt hervorgerufen durch Intrigen. Und wer genau hinschaut, mag auch ein Frankenstein’sches Element entdecken.

Grafisch wendet Jason Brubaker verschiedene Stile an. Für seine menschlichen Figuren kommt etwas zum Tragen, das ich einen skurrilen Realismus nennen möchte. Meist ist es nur Sonja, die der Leser zu sehen bekommt, aber als Mensch setzt sie sich deutlich von den übrigen Kreaturen ab, allen voran den Kater Victuals, der nicht nur durch seinen merkwürdigen Tiernamen besticht. Ein sehr breiter Kopf mit oval senkrecht angeordneten Augen und Spitzohren wie Antennen ziert die obere Hälfte seines ansonsten eher unauffälligen Körpers. Damit findet sich auch gleich eine weitere Vorgehensweise von Jason Brubaker.

Eine Besonderheit wird bei einer Figur in den Vordergrund gestellt. Das stempelt sie optisch in einem Bilderrausch, der meist sehr großformatig inszeniert wird. Manche nicht gestellte Frage, findet sich im weiteren Verlauf beantwortet. Wer sich wunderte, warum Victuals Kopf künstlerisch übersteigert dargestellt wird, während der Rest des Körpers dahinter zurückbleibt, findet die Lösung in einem Taucheranzug, den Victuals für sein weiteres Abenteuer anziehen muss. Hier schöpft Jason Brubaker ganz nach der Art eines Jules Verne wieder aus dem Vollen. In skizzenartigem Strich entwirft Brubaker daraufhin eine alptraumhafte schrottreife Welt, wie sie von der Science Fiction gerne in Dystopien verwendet wird.

Anders, eigensinnig, abseits des Mainstreams, dunkel, mit skurrilen Einfällen regelrecht durchflutet, gestaltet Jason Brubaker den Auftaktband zu reMind, an dessen Ende noch so manche Fragen offen bleiben. Eine interessante Mischung zwischen Science Fiction und Fantasy. 🙂

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Donnerstag, 03. März 2016

WAISEN – RINGO 4 – FLEISCH UND STAHL

Filed under: SciFi — Michael um 20:03

WAISEN - RINGO 4 - FLEISCH UND STAHLKinder! Sie wagen es doch tatsächlich, RINGO anzugreifen! Sie sie lebensmüde? RINGO hat ein Einsehen und wehrt sie vergleichsweise freundlich ab. Eigentlich will er derjenige sein, der Rosa, Seba und Nue beschützt. Er ahnt nicht, dass die drei Jugendlichen sich längst aufgemacht haben, um sein Leben zu retten. Die Löwin, die Anführerin der Bande von Kids, hat sich zu diesem Zweck eine sehr besondere Aufgabe einfallen lassen, die zunächst nur nach einem Kletterabenteuer klingt.

In einer Welt, in der die Regeln fallen, kann es sein, dass diejenigen, die bislang unterdrückt wurden, sich befreien und ihre eigenen Gesetze aufstellen und nach ihnen leben. Trau keinem Erwachsenen! Kinder haben sich in einem großen Verbund zusammengeschlossen. Zusammen überleben sie, zusammen schützen sie sich gegenseitig. Erwachsene können eine Hilfe sein, ansonsten gehören sie weggesperrt. RINGO hält diese Gemeinschaft für Kinderkram. Für seine drei jugendlichen Gefährten indes bietet sie ausreichend Verlockungen. Endlich wären sie unter ihresgleichen. Endlich könnte es nach dieser langen gefahrvollen Wanderschaft eine Zukunft geben. Eines steht dieser Möglichkeit jedoch entgegen.

Roberto Recchioni und Mauro Uzzeo legen der kleinen Gruppe einen Stein in den Weg, den die vier Flüchtlinge kaum übersehen können und der sich schließlich zur Weiterreise zwingt. Aber Recchioni und Uzzeo spielen gekonnt mit den Gedankensprüngen, ob sich die Gruppe vielleicht doch trennt. Für kurze Zeit aufspaltet? Vielleicht bleibt ein einzelner zurück? Vielleicht konzentriert sich RINGO nur auf denjenigen Jugendlichen, von dem er glaubt, er habe sein Kind vor sich? Vorab, vor der Beantwortung all dieser potentiellen Leserfragen, müssen sich die Kids ihren ganz eigenen Dämonen stellen.

Nach einem Abenteuer, in dem Selbsterkenntnis und die Wünsche für eine weniger unsichere Zukunft eine große Rolle spielen, melden sich die großen Widersacher in der folgenden Episode wieder verstärkt zu Wort. Aber auch hier haben sich Recchioni und Uzzeo etwas einfallen lassen, damit es nicht die bekannte Hatz durch zerfallene Straßen wird. Träume und Erinnerungen spielen hier die Hauptrolle, weshalb die Geschichte in mehrere Ebenen zerfällt. Die beiden Zeichner Paolo Bacilieri und Werther Dell’Edera teilen sich die Sequenzen, den Wechsel zwischen Traum und Realität.

