Donnerstag, 31. März 2016
Warum hat es so lange gedauert? Das könnte man sich als Comic-Fan fragen. Die erforderliche Technik ist seit längerem vorhanden. Schauspieler und Regisseure, die einen Hang zur Space Opera haben, gibt es auch reichlich. Also … hat sich Luc Besson der Geschichte angenommen. Warten muss man dennoch mehr als ein Jahr, bevor die Abenteuer der beiden Zeitagenten auf die große Leinwand kommen. Die Vorlage bietet ausreichend Stoff für mehrere Folgen und braucht sich nicht hinter diversen Filmtrilogien der letzten Jahre zu verstecken. Mehr Infos gibt es hier: www.imdb.com/title/tt2239822/?ref_=rgmd_ph_tt1 (VALERIAN UND DIE STADT DER TAUSEND PLANETEN)
Mittwoch, 23. März 2016
Die Daltons sind weder ein Ausbund an Gesetzestreue, noch verstehen sie es, sich ausreichend in der Gesellschaft zu benehmen. Da ist es verwunderlich, dass ausgerechnet diese vier Ganoven dazu auserkoren wurden, als Vormunde für einen kleinen Jungen zu dienen. Tatsächlich aber sind sie die Onkel des Kleinen, denn es gab einmal vier Daltons, die noch viel gefährlicher als die vier Dauerausbrecher waren. Und einer dieser vier komplett missratenen Daltons schaffte es, einen Sohn zu zeugen. Zu dumm allerdings, dass die vier ungefährlicheren Daltons gerade mal wieder im Gefängnis sitzen. Das macht die Erziehung von Nachwuchs nicht leichter …
Im Abenteuer Meine Onkel, die Daltons nimmt das Chaos seinen Lauf. Zeichner Achde übernahm den Zeichenstift für Lucky Luke nach dem Tode von Morris. Ganz in der späteren Tradition des belgischen Ausnahmekünstlers arbeitet der Franzose Achde mit verschiedenen Autoren in der Reihe Lucky Luke zusammen. So entstehen wie hier, in einer der letzten Veröffentlichungen, frische, neue Ideen, die trotzdem den Geist des Originalduos aus Rene Goscinny (Szenarist) und Morris treffen.
Meine Onkel, die Daltons, das dritte albenlange Abenteuer in der vorliegenden Gesamtausgabe 2013-2015 geht Hand in Hand mit der ersten Geschichte, Auf eigene Faust, in der die Daltons auf augenzwinkernde Weise im Mittelpunkt stehen. Dabei drängt sich als Sympathiefigur ganz besonders einer hervor: Averell. Ausgerechnet seine, im wahrsten Sinne des Wortes, Verfressenheit stellt sich als Schlüssel zum Erfolg im Wettstreit der Brüder heraus. Wer soll die Bande anführen? Doch am besten derjenige, der in dem, was er macht, auch bitte schön erfolgreich ist. Denn Joe Dalton, der kleinste im Bunde und ewige Verlierer, ist das ganz gewiss nicht.
Daniel Pennac und Tonino Benacquista zeigen ein famoses Kabinettstückchen. Einzeln sind die Gauner plötzlich erfolgreich. Im Wettstreit holt jeder das Beste für sich heraus. Sogar Joe Dalton kann Überfälle begehen, ohne gleich gefasst zu werden. Herausgekommen ist unter dem Strich eine Western-Komödie, in der man Lucky Luke kaum vermisst, obwohl es natürlich wieder einmal an ihm ist, die Halunken zur Strecke zu bringen.
Deutlich mehr im Mittelpunkt der Handlung steht Lucky Luke zwangsläufig in der Jugendepisode Ein starker Wurf, die textlich und grafisch von ihm gestaltet wurde. Gemäß des jugendlichen Alters von Lucky Luke, der hier noch die Schulbank drückt, ist auch die Zielgruppe des in seitenweisen Abschnitten erzählten Albums ein viel jüngeres. Jede Seite endet mit einer Pointe und einem kleinen Hinweis auf tatsächliche Begebenheiten und Ereignisse des Wilden Westens.
