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Comic Blog


Freitag, 23. September 2011

MODOTTI – Eine Frau des 20. Jahrhunderts

Filed under: Biographie — Michael um 17:37

MODOTTI - Eine Frau des 20. JahrhundertsTina Modotti. Schauspielerin, Fotografin, Künstlerin, Kommunistin. In Mexiko kommt die junge Frau, die bereits einen langen Weg hinter sich hat, mit einigen faszinierenden Menschen zusammen. Einige sind Visionäre. Manche sind nicht gut für sie. Als sie 1923 mit dem Fotografen Edward Weston nach Mexiko geht, hat die im Jahre 1896 geborene Frau schon drei Filme gedreht. Es ist eine Zeit, auf die sie rückblickend betrachtet nicht stolz ist. Das Abkommen, das sie mit dem Fotografen schließt, ist einfach. Er bringt ihr den Umgang mit der Fotografie bei. Sie erledigt für ihn den Haushalt und kümmert sich um seinen Sohn. Und um den Fotografen selbst.

Es ist eine Zeit des Umbruchs, in der sich die künstlerische Linke in der Nähe von Tina Modotti aufhält. Es ist eine Zeit der Ideen. Es ist auch eine Zeit der Risiken. Modotti liebt, wen sie mag. Gerüchte scheren sie nicht. Nicht immer ist sie glücklich. Sie muss erleben, wie ihr Geliebter Julio Antonio Mella eines Nachts auf offener Straße neben ihr erschossen wird. Die Polizei glaubt nicht an eine unbeteiligte Modotti. Die Zeitungen stürzen sich auf diesen Fall. Eine Kommunistin, die nicht nur Fotos macht, sondern auch selbst als Aktmodell gearbeitet hat, im Zusammenhang mit einem ungeklärten Mordfall ist ein gefundenes Fressen.

Der Kommunismus führt sie schließlich nach Moskau. Weit entfernt von der Fotografie, die sie einst liebte, widmet sie sich der Kommunistischen Internationalen. Doch das Leben treibt die nicht müde werdende Frau weiter, nach Spanien, in den Krieg und weiteren Schicksalsschlägen entgegen.

Eine Frau des 20. Jahrhunderts: Lange bevor technische Errungenschaften das Leben erleichterten, auch eine Vorschau dessen abbildeteten, was es jenseits des eigenen Horizonts gab, als Ideologien noch einen hohen Stellenwert besaßen, lebte Tina Modotti ein unstetes, aber auch faszinierendes wie später ein gefährliches Leben. In allen Abschnitten strahlt aus dieser Lebensgeschichte ein großer Enthusiasmus, ein starker Lebensdrang hervor und der Wunsch, etwas Wichtiges zu leisten. Aus der Schauspielerin wird die Künstlerin, später die Kommunistin, sogar an vorderster Front in Spanien. Modotti liebt die Männer und sie lieben sie, aber Modotti hätte auch ohne sie auskommen können.

Angel de la Calles spürt dem Lebensweg der Modotti nach, durchaus auch mit Bewunderung, wenn man dem Stil, den Worten und der Atmosphäre dieser Spurensuche glauben darf. Diese Frau, die im Krieg vom Tod der Mutter erfuhr, drei Monate, nachdem diese gestorben war. Die einstige Künstlermuse nimmt die Gefahren eines Krieges auf sich, obwohl sie niemand dazu zwingt. Am Ende muss sie doch vor den Faschisten fliehen, wie viele andere auch. Auf rund 250 Seiten erzählt Angel de la Calles Modottis Leben in einfachen Bildern, schwarzweiß, mit dicken Strichen, eindringlich, ausschnitthaft. So will diese Graphic Novel auch gesehen werden, mittels Augenblicken, kleinen und schnellen Eindrücken.

Ausgewogen zwischen der Erzählung, die Fakten und historische Vermutungen beschreibt, und Dialogen, die mit Möglichkeiten spielt, liefert die vorliegende Biographie ein breites Bild jener Epoche zwischen 1923 und 1942, in der sich langsam neue Weltordnungen gegeneinander aufstellten und der Zweite Weltkrieg schließlich ausbrach. Es ist ein Blickwinkel eines Menschenlebens, das diese Spirale von verschiedenen Plätzen der Erde, an der Seite unterschiedlichster Menschen erlebte. Das wird grafisch den Comic-Fan vielleicht nicht beeindrucken, ist aber in seiner Komplexität und mit all den gesammelten Erlebnissen höchst spannend.

