Freitag, 04. Dezember 2009
Boule und Bill ganz klein, die Gifticks machen ein ähnliches erstauntes Gesicht: Die Minimenschen rüsten zur Feier. Da soll alles dabei sein, was Rang und Namen hat. Schwarzbart, Buck Danny, Yoko Tsuno (die eine sehr verwandte Vorliebe für futuristische Gleiter hat wie die Minimenschen) und sogar Gaston geben sich neben vielen anderen ein Stelldichein. In einem Spezialauftritt im Jahre 1976 steht eine große Feier an. Comic-Charaktere, die das Publikum unter den Fittichen von Spirou liebgewonnen hat, treten hier gemeinsam auf. Das hat beinahe eine Suchbildfunktion. Wer erkennt die meisten, ganz besonders auf der Übersicht des hergerichteten Feierplatzes.
Sehr mysteriös wird es in dieser Ausgabe. Zeichner und Autor Pierre Seron lässt es sich diesmal nicht nehmen, die phantastischen Genres zu parodieren. Da findet sich der gute alte Monsterfilm im Stile eines Godzilla ebenso wie das berühmt berüchtigte Bermudadreieck. Nur sind es hier riesige Pflanzen mit fleischfressendem Charakter, die angreifen (wenngleich sie scheinbar alles auffressen), bei den Ereignissen rund um das Bermudadreieck darf allerdings so manche wahre Begebenheit nicht fehlen. Ganz nebenbei werden einige Kurzgeschichten erzählt, in denen natürlich auch Gastauftritte nicht fehlen dürfen.
Doch zurück zu den Pflanzenmonstern, die es mir ganz besonders angetan haben. Wenn die riesigen Gewächse hier angreifen, dann steht der Spaß im Vordergrund. Pierre Seron und sein Autorenkollege Mitthei lassen nichts aus und legen zum Teil in ganz wenigen Bildern eine Pointe hin. Da verknallt sich die (mutierte) Topfpflanze in ihren Besitzer, weil er sie getränkt hat. Da lassen sich diese Viecher, die Geschosse eines Panzers wie Chili schmecken. Da wird eine Regenrinne zum Strohhalm und ein Milchtanklaster zu einem leckeren Schluck zwischendurch.
Obwohl der Fresskopf der Pflanzen nicht mehr ist als eine gelbe Kugel mit zwei Augen und einem unendlich dehnbaren Maul ist, erfüllen diese einfach gestalteten Kreaturen ihren Zweck. Wenn Seron die Anführerpflanze mit einer Art Hahnenkamm ausstattet, dann bleibt kein Auge trocken.
Weitaus phantastischer, aber mit nicht weniger Humor geht es in Das Dreieck des Teufels. Diese Geschichte und ihr direkter Nachfolger Das Volk der Tiefsee entführen in das berüchtigte Bermudadreieck. Alles beginnt mit der Mähr um die berühmte und sehr verschwundene Flugzeugstaffel der Avenger Staffel im Jahre 1945. Eben waren sie noch, sprachen über ein ungewöhnliches Meer unter ihnen, verloren die Orientierung, dann waren sie auch schon weg. Das Suchflugzeug, das ihnen hinterher geschickt wurde, verschwand ebenso spurlos.
Die Ereignisse, denen Renaud nachspürt, ziehen eine Spur bis in die Gegenwart. Ein Männlein, mit einer ähnlich missmutigen Pose wie der Korse aus Asterix in Korsika, gibt der Geschichte eine folgenschwere Wende. Und eine besonders phantastische noch dazu: Pierre Seron darf hier technisch wieder zeigen, was die Welt an Fluggeräten zu bieten hat (nicht, was er drauf hat, das hat er längst bewiesen und unterstreicht es einmal mehr). So wird gar ein ausgewachsener Flugzeugträger zur Kulisse des Abenteuers, bevor es … Na, alles soll auch nicht verraten werden.
Insgesamt ist die Geschichte auch eine Entführung in die Jugendzeit manches Lesers (vielleicht), der (wie ich vielleicht) mit Hörspielen um das Bermudadreieck oder sehr fantasievollen Themen groß geworden ist. Unterwassergleiter ziehen hier schließlich in den Kampf gegen Fischmenschen (erinnert an Der Schwarze Falke), gegen Riesenkraken (eine kleine Verbeugung vor Jules Verne). Hier legt sich das Autorenduo und Seron als Zeichner, und das ist das Schöne, keinerlei Grenzen auf. Erlaubt ist, was gefällt, die Spannung steigert oder zum Lachen einlädt. Das ist, mehr noch als zuvor, ein richtig pralles, sehr lebendiges Comic-Abenteuer von Anfang bis Ende. So, wie es sein soll.
Drei sehr starke albenlange Geschichten dominieren die vorliegende 5 Sammelausgabe der Minimenschen. Wer bislang mit dieser Perle des Cartoons noch nichts anfangen konnte oder sie gar noch nicht kannte, könnte hiermit zum Fan werden. 🙂
Die Maxiausgabe der Minimenschen 5: Bei Amazon bestellen
Samstag, 28. November 2009
Paris. Ohne die vielen Menschen, die hier tagtäglich ihrem Leben und ihrer Arbeit nachgingen, ist vom viel beschworenen Zauber dieser Metropole nichts mehr zu spüren. Für die Kinder, die hierher zurückgekehrt sind, ist es ein Ort der Erinnerungen und der Trauer. Von einem Neuanfang kann noch keine Rede sein. Ihre Gemeinschaft ist klein, aber nicht alle sind so vernünftig geworden wie der harte Kern, der ursprünglich aus Paris geflohen ist. Nach all den bestandenen Abenteuern hat sich eine Kinderschar zusammengefunden. Nicht jedes Kind ist emotional in der Lage, mit der Situation umzugehen: Hedwig schlägt, sobald man ihr den Rücken zukehrt, alles kurz und klein. Und die beiden helläugigen und hellblonden Geschwister hinterlassen einen derart lethargischen und gefühllosen Eindruck, dass sich mancher in ihrer Nähe gruselt.