Machine Gun Kid, eine Kurzgeschichte von Achde, ist die Einleitung eines redaktionellen Teils, der auf die langjährige Erfolgsgeschichte der Comic-Reihe eingeht. Das Kurzabenteuer selbst, entstanden für eine künstlerische Verbeugung vor Morris, erlebt einen Lucky Luke, der seit langem mal wieder mit einem Glimmstengel auftritt. Gleichzeitig darf der Leser den Schöpfer Morris selbst bei seiner frühen Arbeit sehen und so erfahren, wie Lucky Luke, eine Serie über den Wilden Westen eigentlich entstanden ist.
Mit Lucky Luke kann man als Comic-Fan einfach nichts falsch machen. Gerade in diesem Band finden sich zwei Höhepunkte mit den Daltons aus der jüngeren Vergangenheit, die absolut empfehlenswert sind und toll mit den Klassikern harmonieren, vor allem wegen der Auftritte einiger bekannter Gesichter wie Rantanplan. Zahlreiche Anspielungen im letzten Abenteuer sind fantastisch. Auch für Neueinsteiger. 🙂
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Samstag, 19. März 2016
George führt ein gemütliches Leben in Selby, wo jeder jeden kennt. Die Leute sind sehr zufrieden mit ihm und seiner Arbeit. George hat ein Händchen für Autos. Seine Reparaturwerkstatt läuft gut. Seine Frau ist ein Schatz, sein Schwiegervater ist ein guter Freund. Alles wäre in Ordnung, gäbe es nicht immer noch diese Nachwirkungen von der Gehirnoperation. Das kleine Städtchen Selby im Bundesstaat Pennsylvania ist scheinbar alles, was George kennt. Mit der Operation sind viele Eindrücke und Erinnerungen einfach verschwunden. Sein Schwiegervater ist ebenfalls sein behandelnder Arzt. Der Freund macht ihm Mut. Dennoch stimmt es etwas nicht. George weiß es instinktiv …
Thriller in der amerikanischen Kleinstadt. Die vermeintliche Idylle hat schon so manchen Autor inspiriert und ist im Comic eher seltener zu finden, obwohl ein Blick hinter die Fassade dort so viel zu bieten hat. Hier gehen Serge Le Tendre und Rodolphe diesen Weg. Le Tendre, hierzulande bekannt für seine Arbeiten an Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit oder Golias, hat ein breites Themenspektrum bereits mehr als nur unter Beweis gestellt. Sein Gang in Richtung Thriller ist eher ungewöhnlich, zeigt aber auch, dass die Zutaten einer Geschichte, ganz gleich welchen Genres, sich stets sehr ähneln. Rodolphe, als Co-Autor, hat mit Le Tendre die Anlage ausgeklügelter Szenarien gemeinsam. Der Leser kennt ihn hier bereits durch seine Arbeiten an Kenya und Trent.
Mister George muss man mögen. Die Hauptfigur der beiden Szenaristen ist durch und durch sympathisch. Mister George wähnt sich selbst als Glückspilz, weil er trotz seines Schicksals, einem Teilverlust seines Gedächtnisses, in guter Hut ist. Anders als andere Charaktere aus Comic, Literatur und Film geschieht auch nichts Dramatisches, weshalb er sich über eine mögliche Vergangenheit aufregen müsste. Nein, die Zweifel kommen hier schleichend. Der Leser weiß etwas mehr als Mister George, dennoch muss er angesichts der Charaktereigenschaften zweifeln, ob die Informationen wirklich stimmen. Als Comic-Partner bekommt der Leser dazu die Figur der Journalistin Jennifer Lee beiseite gestellt, die damit beginnt, die Puzzleteile zusammenzusetzen.