Interessant ist der Umstand, wie bedrohlich die scheinbar träumerische Ebene im Verlauf der Handlung wird. Eine alte Rache wird ausgetragen und das Schicksal einer Krähe entscheidet sich. Die Verschmelzung zweier grafischer Stile macht den Reiz dieses Science Fiction Abenteuers aus. Auf der einen Seite wartet ein exakter Strich auf den Leser, der den Jungen Seba so aussehen lässt wie eine reale Version von Tim (nur ohne Struppi). Auf der anderen Seite wartet ein schnellerer Tuscheauftrag, teils etwas rüde aufgetragen, mit einer wilderen Kolorierung im Anschluss. Hier findet sich die Ebene, die den Leser schließlich mit in das Unterbewusstsein und die Erinnerung einer ehemaligen Kampfgefährtin RINGOs mitnimmt.

Japanische Geschichten lassen grüßen. In Mangas, wo eine Ebene aus Träumen, aus Visionen gerne zur Erzählung herangezogen wird, finden sich derlei Handlungssprünge häufiger. Recchioni und Uzzeo wagen den Tanz zwischen den Realitäten mithilfe der beiden Comic-Künstler und so gelingt ein optisch ansprechendes Wechselspiel. Gerade die Traumsequenzen besitzen eine tolle Schnelligkeit, protzen mit Licht und feurigen Farben, nur um gleich darauf ins Schwarzweiße zu stürzen. Die Erinnerungen dieser Krähe sind außerdem ein privater Himmel, der Seite für Seite zu einer Hölle wird. Ganz nebenbei offenbart die Präsidentin mehr von ihrem Charakter und zeigt, wie schnell sie immer noch bereit ist, andere Menschen ihren Zielen zu opfern.

Zwei Episoden, eine Reise ins Innere der Seelen der Reisenden wie auch jener, die sie jagen. Hier wird im wahrsten Sinne des Wortes in die Tiefe gegangen. Eine interessante sowie nervenaufreibende Passage an der Seite von RINGO und seinen drei jugendlichen Begleitern. 🙂

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Dienstag, 19. Januar 2016

DER RING DER 7 WELTEN – Band 3

Filed under: SciFi — Michael um 17:22

DER RING DER 7 WELTEN - Band 3 - Die Piraten von HeliopolisDer Mann und die beiden Kinder müssen aufgehalten werden. Unauffällig. Wer könnte diese Aufgabe übernehmen? Die drei Flüchtigen suchen eine Passage? Dann könnte ein Trick die Lösung sein. Reisekosten können sie ohnehin nicht bestreiten. Kapitän Egemone verschweigt seinen Passagieren seine berufliche Passion. Ansonsten hätten sie sein Luftschiff nicht betreten. Aber wer hätte in dem rundlichen Mann und dem angenehmen Auftreten einen Piraten vermutet? Niemand vermutlich …

INVASION … Sie kam überraschend durch einen Feind, den man hinter einem fest verschlossenen Portal glaubte. Ganz gleich in welcher der 7 Welten der Feind angreift, scheint eine erfolgreiche Gegenwehr unmöglich zu sein. Während die Menschen noch eine Verteidigung planen, fliehen die Tiere bereits … Mitten hinein in dieses fremde Universum über den RING DER 7 WELTEN, so begann dieses Abenteuer, das nach den ersten beiden Ausgaben leider lange Zeit keine Fortsetzung hierzulande erfuhr. Das ?ndert sich nun und das ist gut so. Denn die Erzählung und die Grafiken sind höchst modern, sogar immer noch innovativ mit ihrem Konzept einer Kultur, die es vorzieht, mit einer interessanten Luftfahrttechnik große Entfernungen zu überwinden.

DER RING DER 7 WELTEN gibt sich optisch in der Tradition des Animes, als habe es eine Zeichentrickvorlage gegeben. Fans des Studios Ghibli (Prinzessin Mononoke) finden hier Ähnlichkeiten. Wer ein besonderes Augenmerk auf Technik in Animes gerichtet hat (wie z.B. in Steamboy), wird hier fündig. Hier prallen archaisch anmutende Luftschiffe mit den Angriffsflotten des geheimnisvollen Feindes zusammen. Dieser bevorzugt ein deutlich einfacheres Technikdesign (man könnte seine Luftschiffe fliegende Bügeleisen nennen). Eine Spur Steampunk-Kybernetik trifft außerdem auf eine Weltenarchitektur, die auch einem Wüstenplaneten gut zu Gesicht stehen würde.