Neben den Problemen innerhalb der Gruppe entsteht plötzlich eine neue Bedrohung. Eines Abends, als die Kinder sich versammelt haben, ein Lagerfeuer prasselt und die Finsternis erhellt, taumelt eine Gestalt aus der Dunkelheit auf sie zu: Der Herr der Messer. Sofort fühlen sich die Freunde um Dodji an den Kampf gegen diesen Maskierten erinnert. Aber der Herr der Messer will sie nicht angreifen. Schwer verletzt bittet er um Hilfe.
Zurück in Paris vertiefen Bruno Gazzotti und Fabien Vehlmann die Suche nach des Rätsels Lösung: Warum verschwanden alle Erwachsenen und ein großer Teil der Kinder gleich mit? Warum sind nur sie, die wenigen, die sich unter der Führung von Dodji zusammengefunden, übrig geblieben? Gazzotti und Vehlmann werden dieses Geheimnis zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht lüften. Aber sie werden die bestehenden Rätsel geschickt mit neuen Ideen verweben und die Bedrohung für die Kinder noch stärker verdichten.
Allein 4 trägt den geheimnisvollen Untertitel Die roten Hügel. Der Leser wird erfahren, wo diese roten Hügel zu finden sind, er wird erfahren, wer der Erbauer dieser roten Hügel ist, doch der Zweck dieser roten Hügel erschließt sich dem Leser (noch) nicht. Mit der Fassungslosigkeit der Hauptfiguren bleibt der Leser vor diesen Bauwerken zurück, die (so lässt es sich durchaus nennen) eine Art Rätsel der Natur sind.
Den normalen Problemen der Kinder neben Organisation und Nahrungsbeschaffung (sogar dem Gedankenspiel über neuerlichen Gang zur Schule) stellt Autor Fabien Vehlmann ein viel konkreteres Problem voran: Ein Säugling ist verschwunden. Inmitten einer nur scheinbar ausgestorbenen Stadt machen sich die Kinder an ihre Rettungsaktion. An dieser Stelle wird die Spannung greifbar und der rote Faden einmal hinten angestellt.
Geschichten wie Der Herr der Fliegen wurden als Vergleich zu Allein herangezogen. Hier erweist sich allerdings einmal mehr, dass Vehlmann eher mit den erzählerischen Elementen eines Jules Verne spielt. Seien es Zwei Jahre Ferien oder Die geheimnisvolle Insel, auf der sich eine kleine Gruppe von Flüchtlinge notgedrungen in Sicherheit bringt. Hier wie dort tauchen Bedrohungen auf (dort sind es Piraten, hier die Erbauer der roten Hügel). Und ein Akteur, dessen Identität noch nicht ans Licht gekommen ist, setzt einen wichtigen Akzent für die weitere Handlung.
Fabien Vehlmann gibt Zeichner Bruno Gazzotti alles Nötige an die Hand, um eine aktionsgeladene Handlung zu Papier zu bringen. Schon das Titelbild deutet es an: Ein Junge mit einem Säugling im Arm schwingt an einem Kranhaken hängend am Betrachter vorüber. Gazzotti erhält noch andere Aufgaben. Da gibt es ein wenig Last Action Hero, Verfolgungsjagden und Kämpfe in der Oper können eine Verbeugung vor der berühmten Fechtszene aus Scaramouche sein. Gazzotti täuscht den Leser zuerst mit seinen leicht cartoony aussehenden Figuren über die Echtheit des Szenarios. Denn in Wahrheit können hier Charaktere in Gefahr geraten, sogar tödliche Gefahr. Manche Szene ist schwindelerregend (in wahrsten Sinne des Wortes), einiges ist rasant, gar kaltblütig und auch traurig.
Eine hervorragende Episode, sehr stramm erzählt, durchgehend mitreißend geschildert und mit einem derart gemeinen Ende versehen, wie es bisher so noch nicht vorkam. Die Vorkenntnis der ersten drei Bände ist ein Muss, aber es lohnt sich sehr. 🙂
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Donnerstag, 19. November 2009
Es soll ein Standbild eines stolzen Hundes werden. Die Haltung ist vornehm, der Blick in die Ferne gerichtet. Marcel, der Junge, hat nicht nur eine Künstlermütze auf dem Kopf, er hat auch sein Bestes gegeben. Als der Regen einsetzt, wird das Werk verändert. Seltsamerweise spiegelt es immer noch die Wirklichkeit wider. Es zeigt sich, dass Cubitus ein Hund für junge Menschen ist. Er benötigt ein Herrchen, das mit seinem Temperament (doch das hat er!) mithalten kann. Marcel beherrscht diese Übung, sein Onkel hingegen, der Herr Bojenberg, ist hin und wieder einfach überfordert.
Wie alles begann: Cubitus war einmal ein Hund, dessen Augen nicht zu sehen waren. Knubbelig war er von Anfang an. Gefräßig sowieso und faul natürlich auch. Aber auch tiefsinnig, manchmal sogar feingeistig. Obwohl er eine zuweilen große Klappe hat, ist er auch Opfer. Marcel, sein Herrchen (ein Junge, der später nicht mehr vorkommt) nimmt hier Bojes Rolle vorweg. Da kann es schon einmal passieren, dass Cubitus mit Hilfe eines Ballons in die Stratosphäre (also sehr hoch) geschickt werden soll.