Hugues Labiano, Zeichner, gibt der amerikanischen Kleinstadt ein Gesicht. Mister George selbst hat einen gewissen indianischen Einschlag. In den übrigen Figuren finden sich Individualität und lebendige Merkmale. Die Strichführung ist zart. Labiano zeigte zuvor schon mit Dixie Road, wie sehr er es versteht, ein amerikanisches Ambiente auf Comic-Seiten zu bannen. In Selby, dem Ur-Typus einer Kleinstadt im Ostküstenstaat Pennsylvania, ist das Auftauchen eines fremden Wagens ein Ereignis. Verkehrsstaus kennt man hier nicht. Selby wirkt wie ein Open-Air-Museum uramerikanischer Lebensart. Zur Komplettierung der perfekten Idylle gesellt sich noch das rotgoldene Blattwerk eines Indian Summer.
Frauenpower aus der Kleinstadt. Mit Jennifer Lee tritt eine journalistische Schnüfflerin auf, äußerlich sehr modern, tough, ausgestattet mit dem Rauchverhalten eines 50er Jahre Macho-Detektivs. Wer in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts einen amerikanischen Film im Kino sah, stieß zwangsläufig auf einen VW Käfer (manchmal auch immer wieder auf denselben, weil dieser im Kreis zu fahren schien oder an den unmöglichsten Stellen immer aufs Neue geparkt wurde). Lees fahrbarer Untersatz, eben ein VW-Käfer, wirkt wie eine Reminiszenz vor dem Hintergrund des Kleinstadt-Flairs. Und es passt zu einer Atmosphäre, die den Leser nicht mit Action, sondern mit der kontinuierlichen Entblätterung von Geheimnissen voran zieht.
Der erste von zwei Teilen, sehr schön von Serge Le Tendre und Rodolphe aufbereitet, sehr nah an den beiden Hauptfiguren inszeniert, gefühlvoll von Hugues Labiano gezeichnet. Eine schöne Thrillerüberraschung, endlich auf dem deutschen Markt. 🙂
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Mittwoch, 16. März 2016
Jetzt wird geheiratet! Auf zum Honeymoon mit einem Cibopathen. Tony Chu hat es geschafft. Eine Heirat mit Aemilia will eh organisiert sein, manchmal auch im Schnelldurchlauf, aber bisher war Chu immer sehr beschäftigt. Und jetzt hat es endlich geklappt! In Las Vegas kommt jeder unter die Haube. Jeder? Ja, wirklich jeder. Diese Erfahrung muss auch Tonys Kollege und guter Freund Colby machen, der nicht nur die neue Erfahrung einer Ehe macht, sondern auch gleichzeitig feststellt, wie es ist, wenn man in eine ziemlich umfangreiche Familie einheiratet. Eigentlich könnte alles einmal schön und rund laufen, gingen die Verbrechen nicht weiter und würde der nächste Fall nicht schon warten …
Die menschlichen Akteure haben natürlich Unterstützung, wie der CHEW-Fan weiß. POJO, der Kampfhahn, kann noch viel mehr. Er ist dank der beiden Comic-Künstler John Layman und Rob Guillory überall dort zur Stelle, wo ansonsten jede Hoffnung verloren ist. Prinzipiell ist POJO der ultimative Superheld. Er spricht nicht, sondern handelt nur. Nach getaner Arbeit bricht er gleich wieder auf. Dank braucht er nicht, will er auch nicht. Werden für ihn irgendwelche Feiern ausgerichtet, übernimmt ein Doppelgänger an seiner Stelle. POJO ist nicht nur auf der guten alten Mutter Erde unterwegs, es verschlägt ihn ebenso in Paralleluniversen, wo er seinen Job macht. POJO ist unermüdlich.
Weil POJO im Laufe der Zeit in der Reihe CHEW so viele Fans sammelte, ist sein Anteil an der Geschichte in der 9. Folge, Brust oder Keule, deutlich erhöht worden. Darüber hinaus ist ein ganzes Kapitel ihm und seiner Arbeit gewidmet. Darüber verblassen die Leistungen der menschlichen Helden ein wenig. John Layman hat für POJO ein Szenario geschrieben, das wie geschaffen für den cartoony, anarchistischen, etwas wirren Zeichenstil von Rob Guillory ist. Oder hätte sich jemand da draußen eine Kampfszene zwischen einem Hahn und einem Dinosaurier auch nur ansatzweise vorstellen können?
