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Comic Blog


Donnerstag, 03. Januar 2008

Lucky Luke – Die Gesamtausgabe 1995 – 1996

Filed under: Cartoon — Michael um 23:32

Lucky Luke - Die Gesamtausgabe 1995 - 1996Man mag es kaum glauben, aber auch Lucky Luke war einmal ein kleiner Lausbub, ein Lucky Kid. An der Seite von Old Timer lernte er den Wilden Westen, die Indianer und auch Jolly Jumper kennen. Aber eines war schon immer so! Bereits als Kind schoß Lucky schneller als sein Schatten – mit einer Steinschleuder.
Old Timer ist ein wenig grantig, aber verträglich. Nicht viel kann ihn aus der Fassung bringen. Außer vielleicht die mangelnde Fähigkeit Gold dort zu finden, wo er gerade sucht. Oder wenn Lucky Old Timers Revolver heimlich für Schießübungen benutzt. Hier kann der Leser sehr schön sehen, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist.

Allerdings ist die Jugend von Lucky Luke nicht weniger spannend und lustig als seine Abenteuer im Erwachsenenalter. Lucky kommt dem Old Timer leider abhanden. Ein Indianer klaut den Jungen, um ihn Fetter Mokassin zu bringen. Die Squaw hat stets einen Bedarf an Kindern, die ihr bei der täglichen Arbeit zur Hand gehen. Dabei wachsen ihr die geraubten Kinder auch ans Herz. Immer wenn die Kavallerie anrückt, heißt es für Fetter Mokassin und die Kinder sich zu verstecken.
Lucky gibt sich alle Mühe. Aber es gelingt ihm einfach nicht, dieser hartnäckigen Frau zu entkommen.

Als es schließlich doch gelingt, kommt er sozusagen vom Regen in die Traufe. Holzfäller, Soldaten, falsche Eltern und ein ziemliches Durcheinander erwarten den kleinen Jungen – aber auch der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Er ist zwar ein einsamer Cowboy, trotzdem haben Frauen sein Comic-Leben sehr stark bestimmt. Mit der Gaunerin Belle Starr reiht sich eine weitere Persönlichkeit in all diese starken Frauen ein. Lucky Luke ist gezwungen gewissermaßen Undercover zu operieren, um ihr Gaunernest auszuheben. Kurze Zeit wird er sogar zum Gesetzlosen. – Ein Beweisstück dieser Epsiode wird zu Lukes Glück dann doch vernichtet.

Am Klondike wird es für Lucky Luke nicht einfacher, nur kälter. Der Freund eines Freundes ist in einem Goldsucherstädtchen verschwunden.
Freunde älterer Lucky Luke-Ausgaben werden sich freuen, dass das Greenhorn Waldo Badmington wieder mit von der Partie ist. Sein ehemaliger Butler Jasper ist auf einen Verbrecher hereingefallen. Grund genug für den getreuen Waldo, seinem früheren Diener zur Hilfe zu eilen. Das Leben in der Eiseskälte und im Matsch, fernab jeglicher Zivilisation bietet für die beiden Retter eine sehr große Herausforderung.

Diese drei Geschichten im vorliegenden Sammelband aus den Jahren 1995 und 1996 könnte man unter der Überschrift Nostalgie zusammenfassen.
Es ist nicht nur das Wiedersehen mit alten Bekannten wie Bill the Kid, Jesse James, Ma Dalton oder Waldo Badmington, dem eine größere Rolle zufällt. Es ist die Erzählweise, die irgendwie den Eindruck vermittelt, an alte Erzählungen anknüpfen zu wollen. Zwar ist es zu Unstimmigkeiten gekommen – Morris hielt sich nicht sklavisch an die Vorgaben, die ihm für die Geschichten gemacht wurden – das bleibt für den Leser aber unmerklich, denn die Gags brennen immer noch Seite für Seite ab, reichlich und sehr pointiert.

Die erste Geschichte um das Lucky Kid folgt jenen Gesetzen um die Jugendgeschichten erwachsener Helden, wie der Fan es zum Beispiel von Veröffentlichungen des jungen Spirou her kennt.
Luckys Herkunft bleibt im Dunkeln, kein Wort über seine Eltern – außer, dass er keine hat und sich auch mit Händen und Füßen gegen eine Adoption wehrt. Hier wird ein kleiner Spaß angewendet, als sich ausgerechnet ein Farmer im Aussehen von Morris mit seiner Frau um den kleinen Jungen bemüht. Nur, um ihn schlußendlich in Mädchenkleider zu stecken, weil den Herrschaften ein solches von den Indianern geraubt worden ist. Dies ist für Lucky noch schlimmer, als für einen Indianer gehalten und als solcher aufgezogen zu werden. Der kleine Lucky weiß bereits sehr gut, was das Beste für ihn ist.

Alles in allem ist dieses Jugendabenteuer auf dem gleichen guten Niveau wie alle übrigen Geschichten der Reihe. Dies ist überhaupt ein Phänomen. Über all die vielen Jahre und einer großen Zahl von Erscheinungen (immerhin über 80) hat sich Lucky Luke auf einem sehr hohen Level gehalten. Neue Themen wurden gebracht, inspiriert durch die reale Geschichte des Wilden Westens, jedoch wurde auch immer Rückschau gehalten, wurden bestehende Figuren aufgegriffen und ein regelrechtes Wiedersehen gefeiert. Auch Am Klondike könnte man als eine solche bezeichnen.
Diese Mixtur aus Nostalgie und dem Mut beständig etwas auszuprobieren, mag ein Teil des Erfolgsrezeptes der Serie sein. – Das und der unnachahmliche Humor. Hierbei ist besonders Jolly Jumpers trockener Witz hervorzuheben. Seine Kommentare sind herrlich, so, als habe man ihnen ein besonders Augenmerk gewidmet.

Zur Klondike-Episode wurde schon etwas gesagt. Abschließend mag noch Belle Starr erwähnt werden. Die Daltons haben hier eine kleine Nebenrolle. Es ist sehr schön, wie Lucky die vier Gauner außer Gefecht setzt, ohne auch nur einen Schuss abzugeben – niemand sollte die Macht der Mütter unterschätzen. Belle Starr ist aus vielen scheinbar einzelnen Episoden zusammengesetzt, die sich immer auf etwas Wichtiges oder eine Figur konzentriert.

Ein rundum gelungener Sammelband, der ein Lachen am laufenden Band zu produzieren vermag. Die Mischung sehr unterschiedlich angelegter Handlungen hält für jeden etwas bereit. Top! So lustig war der Wilde Westen. Dieser Reihe kann man nur eine lange Laufzeit wünschen.

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Samstag, 10. November 2007

60 Jahre Onkel Dagobert

Filed under: Cartoon — Michael um 19:07

60 Jahre Onkel DagobertEs ist Weihnachten. Obwohl Onkel Dagobert ein notorischer Weihnachtshasser ist, fasst er den Entschluss, seinem Neffen Donald etwas schenken zu wollen. Aber zuvor sollen er und die kleinen Tick, Trick und Track sich diese Geschenke verdienen. Donald soll seinen Mut unter Beweis stellen.
Ein Aufenthalt in den Bergen, einer Gegend, in der sich wilde Bären herumtreiben, soll zeigen, wie gut Donald mit einer gefährlichen Situation umzugehen versteht. Und wenn sich keine echten Bären sehen lassen wollen?
Für den Fall hat Onkel Dagobert ein Bärenkostüm gefunden, das den echten Waldbewohnern täuschend ähnlich sieht. Damit soll Donald gründlich erschreckt werden – das würde immerhin die Weihnachtsgeschenke einsparen. Aber insgeheim hofft Onkel Dagobert, dass Donald sich der Gefahr tapfer stellen wird.