Die beiden Comic-Künstler Matteo Piana (Zeichner) und Davide Turotti (Farben) legen starken Wert auf ein enges Miteinander ihrer beider Grafiktechniken. Hier ist eine optische Einheit von großer Qualität vorhanden, die der Leser bereits auf dem Titelbild vorfindet und die sich so durch das gesamte Album fortsetzt. Es wurde hier sehr auf weiche Übergänge geachtet. Extra schwarze Ränder sucht man hier vergebens. Das Licht darf ruhig überstrahlen, aus dem Hintergrund in den Vordergrund hinein. Darüber hinaus wurde auf eine Von-Hand-Gemacht-Atmosphäre geachtet. Der Farbauftrag ist lasierend wässrig oder besitzt den Grundcharakter von Markeraufträgen.

Auffallend ist die Weite und Größe, mit denen die beiden Comic-Künstler immer wieder spielen dürfen. Die Kamera erfasst ein Objekt in der Ferne mit ungefähren Details. Erst mit laufender Annäherung an das Objekt, werden seine häufig gigantischen Ausmaße deutlich. Viele Szenen atmen die Tiefe regelrecht. Die Gefahr des Absturzes (für den einen oder anderen) ist immer real, ob nun als Luftschiff oder kleiner Passagier, wie das Titelbild bereits zeigt.

Die Action kommt sehr begründet daher. Die beiden Erzähler Giovanni Gualdoni und Gabriele Clima haben eine ausgezeichnete Arbeit im Aufbau geleistet. Oft gelingt ihnen eine beklemmende Atmosphäre. Draußen, in den eiskalten Winden, ist es leer, weit, tief. Drinnen, in den Luftschiffen selbst, sind die Räumlichkeiten beengt und düster. Ein jegliches Vorkommnis, nicht unbedingt Angriffe, hat ein Chaos zur Folge, in Ausmaßen unterschiedlicher Abstufung. Neben den übergreifenden Ereignissen, der Politik dieser Welten, steht der Aufenthalt von Luce und Timo an Bord eines Piratenluftschiffes im Vordergrund. Es ist großer Lesespaß, den beiden Jugendlichen bei ihren Abenteuern zu folgen.

Eine tolle Fortsetzung. Wer die ersten beiden nicht hat (sind noch aufzutreiben), findet das Lesevergnügen etwas geschmälert vor. In jedem Fall sollte der Ideenreichtum, der feine Aufbau des Abenteuers und seine schönen Grafiken aber beiden Lesergruppen erfreuen. Für Freunde von Anime, Jules Verne und Steampunk sehr zu empfehlen. 🙂

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Oder bei Finix Comics.

Freitag, 15. Januar 2016

SAGA 5

Filed under: SciFi — Michael um 14:33

SAGA 5Sie sehen aus, als seien sie einer Seifenoper entsprungen. Alana kennt sich aus mit Seifenopern. Sie hat in einer mitgespielt. Doch so lächerlich sich diese Terroristen aufführen, ändert das leider nichts an ihrer Gefährlichkeit. Ein Leben bedeutet ihnen nichts, auch das eines Kindes nicht. Nicht nur die kleine Hazel befindet sich in der Gewalt dieser selbsternannten Revolutionäre. Auch der noch winzige Spross von Prinz Robot IV. Der ehemalige Soldat ist daran gewöhnt, von seinem Ziel abzulassen. Am Ende wird er seinen Sohn in den Armen halten oder daran scheitern.

Kinder werden den Krieg nie begreifen. Erwachsene ebenfalls nicht, dennoch erachten sie ihn als notwendig. Marko hat nun selbst ein Kind. Das hat die Sicht auf die Ereignisse enorm beeinflusst. Was der Krieg aus Kindern machen kann, ahnte er bereits vorher, denn er tötete ihre Eltern. In einer der gruseligsten Szenen, die sich Brian K. Vaughan in dieser 5. Episode ausgedacht hat, erfährt der Leser nicht nur weitere Hintergründe über die Kriegserfahrungen Markos, sondern bekommt dank der sehr guten Bildsprache von Fiona Staples auch einen Einblick in einen Drogenrausch. Hier werden keine Erinnerungen verschüttet, sondern ans Licht gezerrt.

Die beiden Liebenden Marko und Alana entstammen nicht nur gegnerischen Lagern, sie haben sich außerdem verbunden und eine Tochter gezeugt. Das ist die Grundlage von SAGA. Denn es darf weder die Verbindung, noch das Endprodukt ihrer Liebe geben. Wenn dergleichen an die große Glocke gehängt werden würde, ginge ein großer Teil einer kranken, wenn auch sehr strukturierten Weltanschauung in die Brüche. Die Mächtigen dieses Universums wollen sich mit dieser Aussicht nicht anfreunden und hetzen Kopfgeldjäger auf die kleine, ungewöhnliche Familie, der sich nun noch die Mutter von Marko angeschlossen hat (nachdem der Markos Vater leider verstarb).