Noch kurz zu POJO: Die Idee hat mehrere Comic-Künstler zu weiteren Arbeiten inspiriert, so dass der CHEW-Fan in zehn stilistisch sehr unterschiedlichen Galeriebildern erfahren darf, wie inspirierend die Idee eines kybernetisch verstärkten Kampfhahnes sein kann. Aber der kultivierte Wahnsinn funktioniert auch ohne POJO. Tony Chus Unterwassereinsatz in einem streng geheimen Labor mag den Leser darüber nachdenken lassen, ob es vielleicht eine verwandtschaftliche Verbindung zu den Pythons gibt oder Charles Addams. Spaß und Blut gehen hier stark Hand in Hand, so dass sich dunkelster Humor im Sinne eines Braindead wiederfindet.
Es wird ernst. Nicht nur bei den erwähnten Hochzeiten. Ein alter Feind, der sich selbst als Vampir bezeichnet, meldet sich auf der Bühne zurück und veranstaltet ein Gemetzel. Hier überschreiten John Laymon und Rob Guillory eindeutig die Schwelle zu purem Horror. Diese Grenze war häufig fließender, hier im 9. Band sind Spaß und Spannung viel strikter voneinander getrennt. Die jeweilige Wirkung ist dadurch umso größer. Mit einem ungeheuerlichen Cliffhanger endet dieses Abenteuer. Der Leser bleibt über diese Wendung versunken etwas ratlos zurück. Ich bin gespannt, wie hier eine Auflösung von Layman und Guillory abgeliefert werden wird.
Für hartgesottene Fans der Serie, keinesfalls für Seiteneinsteiger. Wer bisher am Ball geblieben ist, wird sein blaues Wunder erleben und ganz bestimmt klasse unterhalten werden, denn Layman erzählt mit einer geradezu explodierenden Fantasie. Für alle anderen gilt: Von vorne weg einsteigen und ganz schnell den Anschluss suchen. 🙂
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Freitag, 11. März 2016
Die Welt braucht eine Religion, einen Gott, um all die Völker zu einen. Und Präsentation ist alles. Für den neuen Tempel wird ein Architekturwettbewerb ins Leben gerufen. Aber die Entwürfe sollten gut sein. Sehr gut sogar, denn wer den Herrscher verärgert, kann sehr schnell sein Leben lassen. Immerhin einer schafft es, mit seinem Tempelmodell Wismerhill zu begeistern. Die Verbesserungsvorschläge des Herrschers sind das Tüpfelchen auf dem I, die dem Ganzen einen noch bombastischeren Anstrich verleihen.
Wie baut man eine Fantasy-Welt? Autor F.M. Froideval gibt darauf eine umfassende Antwort. Die Einzelheiten, die hier in TERRA SECUNDA, der neune Welt der Menschen, zusammengefügt werden, sind umfassend und dank des Comic-Künstlers Fabrice Angleraud gewinnen sie einen besonderen Wimmelbildcharakter. In den Chroniken des schwarzen Mondes ist was los. Wie hier eine ganze Welt aufgesplittet wird, ist nicht beispiellos, aber in seiner Machart und Kleinarbeit aufregend. Es ist wie der Blick auf ein fantastisches Diorama, in dem es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt.
