Lange bevor sich die berühmten Entdecker der Weltgeschichte auf den Weg machten, erkundete eine riesige chinesische Flotte den Erdball. Viele Küstenlinien und Ländern wurden kartographiert. Bei dieser Gelegenheit erlangte auch der Sohn der Hölle Kenntnis von den Punkten auf der Erde, wo sich die Drachenlinien kreuzen. So arrogant und machtbesessen der Sohn der Hölle, ein überragender Magier, auch sein mag, er unterschätzt den Willen seines Lehrlings seine Pläne zu durchkreuzen. Es kommt der Tag, da die beiden ungleichen Männer ihre Kräfte messen.
Viele Jahrhunderte später hat sich die Welt verändert. Nichts – fast nichts – erinnert mehr an das unglaubliche Wissen, das China einst mit unglaublicher Kraftanstrengung und zu gänzlich friedlichen Zwecken sammelte. Außer …
Sieben Männer werden aus allen Teilen der Welt zusammengerufen. Durch einen hohen Geldbetrag sind sie ausreichend motiviert und erscheinen auch pünktlich. Die geheimnisvolle Frau, die sie zusammenrief, lässt sie zuerst noch ein wenig warten. Der letzte Kandidat, Ronald, musste noch aus den Klauen von einigen Prostituierten und ihres Zuhälters gerettet werden.
Die Geschichte, die die Männer zu hören bekommen, klingt unglaublich. Sie seien die Nachkommen des Lehrlings eines Magiers. Mehr noch, ihre Verwandtschaft berge die eine oder andere übernatürliche Fähigkeit in sich, die dazu beitragen können, wenn schon nicht das Wiedererwachen, so doch wenigstens das Erstarken des Magiers, des Sohns der Hölle, zu verhindern. Zu Beginn fallen die Reaktionen der Männer belustigt aus. Das ändert sich jedoch schnell.
Es war einmal … So wie manche Geschichte mit vergangenen Ereignissen spielt und diese zum Anlass einer Handlung in der Gegenwart nimmt, so bedient sich auch 7 Brothers eines erfundenen Mythos: China entdeckte die Welt. Und verbot die Preisgabe wie auch das Verwahren dieser Entdeckungen.
So weit, so interessant. Der Auftakt dieser Geschichte ist sogar so interessant, dass er ruhig länger hätte ausfallen können, vielleicht sogar eine ganz eigenständige Geschichte verdient gehabt hätte. Im Stile eines Strategiespiels zieht die chinesische Flotte in die Welt, um die Geheimnisse jenseits des Horizonts zu ergründen. Zwei Männer, Magier – Meister und Lehrling – hoffen beide, aus diesem Wissen zu profitieren. Ein wenig fühlt man sich bei der Wiederentdeckung des Magiers – wie auch bei der Darstellung seines längst vergangenen Schicksals – an Highlander 3 erinnert. Die sieben Männer, sieben Brüder, treten in bester Manier der glorreichen Sieben oder der sieben Samurai gegen den Magier an, offenbaren dabei jedoch Fähigkeiten, die weit jenseits der erwähnten Heldengruppen liegen.
Ist der Auftakt eher formell historisch zu nennen, wird aus der folgenden Geschichte eine Handlung, die eine handfeste Fantasy zeigt, in der sich die allseits durch die Gegend fliegenden Kontrahenten aus einem Film wie Tiger and Dragon mit einer Zerstörungsorgie im Sinne von Dragon Wars mischen. John Woo, Regisseur von Action-Knallern wie Face/Off oder MI2, hat sich den Rahmen der Handlung ausgedacht, Garth Ennis hat die Ausarbeitung der Geschichte übernommen. Wer Geschichten von Ennis auch nur ansatzweise in der Vergangenheit gelesen hat, weiß, dass Ennis sich selber keine Grenzen auferlegt und eigentlich alles möglich ist.
Magier, Drachen, Killer mit außergewöhnlichen Kampfkünsten – sehr außergewöhnlich – Männer mit Fähigkeiten, die an jene von Mutanten erinnern, Kampfhubschrauber und Weltuntergangsstimmung. Und das ist nur ein Teil der Elemente, mit denen Ennis herumspielen darf.
Damit diese einzelnen Puzzleteile auch im richtigen Licht stehen, wurde der Zeichner Jeevan Kang ins Boot geholt. Kang machte bereits mit der Produktion Spider-Man: India von sich reden. Die Optik seiner Bilder ist allgemein bekannt und reiht sich in viele ähnliche Publikationen ein, die dem Realismus zugeneigt sind. Nicht immer sitzt hier jeder Strich so, wie er sollte, aber immer öfter – so ließe es sich ausdrücken. Der Gesamteindruck ist gut und wird auch durch die Kolorierung verstärkt, die Kang sich mit S. Sundarakannan teilt.
S. Sundarakannan arbeitet gerne mit den typischen Photoshop-Tricks, lässt Farben ineinander kopieren, wedelt ab, verwendet weiches Licht, lässt durchscheinen, Hauptsache, das Endergebnis sieht gut aus. Sehr oft ergeben sich schöne plastische Effekte. Einziges Minus: Die gewählte Farbpalette wirkt sehr kalt, nicht eintönig, aber düster. Mitunter hätte es mehr Feuer haben können, zumal so manche Szenerie nach einer deutlich farbwärmeren Umsetzung schreit. Beispielhaft hierfür ist der Kampf eines gigantischen Magiers mit einem chinesischen Drachen über den Dächern einer amerikanischen Großstadt.
John Woo hat die Atmosphäre seiner Filme in einen Comic eingebracht. Ein abenteuerlicher Horrorthriller mit der Geschwindigkeit eines MI2 und den Überraschungen eines Tiger and Dragon oder ähnlich gelagerter Filme. Garth Ennis erzählt sehr überzeugend, Jeevan Kang schafft eine überaus passable, in manchen Strecken sogar hervorragende Arbeit. 🙂
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