Die Vergangenheit einer Figur ist häufig interessant. Die von Cubitus ist es nicht minder, denn keine Figur ist zu Beginn an so, wie sie sich später immer noch den Lesern präsentiert. Und die wenigsten haben ein solche lange Lebensdauer wie Cubitus, um Änderungen überhaupt zu erfahren. Ein Pony verdeckt die Augen des Knubbelhundes (oder einfach wild wachsendes Haar, denn ein Pony würde eine modische Note bei Cubitus andeuten, aber diese These kann nicht untermauert werden). Sieht der Leser einmal die Augen von Cubitus, kann er sicher sein, dass irgendetwas nicht stimmt.
Erstaunen, Ärger, Neugier (auch ein wenig Irrsinn): Ein Blick auf die Augen von Cubitus sagt mehr als tausend Worte. Luc Dupanloup, oder auch Dupa mit Künstlernamen, schenkt dem Leser mit dieser Figur einen Knubbelhund, wie ihn sich wohl viele Kinder wünschen. Liebevoll gefüttert hat er einiges an Pfunden zuviel, aber es geht ihm nicht schlecht dabei. Er steckt, so weit es ihn interessiert, überall seine Nase hinein. Er ist vorlaut, manchmal auch garstig. Er ist mitunter ein Pechvogel, er ist (um es mit dem Namen eines anderen Hundes zu nennen) auch ein wenig Wum, denn mit seinen Herrchen reden, kann er auch.
Zeitweilig wagt sich Dupa hier schon aus dem Korsett der familiären Umgebung heraus. Da wird aus Cubitus ein Superhund, eine kleine Anspielung vielleicht auf Krypto, den Begleiter von Superman. Leider wird der Superausflug von Cubitus keiner, obwohl der flauschige Komödiant (auch das ist Cubitus) mit den besten Absichten handelt. Oder man beachte auch Situationen, in denen Cubitus eigentlich gar nicht handelt. Indem er einfach neben einer Kuh sitzt. In diesen Momenten sind (bis auf das Ende) keine Worte nötig. Der Witz, bei dem es nicht auf die Pointe ankommt, sondern nur auf den Weg zum Ende der Episode, wirkt sprachübergreifend und wirkt dank der Zeichenkunst von Dupa jedes Mal.
Eine der besten Episoden dürfte der Besuch vom Mars sein. Hier verstehen weder Leser noch Cubitus ein Wort und trotzdem … Es ist ein Lacher. Es wird ein Lacher vorgespielt, es entwickelt sich zu einem Lacher. Auch hier wirkt es. Die Pointe zündet, sie wäre allerdings auch zu vernachlässigen. Das ist fast ein wenig britischer Humor, nicht schwarz, aber immerhin albern.
Blick zurück im Spaß: Der war schon immer so komisch, der Cubitus. Dupa hatte bereits von Anfang den richtigen Riecher, als er diesen Comic-Hund schuf. Der Humor gibt jegliche Varianten her: Albern, heiter, trocken, intelligent, ulkig … Da ist einfach für jeden etwas dabei. 🙂
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Montag, 09. November 2009
Was wäre gewesen, wenn Stan Lee in den 70er Jahren Krusty-Comics präsentiert hätte? Dann wäre vermutlich alles anders gekommen. Und vielleicht auch länger, denn bevor die Geschichte in Gang kommen kann, ist sie seltsamerweise schon zu Ende. Interessanter und kurzweiliger wird es, als Krusty der Clown, das Krusty Kids Kommando präsentiert. Die Zeiten für Fastfood stehen schlecht, für Clowns auch, für Clowns, die für eine Fastfood Kette arbeiten, stehen die Zeiten noch viel schlechter. Und für ihre Sidekicks, das Krusty Kids Kommando stehen die Zeiten noch viel schlechter, denn für einen von ihnen ist kein Geld mehr da.
Verrückte Wettbewerbe sind ein Zeichen unserer Zeit. Es mag den Anschein haben, dass je doller ein Wettbewerb ist, sich die Leute umso mehr zu Affen machen wollen. So gibt es bei diesem Wettrennen, einem Extremsport-Triathlon auch ein Affe den Starschuss. So schlagen sich die Maskottchen für allerhand seltsame Nahrungsmittel durch den Schnee, bekämpfen sich und verlangen sich selbst alles ab. Das hat eine gewisse Komik, wenn es in Zusammenhang zur Realität gesetzt wird.
Siehe da: Kaum ist die Geschichte um Krusty vorbei, findet die allererste Geschichte doch noch ihr Ende. Wie und warum, muss jeder selber herausfinden. Da es allerdings etwas abgehackt präsentiert wird, ist der Zusammenhang zuerst nicht ersichtlich und irritierend.
Bart hört ein HÄ?
Gut ein Huh ist es nicht, aber es hat auch einen vollkommen anderen Grund. Die Geschichte nimmt sich dem Phänomen an, mit dem Gegenstände in Kleinkindern zu verschwinden scheinen und dann nach einiger Zeit auf die eine oder andere Weise wieder zum Vorschein zu kommen. Bart wird so zu einer wahren Fundgrube von Gegenständen. Die Pointe folgt auf dem Fuße, denn aus einer normalen Fähigkeit wird beinahe eine Superkraft.
Chuck Dixon und Harry Trainor, die Autoren der beiden Geschichten, hätten sich noch ein wenig mehr ins Zeug legen können. So ist es nur der allgemein Bekannte Simpsons-Humor, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Grafisch halten sich die Zeichner wie John Delayney und Marcos Asprec an die Vorgaben. Stilistische Überraschungen gibt es also keine, dafür dürfen mit den Fastfood-Maskottchen auch einmal andere Figuren in die erste Reihe der Geschichte. Das ist abwechslungsreich und hat einen gewissen optischen Grundspaßfaktor. 🙂
Mittwoch, 28. Oktober 2009
Als Modedesignerin hat frau es nicht leicht: Mit eigenen Entwürfen ist es schwer, in den Markt hineinzukommen. Der Diebstahl von Modellen und Zeichnungen kann vorkommen. Alteingesessene Designer halten das junge Gemüse in eigenem Interesse im Zaum. Aber hin und wieder gibt es auch eine Designerin, die sich nicht durch bestehende Regeln einschüchtern lässt. Eine, die ganz nach oben will, komme, was da wolle und manchmal auch gegen jede Chance. Eine dieser jungen Designerinnen ist Laura Lava. Sehr bald merkt sie, wie leicht ein Kontakt Türen öffnen kann. Aber auch das genaue Gegenteil ist möglich.