Eine Vorgeschichte für Drachen-Fans! Die Schlangen führen Krieg. Wo sie erscheinen, haben sie sich daran gewöhnt, jeden Feind in Bausch und Bogen zu besiegen. Es funktioniert, bis sie eines Tages an den falschen Gegner geraten, einen, der einfach übermächtig ist: Drachen. Als Fantasy-Laie sollte eine gewisse Verwandtschaft des geschuppten Gewürms vorausgesetzt werden und deshalb eine Art stummer Allianz natürlich sein. Weit gefehlt, wie uns F.M. Froideval eindrucksvoll schildert. Hinzu kommt die grandiose Inszenierung der Drachenattacke, die, hätte es sie auf der Kinoleinwand gegeben, Smaugs Angriff im Hobbit wie einen Zwergenaufstand hätte aussehen lassen. Eine Drachenparade, jeder einfallreicher als sein Nachbar, bietet teils doppelseitigen Lesegenuss. Die Begegnung zwischen dem großen Drachen und dem Schlangenkönig ist ein Ausschnitt episch angelegter Fantasy.
Wie entstand TERRA SECUNDA? Der Leser darf der Erzählung aus dem Mund einer mittlerweile erwachsenen Frau lauschen, die als Kind den Aufbau des gewaltigen Reiches miterlebt hat. Es ist eine Sammlung vieler Episoden und Einblicke in den Wiederaufbau einer Kultur, fast eine Art Making-of eines Königreiches mit verschiedenen Zivilisationsausprägungen. Denn anders als in den üblichen Fantasy-Geschichten, in dem einzelne Reiche sich optisch und organisatorisch ähneln, werden hier verschiedene Konzepte angerissen. Das verhält sich ebenso mit mancher Episode. Einige scheinen wie der Auftakt von mehr zu sein. Es l?sst den Leser hier ein wenig unbefriedigt zurück.
Schwarzer Humor wird groß geschrieben. Die sind so süß! Wie schon die Crew in Galaxy Quest feststellte, sind kleine süße Dinger nicht unbedingt harmlos. Bei der Erforschung ihrer neuen Länder machen auch die Wissenschaftler in TERRA SECUNDA diese leidvoll tödliche Erfahrung, final und deshalb ohne davon profitieren zu können. Es ist ein Witz, der auf der Leinwand funktioniert hat, der es hier gleichfalls schafft, zumal er einer in einer ganzen Reihe ist, die Schlag auf Schlag von Angleraud und Froideval präsentiert werden.
Es ist eine zweifellos brutale Welt. In einigen Sequenzen wird nicht mit Blut gegeizt. Ob nun Drachen zu Felde ziehen, Rache eingefordert wird oder es in der Hölle bei einem Personalwechsel zur Sache geht, in Spitzenwerten herrscht eine regelrechte Braindead-Blutschwemme vor. Andererseits gibt es aber Überraschungen familiärer Natur, die das Bild eines tyrannischen Herrschers kurz kippen. Nicht lange jedoch, denn dann marschiert eine kleine Armee nach Azteca … Die feingliedrigen Arbeiten von Fabrice Angleraud und Perusse-Bell (Farben) machen selbst daraus ein tolles grafisches Erlebnis.
Für Freunde weitschweifiger und sehr ausgefeilter Fantasy. Die Grafiken transportieren eine Welt, die es auf jeder Seite in sich hat. Optisch ist Comic-Künstler Fabrice Angleraud ein Riesenrespekt für seine Arbeit zu zollen. Ganz, ganz toll! 🙂
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Mittwoch, 09. März 2016
Sonja verbringt viel Zeit im Leuchtturm ihres Vaters und beobachtet die Eintönigkeit in dem kleinen Küstenstädtchen, in dem jeder jeden kennt. Die Merkwürdigkeiten, von denen so mancher erzählt, will sie nicht glauben, ob wohl die seltsam aufsteigenden Blasen im Meer schon unheimlich sind. Aber deshalb die Geschichten von einem Echsenmann für bare Münze nehmen, der hier sein Unwesen treiben soll? Niemals. Doch eines Tages verschwindet völlig überraschend ihr Kater Victuals. Sonja macht sich große Sorgen. Leider findet sie ihn nicht. Und die Zettel mit der Bitte um Hinweise zum Verschwinden des Tiers bleiben ebenfalls ergebnislos. Sie hat schon alle Hoffnung aufgegeben, da wird der Kater an der Küste angeschwemmt.
