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Comic Blog


Donnerstag, 27. Oktober 2016

BARRACUDA 6 – BEFREIUNG

Filed under: Abenteuer — Michael um 11:21

BARRACUDA 6 - BEFREIUNGMit der 6. Episode unter dem Titel BEFREIUNG endet die Reihe über die BARRACUDA. Ein blutiges Finale, in dem Händler und Piraten gegen Spanier und Kirche aufbegehren. Und es ist noch mehr als das. Das Schicksal von Blackdog, dem eigentlichen Kapitän des Segelschiffes BARRACUDA, und seiner Hatz nach dem teuflischen Diamanten von Kashar wird besiegelt. Autor Jean Dufaux und Comic-Künstler Jeremy schließen die Mischung aus Piratenepos und Mystery ab, indem sie alles und jeden scheinbar noch einmal gegeneinander hetzen. Neben den Piraten Blackdog und seinem Sohn bittet auch der Rote Falke zum Tanz. (siehe Titelbild)

Die Spanier mit ihren Interessen in den Gewässern der Karibik sind nicht der einzige Dorn im Fleisch der Räuber zur See. Die Kirche hat ihre Vasallen geschickt und besonders einer von ihnen zeigt großes Interesse an einem magischen Stein, der seine Besitzer zumeist zugrunde richtet. Dennoch können selbst die, die sich bereits die Finger an dem blutroten Kleinod verbrannten, nicht von ihm lassen. Der DIAMANT VON KASHAR macht süchtig. Jean Dufaux ist einer der thematisch vielseitigsten Comic-Autoren. Auffallend bei ihm ist stets die tiefe Charakterbeschreibung, die er selbst noch den Nebenfiguren zukommen lässt.

Ein trauriges Schicksal ereilt zwangsläufig Flämmchen, die bislang durch ihre Kaltschnäuzigkeit und Schönheit auffiel und leider auch vom Makel einer Lepraerkrankung betroffen war. Andere Charaktere treffen einander wieder und Wiedersehensfreude wie auch Zwiste beenden schließlich einen langen Weg. Das ist von Jean Dufaux ebenso meisterlich wie unerbittlich seinen Figuren gegenüber geschildert. Die Zeiten, in denen Autoren allzu viel Mitleid mit ihren Charakteren hatten, sind lange vorüber. Es sei ihm zugute gehalten, dass Piraten ohnehin nicht sehr vom Mitleid angetrieben werden. Das Überleben zählt, nicht irgendwelche imaginären Werte, es sei denn, sie sind aus Gold. Der Rote Falke formuliert das Lebensgefühl eines Halunken zur See einmal sehr treffend: Die Ehre dient mir nur als Putzlumpen.

BARRACUDA bestach und besticht durch seine Bildsprache und seine Atmosphäre. Segelschiffe gleiten durch den Nebel. Innerhalb der Gefährte, in den Kajüten setzt rotes Licht einen verwunschenen Effekt. Treffen die Mannschaften in wilden Entergefechten aufeinander, beherrschen Kämpfe auf Leben und Tod die Bilder. Damit es nicht allzu ernst ist (das ist es meistens), hat Jean Dufaux mit dem Charakter Ferrango einen Tollpatsch wie aus einem Spaghettipiratenfilm eingefügt, den wirklich niemand als Anführer haben möchte. Mehr sei dazu nicht verraten.

Jeremy, der Comic-Künstler, der dieses Abenteuer so großartig illustriert hat, gelingen hervorragende Halunken und Halsabschneider. Seine Frauenfiguren, Pin-ups mit Ausstrahlung, und die Nebenfiguren wie der erwähnte Ferrango oder ein Bruder Esteban besitzen ein echtes Auftreten. Denn, um beim Beispiel zu bleiben, ein Ferrango ist nicht bloß auf idiotisches Verhalten reduziert. Er ist auch ein ziemlich skrupelloser Schweinehund. Jeremy vermag viele Facetten von Emotionen in die Mienen dieser Charaktere zu zeichnen.