Von diesen Schwierigkeiten weiß Franka zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Sie macht derweil Urlaub und lässt es sich gut ergehen. Als sie Laura Lava trifft, ahnt die Designerin nicht, dass Franka sie kennt. Es wäre ihr vermutlich auch egal, denn sie benötigt dringend ein Fotomodell. Falls sie nicht in Kürze einen Stapel Bilder ihrer zu erwartenden Kollektion abliefert, ist ihre Karriere schneller begraben, als sie begonnen hat. Und nicht nur die: Jemand trachtet Laura nach dem Leben.
Nach einer Doppelfolge mit einem schon exotisch zu nennenden Abenteuer wird es für Franka nun noch gefährlicher in der Welt der Mode. Die Schönen und Reichen bilden eine Mörderische Konkurrenz, wie sie schon häufiger mehr oder weniger harmlos thematisiert wurden. Bei Agatha Christie brachten sich die Reichen mit Vorliebe um, im Lipstick Jungle machen sich die Schönen das Leben schwer. In beiden Fällen schwingen die Leben jenseits der Normalität. Und in dieses unnormale Leben will Laura Lava unbedingt Eingang finden.
Henk Kuijpers beschäftigt sich auf den ersten Seiten hauptsächlich mit Laura Lava. Franka wird eingangs kurz gezeigt, mehr hat sie zunächst nicht zu tun. Die Vorgehensweise mag unüblich sein, dank der sehr unorthodoxen Laura Lava vermisst man als Leser Franka zuerst auch nicht. Kuijpers schildert Lava als sehr einfallsreiche junge Frau. Geld ist knapp. Um zu leben (von überleben muss hier noch nicht gesprochen werden, das folgt später), lässt sie sich diverse Aktionen einfallen. Sie flieht vor einem Gerichtsvollzieher, leiht sich Kleider, reist in einer speziellen Dreiertasche (genialer Trick), bevor sie sich an ihre eigentliche kreative Arbeit macht: Mode entwerfen.
Die Welt der Mode ist ein Haifischbecken. Dieser Eindruck stellt sich ein. Laura erreicht ihr Ziel. Plötzlich muss sie nicht mehr Schlange stehen, man steht Schlange bei ihr. Aber Kuijpers lenkt seine Laura wieder auf das Wesentliche: Das Leben. Sicherlich hinterlässt die Darstellung der Mode-Branche einen etwas überzogenen einen etwas überzogenen Eindruck. Betrachtet man allerdings das ursprüngliche Entstehungsjahr (1990) und vergleicht mit Produktionen wie Der Teufel trägt Prada, vielleicht sogar Brüno, war Kuijpers mit seiner Darstellung der Szene seiner Zeit irgendwie voraus und gar nicht einmal so überspitzt.
Der Zeichenstil von Henk Kuijpers ist geradlinig, sehr sauber, fast ein wenig geometrisch. Er ist ein Mann der Details. Seine Bilder sprudeln gerade in dieser Ausgabe über von Einzelheiten. Ob die Orte sich nun gerade am Strand befinden, in der Stadt, im Zug auf einer nächtlichen Schiffsparty oder an Land in luxuriöser Umgebung, stets fühlt man sich hier auch an Suchbilder erinnert. Überall geschieht etwas, Kleinigkeiten, die es nach dem ersten Lesen fordern, in einem zweiten Lesen entdeckt und vielleicht auch anders interpretiert zu werden. Kuijpers zeichnet Welten, Ausschnitte davon und er versucht seinen Lesern soviel wie möglich davon zu zeigen.
Daneben liebt er die Action. Mit Laura Lava hat er eine zweite junge Frau, die um keine Kraxelei verlegen ist, die sich regelrecht ins Leben stürzt. Franka steht ihr da in nichts nach. Zwar sind die rasanten Szenen etwas seltener als noch im vorhergehenden Doppelabenteuer, dafür hat sich Kuijpers einige sehr schöne und auch spannende Szenen einfallen lassen, die sich zu jeder Zeit nahtlos in den vorliegenden Band einfügen.
Ab in die Welt der Mode: Nebenfigur Laura Lava kann Franka zwar nicht den Rang ablaufen, aber sie sehr gut ins Konzept der durchsetzungsfreudigen jungen Frau, die kein Risiko scheut und aufs Ganze geht. Ein grundsolides und spannendes Krimiabenteuer für Freunde traditioneller frankobelgischer Comickunst. 🙂
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Dienstag, 27. Oktober 2009
Die hellbraunen Haare weichen einem schwarzen Haarschopf, der schicke, aber eher konservative Kleidungsstil wird durch einen feinen Abendanzug ersetzt. Jeffs Kollegen Teddy geht es nicht besser. Gemeinsam werfen sie sich in Verkleidung und mit falschen Bärten ins Geschehen. In der Maskerade als Künstler und Mäzen haben sie es dennoch nicht leicht. Ausgerechnet Teddy, ein Meister im Knacken von Schlössern, versagt als Künstler völlig. Seine Manieren sind auch nicht dazu angetan, die Tarnung aufrechtzuerhalten. Gott sei Dank wird den meisten Künstlern eine gesunde Extrovertiertheit unterstellt, deshalb fällt es kaum auf. Für eine Weile …
Jeff Jordan ist auch hierzulande schon lange kein Unbekannter mehr. Zusammen mit seinem Kollegen Teddy ging er als Harro und Platte zuerst in Primo, später in Fix und Foxi Ausgaben seinem Beruf als Privatdetektiv nach. In der vorliegenden 1. Gesamtausgabe sind gleich vier seiner Abenteuer vereint. Den Auftakt macht das Doppelabenteuer Teddy zieht Leine, gefolgt von Kokain und alte Meister. Mit Tödliche Flut und Gefährliche Verfolgungsjagd finden sich zwei Einzelabenteuer.