Es wurde ein Comic. Autor und Zeichner Jason Brubaker hatte bereits vor sehr langer Zeit die Idee zu dieser Geschichte, hätte sie damals aber viel lieber als Animation gesehen. Mit einem Karrieresprung wurde die Umsetzung geändert. Aus reMind wurde eine seitenweise Handlung. Ein Mädchen und ihre Katze und noch ein kleines Wesen stehen im Mittelpunkt. Sonja rückt nach und nach etwas in den Hintergrund, während es vordringlich das Schicksal von Victuals zu klären gibt, der dazu einen ungewöhnlichen Tauchgang beschreiten muss.
Jason Brubaker hat sich etwas einfallen lassen. Denn es wartet eine Welt auf ihre Entdeckung und Erinnerungen müssen gleichfalls wieder gefunden werden. Diese fremde Welt besitzt etwas Grimm’sches, da ist ein Stück Popkultur drin, da ist viel Träumerei und Fantasie. Aber wie in jedem Märchen wartet auch Gewalt auf den Helden, nicht zuletzt hervorgerufen durch Intrigen. Und wer genau hinschaut, mag auch ein Frankenstein’sches Element entdecken.
Grafisch wendet Jason Brubaker verschiedene Stile an. Für seine menschlichen Figuren kommt etwas zum Tragen, das ich einen skurrilen Realismus nennen möchte. Meist ist es nur Sonja, die der Leser zu sehen bekommt, aber als Mensch setzt sie sich deutlich von den übrigen Kreaturen ab, allen voran den Kater Victuals, der nicht nur durch seinen merkwürdigen Tiernamen besticht. Ein sehr breiter Kopf mit oval senkrecht angeordneten Augen und Spitzohren wie Antennen ziert die obere Hälfte seines ansonsten eher unauffälligen Körpers. Damit findet sich auch gleich eine weitere Vorgehensweise von Jason Brubaker.
Eine Besonderheit wird bei einer Figur in den Vordergrund gestellt. Das stempelt sie optisch in einem Bilderrausch, der meist sehr großformatig inszeniert wird. Manche nicht gestellte Frage, findet sich im weiteren Verlauf beantwortet. Wer sich wunderte, warum Victuals Kopf künstlerisch übersteigert dargestellt wird, während der Rest des Körpers dahinter zurückbleibt, findet die Lösung in einem Taucheranzug, den Victuals für sein weiteres Abenteuer anziehen muss. Hier schöpft Jason Brubaker ganz nach der Art eines Jules Verne wieder aus dem Vollen. In skizzenartigem Strich entwirft Brubaker daraufhin eine alptraumhafte schrottreife Welt, wie sie von der Science Fiction gerne in Dystopien verwendet wird.
Anders, eigensinnig, abseits des Mainstreams, dunkel, mit skurrilen Einfällen regelrecht durchflutet, gestaltet Jason Brubaker den Auftaktband zu reMind, an dessen Ende noch so manche Fragen offen bleiben. Eine interessante Mischung zwischen Science Fiction und Fantasy. 🙂
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Donnerstag, 03. März 2016
Kinder! Sie wagen es doch tatsächlich, RINGO anzugreifen! Sie sie lebensmüde? RINGO hat ein Einsehen und wehrt sie vergleichsweise freundlich ab. Eigentlich will er derjenige sein, der Rosa, Seba und Nue beschützt. Er ahnt nicht, dass die drei Jugendlichen sich längst aufgemacht haben, um sein Leben zu retten. Die Löwin, die Anführerin der Bande von Kids, hat sich zu diesem Zweck eine sehr besondere Aufgabe einfallen lassen, die zunächst nur nach einem Kletterabenteuer klingt.
