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Comic Blog


Donnerstag, 10. April 2014

Die Millennium-Trilogie 1 – Verblendung

Filed under: Thriller — Michael um 17:38

Die Millennium-Trilogie 1 - VerblendungMikael Blomkvist ist hereingefallen. Er hätte als versierter Journalist die Falle wittern müssen. Die Folgen sind unübersehbar, für ihn persönlich wie auch für das Magazin, für das er schreibt. Ein eher ungewöhnlicher Auftrag ermöglicht einen Neuanfang. Die Recherche, die er anstellt, folgt einem Geheimnis. Gleichzeitig ist er, ohne es zu ahnen, von unbekannter Seite ausgespäht worden. Gerade jene fremde Person, die sein Leben zu einem Dossier zusammengestellt hat, wird in den nächsten Monaten zu einem seiner wichtigsten Mitstreiter seines Lebens werden. Denn ohne es vorher zu ahnen, ist Mikael Blomkvist einem irren Mörder auf der Spur, der vor keiner Brutalität zurückschreckt.

Die Geschichte ist hinlänglich medial bekannt und hat verschiedene Adaptionen erfahren. Aus der Aufklärung des Verbleibs einer jungen Frau, die vor Jahrzehnten verschwand, wird ein Kriminalfall, der es in sich hat und mit menschlichen Abgründen aufwartet, die zu Beginn der Geschichte kaum zu erwarten waren. Autor Stieg Larsson schrieb die Vorlage zu dieser Comic-Umsetzung von Sylvain Runberg, inhaltlich inzwischen sattsam bekannt durch Verfilmungen, Hörbücher und Hörspiele und verschiedene Comics. So kann es kaum noch inhaltlich besprochen werden, da Larssons Geschichte unbestritten ein vortrefflicher Thriller ist, dessen Qualitäten Runberg sehr schön in dieses Medium Comic transportiert.

Comic visualisiert und demzufolge stellt sich die Frage, ob die Übertragung, der im Roman geschilderten Bilder gelungen ist. Jeder, der einen Roman liest, macht sich aufgrund der Beschreibungen seinen eigenen Film von den Geschehnissen, den Charakteren, der Umgebung. Jose Homs wählt den Weg der Übercharakterisierung. Die Figuren bewegen sich an der Grenze zur Karikatur. Jose Homs gibt sich so selbst die Möglichkeit, jeden einzelnen Charakter vollkommen individuell zu gestalten. Hier wird keine Figur aus einem Stammportfolio verwendet und mit verschiedenen Frisuren auf seine Zwecke angepasst. Hier ist, auf diese Gestaltungsart, jeder Charakter echt.

Besonderes Augenmerk in dieser Geschichte liegt neben Kalle Blomkvist natürlich auf dem Mädchen mit dem Drachen-Tatoo, dem die zentrale Rolle zufällt, obwohl es hier noch etwas unterfordert ist und erst in den folgenden beiden Romanen der Millennium-Trilogie zur Bestform aufläuft. Hier ist sie noch ein Kuriosum, exzentrisch einerseits, introvertiert andererseits, auf ihre Art auch genial, ein Opfer, aus dem ein Täter wird. Sie leidet bis zu einem gewissen Punkt, dann wehrt sie sich. Kurze Szenen aus Vergangenheit und Gegenwart von Lisbeth Salander belegen dies mit sehr feinfühlig inszenierten Grafiken.

Kernszenen sind hier sicherlich Lisbeths Verteidigungsversuch der eigenen (Zwillings-)Schwester, ihr Treffen mit ihrer Mutter und die mehrfache Begegnung mit ihrem neuen Vormund, Rechtsanwalt Bjurman. Besonders die letzte dieser Begegnungen zeichnet auf einer Kurvenskala einen Spitzenausschlag auf, wenn Lisbeth Salander sich rächt. Jose Homs gelingt mit der Darstellung Salanders eine weitaus zartere Erscheinung, als es den Verfilmungen gelungen ist und deren Ausbrüche, gewaltsam und mit außenordentlicher Mimik, der Ursprungsform im Roman in nichts nachstehen.

Den sehr realistischen Kulissen stehen Figuren mit puppenartigem Äußeren gegenüber, nicht nur sehr individuell gestaltet, sondern auch mit schauspielerischem Talent ausgestattet. Es ist bewundernswert an diesem Zeichner, wie viel Gesichtsausdrücke, wie viel inneren Ausdruck Jose Homs in die Hauptdarsteller und Nebenfiguren der Handlung zu legen vermag. Diese Bandbreite wird auch nur durch die erwähnte Überzeichnung zugelassen. Dadurch halten die Bilder einen hohen Erzählwert bereit, der oftmals noch mehr aussagt, als die Erzählung, adaptiert und eingekürzt von Sylvain Runberg.

Zarte Linien, treffsicher gezogen, bilden das Gerüst für eine ebensolche Farbgebung, möglichst natürlich aussehend, aquarellartig lasierend, zaghaft strahlend, als seien sie unter einem eher trüben, verhaltenen Licht entstanden. Hier wird nicht überzeichnet, sondern verstärkt die passende Atmosphäre gesucht. Entsprechend kann eine Farbstimmung auch mitten in der Szene umschlagen, eine Bedrohung unterstreichen oder Zwischenpassagen wie kurze Rückblicke besser abtrennen. Das ist filmisches Inszenieren mit einer unter dem Strich düsteren Stimmung.

Fast so gut wie die Vorlage (Roman), an der sich jede Adaption messen lassen muss. Dank der konsequenten Charakterisierung mit einem sehr individuellen Zeichenstil durch Jose Homs ist die Umsetzung des ersten Teils der Millennium-Trilogie auch ein kleines Comic-Thriller-Kleinod. 🙂

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