Und das Ende, aber was für eines! Jean Dufaux und Jeremy verabschieden sich aus dieser Piratenwelt mit einem Paukenschlag. Grafisch eindrucksvoll, ohne Schonung des Lesers. Top! 🙂

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Links: Blog von Jeremy

Donnerstag, 20. Oktober 2016

ENTENHAUSENS MOST WANTED

Filed under: Comics für Kinder — Michael um 8:50

ENTENHAUSENS MOST WANTED - Schwere Jungs und leichte BeuteEin Streifzug mit den Bösewichten Entenhausens durch die Jahrzehnte, für Comic-Interessierte sogar durch die Entstehungsländer. Es gibt einen Wandel in den Zeiten, auch in den Figuren. Mit ENTENHAUSENS MOST WANTED wurde verlagsseitig ein Querschnitt der Auftritte der bekanntesten Gauner erstellt. Die Panzerknacker, Kater Karlo, Gundel Gaukeley und das Schwarze Phantom geben sich die Ehre.

Allen gemein ist ihr Einfallsreichtum und ihre Hartnäckigkeit, ihren jeweiligen Widersacher auszutricksen oder um eine ordentliche Summe zu erleichtern. Ganz vorne dabei in diesem Reigen sind natürlich Dagobert Duck und Micky Maus. Schwere Jungs und leichte Beute verspricht der Untertitel des vorliegenden Bandes. Das ist nur bedingt richtig, vergisst es doch einerseits das schwere Mädel und andererseits müssen die Gauner in diesem Band für ihren Misserfolg ordentlich schuften. Denn das Böse gewinnt in Entenhausen nie.

Mit den Panzerknackern durch dick und dünn, sogar durch die Jahrhunderte. Neben einem sehr frühen Auftritt der Beagle Boys, wie sie im Original heißen, darf der Leser die Gaunerbande in die Vergangenheit begleiten, als Dagobert Duck schon reich, aber sein Geldspeicher, so wird vermutet, lange noch nicht so mit findigen Abwehrmitteln gegen Halunken versehen war. Das Abenteuer Verbrechen in der Vergangenheit entpuppt sich kalauernder Raubzug für den Leser, denn mit einem derart raffgierigen Bertel wie hier haben die Panzerknacker einfach nicht gerechnet.

Die kurioseste hier vorliegende Erzählung erschien 1981 in Brasilien und hieß übersetzt Knäckar, der Schreckliche. Man stelle sich einen Panzerknacker vor, der sich zu Karneval als Asterix verkleidet. Hier ist klassischer Slapstick am Werk, eine Menge Parodie. Mit Ivan Saidenberg ist zwar der Autor der Geschichte bekannt, aber leider nicht der Zeichner. Eine gehörige Portion Humor und den Mut über den Tellerrand hin zu anderen Comic-Universen zu spinksen, haben beide besessen.

Der Abwechslung wegen löst Kater Karlo den Reigen der Schurken ab. Der Erzfeind von Micky Maus findet seine schönste Episode in diesem Band ausgerechnet in Ein Gauner auf Verbrecherjagd. Hier der Erzfeind zum Erzfreund, denn der kleine Detektiv, der ihm sonst im Nacken hängt, wird selbst zum Opfer einer Entführung und der einzige, der ihm helfen kann, ist Kater Karlo. Der Halunke, der durch das Zusammenspiel mit seiner Frau Trudi (als Motivatorin) sehr gewinnt, kann sich hier in einem extra langen Abenteuer als Sympathiefigur beweisen.

Gundel Gaukeley, Hexe mit Entenschnabel, verspricht sich einiges vom Einsatz von Bertels erstem Zehner als magischem Katalysator. Ihre Versuche sind beharrlich, wie es ein Klassiker von Carl Barks, die Geschichte Die Irrfahrten des Dagobert Duck vormacht. Ganz im Sinne einer Zauberin Circe verschlägt es die Ducks, Dagobert, Donald und die drei Neffen, in den Bann der Hexe, die auch gleich die magischen Tricks ihrer legendären Kollegin ausprobiert, Tierverwandlungen inklusive. Gelungen wie eine gute amerikanische Komödie und einer etwas überdrehten Entenfamilie.

