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Comic Blog


Dienstag, 17. September 2013

Marsch der Krabben 2

Filed under: Cartoon — Michael um 19:37

Marsch der Krabben 2 - Das KrabbenimperiumDie Quadratkrabbe ist dem untergehenden Schiff entkommen. Sie hat einen Bogen geschlagen, den sie nicht hätte schlagen dürfen, da Quadratkrabben keine Bogen schlagen. Sie gehen geradeaus. Sonst nichts. Und für die meisten Quadratkrabben ist das gut so. Ein kleiner Ausrutscher birgt das Potential der Revolution in sich. Für die kleine Krabbe, der dieser Ausrutscher gelang, ist diese Möglichkeit zunächst völlig unglaubhaft. So wie sie erst einmal kaum glauben kann, was sie da gerade getan hat. Der Auflauf um sie herum ist groß, denn eigentlich will auch sonst niemand seinen Augen trauen. Doch die Beweise sind unleugbar. Ein Anfang vom Ende? Oder nur eine Episode, an die sich am nächsten Tag niemand mehr erinnert?

Taschenkrebse spielen nicht mit Quadratkrabben. Das muss unterbunden werden, so lange sie noch klein sind. In der zweiten Runde von Marsch der Krabben wird es noch dramatischer. Nachdem die Quadratkrabben festgestellt haben, dass sie von der geraden Linie, den beiden unterschiedlichen Richtungen, in die sie immer gelaufen sind, abweichen können, haben sich unterschiedliche Fraktionen gebildet. Im Verbund der Quadratkrabben selbst gibt es jene, die nur zu gerne in jede beliebige Richtung laufen möchten. Aber nicht wenige Quadratkrabben sind nicht bereit, die alte Tradition aufzugeben. Unterstützung erfahren sie hierbei von den Taschenkrebsen, denn die Angst vor Veränderungen innerhalb der natürlichen Hierarchien ist groß.

Arthur De Pins ist mit dieser Geschichte, einem völlig neuen Thema ein moderner Klassiker gelungen, der gerade mit der zweiten Folge einmal mehr seine Qualität beweist. Taschenkrebse spielen nicht mit Quadratkrabben. Es ist eine Kindheitserinnerung der Quadratkrabbe Mond, die mehr oder weniger ergeben auf ihr Schicksal, den Kochtopf wartet. An ihrer Seite befindet sich ein Taschenkrebs, dem die Prozedur in der Küche vom Hörensagen bekannt ist und den Vorgang so hinnimmt, wie er eben kommt. Endgültig nämlich. Arthur De Pins spielt mit den Schicksalen seiner Figuren, liebevoll, mit der Zuneigung eines Autoren, der ein Kinderbuch schreibt und sich doch in Wahrheit in der Fabel mit ausgezeichnetem Erzählgeschick bewegt.

Der Autor, der hier gleichzeitig als Illustrator tätig ist (wie auch in seinen Werken Lieblingssünden und Zombillenium), verwendet einen grafisch einfachen wie auch eindrucksvollen Stil. Flächige Farbträge, feine Strukturen, zerbrechlich wirkende Figuren, generelle Farbspiele und Linien und Begrenzungen, die sich durch ihre Farbgebung stets einfügen und nicht einfach schwarz und somit sperrig sind. Da lächeln einem als Leser ein wenig ausgefallenere Zeichentrickgrafiken entgegen. Man könnte es auch Experimente nennen, die sich nur wenige trauen, da sie die bekannten optischen Comic-Pfade verlassen, sprichwörtlich gegen den Strom schwimmen. Aus jeder Seite oder sogar Doppelseite entwirft Arthur De Pins eine Komposition aus Form und Farbe. Und ganz nebenbei ist das Zusammenspiel von Text und Bild ein humoriger Hochgenuss.

Die Abenteuer der kleinen Krabben werden umfangreicher, die Schauplätze unterschiedlicher. Menschen mischen sich vermehrt (eher ungewollt) ein. Die Hauptattraktionen, die Quadratkrabben, erklären sich in vielen kleinen Episoden. Es ist herrlich anzusehen, wenn die neue Beweglichkeit auch neue Möglichkeiten bietet. Wenn die Bereitschaft zur ungehemmten Nahrungsaufnahme nur durch den Drang nach ungehemmter Paarungsbereitschaft übertroffen wird und die kleinen Krabben sich dabei, mangels Übung, sehr ungeschickt anstellen. Den Gipfel des Kabinettstückchens stellt dann der Kommentar zweier beobachtender Möwen dar.

Die Haupthandlung, der rote Faden, mündet in die große Katastrophe, die so nicht vorhersehbar war und in der hier geschilderten Monumentalität ein ziemliches Feuerwerk abbrennt. Und es ist auch dieses Überraschungselement, das die Geschichte von Arthur De Pins zu einer ebensolchen Überraschung im Medium Comic werden lässt.

Selten hat ein Comic wie hier so viele neue Maßstäbe gesetzt und so viele vorbildhafte Vorlagen geschaffen. Die Krabben sind jetzt schon Kult. Wer nach dieser Lektüre bei seinem nächsten Aufenthalt am Strand nicht sämtliche Meerestiere mit anderen Augen sieht, dem ist nicht mehr zu helfen. 🙂

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