Ein 60. Geburtstag mag heutzutage nichts Besonderes mehr sein, handelt es sich aber um eine Comic-Figur, sieht diese Angelegenheit schon ganz anders aus. Carl Barks, als Zeichner und Autor eine ebensolche Legende wie Onkel Dagobert, brachte den geizigen Enterich 1947 zu Papier. Anfänglich machte der reiche alte Mann seinen Verwandten in der Geschichte Die Mutprobe nur das Leben schwer. – Obwohl Donald kaum jemand anderen benötigt, um sich das Leben schwer zu machen. Auch dies stellt sich sehr bald von ganz allein unter Beweis.

Mit Onkel Dagobert machten natürlich auch andere Figuren erst so richtig Sinn. So füllte sich Entenhausen folgerichtig mit Charakteren wie den Panzerknackern, Gundel Gaukeley oder Mac Moneysac. Dagoberts wahnhafte Beziehung zum Geld, so auch zu seinem allerersten verdienten Geld, war Grundlage für viele, viele Geschichten. Geld gab es nicht nur im Geldspeicher, sondern natürlich auch in der weiten Welt, in die Onkel Dagobert so schnell wie möglich aufbrach, um seine Schätze zu vermehren.
Der vorliegende Band hat zahlreiche Beispiele dafür zu bieten. Tatsächlich wird dem Enterich sogar die Erde zu klein, weshalb sogar ein Ausflug ins All stattfindet.

Warum ist dieser grantige, alte, sehr geizige Enterich trotzdem so sympathisch?
Onkel Dagobert bemitleidet sich gerne selbst. Natürlich begleiten ihn seine Verwandten häufig auf lange Reisen zu exotischen Zielen, aber die Gefahr lacht den Reisenden dabei regelmäßig ins Gesicht. Seine Bemühungen, kostenlos an Waren oder Vergünstigungen jeglicher Art zu kommen, sind abenteuerlich und ausgefallen.
Mit dieser Biographie liefert Onkel Dagobert reichliche Beispiele für die kuriosesten und gefahrvollsten Situationen seines Lebens. Einerseits stellt er sich dem lebensfeindlichen Umfeld des Dschungels, andererseits verkleidet er sich als Baby, nur um einen Eintrittspreis zu sparen.

Vielleicht ist Onkel Dagobert trotzdem liebenswert, weil er seine eigenen Regeln mit schöner Regelmäßigkeit bricht oder weil er sich nicht selten selber ein Bein damit stellt. – Wie auch bei der Gelegenheit einer Ausstellung über sein bewegtes Leben. Jeder, so fordert er, soll Eintritt für diese Ausstellung bezahlen. Und die Museumsleitung nimmt seine Forderung ernst. Auch Onkel Dagobert ist es nicht vergönnt, kostenlos die Ausstellung zu besuchen.
Vielleicht ist es sein Wagemut und seine Hartnäckigkeit, die ihn so beliebt machen. Gegen jede Chance macht sich der alte Enterich häufig auf den Weg, um sein Ziel zu erreichen. Eigentlich ist er damit eine Vorzeigeperson des American Way, des Selfmade Man. Vom Tellerwäscher (oder besser: vom Goldsucher) zum Milliardär. Das mag eine unbewusste Konzeption sein (oder auch eine Fehlinterpretation), aber es passt.

In der vorliegenden Ausgabe findet sich gelungene Situationskomik, auch Witz ohne Worte. Ein Paradebeispiel ist die Ankunft von Onkel Dagobert und seiner Lieben in Indien. Im zweiten Boot sitzt Donald und transportiert einen Elefanten. Natürlich fordert Onkel Dagobert Donald auf, nicht die Hände in den Schoß zu legen und sich zu beeilen.
Ich kann die Hände nicht in den Schoß legen, weil da schon ein Elefant sitzt.
Für Donald bleibt wahrlich kein Platz mehr in dem Boot, doch viel schöner ist die absolut klassische Szene, als sich der Bootssteg mit dem Elefanten darauf zur Seite neigt – geradewegs auf Donald zu, der Leser nur ein Splotsch hört und einen davon segelnden Tropenhelm sieht. Die Reaktion von Tick, Trick und Track spricht Bände.
In dieser Episode Expedition nach Schambala ist Don Rosa federführend und seine eher kurzschnabeligen Enten wissen in dieser gelungenen Komödie mit vielen Spannungseinlagen sehr zu gefallen.

Unabhängig davon wie ein jeder Leser sein Urteil über Onkel Dagobert fällt, bieten die sechs Geschichten, an denen außerdem Daniel Branca, William van Horn, Colomer und Vicar beteiligt waren, einen guten Querschnitt aus Dagoberts Leben und Wirken.
Colomer kann es sich außerdem nicht verkneifen und verweist in einer kleinen Szene in Schürfen statt Scheffeln auf Onkel Dagoberts allererste Geschichte. Damit unterstreicht er auch das Nostalgiegefühl, das auch den alten Erpel in dieser Geschichte beschleicht. – Und dieses heimelige Beisammensein mit seiner Familie ist es denn wohl auch, was Onkel Dagobert doch so beliebt und sympathisch macht.

So bleibt selbst den Kleinsten nichts anderes, als zu sagen: Ja, im Grunde hat er ein goldenes Herz, unser Onkel Dagobert. 🙂

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Freitag, 26. Oktober 2007

Hägar der Schreckliche – Gesamtausgabe 1973-1975

Filed under: Cartoon — Michael um 17:31

Hägar der Schreckliche - Gesamtausgabe 1973-1975Helga hätte gerne einen Mann, der reinlicher ist. Oder aufmerksamer. Einer, der ihr Blumen mitbringt. Oder wenigstens etwas Schönes für den Haushalt. Aber leider ist ihr Mann nicht irgendein Mann, sondern Hägar der Schreckliche.
1973 begann die Erfolgsgeschichte einer Figur, die einen trockenen und herzlichen Humor in aller Welt verbreiten sollte. Den Auftakt druckten bereits 136 Zeitungen ab, heute drucken immer noch rund 2000 Zeitungen weltweit die Abenteuer des grantigen und rauflustigen Wikingers. Hägar, so scheint es, ist vom Ruhestand weit entfernt. Der Humor eines längst vergangenen Jahrzehnts im vergangenen Jahrhundert trägt und begeistert nach wie vor.

Trottel! Ihr habt uns letzten Monat ausgeraubt!

Dik Browne, Autor und Zeichner, nutzt diverse Inhalte und Vorgaben als Grundlage seines Humors. Zu Beginn steht sicherlich die Zeit, in der ein Wikinger eben so lebt. Es ist ein dunkles Mittelalter, und der richtige Wikinger bricht auch immer wieder auf, um über die Völker an Englands und Frankreichs Küsten herzufallen. Ritter müssen bekämpft und Burgen belagert werden. Solche Raubzüge erfolgen natürlich mit unterschiedlichem Erfolg. Eine Belagerung will gut durchdacht sein – vor allem gilt es auch ein Augenmerk auf den Feind zu werfen, denn es könnte vielleicht ein Riese sein.

Monatelang habe ich von einem Ende Englands bis zum anderen Angst und Schrecken verbreitet! Gebrandschatzt! Geraubt! Geplündert! Ich finde, in meinem eigenen Heim habe ich etwas Ruhe und Frieden verdient!

Ist es nicht der ständige Kampf, den Hägar der Schreckliche sucht, ist es der Trost in der Feier, in einer ordentlichen Portion Bier. Der Schwerpunkt von Hägars Abenteuern liegt in den abgedruckten zwei Jahren deutlich auf seinem Familienleben. Seine Frau Helga hat durchweg etwas zu mäkeln, die reizende Tochter Honi will unter die Haube gebracht werden und der Sohn Hamlet – nun, es wäre ganz schön, wenn er weniger Wert auf Bücher legen würde.
Und als wäre das noch nicht genug, gibt es da noch Sven Glückspilz, dessen Name eher Wunschdenken ist und keine Umschreibung seines tatsächlichen Händchens für das Schicksal, denn in der Nähe von Hägar ist ihm nur selten das Glück beschieden.