Jeff Jordan kennt niemand. Das jedenfalls denkt sich Jeff gleich zu Beginn. Er steht am Beginn seiner Karriere als privater Ermittler und benötigt dringend einen ganz großen Erfolg, wenn er es in diesem Geschäft zu etwas bringen will. Die Figur von Maurice Tillieux, die im Original Gil Jourdan arbeitet in Paris. Wir schreiben das Jahr 1956, als er zum ersten Mal in Spirou Magazin auf Verbrecherjagd geht.
Obwohl er Funny in bester frankobelgischer Tradition gezeichnet ist, benimmt sich Jeff Jordan sehr diszipliniert. Seinen Mitarbeiter Teddy, bekannt als der Trickser, entführt er aus der Gesellschaft des Inspektors Stiesel. Teddys Fähigkeiten werden dringend benötigt, denn er saß nicht umsonst im Gefängnis. Vielmehr haben ihn seine geschickten Hände dorthin gebracht, mit denen er so wunderbar Schlösser und vor allem Geldschränke knacken kann. Zuerst macht ihnen die Figur des Inspektor noch Schwierigkeiten, später steht sie ihnen zur Seite.
Jeff Jordan ist sehr ernsthaft. Er hat Ecken und Kanten, aber er ist auch Profi, mit nicht allzu viel Humor gesegnet. Dafür hat Teddy umso mehr davon. Als ein Charakter, der über jeden noch so kleinen (häufig sehr kleinen) Witz laut lachen kann, lacht er manchmal an unpassenden Stellen, manchmal über Inspektor Stiesel, aber als Leser lacht man gleich mit. Teddy und Stiesel sind genau gegensätzlich konzipiert. Es ist äußerst gut von Maurice Tillieux erzählt, wie die beiden nach und nach zusammenwachsen.
Es sind die 50er Jahre. Die Ermittlung sind altmodisch, aber nicht altbacken. Als Leser vermisst man nichts. Der Humor, aber auch die Spannung erinnern an die gute alte Fantomas-Trilogie. Es ist jugendlich erzählt und eignet sich ebenso für einen entspannten Lesenachmittag für jung gebliebene Leser oder solche, die besagte alte Kriminalkomödien mögen. Die beiden Hälften dieser Genreeinteilung sind wohl ausgewogen. Hier wird Kokain verschoben, gemordet, gestohlen und entführt. Spätestens, wenn die drei Freunde (auch wenn sie es zu dem Zeitpunkt noch nicht so sehen) bei Flut zu ertrinken drohen, weil sie in eine Falle gelockt worden sind, ist es Schluss mit Lustig.
Maurice Tillieux, bereits 1978 verstorben, gehörte zur alten Garde mit Zeichnern und Szenaristen wie Herge, Franquin (Gaston) oder Peyo (Schlümpfe). Er beherrschte einen geradlinigen Cartoon-Zeichenstil, wie er lange praktiziert wurde, bis eine moderne Linienführung ihn zurückdrängte, alles etwas lässiger und weniger knuffig in der Darstellung wurde. Allerdings ist es immer bemerkenswert, wie auch ein Zeichner wie Tillieux mit sehr wenigen Mitteln sehr viel erreicht.
Im Vorspann des vorliegenden Bandes zeigt eine Dokumentation verbunden mit vielen schönen Entwurfszeichnungen, wie viel Arbeit auch in die Entwicklung solch scheinbar schlichter Figuren gesteckt werden muss, bis es rund ist und funktioniert. Zu den bereits vorgestellten Charakteren kommt als Gegengewicht zur Männerriege noch Steffi, 17 Jahre alt, mit kurzen schwarzen Haaren und bereits sehr emanzipiert, eine junge Frau, die sich trotz des Jahrzehnts, in dem in Deutschland die Frau wieder hinter den Herd verbannt werden sollte, nicht unterbuttern lässt. Gerade ihr Vorgehen gleich im ersten Abenteuer zeigt sie als toughe Frauenfigur, die ihren eigenen Weg sucht und findet. Sie ist neben Teddy ein ziemlicher Gegensatz zum obrigkeitshörigen Inspektor Stiesel mit seinem Besenschnäuzer.
Ein wahrer Klassiker in perfekter Aufmachnung. Mit gleich vier Alben in dieser Gesamtausgabe ist ein langer Lesespaß garantiert. Freunde der alten frankobelgischen Schule dürften sich hier sofort zu Hause fühlen. Wer eine schöne Verbindung aus Komödie und Krimi mag, findet hier vielleicht auch, was er sucht. 🙂
Jeff Jordan, Gesamtausgabe 1: Bei Amazon bestellen
Montag, 19. Oktober 2009
Es war einmal: Der Winter! Bei den Simpsons gibt es ihn noch. Und es gibt noch mehr. Warum kann nicht immer Weihnachten sein? Nun ist es so, dass hin und wieder kleine oder größere Geister oder auch Engel erscheinen und Wünsche erfüllen. (Wenn sie nicht gerade Drohungen und Prophezeiungen überbringen.) Eigentlich ist Barts sehnlichster Weihnachtswunsch eine Kettensäge. Aber jeden Tag Weihnachten zu haben, ist auch nicht so übel. Am nächsten Morgen hält Bart das Zusammentreffen mit dem kleinen Weihnachtsengel für einen Traum. Irrtum!
