Auch ein Vulkanier muss mit Alpträumen kämpfen. Bei Spock mag es, so könnten reinblütige Vulkanier behaupten, auch daran liegen, dass seine Mutter eine Frau von der Erde war. Oder es könnte einfach darin begründet sein, dass ein ganzes Volk seine Heimatwelt verloren hat. Spock, Offizier des Föderationsraumschiffes Enterprise unter Captain James T. Kirk, hat nach den Ereignissen um den Romulaner Nero, der Vernichtung Vulkans, der Bedrohung der Erde, dem Verlust seiner Mutter noch viele innere Kämpfe zu bestehen, für die er all seine Disziplin aufwenden muss. Der Planet Phaedus bringt eine willkommene Abwechslung. Eine Prä-Warp-Zivilisation, die nur beobachtet, aber nicht kontaktiert werden darf, ist für die gestandenen Raumflottenmitglieder beinahe schon langweilig zu nennen, gäbe es nicht eine unvorhergesehene Entwicklung, die ein Eingreifen dennoch notwendig macht.
Robert April, ein früherer Captain der Enterprise erscheint wie aus dem Nichts, sollte eigentlich längst verstorben sein und degradiert eine reine Überwachungsmission zu einem einschneidenden Ereignis für die gesamte Föderation. Wer bereits die allererste Serie um Captain Kirk mit dem immer noch großartigen Charmeur William Shatner verfolgt hat, wird diverse Folgen von Eingriffen in den normalen Ablauf fremder Welten kennen gelernt haben. Auch die Vorgeschichte zum zweiten Kinofilm mit der neuen Schauspielergeneration bedient sich nun dieser grundsätzlichen Rahmenhandlung und stellt die neue Crew vor eine immense Herausforderung.
Die oberste Direktive, die eine Einmischung in interne Angelegenheiten fremder Welten verbietet, kann zu einem Dilemma führen, wenn andere, ähnlich weit entwickelte Völker wie jene der Föderation, nicht gewillt sind, sich an solche Vorgaben zu halten. Das Ergebnis kann in ein gefährliches Szenario münden: Stellvertreterkrieg. Die beiden Autoren Robert Orci und Mike Johnson, hier hauptverantwortlich für den Text, haben sich konsequent an die alte, die Originalserie gehalten und die Ideen für ein neues Zeitalter weitergesponnen. Wenn aus einer internen Angelegenheit einer fremden Welt ein Genozid erwächst, darf die Föderation dann noch weiter zuschauen?
David Messina, längst als Star-Trek-Zeichner etabliert, immer darauf bedacht, die Originalvorlagen, sprich die Schauspieler, möglichst genau einzufangen, fällt hier außerdem die Aufgabe zu, sich mit dem Volk von Phaedus zu beschäftigen. Diese Rasse, vage an eine mutierte Insektenart erinnernd, unterscheidet sich (will man mit den Augen eines Menschen schauen) kaum voneinander. Das Wenige, das der Leser außerdem von ihrer Zivilisation, auch ihrer Welt zu sehen bekommt, steht in urtümlichen Gegensatz zum eher kalten Umfeld der neuen Enterprise, die etwas bulliger daher kommt als das Originalschiff. War die Enterprise früher ein Segelschiff ist sie nun mehr ein Bolide.
Die sehr genaue Zeichenweise Messinas wird einerseits verstärkt durch die exakte Tuschearbeit von Marian Castelvetro, andererseits weich abgefedert durch eine sehr feine Kolorierung von Claudia Scarletgothica. Butterweiche Übergange, Schattierung und Füllmuster sowie die Mischung von knalligen und zurückhaltenden Farbtönen sorgen für einen teils prächtig aussehenden Look. Das passt insgesamt sehr gut zum neuen Erscheinungsbild der Wiederbelebung des Star Trek Universums.
Ein altes Problem innerhalb aller Star Trek Serien wird zur Grundlage der kommenden Entwicklungen. Die Klingonen geben sich die Ehre, natürlich gleich martialischer anzuschauen als die glatzköpfigen Romulaner des ersten Kinofilms der ganz neuen Generation. Kleiner Konflikt, alter Captain gegen neuen Captain, wechselt sich ab mit großem Konflikt, die Enterprise am Scheideweg eines interstellaren Krieges. Da ist Spannung vorprogrammiert. Diese baut sich kontinuierlich auf, natürlich auch für jene Leser, die nach Altbekanntem oder bekannten Elementen in abgewandelter Form suchen.
Star Trek lebt ganz einfach. Die Themen sind bewährt, sie erhalten neue Zutaten, wirken frischer und geben einem Kernthema dieser Reihe neues Gewicht. Ob mit oder ohne nachfolgenden Film, der Countdown steht sehr gut für sich alleine und sollte jeden Fan überzeugen. 🙂
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