In dieser Ausgangssituation treibt Dik Browne seinen Schabernack. Seine Phantasie und sein Humor scheinen kein Tief zu kennen. In den Sketchen, rein Schwarzweiß gehalten, aufgeteilt auf jeweils ein bis vier Bilder, entfaltet Browne Wortwitz ebenso wie Bilderwitz oder gelungene Zusammenspiele beider Varianten.
In seiner ganzen Bandbreite hat Hägar außerdem für jeden etwas zu bieten. Die Szenen einer Ehe im trauten Wikingerheim haben bis heute Allgemeingültigkeit und es hat den Anschein, dass all unsere Comedians in deutschen Landen, die mit diesem Thema über die Bühnen tingeln kaum etwas Neues beizusteuern haben. Hägar ist ein kleiner Prolet, also ein echter Mann, der längst ein Wörterbuch zum Thema Mann/Frau – Frau/Mann auf den Markt gebracht haben könnte – Moment, das hat er sogar!

Helga: Das Schlimme ist … Unsere Ehe hat das Geheimnisvolle verloren. Weg! Fort! Dahin!
Hägar: Für dich vielleicht, Schatz! Du bist mir immer noch ein Rätsel!

Wer die einzelnen Strips aufmerksam liest, muss lachen. Zahlreiche Sitcoms mögen sich hier ihre Inspiration geholt haben, nicht nur auf dem Gebiet der Mann/Frau-Thematik. Honi, jung und forsch, leidet unter ihrer Stärke und genießt andererseits ihre Ausstrahlung. Sie ist Frau genug, um sich den Hof machen zu lassen, aber auch Manns genug, um einen Konflikt per Armdrücken zu lösen. Ein Liebeslied wird auch schon mal mit dem Schwert erzwungen.
Hamlet ist der Sohn, der ernsthaft und strebsam ist und jede Pisa-Studie Lügen straft. Auf diese Weise ist er auch eine fleischgewordene Strafe für seinen Vater, der viel lieber einen Haudrauf als Sohn hätte. Doch alle Bemühungen das Verhalten des Sprösslings zu ändern scheitern kläglich.

Du kannst weder rudern noch kochen, Sven Glückspilz … Könntest du Ausschau halten? – Nach vorne, Depp!

Zum guten Schluss ist Slapstick Trumpf. Oder auch absolute Albernheit. Eine mannsgroße Mausefalle, mit einer Flasche Wein bestückt, für versoffene Wikinger gedacht, spricht für sich und bedarf keiner weiteren Erläuterung. Neben seiner zeitübergreifenden Komik verbindet Hägar durch seinen Humor außerdem die verschiedenen Kulturen, weil schlicht und ergreifend nicht nur für jedes Alter oder Geschlecht etwas dabei ist, sondern ganz einfach für jeden.
Dik Brownes Humor ist ein Paradebeispiel dafür, wie man verschiedensten Lesegruppen Freude bereiten kann, ohne auch nur einer davon auf den Schlips zu treten.

Hägar: Mein Bart ist nicht ganz rot. Da sind winzige silberne und goldene Sprenkel drin. Findest du nicht, das sieht vornehm aus?
Helga: Das sind Dorschschuppen.

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Freitag, 12. Oktober 2007

Lucky Luke – Die Gesamtausgabe 1992 – 1994

Filed under: Cartoon — Michael um 21:15

Lucky Luke – Die Gesamtausgabe 1992 – 1994Ein Phantom treibt sein Unwesen. Genauer gesagt eine Phantomin, wenn man diesen Ausdruck verwenden kann. Ist schon die echte Calamity Jane ehrfurchtgebietend, jagt die gruselige Version den Menschen mehr als nur einen Schauer über den Rücken.
Die echte Calamity Jane will es sich nicht bieten lassen, dass mit ihrem Ruf Schindluder getrieben wird. Außerdem wird dieses Schauergespenst dazu verwendet, um Postkutschen zu überfallen. Für Jane ist es klar: Diese Gauner können sich warm anziehen.

Die Jagd nach dem Phantom muss sie jedoch nicht alleine bestreiten, denn auch Lucky Luke wurde mit der Suche nach einer verschwundenen Kutsche beauftragt. Die nächste Fahrt soll ein Köder sein. Lucky nimmt auf dem Kutschbock Platz, während Calamity eine schlichte Mitreisende mimen soll. Ihr Gewehr wird als Regenschirm getarnt, aber ihr Mundwerk und ihre Manieren lassen sich so leicht verstecken. So wird aus dieser Fahrt ein haarsträubendes Abenteuer mit so mancher Verwicklung, die nicht vorherzusehen war.

Lucky Luke gerade richtig zum High Noon in Hadley City zurück. Die Hochzeit des Sheriffs mit seiner Angebeteten steht bevor. Der Bestattungsunternehmer hat eine sehr schöne Zeremonie vorbereitet – denn einen Hochzeitsunternehmer gibt es nicht in Hadley City. Nur ein Ereignis trübt die Aussicht auf ein schönes Fest: Die Daltons sind erneut ausgebrochen, und haben ein Hühnchen mit dem Sheriff zu rupfen.

Hilfe ist vonnöten. Wie gut, dass Lucky Luke vor Ort ist, denn der Sheriff hat Hilfe bitter nötig. Mit seinen Schießkünsten ist es nämlich nicht mehr weit her. Ebenso schlimm: Niemand sonst im Ort ist bereit, dem alten Gesetzeshüter zu helfen.

Ein wahres Wunderwerk soll Die Brücke am ol’man river werden. Bis es freilich dazu kommen kann, müssen mannigfaltige Schwierigkeiten überwunden werden. Bisher funktionierte der Übergang über den Mississippi per Fähre. Klar, dass der Besitzer des Fährbetriebs alles andere als begeistert über den Bau der Brücke ist. So hagelt es eine Sabotage nach der anderen, und Lucky Luke hat wieder einmal alle Hände voll zu tun.

Im ersten Band dieser Zusammenfassung der Lucky-Luke-Erscheinungen von 1992 bis 1994 erzählt uns Lo Hartog van Banda ein Abenteuer mit einer Figur an Luckys Seite, die sich durch ihre Raubeinigkeit in die Herzen der Lucky-Luke-Leser gealbert hat: Calamity Jane. Dank der bewährten Cartoon-Technik von Morris ist der Auftritt von Jane ein Höhepunkt der Reihe. Lucky Luke ist zwar nett, aber neben dieser sehr ausdrucksstarken Frau (im wahrsten Sinne des Wortes) verblasst er doch sehr – aber ganz Gentleman, wie er nun einmal ist, lässt er ihr diesen Vortritt doch sehr gerne. Jedenfalls hat Van Banda diesen Band ganz auf die Wild-West-Frau zugeschnitten.

Der Humor entsteht natürlich maßgeblich dadurch, dass Jane ihre wahre Natur verschleiern muss, um nicht aufzufallen. Genau dieser Plan geht ziemlich nach hinten los. Trotz aller Tarnung kann Jane nicht aus ihrer Haut heraus. Außerdem fällt sie in der Gegenwart echter Damen sofort auf.
Ebenso ulkig ist der kleine Senator, der stets darauf bedacht ist, die Damen zu beschützen. Tapfer in der vordersten Reihe schießt er leider nicht halb so gut, wie er mutig ist. So erledigen Calamity Jane und Lucky Luke den Rest – schön zu sehen, dass Lucky durch Calamity echte Konkurrenz hat, was die Treffsicherheit anbelangt.