Das schwarze Phantom ist sicherlich ein gruseliger Vertreter seiner Zunft. Im Gegensatz zu den anderen Verbrechercharakteren ist seine wahre Identität etwas ungewiss, wie der redaktionelle Teil des Bandes aufklärt. Seine Auftritte hingegen sind aberwitzig, mit weiteren Gaststars versehen und zünden in solchen Momenten besonders stark. Ein schwarzes Phantom, dass sich mit einer weiteren Hexe des Disney-Universums (neben Gundel Gaukeley) verbündet, nämlich Madame Mim, lässt einen andauernd schmunzeln.

Aber das interessanteste Abenteuer mit dem Phantom ist sicherlich, in Anlehnung an einen Roman von Stephen King (SIE), Wo ist Micky Maus?. Das Schwarze Phantom entführt Micky Maus. Dieser ist inzwischen ein bekannter Bestseller-Autor. Nur kommt in seinen Romanen der Bösewicht, hier das Schwarze Ekel genannt, nie gut weg. Micky soll das endlich ändern.

Ein praller Überblick für alle Freunde der Gauner und Ganoven in Entenhausen. Der Sonderband verdeutlicht ihren starken Stellenwert, ihre verdiente Langlebigkeit sowie, auch das, ihre sympathischen Seiten. Klasse! 🙂

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Dienstag, 18. Oktober 2016

Die Geheimnisse des schwarzen Mondes 2

Filed under: Abenteuer — Michael um 10:28

Die Geheimnisse des schwarzen Mondes 2 - PilouEs gibt schlechte Tage und es gibt noch schlechtere Tage. Ein Riese hat Hunger. Ausgerechnet zwei kleine Elfen fallen ihm auf seiner Wanderung in die Finger. Der eine endet gleich als Snack, der andere wird für später aufgehoben. Aber junge Elfen sind klein, die Taschen von Riesen groß und rissig und so gelingt es dem Kleinen noch einmal zu entkommen. Zu seinem Pech sind Riesen nicht die einzigen hungrigen Gesellen. Warum meinte der winzige Elf sich auch ausgerechnet im Nasenloch eines Drachen ausruhen zu müssen? Dumm gelaufen. Oder nicht?

Der Drache ist offensichtlich weiblich. Ein Ei zerbricht und der Nachwuchs kann sich nicht entschließen, den Elfen zu fressen. Die beiden sehr ungleichen Wesen werden sogar Freunde. Sie wachsen zusammen auf. Die Jahreszeiten kommen und gehen. Lange, sehr lange läuft es für den Elfen sehr gut. Er hat ein Zuhause, eine Familie, bis ihm eines Tages klar wird, dass es noch viel, viel schlechtere Tage geben kann …

Hätte ein Charles Dickens eine Fantasy-Geschichte geschrieben, hätte etwas wie die Lebensgeschichte von PILOU dabei entstehen können, dem Elfen, aus dem später eine der bekannten Figuren in der Welt des SCHWARZEN MONDES wird. Denn auch der Elf gerät in die Fänge eines düsteren Anführers einer jugendlichen Diebesbande, die nur durch einen düsteren Trick gefügig gehalten wird. F.M. Froideval beschreibt die erste Lebenshälfte innerhalb der Geschichte wie ein feines Märchen. Der Held wird ordentlich durchgeschüttelt und erhält seine Belohnung in Form einer Familie, die für ihn sorgt und ihn beschützt. Bis zu einem gewissen Grad jedenfalls, denn es in Sachen Skrupellosigkeit gibt es noch besser trainierte Wesen als Drachen.

In der zweiten Hälfte wird PILOU zwangsläufig erwachsen. Bislang war er in guter Obhut, nun muss er lernen sich durchzuschlagen. Er ist der Neue, der Kleinste, er wird drangsaliert und, ganz wichtig, muss zuallererst die Sprache der Menschen lernen. Er wird zu einem wichtigen Werkzeug für den Meister. Auch in der zweiten Hälfte der Handlung geht das Märchenhafte nicht gänzlich verloren und das ist vor allem dem Grafikduo Fabrice Angleraud (Zeichner) und Yves Lencot zu verdanken. Was die beiden Comic-Künstler hier dem Fantasy-Fan bieten, ist schlichtweg hervorragend.