Der Hintergrund der Space Opera klingt einigermaßen ernst, nimmt sich durchweg ernst, trotzdem ist es gerade die Stärke von SAGA dank seiner ungewöhnlichen Figuren immer wieder ins Absurde abzugleiten. Als Stammleser hat man sich daran gewöhnt und erwartet nichts weniger von den beiden Comic-Machern, als stets aufs Neue mit tollen und scheinbar irrsinnigen Idee (mit einem Schuss Comic-Anarchie) aufzuwarten. Inzwischen hat sich die Geschichte gewandelt. Die kleine Familie wurde auseinandergerissen, das kleine Mädchen Hazel entführt und soll als Druckmittel eingesetzt werden. Und es ist nicht das einzige gewaltsam entrissen Kind.

Brian K. Vaughan hat den Handlungsfaden ordentlich aufgespalten. Nicht nur die Familie steht im Fokus des Interesses, den Kopfgeldjägern und ihrer Begleitung (bzw. ihrer Familie) wird ein gehöriges Maß Beachtung geschenkt. Familie! Das ist ein großes Wort in SAGA und als Institution ein sehr stark treibende Kraft innerhalb der Handlung. Meist sind es nur Nebenfiguren, die andere Motive für ihr Fortkommen ins Feld führen.

Drachen! Drachen! Im Universum von SAGA geben sich in jedem Kapitel neue Figuren die Klinke in die Hand. Die Drachen in dieser Ausgabe gehören zu den Überraschungen, grafisch angelegt wie Salamander, bestechen sie durch ihre Größe, die an irdische Wale heranreicht. Ihre Art mit Feinden umzugehen, ist sehr aussagekräftig und ein typisches Beispiel für den Humor der Reihe. Hier wird kein Blatt vor den Mund genommen. Und es wird munter gemischt. Wer eben noch fasziniert Drachen bestaunt hat, darf auch Zeuge eines Raubüberfalls in einem Supermarkt werden.

Fiona Staples liebt den großen Auftritt. Beziehungsweise liebt sie den großen Auftritt ihrer Figuren. Seltsame Gestalten sind das Markenzeichen von SAGA. Also hat Fiona Staples viel zu tun. Bezeichnend ist die Anlehnung an real existierende Wesen. Fiona Staples mischt gerne verschiedene Einzelheiten zusammen oder vergrößert gnadenlos ins Gigantische. Zuweilen finden sich auch Charaktere, die einfach nur auf putzig getrimmt sind. Ghüs, bereits in der letzten Ausgabe dabei, ist eine dieser Kreaturen. Halb weiße Babyrobbe, von der Statur her halb Maulwurf samt Latzhose, ist Ghüs eine Figur, die durch ihr Äußeres vieles von ihren wahren Charaktereigenschaften verschleiert. Der Verschleierung folgt meist eine Überraschung.

Mehr Drama, mehr Verzweiflung. Wenn die Gewalt explodiert, dann ziemlich drastisch. Die Eltern von Hazel sehen sich zunehmend in die Ecke gedrängt. Brian K. Vaughan und Fiona Staples führen ihre Helden an den Rand der Katastrophe und darüber hinaus. Düster und spannend. 🙂

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Sonntag, 13. Dezember 2015

FEUER UND STEIN 4 – PREDATOR

Filed under: SciFi — Michael um 21:09

FEUER UND STEIN 4 - PREDATORGalog dachte, er wäre diesem außerirdischen Jäger gewachsen. Immerhin hat er sich bereits mit seltsamen Viechern angelegt und ist davon gekommen. Aber das waren Herdentiere mit minderer Intelligenz, die wie brachiale riesige Ameisen über ihre Opfer herfielen. Der hier ist mit seinem Killerinstinkt viel menschlicher, schlauer, letztlich wirklich überlegen. Galgo hat Pech. Er wird gefangen genommen. Galgo hat Glück. Er bleibt am Leben, weil der PREDATOR ihn noch braucht. Aber wie lange?

Galgo, der Badass dieser Miniserie, wurde von Patrick Reynolds im Stile eines Tuco (Eli Wallach in Zwei glorreiche Halunken) gestaltet. Christopher Mooneyham übernahm die Vorgaben dieses Westerncharakters und fügte, SciFi-gemäß noch ein wenig Snake Plissken (Die Klapperschlange) hinzu. Und schon war der perfekte Partner für einen PREDATOR fertig. Es ist nicht leicht, einen gleichwertigen menschlichen Partner für einen PREDATOR zu finden. Abgesehen von Machiko Naguchi ist da erst einmal lange niemand in Sicht. Mit Galgo ändert sich das gewaltig.