Nicht weniger humorvoll, dafür mit weitaus mehr Anspielungen angereichert ist die nächste Episode aus Lucky Lukes Abenteuern. High Noon in Hadley City ist eine wunderschöne Hommage an den wahrscheinlich klassischsten Western aller Zeiten: High Noon (12 Uhr mittags). Ähnlich wie der Sheriff in Hadley City stand auch Gary Cooper in seiner Rolle kurz vor seiner Hochzeit, dort mit der sehr jungen Grace Kelly. Gleichwohl setzt die Handlung um Samuel, den Sheriff, der auch mal Hilfe braucht ganz auf Komik und lässt das tragische Element außer Acht. Wenn schließlich Lucky Luke erschossen wird und sein Schatten ihm einen Trauerkranz zukommen lässt stellt sich eigentlich nur eine Frage:
Wer kann besser humorvoll erzählen? Lo Hartog van Banda aus der vorhergehenden Geschichte oder die beiden Autoren Xavier Fauche und Jean Léthurgie, die sich der Geschichte um den einsamen Sheriff angenommen haben.

Ich kann ehrlich gesagt keinen Unterschied entdecken. Alle drei Autoren gehen mit dem gleichen Elan zur Sache. Was besser gefällt, ist reine Ansichtssache.

Am ol’man river, dem alten Mann, dem Fluss, der schon Mark Twain begeisterte, spielt das letzte Abenteuer dieses Sammelbandes. Jolly Jumper, das beste Pferd der Welt (vor Fury), lässt es sich auch nicht nehmen, in einer kleinen Pause in Tom Sawyer zu lesen. Außerdem finden sich mit zwei Bootsleuten alte Bekannte aus einem alten Lucky-Abenteuer. (Am Mississippi)
Luckys Gegenspieler, ein Zigarre rauchender gedrungener Geschäftsmann, bietet alle möglichen Ideen auf, um den Bau der Brücke aufzuhalten. Fauche und Léthurgie haben sicherlich nicht jeden Witz selbst erdacht – denn anders kann ich mir die kleine Termite mit der Augenklappe nicht erklären, die Morris so liebevoll mit zwei Kumpanen in einer Schachtel abgebildet hat.

So schön kann der Wilde Westen sein: Mit alten Bekannten, einem Humor, der selbst den ältesten Gaul zum Lachen bringt (herrlich, wenn Jolly Jumper als Postkutschenpferd in die Lehre geht). Fans kommen sowieso nicht an Lucky vorbei, alle anderen, die einen intelligenten wie auch klamaukigen Humor mögen, lesen und einfach mal die Zeit verstreichen lassen.

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Freitag, 05. Oktober 2007

Gaston – Ausgewählte Katastrophen

Filed under: Cartoon — Michael um 19:31

Gaston - Ausgewählte KatastrophenGaston ist kein normaler Büroangestellter. Nichts liegt ihm ferner als seine eigentliche Arbeit. Post zu sortieren und zu beantworten ist absolut zweitrangig. Lieber tüftelt er etwas aus und raubt seinen Kollegen den letzten Nerv.
Für die Leute in seiner engsten Umgebung, nicht nur im Büro, ist die Nähe zu Gaston eine Art Abenteuerurlaub. Demel, ein Kollege mit Weisungsbefugnis (aber ohne echten Erfolg damit), gehört zu den Personen, die am meisten zu leiden haben. Es ist erstaunlich, aber bei all den Katastrophen, die das Leben für Gaston wie für die anderen bereithält, halten seine Kollegen ihn immer noch für liebenswert.

Die große Cartoon-Serie um den schmalen Bürojobber, von André Franquin, vorbildhaft für andere Cartoons, ist ein zeitloses Vergnügen für alle, die Comic mit Comedy in Reinform verbinden. In der vorliegenden Ausgabe zum 40jährigen Bestehen des Carlsen Verlages wurde Ausgewählte Katastrophen zu einem Band zusammengefasst.
Für Comic-Nostalgiker ist es eine vergnügliche Zeitreise, für Neulinge könnte es der Beginn einer wundervollen Freundschaft zum Medium Comic werden.

Gaston ist nicht faul, wie es zuerst den Anschein haben mag. Irgendwie wurde er von Franquin als verkapptes Genie konzipiert, dessen Aufmerksamkeitsspanne etwas kurz ist. Kurz, Gaston ist mit seiner Arbeit vollkommen unterfordert.

Seine Erfindungen sind zahllos, so hat es jedenfalls den Anschein. Die Leiter in der Bibliothek tauscht er gegen einen Stuhl aus, der sich an einem Zahngestänge nach oben kurbeln lässt. Nach einiger Zeit geht man auch nicht mehr über den Büroflur, sondern man fährt in bequemen Bürostühlen hängend an der Decke entlang. Pfannkuchen werden dank einer Zumischung von Latex zu kleinen Heißluftballons. Ein handelsüblicher Schirm mutiert zur Einmann-Wetterzone. Mit einem Gewehr werden Möhren zu Kaninchen geschossen, damit sie gestärkt den Jägern entkommen können. Ein neues Politurmittel wird zur unentrinnbaren Falle. Eine Erfindung zur Kaminsäuberung gerät ungewollt zu einer Flugabwehr, die einen Düsenjäger vom Himmel holt.

Freilich ist es für den Hobby-Koch damit nicht getan. Leider hat er auch noch außerordentliches Pech. Krankheiten wie Erkältungen quälen Gaston, Sonnenbrand, der er sich durch seine Erfindungen selber einhandelt und natürlich erkennen seine Freunde nicht sein Genie, weshalb er sich immer wieder so mancher Attacke ausgesetzt sieht.
Gaston ist herzensgut – wie die Frauen eher erkennen als die Männer. Fräulein Trudel kann von diesem jungen Mann, der ihr selbst gezüchtete Kakteen schenkt, gar nicht genug bekommen.

Franquins Humor ist nicht nur zeitlos. Eigentlich können Leser jeder Altersstufe über Gaston lachen. Vom feinen Humor, dem liebevollen Witz, der kurzen knackigen Pointe, dem Witz am laufenden Band (dem Running Gag) oder der puren Slapstick-Comedy ist alles dabei.
Dabei finden zahlreiche Beziehungen der auch Objekte immer wieder von Franquin Anwendung. Zu den klassischen Beziehungen gehören seine Kollegen Demel und Krause. Der Texter und der Zeichner sehen sich oft mit den neuesten Erfindungen konfrontiert oder anderen Einfällen, die entweder alles in Brüche gehen lassen oder anders für Chaos sorgen. Ein besonderes Ziel hierbei ist Herr Bruchmüller, der ein ums andere Mal in der Redaktion erscheint, um endlich die Verträge unter Dach und Fach zu bringen. Selbst als Gaston sogar eingeschlossen wird, vereitelt er indirekt die Vertragsunterzeichnung.

Gastons Tierliebe wird für seine Kollegen zusätzlich zur Belastungsprobe. Eine Katze, die dauernd nur Unsinn im Kopf hat (ihrem Herrchen damit sehr ähnlich ist), ist ebenso der Stein des Anstoßes wie die Lachmöwe, die ein Lächeln nur dann zustande bringt, wenn anderen etwas Schlimmes widerfährt.
Es ist Franquins Talent als Erzähler zu verdanken, dass aus kleinen Dingen ständig ein großer Lacher wird. – Wer das nicht glaubt, möge die kleinen Episoden um Gaston und eine Nuss einer näheren Begutachtung unterziehen.
Außerdem zeigt Franquin sehr schön, wie sehr es zu einem Bumerang werden kann, wenn man seine Mitmenschen triezt. Der Polizist, der kein gutes Haar an Gaston und seinem Oldtimer lässt, sieht sich jedes Mal einer Katastrophe mittlerer Größe ausgesetzt, sobald er neuerlich seinen Strafzettelblock zückt. – Für den Leser ist es ein Glück, dass der Schupo einfach nicht dazu lernt.