Das märchenhaft Genannte entsteht zu einem großen Teil durch den Grafikstil, der gerade in den Kindertagen des Elfen besonders gut herausgestellt wird. Selten kann eine Comic-Figur einen Leser so gut einfangen und mitnehmen wie hier. Der kleine PILOU ist putzig, wirkt wahnsinnig schutzbedürftig und anfangs immer so, als könne er die Gefahren dieser Fantasy-Welt nicht recht begreifen und warum ihm alle ans Leben wollen. Wie unbedarft er ist, (obwohl zu diesem Zeitpunkt längst versucht worden ist, ihn zu fressen) wird in der starken Szene deutlich, in der er ausgerechnet eine kuschelige Übernachtungsmöglichkeit in einem Drachennasenloch findet.

Eine sehr weiche Farbgebung, sehr fein abgestuft koloriert, machen jede Seite zu einem kleinen Kunstwerk. Mitunter sehr große Ansichten, Bilder über Doppelseiten hinweg, collagenähnliche Strukturen breiten das Lebensabenteuer PILOUS regelrecht vor dem Leser aus. Man gewinnt den Eindruck, als sei auf die Techniken von mittelalterlichen Wandteppichen und ihren Szenendarstellungen zurückgegriffen worden.

Eine der schönsten Ausgaben aus der Welt des SCHWARZEN MONDES. Dank der Comic-Künstler Fabrice Angleraud und Yves Lecot erwartet den Leser ein grafisches Sahnehäubchen. Sehr, sehr für Fantasy-Fans zu empfehlen, auch solchen, die ansonsten nichts über den SCHWARZEN MOND wissen. 🙂

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Freitag, 07. Oktober 2016

WONDERBALL – 1. SHOOTER

Filed under: Thriller — Michael um 16:40

WONDERBALL - 1. SHOOTERInspektor Spadaccini wird zu einem außergewöhnlichen Mord gerufen. Neun Menschen wurden in neun Sekunden von einem einzigen Schützen ermordet. Die Tatwaffe weckt Erinnerungen. Die Präzision und die Kaltblütigkeit kamen Spadaccini bereits in einem anderen Mordfall unter. Vor vielen Jahren gehörte er zur Schutztruppe des amerikanischen Präsidenten Kennedy, als dieser in Dallas einem Anschlag zum Opfer fiel. Und jetzt das! Wonderball, so nennen ihn Bekannte, viel weniger die Freunde, denn die sind ohnehin rar gesät. Spadaccini ist versessen auf diese Süßigkeit, in der für Kinder eine Überraschung versteckt ist. Wonderball braucht sie nicht. Er setzt sie zusammen und schmeißt sie weg …

San Francisco im August 1983. Die Uhren ticken noch anders. Die 70er sind noch in guter Erinnerung. Amerikanische Traumata wie der Vietnamkrieg, auch der heute fast vergessene Einsatz in Korea, die Ermordung John F. Kennedys sind in den Köpfen weiterhin umtriebig. Im letzten echten Jahrzehnt lassen die Autoren einen Massenmörder in einer der tolerantesten amerikanischen Gemeinden umgehen. Es wird ein weiter Bogen über die Jahrzehnte geschlagen. Das Geheimnis sitzt tief. Die Hauptfigur ist alles andere als der Liebling seiner Kollegen. Das Privatleben liegt so ziemlich in Trümmern. Spadaccini versteht sich jedoch auf seinen Beruf, für den er offensichtlich eine Art Hassliebe empfindet. Der Leser mag ihm schnell folgen, denn das Pech, das Spadaccini in seinem Leben hatte, lässt hierfür Türen offen.