Leider verhält es sich dank der Erzählkunst von Chuck Dixon nicht ganz so wie in Und täglich grüßt das Murmeltier oder 12:01, denn am nächsten Tag können sich alle, nicht nur Bart, daran erinnern, dass Weihnachten war, ist und weiterhin sein wird. Weihnachten auf ewig: Jeden Tag Weihnachten! Jeden Morgen Kirche! Was ist das für eine Welt, die du uns da hinterlassen hast!
Dixon lässt Homer protestieren, Gnade kennt er trotzdem nicht und treibt das Szenario genüsslich, sehr zur Freude des Lesers, auf die Spitze.
Winter bedeutet Schnee. Dieses Element bringt für die Kinder, allen voran für Bart, eine Menge Möglichkeiten, um sich draußen zu amüsieren. Tony Digerolamo nutzt die Gelegenheit gleich in zwei Kurzgeschichten, um Bart in die Eiseskälte zu schicken. Da ist viel Schadenfreude mit dabei, letztlich aber ein Konzept, das sich häufig bei den Simpsons findet und stets funktioniert. Winter gibt es bei seinem Kollegen Eric Rogers zwar auch, allerdings gibt es hier auch umso mehr Wirbel.
Was wäre, wenn es sich für einige Charaktere aus Springfield einmal zum Guten wendet? Wenn Homer Sport treibt, zum Beispiel. Wenn der Comic-Typ galant wird und Umgangsformen pflegt. Wenn der Bürgermeister nur noch an seiner Frau interessiert ist. Wenn Barney seine Schulden bezahlt und das Trinken aufgibt. Das wäre zwar nicht der Untergang des Abendlandes, aber so doch wenigstens eine enorme Umwälzung des mühsam geschaffenen Gleichgewichts in der Gesellschaft von Springfield. In kurzen Szenen zeigt Rogers mit wahrer Nadelstichbegeisterung, wie die gelben Helden bessere Menschen werden. Befremdlich: Ja. Aber auch sehr komisch.
Mit VSI: Valentine Scene Investigators setzt Rogers seine Erzählung fort. Lisa hat einen geheimen Verehrer. Der Sinn von Geheim ist Andere sollen es nicht wissen, doch Lisa will es wissen (wer wollte das nicht) und macht sich an ihre Recherche. Das wird, sofern man mindestens eine Folge der drei CSI-Serien gesehen hat, zu einem ziemlichen Spaß.
Grafisch sind die Simpsons … wie immer. Egal, ob Carlos Valenti oder Joey Nilges oder John Delaney den Zeichenstift schwingt, nie gibt es Abweichungen von den bewährten Abbildungen dank der strengen Vorgaben von Bongo.
Ein Spaß mit Kultfaktor, auch nach 20 Jahren noch. Die Ideen scheinen nicht auszugehen. Diese Figuren brauchen kein Lifting. Die können auch die nächsten 20 Jahre so bleiben.
Links:
www.tagesschau.de/multimedia/bilder/blickpunkte2518_mtb-1_pos-7.html (20-Jahr-Feier der Simpsons)
waehlt-die-simpsons.de (Homer sagt Danke!)
www.cbsnews.com/stories/2009/10/19/entertainment/main5396133.shtml (20 Jahre Simpsons auf CBS News)
Freitag, 16. Oktober 2009
Allein auf einer fremden Insel: Monika Morell fürchtet sich nicht. Das Wetter ist furchtbar, die Landung selbst ist schon ein Abenteuer, trotzdem schlägt sich die junge Frau ins Inselinnere durch. Stechmücken und Krokodile machen Monika Morell das Leben schwer. Kurz darauf setzt tagelanger Regen ein. Leider hat sie nicht die beste Ausrüstung für dieses Unterfangen dabei. Aber sie gibt nicht auf. Bis sie von der Schlange gebissen wird …
Marc Wasterlain gehört zur alten Garde der Comic-Schaffenden. Sein Weg führte ihn klassisch in Branche über eine Arbeit im Zeichenstudio von Peyo, zeichnete für Tintin und kreierte 1982 im Magazin Spirou die Figur der Journalistin Jeanette Pointu oder, wie sie hier genannt wird: Monika Morell. 20 Jahre musste deutsche Leser seit Band 4 auf einer Fortführung der Serie warten. Inzwischen umfasst die Originalserie 20 Ausgaben.
Marc Wasterlain, der auch mit Walthery (Natascha, Rubine u.a.) zusammenarbeitete, begnügt sich hier nicht mit einer klassischen Abenteuergeschichte, wie der Leser sie von manch anderen frankobelgischen Comics her kennt. Der Auftakt ist in dieser Hinsicht irreführend. Das ist ein wenig wie Franka oder Tim ohne Struppi. Spätestens auf dem Flug, der dem Inselabenteuer folgt, kommt erhöhter Realismus auf durch den Begleitschutz eines Luftwaffendüsenjägers. Willkommen in Südamerika.
Parador: Als der Band 1989 zum ersten Mal erschien, hatte die Welt noch andere Probleme als die Deutsche Wiedervereinigung. Immer noch sind Diktatoren, Militärjuntas, Revolution und Rebellion ein Thema in Südamerika. Kaum ist Monika Morell am Flughafen angekommen, befindet sie sich nicht nur in einem Land, das im Bürgerkrieg ist, sondern auch sofort in Schwierigkeiten. Eine simple Frage, Journalistin hin oder her, bringt die Ordnungshüter dazu, sich ihr Gesicht zu merken.
Vom Hotel geht es in die Slums. Die Journalistin erfährt auf sehr lebensnahe Weise, was im Land los ist. Bittere Armut und Unterversorgung stehen neben Lebensfreude und Herzlichkeit. Wilde und nie zähmbare Natur umgibt den Versuch einer Zivilisation, die mit sich selber im Krieg liegt. Mittendrin steckt Monika Morell und muss am eigenen Leib erfahren, wie es ist, unter Beschuss genommen zu werden.