Christopher Mooneyham zeichnet rasant, kräftig und erinnert mich oft an den starken Tuschestrich eines Frank Miller. Mooneyham arbeitet aber feingliedriger. Das Zusammenspiel der beiden Hauptcharaktere in den ersten drei Vierteln der Handlung, Galgo und Ahab, ist bewusst an ein Westernszenario angelehnt. Galgo, der Mensch, und Ahab, der einäugige PREDATOR, treten zusammen gegen den scheinbar übermächtigen Konstrukteur an.

Natürlich heißt Ahab nicht wirklich Ahab. Die Verständigung zwischen Mensch und Außerirdischem ist seit den Anfangstagen der Zusammenkunft der beiden intelligenten Arten nicht besser geworden. Doch das Auftreten des fremden Jägers hat etwas mit dem menschlichen Kapitän gemein, der wusste, dass die Jagd auf den weißen Wal seinen Untergang bedeuten würde und dennoch ließ er nicht davon ab. Um die Ähnlichkeit im Charakterdesign zu unterstreichen, hat der PREDATOR zahlreiche Blessuren davongetragen. Ein verlorenes Auge ist die auffälligste Vernarbung im Aussehen des außerirdischen Giganten.

Flucht in Ketten. Lang ist es her, dass dieser Film und sein Remake die Leinwände unsicher machten. Das Grundkonzept indes funktioniert immer noch. Fessele zwei völlig gegensätzliche Charaktere, die sich am besten abgrundtief hassen, aneinander. Gebe ihnen auch noch gegensätzliche Ziele. Und dann lasse sie abhängig voneinander sein. Der PREDATOR fesselt Galgo mit einer Energiefessel an sich, einzig zu dem Zweck, damit der Mensch nicht flieht. Bald schon wird diese Fessel aber mehr zu einem Rettungsstrick. Autor Joshua Williamson bringt die beiden in die wahnwitzigsten Gefahrensituationen. Ganz nebenbei rettet Galgo mit seinem unerschütterlichen Humor regelmäßig den Tag.

Blick zurück im Stolz. Oder: Wie ich mein Auge verlor. Ein PREDATOR, der im Kampf mit einem unterlegenen Gegner überlegene Feuerkraft einsetzt, hat oft einen bitteren Nachgeschmack beim Leser hinterlassen. Fairness war bei diesen Wesen von Anfang an ein Fremdwort. Umso überraschender ist die Vorgehensweise von Ahab, der sich auch an seine Beute herantraut. So erfährt der Leser, wie Ahab auf einen fast ebenbürtigen Gegner traf und sich gleichzeitig einen noch mächtigeren Feind aussuchte: Den Konstrukteur.

Im letzten Viertel des abschließenden Bandes von FEUER UND STEIN findet sich das Kapitel OMEGA. Denn ein weiterer Handlungsstrang wartet noch auf seinen Abschluss. Elden war einst ein Android, der mit der Ursuppe des Konstrukteurs in Berührung kam. Seither mutierte er. Der Leser wähnte ihn eigentlich auf der Reise in den tiefen Raum. Seine einzigen verbliebenen Begleiter: ALIENS.

Nun ist Elden wieder da und schließt den Kreis. Agustin Alessio übernimmt den Zeichenstift und die Kolorierung. Könnte man seinen Kollegen Christopher Mooneyham einen künstlerischen Rocker nennen, dann ist Alessio ein Michelangelo, der weder in Form, in Perspektive noch Farbe etwas dem Zufall überlässt. Anders ausgedrückt und in die Machart übersetzt: Mooneyham ist ein Tarantino, Alessio ein Cameron. Mooneyham will Comic sein, Alessio macht Kino auf Papier. Mit seiner Perfektion setzt er einem sehr gelungenen Vierteiler die Krone auf.

Ein würdiger Abschluss, der zwar offene Fragen lässt, die jedoch ein PROMETHEUS auch nicht beantwortete. Grafisch einwandfrei, mit Stilistiken, die für jeden SciFi-Fan etwas zu bieten haben. Der PREDATOR, in der Figur des Ahab, dürfte gerne zurückkehren, da seine Individualität, auch sein Zusammenspiel mit Galgo geradezu zu Fortsetzungen prädestiniert. 🙂

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Links: murderingink.com (Homepage von Patrick Reynolds)

Samstag, 12. Dezember 2015

NUORK 1 – Das schwarze Kind

Filed under: SciFi — Michael um 18:35

NUORK 1 - Das schwarze KindGlasflaschen. Eine alte Kassette. Ein Fahrrad und eine Öllampe. Diese und noch mehr Gegenstände kennt das schwarze Kind nicht, als es in die verlassene Hütte des alten Mannes einbricht, den alle im Stamm nur DER, DER WEISS nennen. Dem schwarzen Kind ist das Sammelsurium in der Hütte einerlei. Der Junge ist auf der Suche nach nützlichen Dingen, Fellen zum Beispiel. Und es gibt nicht viel Zeit zu verschwenden, denn der Alte hat eine boshafte Ankündigung gemacht. Bei seiner Rückkehr soll das schwarze Kind sterben.