Die Autoren Fred Duval, Jean-Pierre Pecau, Fred Blanchard und natürlich Comic-Künstler Colin Wilson kennen ihre Straßen von San Francisco. Man könnte auch sagen: Wie ein grüner VW Käfer zur Legende wurde. Wer die berühmte Verfolgungsszene aus dem Film BULLIT kennt, dem ist es vielleicht aufgefallen. Egal, wie schnell die beiden Muscle-Cars um die Blocks rasen, irgendwie ist ein grüner VW Käfer immer vor ihnen schon da, obwohl er ganz gemächlich dahintuckert. Colin Wilson zeichnet ausgerechnet einen grünen VW Käfer, den die Schurken in der Geschichte zur Beschattung benutzen.

Nash Bridges, Massenmord in San Francisco, besagter Bullit, der Einsatz von Karl Malden und Michael Douglas, Dirty Harry, für Freunde des amerikanischen Krimis hat die Stadt eine Menge zu bieten. Das hat seine Gründe, die von Colin Wilson eingangs sofort exemplarisch vorgeführt werden. Die Transamerica Pyramid und die Golden Gate Bridge sind die Erkennungsmerkmale der Stadt, von Alcatraz einmal abgesehen, das hier in einer Fernansicht auftaucht. Die Höhenunterschiede der Stadt, ihre verschiedenen architektonischen Stile machen die ehemalige Hippiehochburg zu einer idealen Spielwiese für Krimis und Thriller. Kleinstädtisch angehaucht mit alten Häusern, Wolkenkratzern, Hafengegend, Strand, finsteren und wohlhabenden Ecken, jeder Ortsteil sorgt für einen tollen Szenenwechsel.

Colin Wilson ist hierzulande ein bekannter Comic-Zeichner. Ob SciFi, Western, Superheldengenre oder Mystery, er ist so ziemlich überall zuhause und meistert seine Arbeiten mit jener Eleganz, wie sie auch Kollegen wie Hermann, Philippe Francq oder Jean Giraud an den Tag legen. Colin Wilson legt seinen Helden, den Polizisten Spadaccini optisch als Mischung aus Don Johnson und Clint Eastwood an. Hätten die beiden einen Sohn gehabt, sähe dieser genau so aus. Es gibt einige Frontalansichten, die darüber keinen Zweifel lassen.

In Sachen Anatomie, Perspektive und Inszenierung ist Colin Wilson technisch unter den ersten Plätzen. Seinen Wiedererkennungswert erfährt er durch die Gesichtszüge, mit denen er seine Figuren bedenkt. Colin Wilson liebt eine eckig gesetzte Linie und er lässt seine Charaktere gerne durch verkniffene Augen schauen. So setzt der Eastwoodsche Effekt schnell bei nahezu jeder Figur ein. Und darüber hinaus legt Colin Wilson seine Schatten gerne auffällig überbetont an. Das Titelbild ist hierfür exemplarisch.

Fred Duval und Jean-Pierre Pecau erzählen einen Thriller, der noch nicht mit 300 km/h daher kommt. Sie heften sich ein wenig an die Spuren eines Jean van Hamme oder eines Oliver Stone. Hier ist neben Spannung auch Aufmerksamkeit gefragt. Wer mag, wird sogar angeregt, den realen Hintergründen dieser Geschichte nachzugehen, wie dem Warren-Report, der mysteriösen magischen Kugel, der Geschichte des LSDs, dem angeblich schlechtesten Gewehr der Welt und vielem mehr. Das ist in wohl sortierten Dosen erzählt, und zieht den Leser, so gehört es sich für eine detailreiche Geschichte, wie ein Puzzlespiel, dessen fehlenden Teile immer weniger werden, immer weiter mit sich.

Ein richtig guter, sehr durchdachter klassischer Thriller, mit dem sich Fred Duval und Jean-Pierre Pecau auf eine Stufe mit Jean van Hamme (Largo Winch) heben. Colin Wilson gehört zu den Spitzencomiczeichnern weltweit, allein deshalb ist von dieser Seite schon ein Blick für Fans empfehlenswert. Insgesamt ein Top-Auftakt! 🙂