Marc Wasterlain spielt mit Zivilisationskritik, er lässt Informationen über die Tätigkeit von WHO und UNICEF einfließen und zeichnet ein äußerst düsteres Blöd von er Welt, im wahrsten Sinne des Wortes. In einem improvisiert leichten Strich, zerbrechlich wirkend ergeht sich Wasterlain aber nicht nur in Ernsthaftigkeit. Monika wirkt manchmal wie ein weiblicher Pierre Richard, der gemäß seiner humoristischen Rollen ein ums andere Mal zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Oder manchmal ist Monika auch gar nicht am richtigen Ort, sondern kommt wieder einmal zu spät. Wasterlain liebt Situationskomik. Manches ist geplant, anderes erfolgt kurzfristig. So wird Monika Morell auch schlicht von wilden Wasserschweinen über den Haufen gerannt.Wasterlain versieht seine Zeichnungen mit vielen Details. Es geht vom Dschungel in die Stadt, wieder in den Dschungel. Neben Rebellen und Soldaten erwarten den Leser Fußballspiele, Slumkinder, südamerikanische Indianer und Kampfhubschrauber. Alles ist etwas verwackelt, aber auch ein wenig Herge. Das mag einfach wirken, ist es jedoch in dieser Ansammlung nicht. In der Gesamtheit einer Seite funktioniert es bestens.
Wasterlain entwirft ein prall gefülltes und nach alter Schule gezeichnetes Abenteuer. Wer Abenteuer mit einem Schuss Kritik mag, dem es aber auch am notwendigen Humor nicht fehlt, sollte einen Blick riskieren. 🙂
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Montag, 12. Oktober 2009
Will jemand einen Spirou? Nein, keine Junggesellenversteigerung? Nein, einen kleinen unartigen Jungen, der hier in einem Vogelkäfig sitzend angeboten wird. Und niemand geringerer als seine eigene Mutter bietet ihn an. Gnadenlos, vehement, voller Begeisterung. Die Gebote sind zuerst verhalten, auch noch zu niedrig, bis sich schließlich eine Dame meldet und alle anderen mit ihrem Gebot (und ihrer Begründung) überrascht. Armer Spirou? Nein! Geschieht dir ganz recht!
Jean-Richard Geurts, oder besser Janry, führt die Erlebnisse rund um den kleinen Spirou fort. Die Betonung liegt auf rund um den, denn ohne seine Zuspieler, die allesamt sehr gut vorgestellt werden, wäre Spirou selbst sicher nur halb so lustig:
Strulli, der Hund. Fräulein Chiffre, die Mathematiklehrerin. Oma (väterlicherseits). Mama (nicht selten am Rand des Nervenzusammenbruchs). Turnlehrer Jahn (völlig aus der Form geraten, in jeder Hinsicht). Pfarrer Steiner (mit einer ganz besonderen Methode des Geschichtsunterrichts). Melchior Knieweich (der heimliche Geliebte von Fräulei Chiffre, sehr zum Leidwesen von Spirou, na, eigentlich sehr zum Leidwesen von allen Schülern in Spirous Alter). Opa (mag Spirou von allen Erwachsenen am liebsten, abgesehen von seiner Mama).
Bevor Spirou in dieser Ausgabe zu Werke geht, mit einseitigen Geschichten sein Leben zu beleuchten, in dem er mal Täter, mal Opfer ist, wird eine wahre Liebesgeschichte erzählt, wie sie nur ein kleiner Stepke erleben kann. Mathematik kann eine ziemlich langweilige Angelegenheit sein für einen kleinen Jungen. Spirou beschließt, der beste Schüler zu werden, den Fräulein Chiffre jemals gehabt hat: Aus Liebe. Dies wird von Janry mit so viel unangestrengter Herzlichkeit und Komik erzählt, dass eine Gegenwehr gegen das aufkeimende Schmunzeln nicht möglich. Tome erledigt durch seinen Strich, der nah an Franquin ist, den Rest.
Manchmal wird der Ball auch von der anderen Seite gespielt. Dann erledigt Tome die Vorlage und Janry macht die Pointe. Ein sehr schönes Beispiel hierfür sind natürlich Sketche, die mit wenig oder gar keinem Text auskommen. Als Spirou doch von seiner Schwärmerei für Fräulein Chiffre ablässt und mit seiner Schulkameradin (und Freundin?) Susi einen Ausflug macht und ein sich selbst aufblasendes Zelt testet, geht selbiges fliegen und Janry fängt es mit einer absolut perfekten Schlussszene wieder ein.
Ein geradezu technisches Vorzeigestückchen ist der Sketch über einen Tag am Strand. Spirous Freund zählt. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine überflüssige Mathematikübung. Vielmehr erlebt der Leser einen verlängerten Countdown, bis sie kommt: Die perfekte Welle. Womit Janry beweist, dass kleine Jungs auch nur Männer sind. Während die Damen, Schülerinnen wie Mathelehrerin, in der 75. Welle ihrer Wasserbekleidung verlustig gehen, da kein Gummizug der Saugkraft dieser Woge widerstehen kann, stürzen sich die beiden Jungs mit großen Augen und die Hosen festhaltend in die Fluten.
Obwohl hier ein kleiner Junge am Werk ist und sein Unwesen treibt, es auch sehr viele Momente gibt, wie sie nur ein kleines Kind erlebt, weil es sich noch einfallsreicher und genügsamer zu vergnügen weiß, gibt es auch eine Reihe von Sketchen, die sich um das Thema Nummer 1 drehen: Liebe. Damit das auch realistischer (na, sagen wir für Erwachsene komödiantischer) erfolgen kann, müssen Zeitgenossen wie Turnlehrer Jahn an die Front. Letzterer wirkt wie eine Kreuzung aus Lino Ventura und Heinz Hönig (passenderweise in seiner Rolle als muffeliger Sportlehrer Werner Rösler in Unser Lehrer Doktor Specht).