Unumwunden zugegeben, ich mag apokalyptische oder postapokalyptische Szenarien sehr. NUORK ist in letztere Kategorie einzuordnen. Alles, was die Zivilisation einmal groß gemacht hat, ist vergangen. Aber es ist noch nicht so lange her, dass es nicht noch Reste von ihr zu sehen oder zu plündern gäbe. Dem Niedergang der Technik folgte der Niedergang der Zivilisation, der Kultur, der Sprache, bisheriger Errungenschaften. Die Menschen sind auf ein steinzeitliches Niveau herabgeklettert. Jäger, Älteste und Schamanen bestimmen das Schicksal eines Stammes. Doch inmitten von Weißen fällt ein schwarzes Kind immer noch wie ein Fremdkörper auf. Es wird drangsaliert, an den Rand der Gemeinschaft gedrängt, gar vom Ältesten für das Ungemach des gesamten Stammes verantwortlich gemacht wird. Das schwarze Kind hat noch einmal einen richtigen Namen.

Das ehemalige Kuba. Das Meer ist zurückgewichen und hat der Welt neues Land geschenkt. Doch zu welchem Preis? In einem Zeitraffer, so würde es im Film genannt werden, erfährt der Leser ein wenig über den Ablauf, das Desaster der menschlichen Geschichte.

Olivier Vatine, über seine Arbeiten am Star-Wars-Universum mit Space Operas vertraut, hat von Science-Fiction-Autor Stefan Wul ein älteres Szenario aufgegriffen und dieses für den Comic adaptiert. In dystopischer Tradition eines Diesseits von Eden (von Harry Harrison), gewürzt mit einer Prise Cthulhu, einer steinzeitlich endzeitlichen Stimmung abgeschmeckt, entwickelt sich eine dichte Atmosphäre, die auf zwei Handlungssträngen reist. Der des schwarzen Kindes und derjenigen des Stammes. Wenn das schwarze Kind in den Überresten einer Shopping Mall nach Nützlichem sucht und inmitten der Schaufensterpuppen umherspaziert, fühlt man sich an die Einsamkeit des Omega-Mannes erinnert.

Endlich einmal wurde ein völlig anderer Erdteil für die Erzählung über den Untergang der Menschheit ausgewählt. In seiner durchweg grazilen Zeichenart beginnt Olivier Vatine auf dem Meer der Gegenwart, ohne den Ort näher zu bestimmen. Angesichts der späteren Ortsbegehung muss es sich aber um ein Seegebiet in der Karibik handeln. Ein Schiff löscht seine Ladung giftiger Chemikalien mitten auf dem Ozean. Doch das Entsorgen bleibt nicht unbemerkt. In der Tiefe des Meeres nehmen sich fremde Kreaturen, an Kraken erinnernd, der schrecklichen Ladung an.

Olivier Vatine lässt den Leser zunächst mit diesem Geheimnis allein und macht einen ordentlichen Zeitsprung. Er skizziert mit sehr feinen Strichen, so dass selbst den ungeschlachten Steinzeitmenschen etwas Fragiles anhaftet. Die ganzseitigen Grafiken zu Beginn eines jeden Kapitels vermitteln hervorragende Eindrücke dieser verlorenen Welt, in der sich jegliches Überbleibsel einer Zivilisation verflüchtigt zu haben scheint (sieht man von einem sehr speziellen Ort ab, der von den Leuten des Stammes aus unbekannten Gründen nicht aufgesucht werden darf oder soll). Der feine Anhang gibt Aufschluss über die Technik von Olivier Vatine und seine Herangehensweise an die jeweilige Szenerie.

Ein sehr eindringliches Science-Fiction-Abenteuer, nah bei seinen Figuren, auf die es großen Wert legt. Effekte sind verhalten, mehr setzt die Geschichte auf Tiefe und Geheimnis sowie die Entwicklung seiner Charaktere. Der Anführer des Stammes, Thoz, und das schwarze Kind sind die Eckpfeiler einer Handlung, die durch die beiden wächst. Beeindruckend sind der Mut und die Unverzagtheit, die das schwarze Kind an den Tag legt. Hier ist bei aller Düsternis des Szenarios der helle Kern der Geschichte. Und dieser hält gleichzeitig die Waage zum seltsamen Volk aus den Tiefen des Meeres, das den Gang an Land über die Jahrhunderte (?) geschafft hat. Top! 🙂