Schlechte Laune? Gaston lesen, schon ist wieder ein Lächeln da. Für jeden Humor-Typ ist etwas dabei. Eine der außergewöhnlichsten (scheinbar) Endloskomödien in der Literatur mit Witz, Charme und sehr viel Menschlichkeit. Die ausgewählten Katastrophen bringen Licht in einen regnerischen Herbstabend. 😀 😀 😀

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Freitag, 10. August 2007

Rubine – Gefährliche Ferien

Filed under: Cartoon — Michael um 19:24

Rubine 7 - Gefährliche FerienIn regnerischer Nacht bahnen sich zwei Männer, eine Frau und zwei Suchhunde ihren Weg durch das Unterholz. Ein Mädchen ist aus dem Ferienlager verschwunden. Sie müssen sich beeilen, denn sollte das Kind verschwunden bleiben, droht ihrem weiteren Plan eine Katastrophe.
Die drei haben großes Glück. Die Spur führt sie zu einem älteren Mann, der sie bereits mit vorgehaltener Waffe erwartet. Er und seine Frau haben das Kind zufällig gefunden und in die Sicherheit ihrer Waldhütte gebracht. Ein Anruf der kleinen Wendy bei ihren Eltern lässt auch zu Hause in weiter Ferne die Sorgen vergehen – so hat es jedenfalls den Anschein.

In Chicago hat ein ziemlich bekannter weiblicher Cop einen Termin, der ihr nicht besonders gefällt. Der Polizeidienst kann sehr stressig sein, doch bei der psychologischen Aufsicht der Polizei ist man der Ansicht, dass Rubine noch mehr Ärger durch den Dienst hat. Als Frau ist sie zusätzlichem Beschuss ausgesetzt – echtem Beschuss ebenso wie Ärger durch Kollegen. Die Psychologin glaubt, mit ihrer Analyse richtig zu liegen. Allerdings bleibt Rubine stets Herrin der Lage, wie sie wenig später unter Beweis stellen kann. Große wie kleine Gangster scheinen in der langbeinigen gut gebauten Rothaarigen keine Gefahr zu sehen, weshalb der Überraschungseffekt stets auf ihrer Seite ist.
Trotzdem: Die Anordnung lautet Urlaub. Kurz darauf findet sich Rubine in ihrem Heimatort fernab der Großstadt wieder, inmitten ihrer lieben Eltern und kurz vor ihrem nächsten Fall.

In Beau Vallon, Rubines Geburtsort, wird soeben ein Fall vor Gericht verhandelt, der landesweites Interesse hervorgerufen hat. Der Tabakfabrikant Morton Hugues wird von mehreren Witwen angeklagt, deren Männer Raucher waren. Bisher scheint Hugues viel Glück zu haben. Die Zeugenaussagen langweilen die Jury eher und nützen der Anklage nicht viel. Aber etwas stimmt nicht. Hugues scheint sich nicht mit einem fairen Prozess abfinden zu wollen und hat eigene Maßnahmen getroffen.

Für Rubine werden es in ihrem 7. Fall Gefährliche Ferien, denn ein Cop ist niemals außer Dienst. Sehr bald nach ihrer Ankunft ist sie wieder mitten drin, dabei hat sie tatsächlich versucht, sich aus Schwierigkeiten herauszuhalten. Der Prozess, in dessen Jury viele Bekannte von ihr zu finden sind, mag zwar Aufsehen erregen, doch wirklich interessant wirkt er auf sie nicht.

Der Ausgangspunkt, den Francois Walthéry (Zeichner) und Mythic (Autor) hier gewählt haben, ist erst nach einiger Eingewöhnung und Prominenz einer Figur möglich. Die Leser konnten Rubine in den vorhergehenden Abenteuern gut kennenlernen, aber auch die Macher selbst konnten enger mit ihrem eigens erfundenen Charakter verwachsen.
So ist die sehr entspannte Erzählweise des vorliegenden Bandes erklärbar. Rubines Charakteristika sind schnell in zwei Schlüsselszenen erläutert. Besonders einprägsam ist die Szene in der Imbiss-Bar. Fans einschlägiger Filme (hier besonders: Dirty Harry) werden schöne Vergleiche anstellen können. Rubine ist mindestens ebenso cool wie ihr filmisches Vorbild.

Grafisch hat sich etwas getan. Im Vergleich zur ersten Ausgabe sind die Zeichnungen viel feiner geworden. Machten die Bilder in Hackerjagd einen etwas groben Eindruck, ist es in der vorliegenden Ausgabe eher zerbrechlich. Beide Zeichenstile, obwohl vom gleichen Team mit Dragan de Lazare als Co-Zeichner, haben sicherlich ihre Berechtigung. Die vorliegende Arbeit gefällt mir allerdings besser.

Die neuen Charaktere, denen Rubine in ihrer Heimat begegnet, sehen mehr aus wie sehr gelungene Karikaturen. Das beginnt bei dem älteren Ehepaar, das in den Wäldern lebt, und endet bei dem Industriellen und seinem Sicherheitsbeauftragten. Besonders letzterer könnte James Coburn als Vorlage gehabt haben.
Die Art und Weise dieser grafischen Darstellung erinnert an Ausgaben von Asterix oder Lucky Luke, in denen auch bekannte Gesichter ihren Gastauftritt hatten. Es wäre also nicht ungewöhnlich, wenn auch Walthéry und Mythic (alias Smit Le Bénédicte) diesen Weg beschritten.

Rubine erscheint in dieser Folge sehr sympathisch. Der Wandel, zu dem sie gezwungen ist, trägt sehr zur Handlung bei. Ihre Mutter weiß nichts von ihrem wahren Beruf. Für sie arbeitet ihre Tochter in der Werbung und nicht in der gefährlichen Welt der Verbrechensbekämpfung. Rubine macht in einem Kleid eine völlig andere Figur, was sie nicht daran hindert, ihre Berufung auszuüben. Die kleinen Szenen am Rande – so trifft Rubine eine alte Jugendliebe wieder – lassen eine sehr dichte Handlung entstehen, die man als Leser von einem Cartoon-Krimi vielleicht nicht erwartet hätte.

Spaß und Spannung in schöner Cartoon-Kultur. Rubine hat sich gemausert! Die vielfältige Geschichte lässt keine Unterhaltungswünsche offen. 🙂

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Sonntag, 05. August 2007

Die blauen Boys haben den Blues

Filed under: Cartoon — Michael um 19:41

Die blauen Boys ... haben den BluesAbigail hat es sich in ihrem Stuhl gemütlich gemacht. Neben ihr wacht ihr Retter Captain Stark auf seinem Hengst, regungslos wie ein Reiterstandbild. Für ihren Bruder Captain Stilman ist dieses Bild unerträglich. Ein richtiger Mann muss her! Im Hauptquartier von General Grant, wo alle wichtigen Offiziere versammelt sind, wird sich bestimmt der Zukünftige für Abigail finden lassen.
Die blauen Boys, Sergeant Chesterfield und Korporal Blutch, die sich eben noch über die Szene furchtbar amüsiert haben, erhalten den scheinbar einfachen Auftrag, Abigail in das Lager von General Grant zu bringen.
General Grant, der ganz andere Angelegenheiten hat, um die er sich kümmern muss, gerät dennoch in einen Lachanfall, als Chesterfield ihm den Auftrag von Captain Stilman erläutert.