In einer Welt, in der die Regeln fallen, kann es sein, dass diejenigen, die bislang unterdrückt wurden, sich befreien und ihre eigenen Gesetze aufstellen und nach ihnen leben. Trau keinem Erwachsenen! Kinder haben sich in einem großen Verbund zusammengeschlossen. Zusammen überleben sie, zusammen schützen sie sich gegenseitig. Erwachsene können eine Hilfe sein, ansonsten gehören sie weggesperrt. RINGO hält diese Gemeinschaft für Kinderkram. Für seine drei jugendlichen Gefährten indes bietet sie ausreichend Verlockungen. Endlich wären sie unter ihresgleichen. Endlich könnte es nach dieser langen gefahrvollen Wanderschaft eine Zukunft geben. Eines steht dieser Möglichkeit jedoch entgegen.
Roberto Recchioni und Mauro Uzzeo legen der kleinen Gruppe einen Stein in den Weg, den die vier Flüchtlinge kaum übersehen können und der sich schließlich zur Weiterreise zwingt. Aber Recchioni und Uzzeo spielen gekonnt mit den Gedankensprüngen, ob sich die Gruppe vielleicht doch trennt. Für kurze Zeit aufspaltet? Vielleicht bleibt ein einzelner zurück? Vielleicht konzentriert sich RINGO nur auf denjenigen Jugendlichen, von dem er glaubt, er habe sein Kind vor sich? Vorab, vor der Beantwortung all dieser potentiellen Leserfragen, müssen sich die Kids ihren ganz eigenen Dämonen stellen.
Nach einem Abenteuer, in dem Selbsterkenntnis und die Wünsche für eine weniger unsichere Zukunft eine große Rolle spielen, melden sich die großen Widersacher in der folgenden Episode wieder verstärkt zu Wort. Aber auch hier haben sich Recchioni und Uzzeo etwas einfallen lassen, damit es nicht die bekannte Hatz durch zerfallene Straßen wird. Träume und Erinnerungen spielen hier die Hauptrolle, weshalb die Geschichte in mehrere Ebenen zerfällt. Die beiden Zeichner Paolo Bacilieri und Werther Dell’Edera teilen sich die Sequenzen, den Wechsel zwischen Traum und Realität.
Interessant ist der Umstand, wie bedrohlich die scheinbar träumerische Ebene im Verlauf der Handlung wird. Eine alte Rache wird ausgetragen und das Schicksal einer Krähe entscheidet sich. Die Verschmelzung zweier grafischer Stile macht den Reiz dieses Science Fiction Abenteuers aus. Auf der einen Seite wartet ein exakter Strich auf den Leser, der den Jungen Seba so aussehen lässt wie eine reale Version von Tim (nur ohne Struppi). Auf der anderen Seite wartet ein schnellerer Tuscheauftrag, teils etwas rüde aufgetragen, mit einer wilderen Kolorierung im Anschluss. Hier findet sich die Ebene, die den Leser schließlich mit in das Unterbewusstsein und die Erinnerung einer ehemaligen Kampfgefährtin RINGOs mitnimmt.
Japanische Geschichten lassen grüßen. In Mangas, wo eine Ebene aus Träumen, aus Visionen gerne zur Erzählung herangezogen wird, finden sich derlei Handlungssprünge häufiger. Recchioni und Uzzeo wagen den Tanz zwischen den Realitäten mithilfe der beiden Comic-Künstler und so gelingt ein optisch ansprechendes Wechselspiel. Gerade die Traumsequenzen besitzen eine tolle Schnelligkeit, protzen mit Licht und feurigen Farben, nur um gleich darauf ins Schwarzweiße zu stürzen. Die Erinnerungen dieser Krähe sind außerdem ein privater Himmel, der Seite für Seite zu einer Hölle wird. Ganz nebenbei offenbart die Präsidentin mehr von ihrem Charakter und zeigt, wie schnell sie immer noch bereit ist, andere Menschen ihren Zielen zu opfern.
Zwei Episoden, eine Reise ins Innere der Seelen der Reisenden wie auch jener, die sie jagen. Hier wird im wahrsten Sinne des Wortes in die Tiefe gegangen. Eine interessante sowie nervenaufreibende Passage an der Seite von RINGO und seinen drei jugendlichen Begleitern. 🙂
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