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Dienstag, 08. Dezember 2015

WAISEN – RINGO 3 – WIE DER REGEN

Filed under: SciFi — Michael um 15:17

WAISEN - RINGO 3 - WIE DER REGENSelbst im Untergang der Welt sind nicht alle Menschen gleich. Im Zeichen des Krieges haben sich die vermögenden Einwohner des Landes in eigene kleine Bastionen zurückgezogen, streng bewacht und gesichert für jene Zeit, wenn es wieder eine Normalität auf der Erdoberfläche vorzufinden gibt. Nachdem Seba, Rosa, Nue, angeführt vom Kriegsveteranen RINGO von Menschen gejagt wurden und sie sich gegen Wesen, halb Mensch, halb Maschine, verteidigen mussten, ist die kleine Ortschaft für die vier Flüchtlinge zunächst sehr verheißungsvoll. Die Gebäude und die Straßen sind intakt. Es könnte ein Zufluchtsort sein, würden die Wachen in irgendeiner Form kompromissbereit sein. Leider gestattet ihnen ihre Programmierung keinerlei Einigung. Eine friedliche schon gar nicht.

Ein langer Weg für die unfreiwilligen Gefährten. Und die Gefahren könnten kaum unterschiedlicher und überraschender sein. Die beiden Handlungsstränge, zusammengefasst im dritten Band zum WAISEN-Spin-off RINGO mit dem Untertitel WIE DER REGEN, halten für den Leser ein paar Überraschungen parat und enthüllen ein gutes Stück mehr, was aus der Welt geworden ist.

Neue Zeichner, neue Perfektion. Generell wird natürlich die Optik beibehalten, aber es gibt Abweichungen in der Gestaltung der Figuren und der Art und Weise, wie die Bilder den Leser in die Handlung hineinziehen. Nahezu identisch zu den Vorgängern bleiben die Hintergründe, die einen Großteil der Atmosphäre ausmachen. Gab es bei James Bond einst den ungewöhnlichen Auftritt einer Ente als Fluchtwagen, findet der Leser hier ein weiteres, für solche Zwecke eher ungeeignetes Fahrzeug vor: einen Fiat 500. Obwohl das auch nicht ganz richtig ist, denn ganz im Sinne von PIMP MY RIDE hält auch dieses Auto ein Special Feature bereit.

Davide Gianfelice, Künstler des ersten Handlungsstrangs, der noch sehr handfest und action-reich daherkommt, arbeitet realistisch, aber er gibt seinen Figuren noch eine verspielte Note mit. Da werden Striche um den Mund zuviel gesetzt, hier ein Kringel im Haar oder am Kinn. Die Augen der einzelnen Helden fallen sehr unterschiedlich aus, Nues Gesicht wirkt wie im klassischen europäischen Comic, während die anderen auch in Mangas auftreten könnten, ohne mit ihrem Design aufzufallen (Stichwort: Akira). Es ist eine Mischung, die sehr gut miteinander korrespondiert. Ein fetter Tuschestrich an den richtigen Stellen sorgt für mehr Volumen und zusätzliche Tiefe innerhalb der jeweiligen Szene. Insgesamt eine tolle Gestaltung.

Gianfelices Nachfolger, der Zeichner Alessio Avallone, besitzt einen amerikanischeren Strich, vergleichbar mit Mike Norton (REVIVAL). Der klaren Vorgabe der Serie folgend schleichen sich aber rundere Züge der Figuren ein. Überhaupt liegt im von Avallone gezeichneten zweite Handlungsstrang ein starker Fokus auf den Gesichtern und ihren Emotionen, geht es doch um innerste Wünsche, Sehnsüchte, um das Pausieren vom Krieg, eine Spur von Glück. Jeder der Helden erlebt dieses Fitzchen auf ganz eigene Weise. Ringo selbst entdeckt sogar seine künstlerische Ader wieder, ein Talent, das lange verschüttet geblieben war.

Im Spiel mit den Gefühlen der vier Reisegefährten wird die Geschichte ruhiger, gefühlvoller, bei weitem aber nicht weniger nervenaufreibend. Denn konnten die Beteiligten zuvor beweisen, wie agil sie in Kampfsituationen sind, allen voran RINGO selbst, ziehen sie in der zweiten Hälfte mit ihren Gefühlen blank. Das Stichwort Seelenstriptease trifft es auf den Punkt.