Grants Adjutant erhält den ehrenvollen Auftrag, Abigail die versammelten Offiziere zu zeigen. Es zeigt sich, dass ein Aufenthalt in einem Lager der Nordstaaten auch ohne Feinde sehr gefährlich sein kann. Grant hat seine Führungsoffiziere nicht ohne Grund zusammengerufen. Einige Exemplare dieser Männer richten nämlich mehr Schaden unter seinen Soldaten an als der Feind. Dem gehört ein Riegel vorgeschoben. Entlassungen stehen an.
Das geht leider nicht reibungslos vonstatten. Wie gut, dass Chesterfield und Blutch in der Nähe sind und das Schlimmste verhüten können.

Während der Adjutant sich – nicht ganz uneigennützig – um Abigail kümmert und sie mit seiner Schwester bekannt macht, fällt Chesterfield aus allen Wolken. Denn Amelie, die Schwester des Adjutanten, wird von dem Sergeant auf das Heftigste angehimmelt. Blutch glaubt, eine unglückliche Liebe sei das Schlimmste, was ihnen noch im Camp passieren kann – doch da täuscht er sich gewaltig.

Die blauen Boys … haben den Blues erzählt das 25. Abenteuer. Chesterfield und Blutch werden in dieser Folge zu Mittelsmännern der Liebe – auf Befehl natürlich, beileibe nicht freiwillig. In der ohnehin schon erfolgreichen Reihe um die beiden Soldaten im amerikanischen Bürgerkrieg ist Texter Raoul Cauvin ein weiterer komödiantischer Höhepunkt gelungen. Gleich der Auftakt, von Willy Lambil urkomisch in Szene gesetzt, zieht den Leser trefflich in die Handlung hinein.
Den ersten Satz von Captain Stilman kann der Leser überhaupt nicht unterstreichen.
Abigail, jetzt reicht’s! Diese Komödie dauert schon viel zu lange!
Im Gegenteil dauert diese Komödie leider nicht lange genug!

Meine Herren! Der Mann ist tot!
Wenn die Herren Offiziere durchdrehen, kann das für die Unteroffiziere und die Mannschaften schon für mehr als einen Lacher gut sein – sofern sie nicht selber darunter zu leiden haben. Blutch, der sein Leben zweimal für einen Trick riskiert hat, schüttet sich jedenfalls herzhaft aus vor Lachen. Dieser Heiterkeitsausbruch führt dann auch zur Ermahnung Lieutenant Appletown. Aber Action und eine Prise Galgenhumor ist nur eine Seite der Medaille.

Daneben ist es die Liebe, die im Vordergrund dieser feinen Western-Komödie steht. Der Titel ist etwas irreführend, denn eigentlich hat von den beiden blauen Boys nur einer den Blues. Als er erfährt, dass Appletowns Schwester nach dem Willen ihres Bruders einen Offizier heiraten soll, ist die Stimmung natürlich auf dem Tiefpunkt. Eine solche Ausgangssituation ist perfekt für eine Komödie.
Es ist nichts Neues, dass richtige Mannsbilder im Beisein ihrer Angebeteten zu wahrhaften Tolpatschen werden, die kein vernünftiges Wort mehr herausbekommen. Doch jeder Mann, der in dieser Situation gewesen ist, wird sich köstlich über Chesterfields Gefühlswelt amüsieren.

Hintergrund dieser Komödie ist der amerikanische Bürgerkrieg. Vor dieser Kulisse scheint es sehr schwierig zu sein, eine lustige Geschichte zu inszenieren. Auch geht es hier nicht ohne Tote ab. Es existiert kein Wissen darüber, ob Cauvin sich an klassischen Vorlagen wie Vom Winde verweht oder Fackeln im Sturm) orientiert hat. Ansätze dieser Geschichten, Gesichtspunkte finden sich allerdings hier, denn auch dort ging es nicht ohne Humor, wie auch Freundschaft ein wichtiges Thema war. Einerseits sind die Frotzeleien zwischen Chesterfield und Blutch eine Quelle ständiger kleiner Witze, andererseits sind es die kriegsgeschädigten Offiziere, die hier für so manchen Ulk gut sind. Man muss es als Slapstick auffassen und darf keinesfalls mit einen starken Bierernst an die Geschichte herangehen. Auf diese Art kann man nur Spaß an der Ausgabe haben.

Ungeheuer souverän gezeichnet von Willy Lambil, von Raoul Cauvin locker und mit (z.T. schwarzem) Humor erzählt, so reiht sich in der 25. Ausgabe der blauen Boys Spaß und Abenteuer aneinander. 😀

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Samstag, 04. August 2007

Lucky Luke – Die Gesamtausgabe 1987 – 1991

Filed under: Cartoon — Michael um 15:05

Lucky Luke - Die Gesamtausgabe 1987 - 1991Lucky Luke hat einen Termin bei Mr. John. Nach einem unendlich erscheinenden Marsch durch das Herrenhaus ist Lucky bei dem reichen Mann angelangt. Die Aufgabe sieht einfach aus: Lucky soll Mr. Johns Stieftochter Gisela dabei helfen, eine starke Amerikanerin und fürsorgliche Mutter zu werden.
Zuerst kann sich der allseits beliebte Cowboy wenig unter der Aufgabe vorstellen. Doch schließlich ist es eindeutig. In Gisela soll der Pioniergeist und die Durchsetzungsfreudigkeit der ersten Siedlerinnen geweckt werden. Eine Reise durch die Prärie soll diese Aufgabenstellung bewältigen. Lucky Luke denkt sich eine Reihe von Situationen aus, wie sie im Wilden Westen üblich sind.

Auf Gisela warten die widrigen Wetterverhältnisse des Westens, Indianer- und Raubüberfälle und Kneipenschlägereien. Lucky Luke ist sehr beeindruckt, dass Gisela in all den Situationen sehr beherzt auftritt und so manchen gestandenen Mann in seine Schranken weist. Bis es zu einem Zwischenfall kommt.

Nach dem Alibi wartet bald auf Lucky Luke noch ein viel größeres Abenteuer: Der Pony-Express!
Lange Zeit war der Postweg quer durch die Vereinigten Staaten eine äußerst gefährliche und ganz besonders unsichere Angelegenheit. Hühnereier einmal von Küste zu Küste geschickt kamen entweder überhaupt nicht oder bereits als Küken auf der anderen Seite an. Endlich entschließt sich der Senat, etwas gegen zu unternehmen. Die ersten Versuche sind nicht sehr viel versprechend. Ein findiger Geschäftsmann namens W.H. Russel gründet eine Pony-Express-Unternehmung. Entgegen aller Sabotageversuche seitens der Pacific Railway Company wagt er den Postweg quer über den Kontinent. Doch zuvor müssen erst einmal fähige Reiter gefunden werden.

Lucky Luke übernimmt die Auswahl der geeigneten Männer und trainiert sie. Die Vorbereitungen sind schwer, für die Männer wie auch für die Pferde – hier gibt Jolly Jumper seine Erfahrungen weiter. Bald schon ist der große Tag da. Von da an geht leider alles schief.

Wenn ein Verbrecher sich nicht mehr an seine Taten erinnert, kann er dann überhaupt dafür bestraft werden? Die Daltons ersinnen einen genialen Plan. Ein vorgetäuschter Gedächtnisschwund soll ihnen dabei helfen, die vergitterte Luft des Gefängnisses hinter sich zu lassen. Aber vor der Entlassung hat der Gouverneur den Entlassungstest gesetzt. Lucky Luke bekommt einen heiklen Auftrag. Er soll beweisen, dass die Daltons wirklich ihr Gedächtnis verloren haben – ein Umstand, den er einfach nicht glauben will.

