Eine Hochzeit sollte ein Fest des Lebens werden. Dient sie jedoch der Festigung politischer Interessen und Machtverhältnisse, ist ein solches Ereignis mit größter Vorsicht zu genießen. Ein wunderschönes Archipel wurde zum Schauplatz der Feierlichkeiten ausgewählt. Auch der Ronin Okko und seine Gefährten haben sich als Mitglieder der Schutzgruppe rund um Braut und Bräutigam eingefunden. Die Sicherheitsmaßnahmen sind streng, aber Okko lässt seine Männer, besonders den Hünen Noburo, den maskierten Krieger, nach Schlupflöchern suchen. Die Sorgen indes verringert es nicht. Als ein Vulkan ausbricht, scheint dies zunächst nur ein gefährliches wie auch faszinierendes Naturschauspiel zu sein. Doch dann erfährt Okko von einem alten Einsiedler, der bei einer Vulkaneruption stets unfehlbare Vorhersagen trifft …
Im 4. Band der Reihe um den einhändigen Ronin OKKO wirkt es zunächst, als harre ein normaler Auftrag auf die kleine vierköpfige Gruppe um den Samurai ohne Herren. Allzu schnell stellt es sich heraus, dass politische wie auch rein menschliche Intrigen nicht weniger Gefahren in sich bergen als der tückischste Dämon. Autor und Zeichner Hub hat seine Reihe über ein düsteres, von japanischer Geschichte inspiriertes Reich, namens Pajan, hierzulande bald vollendet. OKKO kommt in dieser Geschichte eine besondere Rolle zu, denn ohne ihn gäbe es einen wichtigen Wendepunkt nicht und das Drama wäre an dieser Stelle einfach vorüber.
Mit diesem Konzept gelingt Hub (und seinem für das Storyboard mitverantwortlichen Co-Künstler Emmanuel Michalak) ein interessantes Kunststück. Der sonst so edle (sehr mürrische und harte) Krieger tappt in eine von leichter Hand gestellte Falle, die gar nicht für ihn gedacht war. Umso furchtbarer sind die Konsequenzen, umso langwieriger ist die Suche nach dem eigentlichen Täter. In haarfeinen Zeichnungen und gedeckten Farben ist der Stil von Hub angesiedelt zwischen einem Katsuhiro Otomo und einem Francois Bourgeon. In einer schönen Mischung aus europäischem und asiatischem Comic-Stil entsteht ein fantastisches Abbild eines fiktiven Reiches, in einer sehr sauberen, fast aufgeräumten Optik, in der dennoch Spannung und Gruselatmosphäre perfekt getroffen werden.
Nach einem südseeischen Ambiente mit feinen Sequenzen bei Hofe, die Erinnerungen an Shogun wach werden lassen, wechselt die Kulisse im zweiten Teil der Handlung drastisch. Nach einer sommerlichen Kulisse auf einem paradiesischen Archipel führt Hub die Leser mitten hinein in die eisige Kälte des Winters und auf eine brutal geführte Jagd auf einen intriganten Trickser. Ist der erste der Teil der Handlung eleganter, geheimnisvoller, ist der zweite Teil kinoartiger. Insgesamt haftet der Geschichte etwas vom Drama eines Shakespeare an, in dem es am Ende trotz Auflösung keine echten Gewinner gibt. Das muss es auch nicht. Die Gruppe um OKKO hat bisher kein besonders großes Glück gehabt.
Mit der hier erwähnten Truppe der Sieben Salamander könnte Hub eine interessante Ablegergeschichte schaffen, wenn es auch nicht für sehr sympathische Zeitgenossen taugen würde, andererseits haben sich in neuerer Zeit häufiger Bösewichter in Hauptrollen bewährt. Faszinierend wäre es allemal. Einige Szenen stechen innerhalb der Handlung hervor, enthüllen sie doch etwas mehr von den Charakteren, der Mentalität einer ganzen Gesellschaft und auch von ihren Gefühlen. Der Einsiedler, der im Angesicht des Vulkanausbruchs seine Visionen empfängt, ist hier ebenso zu nennen wie die Aburteilung einer Abteilung Samurai in Kompaniestärke. Jede Szene ist hier wohl überlegt, ist manchmal auch drastisch, aber niemals als Selbstzweck.
Bleibt OKKO selbst hier etwas zurückhaltend, zwar treibende Kraft, aber nicht sehr raumfüllend, können die Nebencharaktere hier mehr von sich zeigen. Noshin, der Mönch und Alkoholiker mit Draht zu den Geistern, wird in feinen Szenen einiges abverlangt (auch er ist nicht der sympathischste). Noburo, der Hüne, zeigt gleich zu Beginn seine Talente und tritt dann eher in den Hintergrund. Hervorgehoben wird der kleine Tikku, ein Novize unter Noshin, der stellvertretend für den Leser diese Geschichte einerseits mit großen Augen betrachtet und auch zum Stein des Anstoßes wird.
Eine tolle Fortsetzung der Abenteuer von OKKO und seinen Mannen, in der gewohnt geheimnisvollen Atmosphäre und richtigen Mixtur aus Drama und Aktion. Eine sehr starke Optik macht OKKO für Fantasy und Manga gleichermaßen interessant. 🙂
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