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Montag, 03. Oktober 2016

DICK HERRISON 10 – DIE SCHUBKARRE DES TODES

Filed under: Mystery — Michael um 18:41

DICK HERRISON 10 - DIE SCHUBKARRE DES TODESIst der Mann nun wahnsinnig und zu recht in eine Nervenheilanstalt eingeliefert worden? Oder ist er das Opfer eines üblen Komplotts geworden? Will ihm jemand brutale Morde anhängen? Und wenn ja, warum? Die Tatsachen bleiben, so oder so. Die Toten wurden allesamt geköpft. Dick Herrison wird beauftragt, Licht ins Dunkel zu bringen und den Mordverdächtigen zu entlasten. Clarence Beaufix wurde mittels einer Fotografie zum Schauplatz des zweiten Mordes gelockt, einem alten, sehr heruntergekommenen Herrensitz. Dort setzt der private Ermittler Herrison an. Erste Spuren sind vielversprechend. Doch mit ihnen wächst ganz offensichtlich die Gefahr, denn bald findet Herrison einen weiteren Toten ohne Kopf …

DIDIER SAVARD bittet zur Ermittlung in einem haarsträubenden Mordfall. Mit Grusel, leisem Humor und einer Prise Spannung entwickelt er ein Szenario, das nur haarscharf eine Parodie auf die großen französischen Detektive wie Maigret, Nestor Burma und Konsorten ist. DIDIER SAVARD, der leider in diesem Jahr verstarb, lieferte mit DIE SCHUBKARRE DES TODES das zehnte Abenteuer seines Ermittlers DICK HERRISON ab. Das Titelbild verrät etwas früh einen Teil der Auflösung und die Schubkarre kommt auch relativ spät zum Einsatz.

Parodiert wird hier in jedem Fall die berühmte klare Linie, denn DIDIER SAVARD verwackelt, zerknittert, strichelt, kreiselt und liebt das Detail, die kleinste Einzelheit. Letzteres erweckt die französischen 30er Jahre des letzten Jahrhunderts zum Leben, in einer skizzierten Rücksicht und einem Blick, der scheinbar nichts von der Zukunft weiß. DICK HERRISON ist schön nostalgisch geraten, mit einem Lächeln gezeichnet und könnte als satirische Sicht auf jene Zeit tatsächlich in jenem Jahrzehnt entstanden sein. Besonders gestützt wird diese These von den Ansichten DICK HERRISONS, wie er ein Restaurant, ein Antiquitätengeschäft oder eine Brasserie besucht.

Die Zurückhaltung der Hauptfigur ist bezeichnend. DICK HERRISON verliert nur selten die Contenance. Es nur Zurückhaltung zu nennen, wäre zu wenig. Das Auftreten ist stets korrekt, eine Pfeife darf auch nicht fehlen, das Zeichen von Ruhe und Genuss in jeder Lebenslage. Sein Freund Jerome ist weitaus moderner in Kleidung und Haarschnitt, flapsiger im Auftritt, unkontrollierter insgesamt. Aber DIDIER SAVARD lässt seine Figuren nicht ausbrechen, lässt sie nicht zu überdrehten Puppen werden. In diesem bizarren Mordfall bleiben sie ernst, wahrhaftig.

Es sind gezähmte Ermittlungen, die sich nicht in Actionszenen ergehen, sondern die einzelnen Ergebnisse, den Lösungsweg in den Vordergrund stellen. Da werden sich nicht nur Freunde französischer Detektive wohlfühlen. Auch wer Stücke von Agatha Christie mag, liegt mit DICK HERRISON richtig. Die Figuren allerdings besitzen äußerlich etwas von der Bissigkeit eines Künstlers wie George Grosz, der in seinen Zeitgenossen den seelischen, geistigen Kern nach Außen holte. Die Inszenierung in der Nervenheilanstalt ist hierfür bezeichnend. DICK HERRISONS Ankunft auf dem Gelände, mit all den Insassen, die er passieren muss, könnte thematisch dieser damals geprägten Neuen Sachlichkeit entsprungen sein.

Comic mit leisem Humor und Köpfchen (für den Leser, in der Handlung eher ohne, so deutet es das Titelbild aussagekräftig an). Ungewöhnlich dicht erzählt und gezeichnet, orientiert sich an Klassikern von Literatur und Kunst. Schön, unterhaltsam, aber nicht für jedermann. 🙂

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