Kein langes Leben, aber ein aufregendes, ein kämpferisches, unruhiges. Eine Biografie, die berührt und mitreißt. Angesichts der Komplexität, auch der Stärke dieser Frauenfigur ist es verwunderlich, dass sich noch kein Kinofilm dieser Frau des 20. Jahrhunderts angenommen hat. 🙂

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Montag, 20. Juni 2011

Jim Morrison – Poet des Chaos

Filed under: Biographie — Michael um 11:06

Jim Morrison - Poet des ChaosIn der Bar erkennen die Leute den Mann mit dem Vollbart nicht. Die Flucht hat sich gelohnt. In Paris kann Jim Morrison unerkannt herumlaufen, nachdenken und wieder zu sich selbst finden. Abseits der Kritiken lebt der echte Jim Morrison. Doch wer ist das? Morrison lässt sich treiben. Der nächste Tag interessiert nicht. Das neue Album der Doors, deren Frontmann er ist, erscheint und wird nicht sehr gut von der Kritik angenommen. Morrison ist müde. Die Kerze in seinem Inneren loderte schnell auf und brannte nieder. Innerhalb weniger Jahre wird der Sänger und Songschreiber zur Kultfigur. So laut er auf der Bühne ist, so wird er als Mensch immer stiller.

Poet des Chaos, ein chaotischer Poet: Jim Morrison. Die Doors sind eine musikalische Legende, dank Jim Morrison. Eine Künstlerseele zu erfassen, ist immer schwierig. Seien es Biographen, die sich einer solchen Figur annehmen. Oder seien es auch die Künstler selbst, die sich zu ihrem eigenen Schaffen äußern. Eines ist ihrem Leben aber häufig gemein: Ein gewisses Drama. Einige sind besonders provozierend. Sie leben drastisch und schnell. Sie vertreten radikale Ansichten. Und ganz wichtig, besonders für jene, die aus einer Flower Power Generation entstammen: Sie sterben jung.

All das trifft auch ein Stück weit auf Jim Morrison zu, dessen Leben hier portraitiert wird, so wie es die beiden Macher auch interpretieren. Frederic Bertocchini lässt Morrison selbst erzählen. Der Sänger, der Doors, inzwischen in seinem Exil in Paris angekommen, älter geworden, erinnert sich an Kindertage, Jugendzeit und den Beginn der Musikkarriere, die Aufregung, die tolle Zeit, aber auch an die Widerstände, die sie erfahren mussten. Bis das Blatt kippte und Morrison es war, der den anderen mitteilte, dass er die Doors verlassen wollte.

Das Merkwürdige an solchen Biographien ist häufig ihre Gewöhnlichkeit. Morrison kommt aus einer, wie es hier erscheint, normalen Familie ohne besondere Vorkommnisse. Aber irgendwie entwickelt sich ein Hang zum Morbiden. Der Tod übt eine ungeheure Faszination auf Morrison aus. Auch Erfahrung in Grenzbereichen durch Alkohol und Drogen kostet Morrison aus, teils gegen jede Warnung und nimmt so auch eine Überdosis in Kauf. Morrison hängt nicht am Leben, so viel wird sehr schnell klar. In schwarzweißen Bildern, mit dem Pinsel gemalt, reißt Jef Szenen und Eindrücke aus Morrisons Lebenslauf heraus.

Man mag eine gewissen Bewunderung zu Morrison aufbauen, wenigstens für die Art, wie er seinen Weg geht. Eine sympathische Figur ist er nicht. Er glaubt von sich, ein Künstler zu sein. Der Glaube an sich wächst. Als die Chancen kommen, sich vor Publikum auszudrücken, wächst das Korsett des Business mit. Der Poet wird erdrückt. Provokation wirkt bis zu einem gewissen Grad. Irgendwann ist die letzte Grenze überschritten, die Gunst des Publikums kippt. So geschehen bei seiner Interpretation des Oedipus-Mythos. Morrison passt sich an, flieht.

Wie gut oder wie schlecht Morrison in dem war, was er tat, kann diese Geschichte nicht zeigen. Denn Morrison war The Doors. Das ist Musik, die kein Bild einfangen kann. Und gerade seine gesungenen Interpretationen seiner Texte zeigen den wahren Poeten. Sprache und Text sind nicht automatisch gleich Ausdruck. Insofern geht hier ein Stück der Persönlichkeit verloren, die trotz der interessanten Erzählung nicht vermittelt werden kann. Ein Tipp kann hier nur lauten, für Nichtkenner das Minimum, sich parallel dazu wenigstens ein Hit-Sammlung der Doors anzuhören.

Interessant, fragmentarisch: Ein Künstlerleben. Parallelen zu anderen Künstlerbiographien existieren. Steil in die Höhe, der Zusammenbruch. Eine Interpretation der Figur Jim Morrison von Fans für Fans, eindrücklich schwarzweiß illustriert. 🙂

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