Der gute Jahn muss in dieser Ausgabe gewaltig einstecken. Er ist zwar nicht so aufgebaut, dass Mitleid entstehen soll, aber ab einem gewissen Punkt, als auch noch das letzte Quentchen Hoffnung Jahns erstickt wird, darf man für Jahn doch ein Tränchen verdrücken. Jahn ist jene Figur, die stets aufs Neue versucht einen Vertrag zu unterschreiben, aber leider kommt dank eines gemeinen Zwischenfalls (oder einer gemeinen Planung) immer etwas dazwischen (erinnert an gewisse Passagen aus der Redaktion von Gaston).
Leise Komik, fein serviert, abgeschmeckt mit purer Slapstick, etwas Albernheit und einem Schuss Hintergründigkeit. Angerichtet auf einem Bett von guter Menschenkenntnis, beträufelt mit Verständnis und Herzlichkeit. So muss Humor sein. Klasse. 🙂
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Dienstag, 06. Oktober 2009
Manchmal kann einer das Gras wachsen hören. Cubitus hingegen kann Bäume wachsen sehen. Schnell wachsende Bäume sind in Comics nicht ungewöhnlich. Wie eine Pflanze durch liebevolle Pflege animiert werden kann, in die Höhe zu schießen, wird hier eindrucksvoll und natürlich mit einem Augenzwinkern von Dupa und seiner Kreation Cubitus präsentiert. Leider kann sich starkes Wachstum und Doping mittels Suppe auch auf die Umwelt auswirken. Ein kleiner Specht gerät so außer Rand und Band. Das trübt die gut gemeinte Aktion von Cubitus, nicht aber das Lachen des Lesers.
Gut gemeint ist ein ebenso gutes Stichwort. Cubitus meint es manches Mal gut, leider ist gut gemeint, nicht immer gut gemacht. Oder es wird nicht hinreichend honoriert. Cubitus ist nicht der Verlierertyp, wie er im Buche steht. Allerdings ist es dank Dupa stets ein Geben und ein Nehmen. Wenn der wuschelige weiße Hund seinem Katzennachbarn Paustian übel mitspielt, bleibt das nicht ungesühnt. Kleine und größere, unverschämte oder gar brutale Attacken auf den Nachbarn, der auch eine gewisse Freundlichkeit erfahren darf, werden über kurz oder lang durch das Gerechtigkeitsempfinden des Autors und Zeichners gerächt.
Der Humor von Cubitus lässt sich schlecht festnageln. Dupa versucht immer wieder andere Wege zu gehen. Nicht immer ist eine Pointe wichtig. Zuweilen ist der Humor der Weg und das Ende eigentlich nur ein Abschluss, aber nicht der Höhepunkt des Ganzen. Der Leser soll sich amüsieren. Mal kann er mit Cubitus schmunzeln, der sich als starker männlicher Charakter auf einen Sprungturm im Schwimmbad. Dann kann der Leser bekräftigend (und auch insgeheim aufatmend) nicken, wenn sich Cubitus entschließt, doch lieber wieder über die Leiter auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren.
Neben ein paar sehr überspitzten Ausflügen in die Welt des intellektuellen Humors, die der Leser auch als Anspielung auf die allseits beliebten Quizsendungen sehen darf, von denen es vor einigen Jahren noch sehr viel mehr gab, ist natürlich der Slapstick-Humor auch wieder Trumpf. Hier lässt es Dupa (man könnte sagen gewohnheitsgemäß und treffsicher) krachen. Ob das gute alte Motorrad an den Rand seiner Spitzengeschwindigkeit getrieben wird oder ob die Fressgier von Cubitus wieder einmal Früchte trägt, Dupa kann nicht nur albern sein, er soll es auch sein, denn das beherrscht er mit Cubitus einfach perfekt.
Es gibt neben den Auseinandersetzungen mit Paustian (dem Kater) und seinem Herrchen (Herrn Bojenberg) noch einige wiederkehrende Themen, die jedoch unerschöpflich zu sein scheinen. Bojes Motorrad, unerlaubtes Angeln, Hausputz und Kauknochen sind nur ein paar dieser gern verwendeten Bereiche. Welche Möglichkeiten Dupa immer wieder findet, um einem Thema eine neue Wendung, einem Witz möglicherweise eine neue Pointe zu geben, sind für einen Komödienautor bemerkenswert (inzwischen kann Dupa bei Durchsicht des Gesamtwerks durchaus so bezeichnet werden).
Grafisch bewegt sich Dupa locker und leicht durch seine Einseiter. Die Figuren sind in Fleisch und Blut übergegangen. Cubitus, in all seinen Ausprägungen von todernst bis zu Tränen lachend, ist ein Knuddeltier, der nicht nur Kultfaktor besitzt. Er hat auch keine Beine! Nun, sicherlich hat er welche (Laufen wäre ansonsten etwas schwierig), nur sind sie dank seiner Körperfülle nicht zu sehen. Die verstärkte Reduzierung erhöht den Knuffelfaktor um ein Vielfaches, ein altbewährtes Rezept, aber immer funktionierend. Dupa spielt sogar damit, indem er den Puschelschwanz und die Knubbelnase von Cubitus als Golfballersatz herhalten lässt.
Eine heitere Episodensammlung, die für Cubitus-Fans keine Wünsche offen lässt. Wer die kleine Komödie mag, Slapstick nicht abgeneigt ist, frankobelgischen Humor überhaupt mag oder abseits amerikanischer Cartoons neue Welten erforschen möchte, der sollte mit Cubitus sein Glück versuchen. 🙂
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