Nach einigen kürzeren Episoden wie Das Alibi, Athletic City, Ole Daltonitos und Ein Pferd verschwindet fasst der vorliegende Sammelband noch die beiden Alben Der Pony-Express und Gedächtnisschwund zusammen. In den Jahren 1987 bis 1991 erschienen diese Geschichten, immer noch unter der Federführung von Morris, in denen es einige schöne Begegnungen mit Lucky Luke und den Daltons gibt.

Vielfalt ist das Motto der Geschichten, die unter der Episode Das Alibi in einem Album erschienen. Das Alibi bringt Lucky wieder einmal mit Frauen in Kontakt. Nach seiner Verlobten oder Calamity Jane sollte es sich eigentlich um eine leichte Aufgabe handeln – doch weit gefehlt! Wieder wird es kompliziert, denn aus einer Show wird ein Entführungsfall, für den Lucky seine erprobte Spürnase benötigt.
Claude Guylouis zeigt eine Frau, die weitaus tougher ist, als es die Männer erwarten – und auch vertragen können. Natürlich sind sie im Sinne einer Komödie hinterher richtig stolz auf sie. Wie brav sich ein Indianer verarzten lässt, weil er weweh hat, ist ein echter Brüller.
Nicht weniger heiter sind die Erfahrungen der Daltons in Mexiko. Besser aber noch wird es, wenn sich Lucky Luke auf ein anderes Pferd einstellen soll. Hier muss er sehr schnell feststellen, dass Jolly Jumper nicht das einzige Pferd mit einer Persönlichkeit und außergewöhnlichen Fähigkeiten ist. Nichts jedes Pferd kommt auf Pfiff oder schlägt den einsamen Cowboy beim Schach. Jollys Kollegen machen dem Schimmel mit der gelben Mähne in Sachen Lacher echte Konkurrenz.

Aufwendiger wird das Abenteuer um den legendären Pony-Express. Sehr schön teilen X. Fauche und J. Leturgie die Geschichte in verschiedene Stränge auf.
Die Aufgabenstellung: Schaffung des Pony-Express. Die Lösung: Anwerbung von Reitern und Pferden, anschließend ihr Training. Die Stolpersteine: Die konkurrierende Eisenbahnlinie, aber auch die Reiter und Pferde 🙂 Der Start: Als erster reitet Lucky Luke und bald wird klar, dass er alleine die gesamte Strecke bewältigen muss. Hier wird deutlich: Lucky Luke schießt nicht nur schneller als sein Schatten, Jolly Jumper läuft auch schneller als sein Schatten. Der Aufbau der Geschichte, die Witze die wunderbar aufgebaut sind und stets zum richtigen Zeitpunkt angewendet werden, deuten ein richtig tolles erzählerisches Talent an. Fauche und Leturgie zeigen, welcher Kunstfertigkeit es bedarf, einen Leser zum Lachen zu bringen und mit welchen Tricks und Kniffen dies erreicht werden kann.

Abschließend rücken die Daltons noch einmal in den Mittelpunkt. Das Gauner-Quartett leidet plötzlich an Gedächtnisschwund. Das ist immer eine gute Grundlage für eine Komödie, wie bereits das berühmte Mein Herr? aus dem Asterix Band Kampf der Häuptlinge zeigt. Dort wie hier sind es zuweilen Schläge auf den Kopf, die eine regelrechte Gag-Lawine in Gang setzen. Herzstück dieser Gags ist häufig Averell, der längste und gefräßigste der Brüder.

Über allem arbeitet Morris mit gewohnt leichter Hand. Das ist toll anzuschauen. Stammleser können gar nicht anders, als dank der Fertigkeiten dieses Zeichners ein Lucky Luke Album bereits mit einem Lächeln aufzuschlagen.

Zwei tolle Alben und diverse Kurzgeschichten brennen ein neues Gag-Feuerwerk ab. Ein echter Höhepunkt ist Der Pony-Express, allein dafür lohnt sich schon die Anschaffung dieses schönen Sammelbandes. 😀

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Donnerstag, 02. August 2007

Spirou im Wilden Westen

Filed under: Cartoon,Klassiker — Michael um 15:17

Spirou im Wilden WestenWas ist nur aus dem guten alten Wilden Westen geworden? Spirou und sein Freund Fantasio sollen genau das in Erfahrung bringen. Doch in den Vereinigten Staaten angekommen scheint es von der Wildwest-Romantik keine Spur mehr zu geben.
Ein findiger Mann, der die enttäuschten Gespräche der beiden belauscht, fasst einen Plan. Die beiden jungen Männer wollen den Wilden Westen kennen lernen? Sie sollen ihn bekommen! Gleich am nächsten Tag bringt eine althergebrachte Postkutsche die beiden Freunde in die Prärie. Nicht lange danach wartet schon der erste Überfallversuch auf sie. Ehe sich die beiden versehen, haben sie mehr vom Wilden Westen, als ihnen lieb ist.

Wie bringt man einen Leser dazu, sich zu bewegen? Eines Abends kommt Spirou nach getaner Arbeit nach Hause. Er sehnt sich nur nach Gemütlichkeit, doch wenig später hängt er schwebend unter der Decke seines Wohnzimmers. Fantasio, wütend darüber, an diesem Abend gestört zu werden (weil eine Halskrause seinen schmerzenden Hals nur ungenügend schützt), macht sich auf den Weg, um Spirou zu helfen. Bei diesem Problem ist er allerdings auch machtlos.
Kurzzeitig scheint wenig später alles wieder in Ordnung zu sein, doch mitten in der Nacht geschieht es: Spirou schwebt schlafend an die Decke.

Spirou und die Froschmänner ist ein Abenteuer, das die beiden Freunde an die Küste führt. Fantasio gibt den forschen Kapitän und Steuermann. Ihre erste Küstenrundfahrt bringt sie prompt in Schwierigkeiten. In einer abgelegenen Bucht versagt plötzlich der Motor. Die Lady, die ihnen als Fahrgast vertraute, ist maßlos von den Fertigkeiten der beiden Freunde enttäuscht. Auch Fantasios loses Mundwerk stößt bei ihr auf keinerlei Begeisterung. Mit ihrer Schlagfertigkeit hat Fantasio nicht gerechnet.

Schmuggel beschäftigt die beiden Freunde im Rahmen einer Reportage über Rauschgifttransporte, die regelmäßig von dubiosen Figuren über die Grenze vorgenommen werden. Spirou und Fantasio machen sich ans Werk. Aber bei der Polizei ist man überhaupt nicht begeistert von ihrer Tatkraft. In zwei Tagen wollen die beiden den Fall gelöst haben, an dem die Polizei sich die Zähne ausgebissen hat? Das kann nicht sein!

Spirou im Wilden Westen ist eine Reise zurück in der Zeit, als eines der bekanntesten Duos – nein, Trios, denn Pips war auch schon dabei – also, Trios noch in den Anfängen steckte, aber nicht weniger aufregende Abenteuer erlebte als heutzutage. In frischer Farboptik darf der Leser die Anfänge von Fantasio miterleben, der von Zeichner Joseph Gillain aus der Taufe gehoben wurde. Zwischen 1940 und 1946 betreute er die Reihe um die beiden ungleichen Helden (um die drei natürlich). Die Bilder wurden erneut mit dem Computer bearbeitet, so dass die Farben frisch und extrabunt erstrahlen.

Wer sich ein wenig in den Zeichnungen der 40er Jahre auskennt, kann sich ein sehr gutes Bild davon machen, wie die Bilder von Spirou und Fantasio zu jener Zeit aussahen. Das Grundkonzept ist heute noch erkennbar, natürlich auch durch die spätere Betreuung durch Franquin. Gillain oder auch Jijé, wie der Zeichner in Kurzform genannt wird, gibt den beiden Helden eine deutlich kompaktere, massigere Form. Ihre Gliedmaßen sind nicht derartig spindeldürr, wie es von Franquin bekannt ist. Hals und Kopf machen bei Gillain manchmal den Eindruck, als gingen sie nahtlos ineinander über. Diese Unausgewogenheit wurde in späteren Jahren komplett entfernt. Aber vor den Zeichnungen der Zeit treffen die Bilder von Gillain voll ins Schwarze.

