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Comic Blog


Dienstag, 08. Juni 2010

Spirou + Fantasio Spezial – Operation Fledermaus

Filed under: Cartoon — Michael um 20:27

Spirou + Fantasio - Operation FledermausIn einer Zeit als in Belgien das Essen noch in Zeitung eingewickelt verkauft wurde, war Belgien ein besetztes, aber kein mutloses Land. Widerstand erfolgte bewaffnet, aber auch in kleinen Dingen. So wird einigen deutschen Soldaten einfach der Erwerb von einigen Portionen Schnecken verweigert. Aus gutem Grund. Spirou entgeht durch diesen Akt der Hilfe noch einmal der Entdeckung. Der Krieg geht unterdessen mit aller Härte weiter. Ständig überqueren deutsche Bomberstaffeln das Land. Entsprechende Antworten der Alliierten folgen. Unten am Boden versuchen sich die Belgier so es eben geht mit der Lage zu arrangieren. Einige tapfer, andere auf dem leichten Weg der Kollaboration.

Spirou und Fantasio, natürlich auch Pips, kämpfen mit Leib und Leben für die Sache der Freiheit. Eine Geheimwaffe könnte ein Wende im Krieg herbeiführen, würde sie nur auf der richtigen Seite eingesetzt. Operation Fledermaus wird zur schwierigsten Aufgabe, derer sich die beiden Freunde jemals gegenüber sahen.

Blick zurück: 1942 ist ganz Belgien von der deutschen Wehrmacht besetzt. Ein kleiner Page und ein Journalist (und Erfinder) versuchen auf ihre Art Widerstand zu leisten. Humor ist Trumpf in diesem Kriegsszenario, aber selbst Spirou + Fantasio kommen hier nicht ohne jegliches Blutvergießen aus. Unter dem Strich jedoch dürfte dieses Abenteuer zu den besten Sonderausgaben gehören. Auf satten 62 Seiten, die dieses Abenteuer umfasst, gibt es unglaublich viel mitzufiebern, gibt es eine sehr dichte Geschichte und sehr viel zu entdecken.

Yann Lepennetier in Hochform: In einem ausführlichen Anhang wird geschildert, dass die vorliegende Episode ursprünglich eine Unvollendete war, begonnen mit dem verstorbenen Zeichner Yves Chaland, landete sie nach dessen Tod 1990 erst einmal für lange Zeit in der Schublade. Yann scheint die nachträgliche Bearbeitungsmöglichkeit dieser Geschichte ein zusätzlicher Ansporn gewesen zu sein. Denn es gibt nicht nur viel für Comic-Fans zu entdecken, sondern eine große Anzahl von Details mag Anreiz sein, sich mit der wirklichen Geschichte zu beschäftigen, deren Grausamkeit hier wenigstens gestreift und nicht unter den Teppich gekehrt wird.

Schließlich lautet der Kern der Geschichte: Widerstand. Spirou arbeitet im Hauptquartier der Gestapo, während Fantasio in den Diensten einer Zeitung steht, der Kollaboration nachgesagt wird. So sind beide etwas zweifelhaft angesehen, obwohl sie nach Kräften bemüht sind, Informationen zu sammeln und an die Alliierten weiterzugeben. Sicherlich herrscht hier eine starke Schwarzweiß-Malerei. Die Deutschen sind durchweg schlecht oder verkommen oder schlimmer. Bei den Belgiern finden sich Grautöne, so bei den Widerständlern, den normalen Bürgern, den Kollaboratören und den Opfern.

Einiges wird der Geschichte entlehnt, so Spirous Gegenspieler der Gestapo, aber auch ein jüdisches Mädchen, das Spirou kurz versteckt und später, nach dem Rückzug der Deutschen verschwunden ist. Spirou muss erfahren, dass sie deportiert wurde. Neben tragischen Begebenheiten, auch fantastischer Action, humoristischen Einfällen finden sich auch Anspielungen und Gedenkbilder an die Großen des Humors und des Comics. Franquin erhält ein Denkmal. De Funes, Gabin und Bourvil haben einen Gastauftritt. Fast schon in Suchbildern entdeckt man Figuren von Willy Vandersteen. Wastl, im Original Jerom, ist hierzulande ziemlich in Vergessenheit geraten.

Olivier Schwartz liefert einen Comic-Band ab, dessen Zeichnungen wie Retro aussehen, aber besser sind. Im Gegensatz zu manch anderen Retro-Zeichnungen, die manchmal zu einfach oder zu bemüht aussehen, wirken die Bilder von Schwartz stilistisch sehr sicher und handwerklich routiniert. Seine Bilder hätten ebenso gut die Vorlage dieses ganz besonderen Stils sein können, wären sie nicht Jahrzehnte später entstanden. Ein Merkmal dieser schönen Arbeit ist auch die Detailfreude. Immer wieder gibt es etwas zu entdecken, so z.B. ein Zyklotrop, der im Tross der Nazi-Wissenschaftler mit seiner Erfindung eines Zyklomobils nicht zum Zuge kommt, während eine Mondrakete von Tim und Struppi den Geschmack der skrupellosen Erfinder schon eher zu treffen scheint.

Beste Cartoon-Comic-Erzählkunst: Yann hat bereits oft bewiesen, dass er zu den Besten gehört. Im Zusammenspiel mit Olivier Schwartz kann er dies untermauern. Dank der hervorragenden Umsetzung durch Schwartz wird der vorliegende Band zu einem echten Erlebnis der gesamten Reihe. Ungewöhnlich, aber auch sehr gut. 🙂

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