Science Fiction, die jeden etwas bereit hält: Action wie in einem Kino-Blockbuster, schön ausgearbeitete Charakterisierungen und eine ausgefeilte Weltenbeschreibung, ein tiefsinnig erzählter zweiter Teil. Hier passt alles! 🙂

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Mittwoch, 25. November 2015

WAISEN – RINGO 2 – NUMMER VIER

Filed under: SciFi — Michael um 16:19

WAISEN - RINGO 2 - NUMMER VIERDer Junge ist krank und benötigt Antibiotika. In einem Land, das den Niedergang der Zivilisation erlebt hat und nur noch von seinen Resten lebt, sind Medikamente ohnehin schwer zu finden. Und Antibiotika sind fast eine Unmöglichkeit. Hätte RINGO nicht eine Idee. Diese führt geradewegs in die Höhle des Löwen, nur ist es diesmal nicht er, der diesen letzten Meter zu gehen hat, sondern der andere Junge, Seba, der die Aufgabe erfüllen wird.

Die römische Pietà. Michelangelo schuf dieses Meisterwerk der Bildhauerei, heute im Petersdom in Rom zu bestaunen. Im Schoße Marias liegt der verstorbene Jesus Christus. Illustrator Emiliano Mammucari hat das Motiv und die Haltung dieser Doppelstatue aufgegriffen und hiernach das Titelbild gestaltet. Der bewusstlose RINGO liegt hier in den Armen einer Krähe, die nur darauf wartet, ihm den Todesstoß zu versetzen. Angesichts der Fortsetzungen ist es kein Geheimnis, dass ihr das (vorläufig) nicht gelingen wird.

Nach einem stürmischen Auftakt im ersten Teil hat sich ein Quartett zusammengefunden, wie es nicht so recht zueinander passen will. Aber RINGO hat keine Wahl. Er hat einer Verstorbenen ein Versprechen gegeben. Außerdem besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass einer von den drei Jugendlichen, die er in Sicherheit bringen will (muss), ein Kind von ihm ist. Damit er sein Versprechen hält, hat seine ehemalige Geliebte ihm verschwiegen, welches Kind seine Gene trägt. Aber, ob nun ein Kind oder drei, es kommt sich fast gleich, denn die Reise sowie die Flucht, die von den Vieren angetreten worden ist, wird durch weniger Personen kaum ungefährlicher.

Zwei Grafikduos teilen sich die Arbeit an der Fortsetzung der Reihe. Diese trägt den irritierenden Untertitel NUMMER VIER. Es ist die Andeutung eines gemeinen, perversen Spiels in der zweiten Hälfte des Science-Fiction-Thrillers. Für mich immer auffallend bei italienischen Comic-Produktion ist der Umstand, wie identisch die Arbeiten von unterschiedlichen Künstlern an einer Reihe ausfallen. Es gibt nur kleine Abweichungen. Hier wird großer Wert auf ein sehr einheitliches Erscheinungsbild gelegt. So ist es beinahe kaum zu bemerken, dass hier unterschiedliche Grafiker am Werk waren.

Die Tuschezeichnungen in der ersten Hälfte, von Carlo Ambrosini und Giovanna Niro (Koloristin), fallen etwas gröber au. Aber der leicht brachialere Strich passt zur Härte der Geschichte, die dadurch noch unterstrichen wird. Und Härte findet sich ausgerechnet da, wo ein heute lebender Leser sie nicht erwarten würde: Rom. Aus der prächtigen Stadt, der ewigen Metropole ist eine untergegangene Stadt geworden. Hier lauert der Tod an jeder Ecke. Hier gibt es nichts umsonst. Hier dient Gewalt dazu, das zu bekommen, was man will. Oder sie macht einigen einfach nur Spaß. Weder Roberto Recchioni, noch Mauro Uzzeo (Autor der zweiten Hälfte) geizen mit entsprechenden Beweissituationen.

Beiden ist zueigen, dass sie mit einem sehr guten Timing erzählen, stets zu überraschen verstehen und es eben doch nicht immer so ist, wie man annehmen könnte. Gerade in der zweiten Hälfte gibt es eine solche Situation, deren Schwenk in eine unerwartete Richtung marschiert, Stichwort NUMMER VIER. Über allem liegt der erzählerische und optisch sehr eindrucksvolle Untergangsgrusel. Wie die beiden Grafikteams dies inszenieren, liegt toll auf der Linie meist verfilmter Szenarien. Kulturelle Überreste liegen herum, vergammeln, werden ausgeschlachtet oder einfach nicht mehr beachtet und gepflegt. Ein schönes Beispiel ist der ehemals hochmoderne Zug, der irgendwo in einem Wald von den Schienen entgleiste und nun liegt und verrottet.

Eine Reise durch ein erkennbares und doch so unterschiedliches Italien. Es ist interessant, den Untergang der Welt einmal auf einem anderen Kontinent zu sehen, als immer nur in den USA. Darüber hinaus sorgen das Szenario und seine Charaktere, auch die Widersacher, für ein ungewöhnliches Spannungsniveau mit teils wuchtiger Dramatik. Tolle Weltuntergangsstimmung! 🙂

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