Der Aufbau der Seiten ist häufig klassisch durchstrukturiert mit drei oder vier Bilder pro Zeile und fünf Zeilen pro Seite. Das Format ist dem der üblichen Zeitungsstrips sehr ähnlich. Wer es einmal genau beobachtet, wird sehen, dass es am Ende jeder Zeilenfolge einen kleinen Clou, einen kleinen logischen oder witzigen Schluss. So erzählen zu können, ist eine kleine Kunst, weil es stets eine hohe Aufmerksamkeit des Autors erfordert. So betrachtet, ist Spirou im Wilden Westen nicht nur die Neuauflage eines Klassikers, sondern auch ein Lehrstück über die Grundlagen der (französisch-belgischen) Komödie.

Dieser Humor findet sich später nicht nur in den guten alten Louis de Funès-Filmen, sondern scheint immer noch die Vorgabe der Abenteuer von Spirou + Fantasio zu sein. – Vielleicht es sogar das Geheimnis ihres Erfolgs. Humor ist manchmal gleichbedeutend mit Slapstick. Wenn sich der Beiwagen des Motorrades löst, der Kommissar wild protestierend mit dem Helm auf dem Kopf in die Büsche schießt, dann ist das immer für ein Schmunzeln gut.
(Der Angler, dem hier ein Modellflugzeug an den Haken gerät, könnte ein Vorläufer von Rummelsdorf gewesen sein.)

Neben dem Humor finden sich natürlich auch Spannung und Rätsel. Besonders in den Folgen über den Wilden Westen, in den Abenteuern um die Froschmänner und den Schmuggel wird dies deutlich. Der Aufbau, der sich später auf Albenlänge findet, ist hier bereits in allen Einzelheiten vorhanden.

Spaß und Spannung am laufenden Band in diesen vier Episoden des vorliegenden Bandes. Spirou im Wilden Westen, das ist Cartoon-Unterhaltung in Reinkultur. Es hat den Anschein, als hätten alle die danach kamen, nur von den beiden Helden abgeschaut und Variationen abgeliefert. Fans kommen an den Urvätern der Cartoon-Abenteuer-Comedy nicht vorbei. 🙂

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Freitag, 15. Juni 2007

Heimliche Helden 6 – Kater Karlo

Filed under: Cartoon — Michael um 13:39

Heimliche Helden 6 - Kater KarloHelden brauchen Bösewichte. So konnte auch Micky Maus nicht ohne Widerpart auskommen. Einer, der ihm schon sehr früh das Leben schwer machte, war Kater Karlo.
Die vorliegende 6. Ausgabe von Heimliche Helden stellt diese ruppige Figur in den Mittelpunkt, die im Laufe vieler Jahre ihren Charakter gewandelt hat und erstaunlich vielschichtig wurde. Das sehr umfassende Vorwort zum Thema listet verschiedene Stadien des Fieslings (auch seine Vorläufer) auf. Angesichts dieser kleinen Rundschau werden Erinnerungen wach: Kater Karlo, zu Beginn noch mit einem Holzbein ausgestattet, wie er in einem Cartoon-Western der Gegenspieler von Micky war. Oder jene wirklich hervorragende Slapstick-Episode auf dem Baugerüst, in der Donald Duck den guten Karlo als Vorarbeiter in den Wahnsinn treiben darf.
Aber Karlo blieb nicht eindimensional auf den Bösewicht reduziert. Im Laufe der Jahre wurden ihm sogar eine Gefährtin (Trudi) und Kinder zur Seite gestellt.

Aber das Hauptfeld von Karlo blieb das des Bösewichts. Mit den Geschichten In der Mausefalle, Carli Caruso und Überfall auf den Goldexpress wird ein guter Querschnitt aus dem Schaffen von Karlo gezeigt. Seine Gegner können über ihn sagen, was sie wollen. Karlo mag nicht immer der Findigste sein, aber er ist kein Aufgeber. Immer wieder denkt er sich neue Aktionen aus, um an das ganz große Geld zu kommen. Witzigerweise kommen gleich zwei Geschichten in einem Western-Ambiente daher, ein Genre, das bereits in seiner Trickfilm-Frühzeit gerne genutzt wurde.

Der Start des Bandes mit der Geschichte Munteres Bordleben zeigt Karlo als Privatmann, der sich nichts weiter gönnen möchte, als einen kleinen Angelausflug. Hier wird aus dem sonst so hartnäckigen Gegner ein Opfer von Donalds Bemühungen, die eigenen Neffen aus dem Feld zu stechen. Wer nur wenige andere Geschichten aus Karlos Abenteuern kennt, wird sich zwangsläufig wundern, wie geduldig Karlo all die Pannen über sich ergehen lässt – bis ihm schließlich doch der Geduldsfaden reißt.

Ein ganz anderes, ein eher ungewöhnliches Abenteuer, bietet sich mit der Geschichte Der Schatten des Drachen aus dem Jahre 1999, in der Karlo ein Gesetzloser ist, der schließlich Micky gegen einen gefährlichen Fürsten beisteht. Angesiedelt ist das Szenario im mittelalterlichen Japan. Damit erreicht Karlo endlich den Gipfel des sympathischen Gauners. Hier besitzt er einen eigenen Ehrbegriff. Er hat Witz und weiß andere charmant für sich einzunehmen, er kann sogar mit Kindern umgehen und ist sich für Drecksarbeit nicht zu schade. Die Geschichte, von Tito Faraci geschrieben und Paolo Mottura gezeichnet, hat nicht nur alles, was der Leser von einem Disney-Abenteuer erwarten kann. Es besitzt auch alles, was eine gute Helden-Geschichte ausmacht.
Mottura macht aus Karlo eine optisch sehr ansehnliche Figur. Irgendwie fühle ich mich ein wenig an einen Bud Spencer im Katerkostüm erinnert, immer schlagfertig, freundlich und ein wenig knurrig.

Von den insgesamt sechs Geschichten in diesem Band sind vier Stück deutsche Erstveröffentlichungen. Dazu gehört auch der Schatten des Drachen, dessen Erzähllänge deutlich über jene der anderen hinausgeht.
Mehr Humor und Slapstick, so wie es die Disney-Fans lieben, bieten die Geschichten In der Mausefalle und Überfall auf den Goldexpress. Sieht man einmal von Karlos Einsatzbereitschaft zu einem Überfall ab, ist sein Verkleidungstalent immer eine Lachträne wert – ganz besonders dann, wenn er sich in Frauenkleidung wirft. Mit Lippenstift und einem sorgfältig rasierten Kinn vermag er auch Micky zu täuschen, wenn auch nur kurze Zeit.

Karlo ist und bleibt ein Gauner. In Carli Caruso bietet sich ihm die Möglichkeit einer legalen Karriere, die er nicht zu nutzen weiß. Zwar ist er ein durchtriebener Verbrecher, aber auch ein Mann, der mit seiner Stimme, die Damenwelt zu begeistern weiß. – Langfristig betrachtet, ist es schade, dass diese Idee nicht weiterverfolgt wurde. (Jedenfalls ist mir nichts davon bekannt.)

Es ist schön, zu sehen, wie sehr sich Kater Karlo über die Jahrzehnte hinweg entwickelt hat. Er ist der grantige Kerl, der Gauner, der Schwerenöter, der Kämpfer und manchmal sogar ein Freund. Die 6. Ausgabe der Heimlichen Helden rund um Kater Karlo ist ein wirklich rundum gelungener Querschnitt aus Witz und Spannung.

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